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live_20090710_0101.jpgJunge, Junge! Erstaunlich, wie gut sich das ROCK AM BACH-Festival in den letzten Jahren entwickelt hat: Vom kleinen Ein-Tages-Event im Bürgerhaus Bardenbach mauserte es sich seit letztem Jahr mit über 5000 Zuschauern zum Großevent in der Saar-Region.

Bei der diesjährigen elften Ausgabe setzte man noch Einen drauf: Dank der fetten Headliner DROPKICK MURPHYS und MOTÖRHEAD pilgerten gut 9000 Fans zum Zeltpalast nach Merzig. Und dies natürlich nicht nur aus dem Saarland - aus Rheinland-Pfalz, Hessen, Franken und NRW konnte man Gäste aus dem gesamten Westen bzw. Südwesten Deutschlands begrüssen - die vielen Franzosen, Luxemburger und auch vereinzelte Belgier wollen wir natürlich nicht vergessen!
Ein reichhaltig gemischtes Musikprogramm mit nahezu allen vertretenen Sparten in Sachen Gitarrenmucke zog die Massen am zweiten Wochenende im Juli an die Saar.
Bis auf minimale Schauer am Samstag hielt sich auch das trockene und nicht zu warme Wetter.

Somit also beste Vorraussetzungen, das Saarland für zwei Tage amtlich zu rocken! 

 

Der Freitag:

Die Ehre, das Festival offiziell mit etwas Verspätung eröffnen zu dürfen (auf dem Camping-Platz machten die BESSERWISSERBOYS das Warm-Up), hatten die Voting-Gewinner SADDEST MESSIAH aus der unmittelbaren Region. 
Der kantige Mix aus modernen Metal-Core-Elementen mit Growl-/Clean-Gesang lockte die ersten Zuschauer inklusive Karate-Kids vor die Bühne. Die sechs gespielten Stücke (u.a. "Thousand Cries Now Die", "The Passion Of Treasure" und "Coming From The Skies") gingen gut ins Ohr, auch wenn in stilistischer Hinsicht sicherlich noch einige Luft nach oben ist.
Dennoch ein ordentlicher Auftakt dieser noch recht jungen Band! Sollte man im Auge behalten.

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Aufgrund der verspäteten Anreise von THE RED CHORD mussten WARBRINGER bereits früher auf die Bretter - aber den Burschen aus Kalifornien war das ziemlich schnuppe. Die jungen Thrasher bolzten ihr Programm einfach rotzfrech in das an diesem Tage eher jüngere und "trendbewusstere" Publikum, das mit Old-School-Thrash nun mal nicht viel am Hut hat.
Der Querschnitt aus den beiden bisher veröffentlichten Alben mit Tracks wie "Jackal", "Systematic Genocide" und "Shadow From The Tomb" machten den wenigen Thrash-Freunden und mir genau wie eine Woche zuvor auf dem WITH FULL FORCE massigen Spass.
WARBRINGER werden in Zukunft weiter fleissig am Thrash-Thron kratzen, da bin ich mir sicher!

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Durch die bereits erwähnte Verspätung ein wenig abgehetzt war dann die wohl härteste Band des Festivals endlich am Start. Aber auch für THE RED CHORD galt das Gleiche wie für ihre Vorgänger: Vor der Bühne waren die Zuschauer rar gesät und viele hiervon konnten mit dem Brutalo-Mix wenig bis nichts anfangen.
Dabei boten "Antman", "Dread Prevailed" und "Black Santa" beste Death-Core-Kost, die für dieses Gesamtpublikum einfach eine Schippe zu hart war. Immerhin ließen sich ein paar Kids bei den Breakdowns zum Armewedeln hinreißen und machten den Auftritt von Seiten des Publikums nicht ganz zum Trauerspiel. Trotzdem schade! THE RED CHORD haben sicherlich mehr verdient!

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Zur musikalischen Blutgrätsche kam es dann durch die Finnen DISCO ENSEMBLE. Irgendwo zwischen Indie- und Punk-Klängen, angereichtert mit elektronischen Spielereien sortierten sich die vier Frisör-Verweigerer hinter die bisherigen Metal-Bands. Sogleich stieg natürlich auch der Mädel- und Kiddie-Faktor vor der Bühne, wobei aber nun endlich auch mal Leben ins Publikum kam.
Obwohl mir die Band zuvor unbekannt war, fand ich an den Skandinaviern durchaus Gefallen! "Back On The MF Street", "We Might Fall Apart" und besonders das abschließende "Stun Gun" hatten hohen Ohrwurmcharakter und unterstrichen die engagierte Leistung der Band, welche anfangs noch mit Soundproblemen zu kämpfen hatte, aber dann schnell ins Set fand und zufriedene Fans zurückließ. Werde ich sicherlich noch genauer begutachten!

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Den Festivalkutter brachten WALL OF JERICHO dann wieder zurück in die härteren Fahrwasser. Eine bestens aufgelegte Candace war wie gewohnt der absolute Blickfang und scheuchte sich und den Rest der Band fast ohne Atempause über die Stage.
Die Setlist ließ keine Wünsche offen: Von älteren Schoten wie "Playing Soldier Again", "All Hail The Dead" und "There´s No I In Fuck U" waren natürlich auch die aktuelleren "The American Dream"-Tracks wie "Prey" (gleich zu Beginn nach dem Intro), "Feeding Frenzy" und selbstverständlich der Titeltrack itself am Start - abgeschlossen von der Mitgröhlhymne "Revival Never Goes Out Of Style".
Die Meute ging folglich steil, ein Circle Pit jagte den andern und an die massive Wall Of Death wird sich wohl der ein oder andere beim Lesen dieser Zeilen noch schmerzlich erinnern. Eine höchst intensive Stunde mit WALLS OF JERICHO, die in dieser Form auch weiter im oberen Drittel der Metal Core-Szene mitmischen werden!

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Somit war dem "Metal" an diesem Tage auch schon ein Ende gesetzt; von nun an ging´s eher punkiger zu. Auf die BROILERS beispielsweise warteten bereits eine Menge Fans, wie gleich beim Opener "Zurück Zum Beton" lautstark zu bemerken war.
Auch wenn die Düsseldorfer vielleicht nicht ganz auf meiner musikalischen Linie liegen, muss ich den vier Jungs und der Dame am Bass eine gute Show attestieren. Der Ska/Punk/Rockabilly-Mix mit Songs wie "Geboren Zu Gewinnen", "Dein Leben" und "Meine Sache" hatte seine zahlreichen Anhänger und wusste auch mir auf Anhieb zu gefallen.
Unterstützt von zwei Bläsern kamen auch die Ska-lastigen Tracks live bestens rüber und rechtfertigte insgesamt den späten Slot im Billing. 

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Und dann sollten sich IGNITE hoffentlich vom Ausrutscher auf dem WFF rehabilitieren - dieser Gig war tatsächlich mit dem Titel ihres U2-Covers "Sunday Bloody Sunday" zu umschreiben...
Aber glücklicherweise bot sich IGNITE wieder in altbekannter Form: Energetisch und hymnisch knallten "Bleeding", "Who Sold Out Now", "Fear Is Our Tradition" und "Poverty For All" aus den Boxen und ließen mich den drögen Auftritt eine Woche zuvor schnell vergessen.
Durch die größere Spielzeit kamen glücklicherweise auch die Akustik-Tracks "Slow Down" und "Live For Better Days" zum Zuge - sofern ich Sänger Zoli richtig verstanden habe, steht uns bald ein gleichgeartetes Album ins Haus - hoffentlich auch mit neuen Tracks, "Our Darkest Days" hat mittlerweile schon vier Jahre auf dem Buckel!
Mit "Veteran" und einem kräftigen "Good Night! IGNITE!" verabschiedeten sich die Kalifornier und machten Platz für den unumstrittenen Headliner dieses Tages.

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Denn der Shirt-Dichte der Kids nach waren dies die DROPKICK MURPHYS zurecht! Und auch das Aufkommen vor der Bühne war demnach das Höchste des Tages - auf der Bühne übrigens ebenso. Mit bis zu acht Mann gleichzeitig auf den Brettern war automatisch ständig Action angesagt, die sich gleich ins Publikum übertragen sollte - es wurde getanzt, gepogt, gesungen; die Crowdsurfer flogen in Scharen Richtung (übrigens sehr netter Security) und machten den ausklingenden Freitag zum Feiertag.
Der Querschnitt durch die gesamte, bereits über zehn Jahre währende Bandhistorie gelang fast perfekt - "Cadance To Arms" und "Do Or Die" (vom Debütalbum) waren sogar die vielumjubelten Opener des Sets. "Workers Song", "The Legend of Finn MacCumhail", "The Warriors Code", "Citizen CIA", "Walk Away" und natürlich der Shanty "The Wild Rover" ließen die Tanzbeine nicht zur Ruhe kommen und machten den Gig unterhaltsam und kurzweilig.
Kurz vor Ende wurde es dann mit "Kiss me, I´m Shitfaced" noch einmal bierselig romantisch, bevor das THE WHO-Cover "Baba O´Riley" und "I´m Shipping To Boston" (gemeinsam mit Sammy von BROILERS) den ersten Festivaltag beschlossen.
Ich hatte mir zwar ein wenig mehr von den Folk-Punkern erwartet, aber dennoch war ich weit davon entfernt, unzufrieden zu sein - Indoor kommen die MURPHYS wohl einfach noch besser!

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Auf der Campingplatz-Bühne dürfte dann MAMBO KURT mit seiner Heimorgel für weitere Party-Stimmung gesorgt haben - aber der nahe Weg ins heimische Bett war verlockender und die Show vom WFF eine Woche zuvor dürfte eh bis auf weiteres nicht zu toppen sein.

Der Samstag:

So war man gut ausgeruht und pünktlich zu den weiteren Voting-Gewinnern HARDCUT (ebenfalls aus dem nördlichen Saarland) wieder am Start. Die begleitenden wenigen Regentropfen sollten glücklicherweise die Einzigen an diesem Wochenende bleiben.
Und ich muss sagen, die junge Band hat gegenüber dem letzten Mal, als ich sie vor PRONG Anfang 2008 gesehen habe, einiges an Klasse gewonnen!   
Gerade die neuen Tracks sind variabler und mit mehr Facetten ausgestattet und lassen die Spannung auf das bald erscheinende neue Album wachsen. Weiter so!

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BOY SETS FIRE sind schon länger Geschichte - deshalb war ich auf die Nachfolgeband der Wegbereiter des Emo-Core, THE CASTING OUT, ziemlich gespannt. Aber leider wurde ich doch arg enttäuscht: Mittlerweile ist Nathan Gray beim simplen Schrammel-Lala-Punk gelandet und langweilte mich bereits nach zwei Songs.
Der ehemalige BSF-Mastermind hatte dennoch sichtlich seinen Spaß und war seinem Dauergrinsen nach breit wie zwei Nattern. "We´re the only smiling band today" gab Nathan zudem bekannt - mir entlockte THE CASTING OUT aber nur das ein oder andere Gähnen.

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SONIC SYNDICATE sind ihrem immer noch andauernden Hype nach eigentlich dafür prädestiniert, mich wieder aufwecken zu können. Aber was auf Scheibe auf Dauer langweilig wird, ist es auch live: Ohne Bassistin Karin würde echt kein Hahn nach den Schweden krähen! 
Die Mischung aus neueren IN FLAMES und BULLET FOR MY VALENTINE ist mittlerweile mehr als unoriginell und klingt nach wie vor wie am Reißbrett konstruiert. Immerhin kann man der Combo kein mangelndes Engagement nachsagen, die rocken sich schon den Arsch ab - aber wie gesagt: Auf Dauer hört sich jeder Song einfach nur gleich an.
Die Kiddies fanden´s jedenfalls toll und hatten teilweise sogar hübsche Plakate für die Band und die hübsche Bassistin gebastelt - fast schon TOKYO HOTEL-ähnliche Zustände waren zu beobachten.
Ich für meinen Teil freute mich da eher auf die nächste Band, die dann allen Anwesenden zeigte, wo der Hammer hängt!

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Nämlich in Brasilien! Da kann nur von einer Band die Rede sein: SEPULTURA! Nach der Support-Show vor SODOM in Völklingen 1992 (!!) waren die Südamerikaner endlich wieder an der Saar zu Gast.
Natürlich hat sich seitdem einiges getan, die Post-Cavalera-Ära läuft nach wie vor in kommerzieller Hinsicht durchwachsen und eine Menge an Touren ist von Nöten, um den Fans im Gedächtnis zu bleiben. Aber nach dieser Show wird dem so sein, ganz sicher!
Schon auf dem WFF überzeugten mich die Brasilianer weitaus mehr als SOULFLY und setzten dem beim RAB locker noch einen drauf: Das mächtige "Arise", "Inner Self" und "Dead Embryonic Cells" sind für sich schon jede SEPULTURA-Show wert.
Und wenn man sich mit den neueren Werken auch auseinandergesetzt hat, sind die "A-Lex"-Tracks wie "Filty Rot", "We´Ve Lost You", und "Conform" auch live ein Ohrenschmaus. Die "Chaos A.D."-Klassiker gehören natürlich zu jeder SEPULTURA-Show wie auch "Roots Bloody Roots" am Ende - ergo: Einer der Gewinner des Festivals! Viele Fans waren verdutzt, wie sehr SEPULTURA noch zu Ballern im Stande sind. Und wären diese eine Woche später in der ROCKHAL gewesen, wären sie aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen...(klick)

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Über CALIBAN gibt es nach wie vor geteilte Meinungen: Auch wenn sie immer noch zu den ersten Bands gehörten, die den "Metal Core" in Deutschland groß gemacht haben, sind sie bei vielen nicht akzeptiert; sei es vom Musikalischen oder Optischen her.
Dennoch hatte sich eine amtliche Crowd vor der Bühne versammelt, um die Essener abzufeiern. Die Songs "I Rape Myself", "I Will Never Let You Down", "Stop Running" und auch das neue "24 Years" sind ja eigentlich fette Kracher, die auf Konserve mächtig Alarm machen - aber live kommen CALIBAN in meinen Augen eher selten aus den Puschen.
Vor allem, wenn wie an diesem Tage die cleanen Vocals mehr schief als gut gesungen werden - ein zusätzlicher Stromausfall sorgte zudem für eine spontane Umstellung der Setlist, da ein benötigtes Sample nicht abgespielt werden konnte, aber dies nur nebenbei.
Ich schaute mir das Ganze heute mit etwas Distanz zur Bühne an, CALIBAN hatte ich dieses Jahr schon zu oft gesehen. Im Pit rumorte es dennoch ordentlich und so war der Slot vor SEPULTURA halbwegs begründbar, auch wenn es viele sicherlich gerne anders herum gesehen hätten.

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Als krasser Kontrast zwischen neumetallischen Klängen und Old School Rock´n´Roll hatten THE SUBWAYS mit ihrem Indie-Rock aber dennoch keinen allzu schweren Stand. An den Briten kommt man als Gitarrenfreund aufgrund der massiven Medienpräsenz nämlich nicht vorbei:
Durch Werbespots, Videospiele und Fernsehserien wurden die Songs "Oh Yeah" und "Rock´n´Roll Queen" schnellstens allseits bekannt und pushten die Band immens nach oben - aber viel mehr konnte ich dem Trio nicht abgewinnen.
Natürlich ziehe ich den Hut vor dem Trio von der Insel, welches auch in Kleinstbesetzung viel Druck erzeugte und ständig in Bewegung war. Auch die Interaktion mit dem Publikum klappte bestens und so sorgten "Schrei-Spielchen" immer wieder für Auflockerung zwischen den Songs.
Aber musikalisch kam bei mir bis auf die Hits nicht viel an - so erging es wohl auch der "älteren" Fraktion der Zuschauer, die Samstags erwartungsgemäß viel zahlreicher als Freitags zugegen war. Aber was soll´s, es gab ja noch Entschädigung...

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...und zwar in Form der lebenden Legende: MOTÖRHEAD als Headliner dieses verhältnismäßig kleinen Festivals, das hätten sich viele nicht zu träumen gewagt!
Lemmy & Co erfüllten an diesem Abend die gestellten Anforderungen durchaus: "Iron Fist" als Opener brachte die Fans sofort auf Betriebstemperatur, die sich aber noch erheblich steigern sollte: "Over The Top", "Metropolis", "Power", "Another Perfect Day", "Killed By Death"...das liest sich wie aus einem Guss!
Großartige Showelemente erwartet hier keiner, "Just pure Rock´n´Roll" ist das Motto! Auch wenn Lemmy nach wie vor den Aktionsradius eines Bierdeckels hat, knarzt sein Bass wie eh und je, die Stimme schien bestens geölt und Wizzo und Mikkey sind routiniert genug, eine prima Show zu liefern; das Drumsolo Mikkey´s beispielsweise ist immer sehens- und hörenswert.
"Bomber" vor der Zugabe breitete den roten Teppich für das große Finale mit "Whorehouse Blues", "Ace Of Spades" und natürlich "Overkill" bestens aus. Die Fans waren zufrieden, der größte Headliner aller Zeiten beim ROCK AM BACH hat alles richtig gemacht - ein toller Ausklang dieses beschaulichen Festivals!

Man kann den Veranstaltern nur gratulieren: Der Bandmix war im Großen und Ganzen gelungen, die zeitliche Organisation an der Hauptbühne und der Sound waren obere Liga und auch das reichhaltige Angebot an Speis und Trank machten das elfte ROCK AM BACH zum vollen Erfolg!
Ich bin gespannt, wie dies in den folgenden Jahren noch getoppt werden soll...(Brix)

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