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rockfreaks200pxEin ereignisreiches Konzertjahr geht zu Ende und durch das nicht enden wollende Arbeitsaufkommen, hängt man dann auch mal schwer hinterher. Das letzte Konzert des Jahres sollte für uns im Vortex Surfer Club in Siegen stattfinden. Jedoch hieß es ziemlich schnell „ausverkauft“ und ich postete leicht verzweifelt ein Eintrittskarten-Gesuch in der Veranstaltung, war doch schon alles gebucht. Doch Rettung nahte!

„Moin, Herr Dussel!“ schrieb eine amüsierte Mephi, ihres Zeichens Basschefin bei DAILY THOMPSON. Liebenswürdigerweise sorgte sie für zwei flauschige Gästelistenplätze, sodass wir unbeschwert nach Siegen aufbrechen konnten.

Das Wetter bei der Hinfahrt ist für Ende Dezember top, jedoch fängt es gegen Nachmittag an heftig zu schneien. Die paar Kilometer von Hotel bis Klub sind eine Herausforderung.
 Dennoch kommen wir gut durch und haben genügend Zeit, um die allseits empfohlene Pizzeria aufzusuchen. 

Vor dem Gebäude parkt ein mächtiger Nightliner und frech daneben ein Kleinbus mit DJ BOBO-Aufschrift und ordentlich Schnee am Kühler. DAILY THOMPSON haben echt großen Sinn für Humor! Wir winken durch die Scheibe den Equipment-schleppenden Musikern zu und freuen uns auf später. 

Draussen füllt sich schon der Bereich vor dem Eingang, wo ein großes Zelt freundlicherweise Schutz und Wärme bietet. Allerdings werden wir alle wieder hinaus komplementiert, um einen kontrollierten Einlass zu gewährleisten. „Lasst mich durch, ich bin nur der Veranstalter!“ drängt ein Mann mit grauem langem Bart durch die lachende Menge. Die Rock-Freaks sind ein wirklich sympathisches und heiteres Völkchen. Nach dem normalen Gästelistenchaos sind wird dann auch endlich offiziell drin und entdecken Danny von DAILY THOMPSON mit Leuten schwatzend und rauchend vor der Eingangstür.

Lange Zeit bleibt jedoch nicht Neuigkeiten auszutauschen, denn es ist unser erster Besuch im Vortex Surfer Musikclub und wir müssen und erstmal kurz orientieren, damit wir nicht nur die Bar ins Visier nehmen.

DAILY THOMPSON
Mit 51 Auftritten im Jahr 2017 gehören DAILY THOMPSON sicherlich zu den am meisten tourenden Bands im Underground. Meine persönliche Neuentdeckung (schicksalhaftes Kommentieren bei Facebook) in diesem Jahr und Liebe auf den ersten Blick. Nachdem mich die Band bei meinem ersten Besuch in der Freakshow in Essen mit ihrem Auftritt mitgerissen hat, wird aus der musikalischen und auch platonischen Liaison sicher ein Bund fürs Leben werden. Nach einem Zwischenstopp im Sommer beim See Pogo-Festival in Selters-Münster, war die Durststrecke bis zum nächsten Treffen heute in Siegen ziemlich lange.

„Wir werden bloß eine halbe Stunde spielen!“ meinte Danny, den wir rauchend und frierend im Zelt vor dem Eingang treffen. (Das Zelt hält immerhin die immensen Schneeflocken ab, die sich im Laufe des Abend auf Siegen niederlegen.) Eine halbe Stunde DAILY THOMPSON ist aber auch eine halbe Stunde Vollgas. Die drei Dortmunder brauchen nicht lange um „in Fahrt“ zu kommen. Mit griffigen Riffs und knackigen Songs im Gepäck ernten Deutschlands wohl beste Fuzz-Rocker gleich den ersten Jubel des Abends. Während Danny seine Riffs zockt und etwas in sich gekehrt singt, wiegt sich „Bassgazelle“ Mephi im Takt zu Trommler „Otto“s treibendem Beat. 

Auch wenn es nur fünf Songs sind und zu meiner Freude inklusive meinem Lieblingssong „Where Do you Go?“, gibt mit es „River Haze“ einen neuen Song (auch als Vinyl-Single erhältlich) vom fürs Frühjahr angepeilten dritten Albums um die Ohren. Mit viel Rückenwind vom spontanen Rockpalast-Crossroads Auftritt im Oktober, kann sich der Dreierpack auf steigende Zuschauerzahlen im neuen Jahr freuen. Der kurze Auftritt ist gefühlt tatsächlich viel zu kurz, aber der Abend hat wohl einen straffen Zeitplan. Als nächstes drängen TRAVELIN JACK Richtung Bühne.

 

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Setlist DAILY THOMPSON:
Lifetime
Blackwood
River Haze
Where Do You Go
Spit Out The Crap

TRAVELIN JACK
Nachdem endlich Mephis dicke Bassbox von der Bühne gewuchtet wurde (man merke sich: zierliche Frau - dicke Bassbox, dicker Basser - Mini-Ausstattung öhm ja, halt ne? ;) ) kann auch schon die nächste Band nachrücken.

Ich denke mal, TRAVELIN JACK sind mit die schillerndste Band in Deutschland. Die Truppe aus Berlin hat schon so einige Lorbeeren geerntet und das merkt man auch an der gewachsen Zuschauerzahl im Vortex. So langsam wird es eng. Leider erleben wir die Band heute das erste Mal und so sind wir gespannt was die vier so veranstalten. Heute ist der letzte Auftritt der kleinen Dezember-Tour, die sie zusammen mit KADAVAR bestritten. Als sie draussen durch den Schnee kommend, mit ihren Instrumenten die Bühne erklimmen, brandet sogar Jubel auf.

Der spürbare Classicrock-Einschlag und die unüberhörbare THIN LIZZY-Note bringt die Leute schnell zum Mitwippen. Mit "Commencing Countdown“ haben TRAVELIN JACK ihr aktuelles Album im Gepäck, auf dem sich solche Perlen wie „Keep On Running“ befinden. Die Band hat mit „Spaceface“ eine Frau als Blickfang an Gesang und Gitarre, jedoch steht Alia so weit rechts, dass sie beinahe ausserhalb der Scheinwerfer steht. Alia rockt und schwitzt was das Zeug hält und der Eindruck, den man von der Konserve erhält, wird zweifelsohne bestätigt. Leider hat sie ein paar technische Probleme mit der Gitarre, was wohl auf „Materialermüdung“ zurückzuführen ist.

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Das tut ihrer Präsenz jedoch keinerlei Abbruch. Mit ihrer großartigen Stimme hält sie jeden Song in der Spur. Basser Steve tobt sich in der Mitte aus, wo ja sonst nur die Frontmänner und Frauen stehen. Der Mann ist eine Marke. Mit ausladenden Posen und dickem Schnauzer, findet man ihn zur Abwechslung auch mal im Publikum wieder.
Hier macht es mir Spass alle Fabelnamen der Musiker zu nennen, die sich darin verstehen, sich auch mit Outfit und Bemalung vom Rest der Bands in weiterem Sinne abzuheben. An der Gitarre links „Flo The Fly“ und am Schlagzeug (leider fast komplett im Dunkeln) „Montgomery Shell“, machen auch optisch die Band zu einer geschlossenen Einheit. Wäre toll wenn noch ein paar mehr Leute die eigentlich griffigen Songs mitsingen könnten, aber was nicht ist kann ja (im nächsten Jahr) noch werden.

Setlist TRAVELIN JACK:
Cold Blood
Metropolis
Home Sweet Home
Keep On Running
Black Tree
Shylock (BUFFALO-Cover)
Land Of The River
Madness
Time

KADAVAR
Als Headliner und Superact der Szene, müssten sich KADAVAR eigentlich nicht mehr groß anstrengen. Dennoch sind die Burschen beinahe pausenlos unterwegs und haben zwischendrin mal noch ein neues Album unter die Leute gebracht. „Rough Times“ spaltet bei einigen Songs die Gemüter, jedoch ist der befürchtete Wandel zum Kommerz hin ausgeblieben. Die Lieder knallen hart rein und lassen einen in Deckung gehen. 

Nachdem die Bühne KADAVAR-typisch hergerichtet wurde, stampfen die drei, zu einem mir unbekannten, nach epischem Western klingendem Sound, auf die Bühne. Die von vorne gut einsehbare Setlist verspricht ein reichhaltiges Programm, und zum Abschluss der Tour vor ausverkauftem Haus im VORTEX in Siegen die volle Bedienung für die Fans.

Los gehts mit „Skeleton Blues“ vom aktuellen Album. Basser Simon „Dragon“ Bouteloup hatte ich schon lange nicht mehr so aus der Nähe gesehen und wunderte mich, dass der sonst in sich gekehrte Hüne so zähnefletschend aus sich raus ging. Da wurde es mir beim Fotografieren hin und wieder mulmig. Weiter mit „Doomsday Machine“, „Pale Blue Eyes“ und „Into The Wormhole“. Da hat doch jemand kräftig die Alben durchgemischt? Neben mir tauchte ein glücklicher Veranstalter mit geschlossenen Augen in die Soundwand ein, aber für Fotografen sollte nun Zeit sein nach hinten zu verschwinden um dem zahlen Publikum freie Sicht auf die recht niedrige Bühne zu geben. Guter Plan, würden die Leute nicht standhaft ihren Stehplatz verteidigen. Also mit etwas Nachdruck und ohne jemanden zu sehr mit Berührungen an sensiblen Stellen zu belästigen, nach hinten durchschieben.

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Draussen, beim Merchstand angekommen, gibts erstmal an der Bar was zu trinken. Bei einem Schwätzchen mit DAILY THOMPSON sehen wir dem Fuhrwerken der Merchdamen von TRAVELIN JACK und KADAVAR zu und versuchen noch ein wenig von der Musik mitzubekommen. Der Laden ist wirklich brechend voll. Nur gut, dass vorne neben der Bühne ein Ausgang ist.
Dem Gejubel der Leute kann man entnehmen, dass die Musik mitreisst. Die wortkargen Ansagen von „Lupus“ sind kaum zu verstehen. „Tiger“ treibt wie gewohnt headbangend und fratzenschneidend im Föhn der Windmaschinen die Band präzise voran. Dass das eine hart arbeitende Band ist, merkt man dem leichtfüßigen Auftritt kaum an. Im nächsten Sommer freu ich mich darauf die Band beim NOAF nochmal ausführlicher genießen zu können.
Die bedrückende Enge lässt uns bald mit DAILY THOMPSON zusammen nach draussen in den Schnee marschieren, wo wir noch bei einem Bier rund um den Bus rumblödeln.



Setlist KADAVAR:
Skeleton Blues
Doomsday Machine
Pale Blue Eyes
Into The Wormhole
Black Sun
Living In Your Head
Old Man
Die Baby Die
Goddess Of Dawn
Forgotten Past
Tribulation Nation
Purple Sage
New Rose
All Our Thoughts
Come Back Life

Einen schöneren Jahresabschluss kann man sich als Konzert- und Musikfan kaum wünschen. Den Weihnachtsgruppenzwang konnte man so schon ziemlich gut verdauen und freut sich aufs neue Jahr. Vielen Dank für Unterhaltung, Freundschaft und Bier (und Jägermeister), Kommt gut ins neue Jahr und bis ganz bald. (Andreas)

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