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FISH (Sweden Stage)
Bei strahlendstem Festivalwetter ging der erste Haupttag direkt mit einem persönlichen Höhepunkt los. Obwohl die knallende Sonne vielleicht nicht ganz nach dem Geschmack des Schotten und etwas problematisch für seine immer wieder liebevoll gestreichelte Glatze gewesen sein dürfte. Da der Mann aber immer einen Schal anhat, hatte er wenigstens etwas um sich den Schweiß abzutupfen. Seine Flasche Rotwein ließ er aber dieses Mal besser hinter der Bühne.
Was soll ein Künstler machen, wenn er nur 75 Minuten Spielzeit zur Verfügung hat, in diese aber einen kompletten Albumklassiker packen muss? FISH löst das ganz einfach indem er von seinen eigenen Hits nur einen vom seltener bedachten „Suits"-Album sowie die Titeltracks seines aktuellen Albums und von "Internal Exile" zum Besten gab. Am Ende sollte dann die obligatorische MARILLION-Hymne stehen, da für „Fugazi" eben nicht genug Zeit zur Verfügung war.

Jenes „Misplaced Childhood", das erfolgreichste seiner ehemaligen Formation wird in diesem Sommer vielleicht letztmalig in voller Länge aufgeführt. Der bürgerliche Derek W. Dick hat angekündigt sich nach einem weiteren Album auf sein Altenteil zurückziehen zu wollen. Es könnte sogar seine letzte Tournee sein, aber das nehme ich ihm ebenso ab wie den SCORPIONS, dazu hat der Mann noch zu viel Energie.
Insofern bin ich glücklich darüber, dass er dieses Meisterwerk des Neo Prog noch einmal auf die Bühne bringt. Schon in meiner Kindheit gehörten die Singles im Radio zu meinen Lieblingsliedern, im Gegensatz zu fast allem aus der Zeit konnte ich diese Begeisterung rüber retten. Die Scheibe schaffte es später als Erwachsener in ihrer Gänze einen festen Platz in meinem Herzen zu sichern.

Wobei es für Fans der Band aus Aylesbury nach 25 Jahren noch schwierig ist, sich zwischen dem Originalsänger und der Formation dahinter zu entscheiden. Als Performer ist FISH gegenüber dem alles andere als unbegabten Steve Hogarth klar im Vorteil, seine Stimme, seine Phrasierungen, seine Leidenschaft passen viel besser zu den Songs. Gerade „Misplaced Childhood" macht das deutlich, es ist sicherlich das persönlichste Album, quasi sein Äquivalent zu Roger Waters „The Wall". Niemand versteht es so, diese Songs zu leben, sie mit jeder Geste zu untermalen, ohnehin eines seiner absoluten Markenzeichen.

Auf der anderen Seite kam seine gut zusammen agierende Truppe nicht ganz an die Tiefe seiner alten Hinterleute heran. Dabei spielte es keine Rolle, dass der auf „Feast Of Consequences" auftrumpfende Foss Patterson schon wieder draußen ist, und stattdessen John Beck die Pause bei IT BITES überbrückt. Seine Roland-Synthesizer tönten auch etwas tiefer als die Yamaha – und Korg-Modelle, welche Mark Kelly seinerzeit benutzte.
Robin Boult solierte sehr exakt, doch trotz seines New Wave-mäßigen Outfits, welches wunderbar in die Entstehungszeit dieses Konzeptwerkes gepasst hätte, reichte er nicht ganz an die Brillanz Steve Rothery heran. Die große Show gebührte alleine dem schottischen Hünen, der wie ein Schamane über die Bühne wirbelte, manisch, beschwörend und stimmlich immer noch in guter Form. Das Publikum nahm dieses Geschenk dankend an, die Emotionen auf und sang teilweise den ganzen Longplayer mit. Großes Gefühlskino mit einem Ausnahmekönner und Ausnahmesongs.

Setlist FISH:
Pipeline
Feast Of Consequences
Pseudo Silk Kimono
Kayleigh
Lavender
Blind Curve
Heart Of Lothian
Waterhole (Expresso Bongo)
Lords Of The Backstage
Bitter Suite
Childhood´s End
White Feather
Internal Exile
Market Square Heroes

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SLASH (Festival Stage)
Nach eher nachdenklichen Klängen war es an der Zeit für die kernige Rockbreitseite und wer könnte die besser bringen als die GUNS´N´ROSES-Legende. Der ist nach einigen Versuchen eine funktionierende Mannschaft zusammen zu bekommen bei Myles Kennedy und seinen Conspirators gelandet. In der Tat erwies sich der bürgerliche Saul Hudson als enormer Teamplayer, der seinen Mitstreitern auch mal das Feld am vorderen Bühnenrand überließ.
Gar kein so einfaches Unterfangen, denn man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass alle Augen auf den Mann mit dem Zylinder gerichtet waren. Den trug er natürlich, wie gehabt, auf seiner mittlerweile etwas angegrauten, aber immer noch stattlichen Lockenpracht, dazu eine Spiegelsonnenbrille. Es war deutlich zu sehen, wie er sich in einem intakten Bandgefüge wohl fühlt, wie er in Interviews immer verlauten lässt. Endlich wieder befreites Musizieren mit Freunden, ohne Druck auf Hits.

Mit Kennedy hat er sich vor ein paar Jahren einen Sänger ins Boot geholt, der ebenso an der Musik als an Exzessen interessiert ist. Der kam deutlich souveräner rüber als vor einem Jahr bei seinem zweiten Betätigungsfeld ALTER BRIDGE. So suchte er mehr den Kontakt zum Publikum, ließ sich öfter vorne auf dem Steg blicken und strahlte sichtlich Freude aus. Kann aber auch daran liegen, dass diese Version des Rock´n´Roll klar euphorischer rüber kommt als der Post-Grunge des CREED-Sideprojektes.
Im Gegensatz zu denen beschränkte sich der gute Myles hier nur auf die Rolle als Frontmann, die Rhythmusgitarre bearbeitete Frank Sidonis. Dahinter sorgten Brent Fitz und der agile Viersaiter Todd Kerns für das kraftvolle, kompakte Rhythmusfundament. Nach zwei Albumproduktionen ist die Combo auch schon recht gut eingespielt und wusste auch die große Bühne auszufüllen. Und das ganz ohne die eigenen Egos zur Schau zu stellen, die Kommunikation fand auch auf der Bühne statt, nicht nur zum Publikum.

Aus ihrer gemeinsamen Zeit hatten die Fünf reichlich gutes Material im Gepäck, vornehmlich aus dem aktuellen, hochgelobten „World On Fire" wie „Bent To Fly" oder das coole „Avalon". Eröffnet wurde der Reigen von „You´re A Lie" aus „Apocalyptic Love", dem Debüt dieser Formation. Dazu gesellte sich noch „Back To Cali" von SLASHs Soloscheibe und „Slither", der Hit seines Alternativeversuchs VELVET REVOLVER. Trotz aller Klasse dieser Lieder waren es die Gassenhauer der einst gefährlichsten Band der Welt, welche den guten Stimmungspegel so richtig nach oben schnellen ließen.
Es gab kaum jemanden, der hier nicht mitsingen konnte, selbst das zu selten gehörte „You Could Be Mine", der „Use Your Illusion"-Titel mit der stärksten „Appetite For Destruction"-Affinität. „Nightrain" machte als zweiter Song ohnehin schon alles klar, und egal wie oft es irgendwo gecovert wird, niemand kann dieses unfassbare Solo von „Sweet Child O´Mine" so genial runterbeten wie SLASH. Wie konnte das Konzert anders enden als mit „Paradise City", der Überhymne, die den Sleaze Rock ins Stadion brachte, immer noch eine der größten Kompositionen aller Zeiten, die entsprechend gefeiert wurde.

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AIRBOURNE (Rock Stage)
Da hatten es die Männer aus „Down Under" schwer, den Stimmungslevel hochzuhalten, was letztlich auch nicht ganz gelang. An dem Tag war die Festival Stage auch zu prominent besetzt und stilistisch war man zu nah dran am vorherigen Programmpunkt. Was nichts an der eindrucksvollen Darbietung ändert, die sie an den Tag legten, über die gesamte Spielzeit gaben die Vier Vollgas. Wer beim fotografieren gehofft hatte, die Musiker würden mal still stehen, wurde enttäuscht, denn Joel O´Keeffe und seine Mitstreiter rannten die Bretter rauf und runter, während sie dabei ihre Matten unablässig schüttelten. Sogar O´Keeffes Bruder Ryan warf seine Haarpracht durch die Luft, während er sein Kit zerlegte.

Diese enorme Power war nötig, weil sich der musikalische Witz als AC/DC-Klone allmählich abnutzt und das letzte Album „Black Dog Barking" eine Zeitlang her ist. AIRBOURNE sind einfach unermüdliche Arbeiter auf der Bühne, die stolz auf ihre Herkunft sind und dementsprechend hemdsärmelig auftraten. Auf Hemden wurde allerdings zum Teil gleich verzichtet, den Gag mit nach drei Minuten vom Leib reißen, sparte sich der Frontmann und legte direkt oben ohne los.
Da hatte er einige bessere Gimmicks auf Lager, wie beispielsweise das Öffnen einer Dose Gerstensaft mittels gegen den Kopf schlagen. Das flüssige Gold floss während der 75 Minuten auf und vor der Bühne bei herrlichstem Sonnenschein reichlich. Derart gestärkt wagte sich der Sänger mitsamt hinten baumelnder Gitarre die Traverse am Bühnenrand hinauf, um vom Dach aus weiter zu rocken. Ich frage mich, welche Summen die Veranstalter ob solcher Späße an die Versicherung abdrücken müssen.

Das Set bestand zum großen Teil aus Titeln ihres Hammerdebüts „Runnin´ Wild" wie „Girls In Black" oder dem Titelsong, über dessen Grundthema am Ende ausgiebig gejammt wurde. Es sind jene Hits, die immer wieder die lautesten Reaktion hervorrufen, trotz vieler guter Stücke im Gepäck gelang kein Killer wie „Stand Up For Rock´n´Roll" mehr. Auch die beiden weiteren Scheiben kamen mit Liedern wie dem Opener „Ready To Rock", der Single „Live It Up" oder „Chewing The Fat", wobei „No Way But The Hard Way" vermisst wurde.
Die Australier machten unbedingt Laune, das Publikum rockte herrlich ab, schließlich brauchte es nur bis zum zweiten Refrain, bis man die Nummern mitsingen konnte. Völlig egal, ob sich das ein oder andere im Verlauf des Gigs wiederholt, hier zählte nur voll auf die Zwölf. AIRBOURNE traten ordentlich in den Allerwertesten, mal sehen wie es in deren Lager weitergeht, Abnutzungserscheinungen dürfte es keine geben, dazu sind sie gerade auf Festivals eine zu erfrischende Bereicherung.

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TOTO (Festival Stage)
Wer vor zwei Jahren beim phantastischen Gig auf der Loreley dabei war, oder die DVD „Live In Poland" gesehen hat, der wusste, was ihn nun erwartete. Dass eine solche Größe nicht Headliner ist, spricht auch für die hochkarätige Besetzung des SWEDENROCK. Seitdem haben die Herren mit „XIV" ein neues Album draußen, welches sie auf der laufenden Tour präsentierten. Drei Stücke gab es davon, und was sich darauf als Opener gut macht, konnte bei Konzerten auch nicht verkehrt sein. Bereits hier zeigten TOTO Vokalarrangements in Vollendung, bei denen sich die Vielzahl an Sängern auszahlt.
Die Amerikaner fuhren nicht nur instrumental eine ungeheure Vielfalt auf, auch im gesanglichen Bereich hatte man mehrere Asse im Ärmel. Da war zum einen Frontsänger Joseph Williams mit seiner typischen AOR-Stimme, Gitarrist Steve Lukather mit seinem Rockorgan und Pianist David Paich mit seinem tiefen, sonoren Timbre. Dazu hatten sie mit Mabvuto Carpenter und Jenny Douglas-Foote noch zwei Backgroundvokalisten, die vor allem bei der aktuellen Single glänzen konnten.

Geprägt wurde der Sound wie immer vom Wechselspiel aus Lukathers Sechssaitigen, dem Piano von Paich und Steve Porcaro an den Synthesizern. Besonders die beiden Tastenmänner spielten sich gegenseitig die Bälle zu, die mal treffsicher in wunderbaren Harmonien, dann wieder in grandiosen Duellen landeten. Die Rückkehr des letzten lebenden der Porcaro-Brüder war wichtig für die Band, weil keiner so gut diesen speziellen, klirrenden Yamaha-Sound beherrscht. Früher war er ein Pionier am legendären CS-80, heute hat er sich auf die Motif-Modelle verlegt.
Mit all der Erfahrung von mehr als dreißig gemeinsamen Jahren und hunderten Studioproduktionen, man denke nur an „Thriller" kam natürlich jeder Ton zwischen ihnen punktgenau. Hier saß einfach alles, weil sich jeder auf den anderen verlassen konnte, da durfte Lukather auch mal den Gitarrenhelden mimen, er fand immer wieder den Weg ins Bandgefüge zurück. Mit der Sicherheit kann man dann auch jeden einzelnen Ton zelebrieren, ihm alle nötigen Emotionen mitgeben.

Neben der musikalischen Wandlungsfähigkeit birgt auch die Setlist immer eine Menge an Abwechslung. Bei jeder Tour gestalten sie diese komplett neu, von der Konzertreise 2013 fanden sich gerade noch fünf Stück bei dem Gig wieder, darunter natürlich die unvermeidlichen Welthits. Das nutzen TOTO immer, um das ein oder andere Schätzchen auszugraben, so gab es ein Wiedersehen mit fast vergessenen Sachen vom Debüt und dem Hit von „Isolation".
Auch die „Fahrenheit"-Scheibe ist seit der Rückkehr von Williams immer in der Setlist vertreten, auch wenn ich so gerne einmal „Could This Be Love" hören möchte – Stichwort: Gesangsarrangements. Die Neunziger-Alben wurden auch alle angespielt, so war das Set insgesamt sehr soullastig, bei den Afrogesängen am Ende zeigten sie, zu welch Kreativität sie im Improvisationsbereich fähig sind. Freunde der progressiveren Epen kamen nur beim Schlusstrack ihres vierzehnten Albums auf ihre Kosten.

Im Gegensatz zum Gig beim Hi Rock waren die Begleitumstände nicht ganz hundertprozentig, die frühe Stunde ließ die Lichtshow nicht zur Geltung kommen. Klanglich war alles sehr differenziert abgemischt, den ganz großen Druck wie damals konnten sie nicht entfachen, aber wer kommt schon an die Akustik der Loreley heran. Nicht ganz mithalten konnte auch die neue Rhythmusfraktion mit Shannon Forrest und Originalbassist David Hungate.
Der Drummer spielte seine Parts sehr präzise, reicht allerdings nicht an Simon Phillips heran, wobei hier ebenso die Messlatte utopisch hoch lag. Hungate war zwar von Beginn an dabei, leider fehlt ihm heute der Elan, den Nathan East versprühte. Dafür hatte die Truppe mit Lenny Castro einen alten Bekannten an Bord, welcher sich gerade bei den groovigen Rhythmen an seinen Percussions in Szene setzen konnte.

Doch diese Kritikpunkte sind nur marginal, denn das, was TOTO hier auf die Bühne brachten, war immer noch phänomenal. Selbst die neunzig Minuten Spielzeit waren viel zu schnell vorbei, sie könnten weitaus längere Shows füllen. Das fand auch großen Anklang beim Publikum, wenngleich dieses weniger dicht stand als bei SLASH. Doch die Klänge luden auch gerne dazu ein, sich das Geschehen von hinten zu betrachten und relaxt einzutauchen. Ein paar Teens ganz vorne, die mächtig feierten, ließen die Hoffnung aufkommen, dass bei der Jugend noch etwas zu holen ist. Genau das ist das Tolle an dieser Formation, man wusste wie üblich nicht, ob man bei den Hits lauthals mitgehen, oder einfach nur mit offenem Mund über die Technik staunen soll?

Setlist TOTO:
Running Out Of Time
I´ll Supply The Love
Never Enough
Stranger In Town
Hold The Line
On The Run/Child´s Anthem/Goodbye Eleonore
Pamela
The Road Goes On
Caught In The Balance
Without Your Love
Orphan
Great Expectations
Rosanna
Africa

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HAMMERFALL (Rock Stage)
Immer wieder herrlich, was für ein Kontrastprogramm man beim SWEDENROCK angeboten bekommt. Okay, man könnte die nicht seltenen Griffe in den Kitschtopf als Gemeinsamkeit zwischen den Melodicrockern und den einheimischen Powermetallern ausmachen. Nun wurde das Tempo wieder deutlich angezogen, direkt der Eröffnungstrack, welcher diese Funktion auch auf dem aktuellen Album erfüllt, gab die Marschroute vor. Und genau so gestaltete sich auch das Stageacting der Jungs. Die Saitenfraktion wechselte ständig die Positionen, Sänger Joacim Cans richtete sich derweil ganz vorne auf dem Steg seinen Lieblingsplatz ein.

Kein Wunder, Heimspiel heißt ja auch, den Anhängern immer was Besonderes zu bieten. Da konnten HAMMERFALL die langen Pausen auf den Bühnen nutzen, um ihre komplette Produktion mit den ganzen Rampen und Treppen, inklusive des riesigen Backdrops aufzufahren. Jene Aufbauten, auf beiden Seiten vom Schlagzeug, nutzten die Vier auch ausgiebig.
Dazwischen saß mit David Wallin der neue Mann an den Fellen, der kraftvoll den Takt vorgab, und extra vorgestellt wurde. Er benötigte keine zehn Bassdrums wie sein Vorgänger Anders Johansson, um einen mächtigen Druck hinter die Kompositionen zu bringen. Wieder an Bord war auch der bei Frühjahrstournee noch abwesende Urbassist Fredrik Larsson.

Viel besser hätte die Stimmung nicht sein können, auch wenn wir mal wieder nur wenig von dem verstanden, was die Menge bei den Ansagen in Jubel versetzte. Auf jeden Fall dankte sie es der Combo mit lautstarker Unterstützung bei vielen Songs und einem Meer von gereckten Hörnern. Beim Blick auf das Publikum fiel auf, dass sich die Kuttenträger wohl endlich mal aus ihren Zelten geschält hatten, so viele sah ich an dem ganzen Wochenende nicht. Einer hatte sogar stilecht seinen Hammer aus Pappe dabei. Auch wenn die Musiker mittlerweile outfittechnisch nicht mehr ganz so klischeemäßig daher kommen, ihre Fans feierten den wahrhaftigen Stahl.

Angesichts von neun Studioscheiben hatte man es nicht schwer genug Hymnen für das Headbangervolk zu servieren. Wie schon vor zehn Jahren an gleicher Stätte, damals fehlte nur der Longtrack des seiner Zeit aktuellen Drehers, war die Setlist fast mit jener vom Frühjahr identisch. Leider fiel neben einem Stück von „(R)evolution" auch der Titelsong ihres legendären Debüts zum Opfer. Anscheinend wollte man nach TOTO tatsächlich auf Balladen verzichten und ausschließlich die harte Fraktion bedienen.
Bereits auf der erwähnten Konzertreise stieß das instrumentale Medley etwas auf, weil man stattdessen einer der angespielten Klassiker gerne komplett hätte bringen dürfen. Ansonsten gab es wenig zu bemängeln, fast jedes Studiowerk kam zum Zug, und an den Reaktionen war abzulesen, dass sie nicht viel falsch gemacht haben können. Der Hammer regierte in der Norje Bucht an dem Abend.

Setlist HAMMERFALL:
Hector´s Hymn
Any Means Necessary
Renegade
Bang Your Head
Bloodbound
Heeding The Call
Let The Hammer Fall
Life Now
400 m Medley
Threshold
Last Man Standing
Hammerfall
------------------------------
Templars Of Steel
Bushido
Hearts On Fire

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DEF LEPPARD (Festival Stage)
Schon bei den ersten Tönen des Intros, die einem im Fotograben aus den Boxen entgegen kamen, wummerte es in der Magengrube. Als dann die Band noch loslegte, bebte das ganze Gelände, die Briten fuhren auf, was in der Anlage drin war, auch wenn der Bass im kristallklaren Mix zu prominent war. Nicht nur beim Sound, sondern auch beim Licht, wurde geklotzt und nicht gekleckert. Was da an Lichteffekten kam, war atemberaubend, unterstützt von drei riesigen Leinwänden rechts und links des Drumrisers und als Backdrop. Darüber flimmerten immer wieder quietschbunte Collagen oder Videosequenzen.

Ja, hier kamen lauter Rock und ein poppiges Ambiente zusammen, wie es bei DEF LEPPARD schon immer der Fall war. An dem Abend hatten sie zur Freude ihrer alten Fans auch drei Titel vom „High´n´Dry"-Meisterwerk im Gepäck. Meinetwegen hätten sie noch einen bringen können, und dafür den Beitrag vom halbgaren Coveralbum sein lassen können. Ansonsten gab es natürlich das gewohnte Hitfeuerwerk, von denen die Fünf in ihrer Karriere ausreichend geschrieben haben. Vor allem der „HYSTERIA"-Megaseller stand im Vordergrund, wenn auch „Woman" erneut nicht kam. Und „Adrenalize" stand schon immer im Schatten seiner beiden Vorgänger.

Sich auf ihren technischen Overkill zu verlassen, wäre den Herren aber zu wenig gewesen, zu einer guten Rockshow gehört auch eine hart rockende Band dazu. Vor allem Vivian Campbell zu sehen, war eine Freude, er schien in guter Verfassung nach seiner Krebserkrankung zu sein. Seine Mitstreiter gönnten dem Mann mit den nachwachsenden Locken ein paar Spots im Rampenlicht. Vom Energielevel konnte das ein Axtpartner aber locker toppen, unglaublich wie fit Phil Collen immer noch ist. Zwar ist seine Haarpracht seit jeher etwas schütter, doch in seinem Alter noch so trainiert zu sein, ist schon beeindruckend.
Wer allabendlich auf einer großen Bühne die Kilometer abspult, braucht sich um sein Workout nicht viel zu kümmern. Das schien bei den Herren Savage und Elliot nicht ganz so angeschlagen zu haben, die beiden tragen mittlerweile ein nicht zu verkennendes Wohlstandsbäuchlein mit sich herum. Stimmlich war der Sänger in einer guten Verfassung und als Frontmann sehr präsent. Die Singleballade aus den Neunzigern trug er ganz alleine mit seiner Klampfe an vorderster Front des Steges vor.

Mit der sehr beeindruckenden Performance, bei der sie die ganze Bühne zu nutzen wussten, hatten sie leichtes Spiel mit dem Publikum. Vom ersten Moment an herrschte unten Partystimmung und Hüpfalarm. Das Songmaterial war selbst denjenigen geläufig, die weit weg vom Geschehen dank des immensen Schallpegels, alles bestens mitbekamen.
Zum Mitsingen musste der gute Joe die Menge erst gar nicht animieren, die wagte öfter als einmal gegen diesen Sturm anzusingen. Am Ende schwappte die Stimmung völlig über, bei der letzten Nummer des regulären Sets wurde die Band tatsächlich mit Zuckerwürfeln aus dem Publikum bombardiert; so kann man Songtexte natürlich auch auslegen. Großartiger Gag, das ist Rock´n´Roll! DEF LEPARD auch immer noch, mit gigantischer Rock´n´Roll-Show.

Setlist DEF LEPPARD:
Rock! Rock! (Till You Drop)
Animal
Let It Go
Foolin´
Promises
Paper Sun
Love Bites
Armageddon It
Rock on
Two Steps Behind You
Rocket
Bringing On The Heartbreak
Switch 625
Hysteria
Let´s Get Rocked
Pour Some Sugar On Me
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Rock Of Ages
Photograph

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GHOST (Rock Stage)
Die diesjährige Ausgabe des Festivals entwickelte sich zum Teil zu einem Schaulaufen obskurer Bands, die ich nur von der Ferne wahr genommen, mich aber nie intensiv damit beschäftigt hatte. Zu unchristlicher Uhrzeit veranstaltete die einzige schwedische Formation, die auf Englisch kommunizierte, eine nicht gerade christliche Messe.
Die Bühne war komplett als Innenraum einer gotischen Kirche dekoriert, als zu penetranten Weihrauchschwaden die fünf Ghouls in das instrumentale „Genesis" einstiegen. Dies nutzten die Namenlosen, um etwas auf sich aufmerksam zu machen, denn mit dem Einzug ihres neuen Hirten Papa Emeritus III. zu „From The Pinnacle To The Pit" waren sie optisch ins zweite Glied zurück gestuft.

Was insofern schade war, weil die Hintermannschaft alles andere als Kirmesmusiker sind, die einen sehr dichten, atmosphärischen Soundteppich webten. Die düsteren Klangkathedralen wurden sehr tight und präzise aufgebaut und entfalteten eine unheimliche Stimmung. Unterstützt wurde diese neben der riesigen Backdrops auch von der tollen Lichtshow, den Effekt, wenn eine Reihe dicker Lichtkegel knapp über der Band strahlte, setzten sie öfter gekonnt ein. Dazu trugen alle gehörnte Masken vor dem Gesicht, was sie nicht davon abhielt, während des Gigs nicht nur musikalisch miteinander zu agieren.

Hingegen eher als Schwachpunkt sah ich den im wahrsten Sinne des Wortes Obergeistlichen, der an dem Tag den ersten Gig mit der Undergroundsensation absolvierte. Bei dieser Art von Musik erwarte ich ein wenig mehr Pathos oder eben Power, doch beides brachte der Frontmann nicht entschieden genug rüber. Keine Ahnung, ob es Nervosität war, er wirkte stimmlich sehr zurückhaltend, konnte so den Songs nicht wirklich die großen Emotionen verleihen, welche diese verlangen.
Angesichts dessen, was ich bisher schon von GHOST gehört habe, waren seine Vorgänger auch nicht stimmgewaltiger. Vor allem unter dem Hintergrund des ganzen Showaufwands mutet die etwas dünne Stimme schon etwas deplatziert an. Auch seine Gesten versprühten nicht die Kraft und Erhabenheit, die nötig wären, und bei den Ansagen war er ebenfalls zu zahm.

Das sorgte letztendlich dafür, dass die vielen sehr guten Ansätze ein wenig verpufften, außer bei „Ritual" blieb nicht viel hängen. Eigentlich sollte mich der Sound ansprechen, vereint er doch viele Richtungen, in die ich meine Fühler ausstrecke. Aber vielleicht war das Problem, dass bei DOORS-Orgeln, BLUE ÖYSTER CULT-Melodien und NWOBHM-Gitarren sich nichts davon zwingend aufzudrängen wusste.
Interessanterweise stand der Gig ganz im Zeichen des Debüts „Opus Eponymus", während von „Infestissumam" lediglich „Monstrance Clock" und „Year Zero" zum Besten gegeben wurden. Dazu gab es ein paar Ausblicke auf den kommenden Longplayer „Meliora", von dem „Cirice" ein Hit werden könnte. Wo wir über Erfolg reden, ich werde den Verdacht nicht los, dass sich GHOST in dem ganzen Wust an Okkult-Bands nur wegen ihres exzentrischen Auftretens durchsetzen konnten, was jetzt keine Kritik sein soll.

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