SwedenRock-Festival (06.-09.06.2018, Sölvesborg (S))

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swedenrock2018 posterSeit Jahren gehört das größte schwedische Festival zu den ganz dicken Hausnummern in der europäischen Festivallandschaft und ist dort nicht mehr wegzudenken. Vor allem in Schweden selbst gleicht das einem Volksfest und nationalen Ereignis, das an vier Tagen ausgiebig zelebriert wird. Das bunte Programm, in dem sämtliche Rock - und Metalspielarten ihre Berechtigung haben, war auch in dem Jahr gespickt mit den Topacts der jeweiligen Genres. Vor allem das Triumvirat des Achtzigermetal beherrschte in dem Jahr die Headlinerpositionen. Da mit IRON MAIDEN auch die meistgewünschte Band der Zuschauer hierbei nicht fehlen durfte, war die diesjährige Auflage innerhalb von Tagen komplett ausverkauft und bescherte den Machern einen neuen Rekord. Unter Zuschauern aus mehr als 50 Ländern war NECKBREAKER auch in diesem Jahr wieder mittendrin statt nur dabei.

Anreise:
Da wir ja schon seit ein paar Tagen im Land der Elche weilten, verlief die ohne große Komplikationen, knappe zwei Stunden an der Südküste entlang ging es von Kalmar aus nach Sölvesborg. In dem Jahr waren wir in dem Haus eines älteren Ehepaars untergebracht, welches sich etwa zehn Fußminuten vom Gelände und fünf Minuten vom Ostseestrand entfernt befand. Die beiden richten ihren Nebenzimmer jedes Jahr für die Festivalgäste her, dazu stehen im Garten zwei Wohnwagen der Campingbegeisterten Familie, die ebenfalls vermietet wurden. Somit war unser Lager sowohl kuschelig eng wie auch gesellig, zum Glück standen genügend Grillmöglichkeiten zur Verfügung.
Das war mit Gas auch das praktischste bei dem Wetter, denn während Süddeutschland in einer dicken, schwülen Suppe versinkt, hatte es dort seit April nicht mehr geregnet. Dementsprechend trocken war alles dort, die Rasen der Wochenendhäuser färbten sich längst braun und da wo einst ein Festivalgelände war, entstand in den vier Tagen eine Wüste. Da war es nicht so einfach für die Festivalmacher die Staubentwicklung in Grenzen zu halten, doch allemal besser, als das es just zum Festivalbeginn angefangen hätte zu regnen, das wäre die Höchststrafe gewesen. So waren die Bedingungen ideal, bei etwa 25 Grad und trockener Seeluft herrschte fast mediterranes Flair, trotz der Aufforderungen viel frisches Wasser zu trinken, blieben die meisten Besucher beim Gerstenwasser.


Mittwoch, 06.06.2018

ASTRAL DOORS (Sweden Stage)
Wie in den meisten Fällen befindet sich der 6. Juni im Zeitrahmen des SwedenRock-Festivals. Jener Tag ist der Tag der schwedischen Flagge und wird mittlerweile als Nationalfeiertag zelebriert. Da wollten auch die Macher des Festivals nicht hinten anstehen, somit hat es schon Tradition diesen Tag auf dem Gelände gemeinsam zu begehen. Das Spektakel mutet für Nichtschweden zwar etwas seltsam an, doch es ist eine liebenswerte Verquickung von Traditionen und dem Rockevent. So kommt jedes Jahr einer anderen Band die Ehre zuteil, die Nationalhymne auf der Bühne zu interpretieren, in diesem Jahr waren es die Heavy Rocker aus Borlänge.
Und so eröffneten sie das Set mit eben jenem „Du Gamla, Du Fria“, welches erst von Bassist Ulf Lagerström kurz angespielt wurde, bevor es die Band in einer Rockballadenversion darbot und dabei sehr stimmgewaltig vom Publikum begleitet wurde. Das hatte schon etwas Kultiges und die Leute schienen ihren Spaß damit zu haben, zumal man die ganze Aktion nicht ganz so ernst nehmen darf. Vor allem nachdem man nach einer A capella-Strophe das Tempo anzog und das Ding recht ordentlich verrockte. Da liefen Musiker und Zuschauer erst richtig heiß, sollte man durchaus mal miterlebt haben.

Im Anschluss durften die Herren noch drei eigene Stücke zum Besten geben, bei denen der zurück gekehrte Frontmann Nils Patrick Johansson brillieren konnte. Es darf aber nicht verhehlt werden, dass schon die ersten Riffs von „Time To Rock“ dem alten Spitznamen der Formation neue Nahrung bescherten, der Vorwurf von Astral Dio schwebte über dem Auftritt. Dabei konnten sie auch mit der Nummer die Zuschauer bewegen, die sich ja inzwischen gut warmgesungen hatten und auch hier in ein Singalong einstiegen. Auf der Bühne machte vor allem Gitarrist Mats Gesar Alarm, der viel unterwegs war. Mit dem schweren „Evil Is Forever“ und „New Revelation“ kamen noch zwei weitere Stücke aus der Frühphase zum Zug um das Festival standesgemäß zu eröffnen, aber auch zeigten, warum es für die ganz große Karriere nie gereicht hat.

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BRIAN DOWNEY´S ALIVE AND DANGEROUS (4 Sounds Stage)
Die hatte der Mastermind der nächsten Formation vor allem in den Siebzigern und den Achtzigern, somit war zum ersten Mal Legendenalarm angesagt. Bei der Reunion 1999 war er zu Beginn noch dabei, dann trimmte John Sykes die Band gänzlich auf Hard Rock, womit sich der gute Brian nicht so identifizieren konnte. Fast hätte man meinen können, der ehemalige THIN LIZZY-Drumer wäre wirklich etwas schwächlich geworden mit den Jahren. Als er hinter seinem Drumkit Platz nahm wirkte er dünn, sein fröhliches Lächeln passte kaum zwischen seine eigefallenen Wangen.
Doch als er zum ersten Break des Openers ansetzte, waren alle Zweifel verflogen, so explosiv bekommt das nicht mal Tomy Aldridge hin. Es war diese Lässigkeit, dieses britische Understatement, mit dem der Mann zu Werke ging, indem er aus der coolen relaxten Haltung plötzlich ausbrach. Sein Jazzbackground war dem späteren Sessionmusiker deutlich anzusehen, er hat immer noch diesen unglaublichen Swing wie zu Lizy-Zeiten. Dabei sah das auf den ersten Blick gar nicht spektakulär aus, doch wenn man schaute, wie gewaltig der Mann allein aus dem Handgelenk kam, wie schnell er einhändig die Snare schlug, kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Da lag die Messlatte für seine Mitmusiker hoch, vielleicht etwas zu hoch, doch es sollte auch bedacht werden, in welche Fußstapfen die drei treten mussten. So versuchte man zumindest rein optisch die Imagination deutlich aufrecht zu erhalten, um authentisch zu wirken. Besonders der Afro von Bassist und Sänger Matt Wilson ließ fast schon glauben, der gute Phil wäre tatsächlich wieder auferstanden. Auch die beiden Gitarristen Brian Grace und Phil Edgar legten sich mit entsprechenden Posen und stilsicheren Siebzigerklamotten und entsprechenden Matten richtig ins Zeug.
Doch man kann einen Phil Lynott eben nicht ersetzen, vor allem dessen Charisma fehlte dem eher unerfahrenen Wilson doch merklich. Stimmlich kam er dem übergroßen Vorbild durchaus nahe, doch die großen Akzente konnte er nicht setzen. Das war aber auch nicht zu erwarten, so dass der Mann die Klassiker immerhin mit Respekt in Szene setzen konnte. Auch die beiden Jungs an den Äxten hatten ihre Momente, speziell bei einigen Soli, doch auch ihr Twin Leads, ein wichtiges Element im Sound der dünnen Lizzy saßen tadellos.

Wie schon beim Bandtitel anzunehmen beschränkte sich die Setlist fast ausschließlich auf das legendäre Livealbum von 1978, auf dem der Ruf der alten Formation fußt. Immerhin machen ja auch UFO seit 40 Jahren immer noch ausführlich Promo für ihren fast zwillingshaften Konzertmeilenstein „Strangers In The Night“. Ganze vierzehn der siebzehn Titel kamen zu Gehör, wobei die Reihenfolge nur unwesentlich verändert wurde. Dazu kam mit dem Titeltrack von „Bad Reputation“ ein Stück, welches aus jener Ära stammte und bei dem Downey einmal mehr brillieren konnte.
In der Zugabe packte man dann noch zwei Nummern von „Black Rose“ obendrauf, das nach der Livescheibe erschien und auf dem Gary Moore mit von der Partie war. Bei so viel Klassikeralarm kam dann auch zum ersten Mal richtig Stimmung auf das Gelände. Manch einer mag bei solch einer Show mit nur einem Originalmitglied etwas von Coverband unken, doch er tut BRIAN DOWNEY´S ALIVE AND DANGEROUS damit Unrecht. Wenn ich die letztjährige LED ZEPPELIN-Tributeband als Vergleich heran ziehe, da taten sich doch Unterschiede auf. So sah man viele altgediente Fans selig über den noch bestehenden Rasen hüpfen und lauthals mitsingen.

Setlist BRIAN DOWNEY´S ALIVE AND DANGEROUS:
Jailbreak
Are You Ready
Southbound
Rosalie
Emerald
Dancing In The Moonlight
Massacre
Still In Love With You
Cowboy Song
The Boys Are Back In Town
Warriors
Don´t Believe A Word
Suicide
Bad Reputation
The Rocker
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Black Rose
Waiting For An Alibi

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CYHRA (Sweden Stage)
Von einer Schlagzeugergeschichte zur nächsten: Nachdem ihn ANNIHILATOR aus dem saarländischen Underground heraus auf die große Bühne gehievt hatten, durchwanderte Alex Landenburg viele Stationen, um in Schweden zu landen. Die beiden ehemaligen IN FLAMES-Mitglieder Jesper Strömblad und Peter Iwers starteten ein neues Projekt, wobei der Bassist allerdings schon wieder draußen ist. Für dieses heuerte Strömblad mit seinem neuen Frontmann den Deutschen an. Dabei war es interessant zu sehen, wie Strömblads Version des modernen Metal ausfällt, da ihm ja die Marschroute seiner alten Truppe zu seicht geworden war.
Doch die Hoffnung auf kernigere Riffs erhielt einen kräftigen Dämpfer, als Sänger Jake E alleine auf die Bühne kam, sich halb auf die Frontmonitore kniete und a capella in den Opener „Dead To Me“ einstieg. Erst nach der Strophe kam die Band hinzu und bot ihm das passende Rhythmusfundament. Doch das war weit weg, von dem was ich erwartet hatte, dennoch fiel der Auftakt verheißungsvoll aus, die Überraschung war eher positiv.

Das lag zum einen an der Präsenz des Frontmannes, der optisch eher lässig rüberkam, aber mit reichlich Charisma ausgestattet war. Die Art, wie er die Emotionen der Songs rüber brachte, wie er sich bewegte, wie er die Zuschauer taxierte hatte schon Klasse. Dazu konnte seine Stimme die klaren Melodien sehr gut intonieren, immerhin war er zuvor bei AMARANTHE auch im melodischen Fach unterwegs. Und die Melodien hatten es in sich, wuchtig, dramatisch und die ganz große Zugänglichkeit, so schreibt man Hymnen heute. Wer nun bei Nummern wie „Heartrage“ oder „Holding“ 30 SECONDS TO MARS ruft, liegt sicher nicht so falsch, immerhin sind die nicht die schlechteste Referenz in dem Fach.

Vieles war sogar durchaus tanzbar und mit reichlich Massentauglichkeit ausgestattet, aber das war auch ein wenig der Knackpunkt der Livedarbietung. Nicht nur die Bassspuren von Iwers kamen mangels Ersatz vom Band, sondern auch die Keyboards, welche die Songs schon deutlich prägten. Angesichts der Instrumentierung schien es schon aberwitzig, dass neben dem Bandgründer mit ex-SHINING-Mann Euge Valovirta ein weiterer Gitarrist über die Bretter jagte.
Neben den guten Soli bestand ihr Job hauptsächlich aus flächigen Riffs, die die Tasten und Rhythmusspuren unterfütterten, eigentlich hätte sich einer die vier Saiten umschnallen können. In Sachen Stageacting legten sie sich dafür umso mehr ins Zeug und rannten die ganze Zeit wild herum oder erklommen immer wieder die kleinen Riser oder die Monitore. Der Spaß war ihnen sichtlich anzusehen, kein Wunder, kam der Gig ihrer Formation auch sehr gut an.

Da war Alex Landenburg schon deutlich präsenter im Sound, der den wuchtigen Rhythmus vorgab. Allerdings hing ein paar Mal das Tape mit den Einspielungen, weswegen es kurze Unterbrechungen gab. Sehr interessant war der Aufbau seines Kits mit einem sehr hoch hängenden Becken, und auch bei seinem Spiel konnte der deutsche Weltenbummler Akzente setzen. Angesichts des guten Songwritings und den begeisterten Reaktionen der Fans könnte der Combo eine große Zukunft bevor stehen. Dazu müsste sie noch enger zusammenrücken und vor allem die nötigen Instrumentalisten auf die Bühne holen, um ihre Kompositionen authentisch von der Rampe zu hauen.

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QUIREBOYS (Sweden Stage)
Zur gepflegten Abendstunde geht der Brite mal gerne ins Pub, hier wurde das Pub zu jener Tageszeit auf die Bühne geholt. Spike und seine Spießgesellen fühlen sich mit ihrem Gebräu aus Boogie, Blues und Rootsrock dort am wohlsten. Gemessen daran, wie oft sie in den letzten Jahren auf dem SwedenRock spielten, scheint es ihnen aber auch da zu behagen. In diesem Jahr sprangen sie allerdings nur kurzfristig für JOE LYNN TURNER ein, der sich noch erholen muss, in dieser Stelle weiterhin gute Besserung. Aber ähnlich wie so ein Pubbesuch ist auch diese Formation, sie geht eigentlich immer, bevorzugt wenn der Abend richtig losgeht.

Da braucht es auch nicht viel, die Bühne simpel und spartanisch, einfach Rock´n´Roll, immer schnurgeradeaus. Optische Reizpunkte setzen die Sechs denn eher bei den Klamotten, ich zähle sie sicher zu den stylischsten Bands der Szene. Obwohl gerade in den Tagen von Sölvesbog die Konkurrenz in der Disziplin ziemlich hoch war. Was für den Frontmann sein Kopftuch ist für Bassist Nik Mailing sein Partyhütchen, unter welchem der Schlacks lässig herum schlurft.
Er hat sich mittlerweile etwas im Bandgefüge festsetzen können, auch wenn die Rhythmusfraktion nach wie vor nicht zu den offiziellen Mitgliedern gehört. Doch immerhin durfte er einmal kurz nach vorne an die Rampe kommen, während er ansonsten im Hintergrund seinen Dienst tut. Neben Kopfbedeckungen bestimmten vor allem bunte Bänder das Geschehen, während Keith Weir hinter den Tasten wie immer den „Man In Black“ gab.

Neben ihrem Sänger machten vor allem die beiden Gitarristen Guy Griffin und Paul Guerin auf sich aufmerksam, die sehr präsent waren und sich die Riffs um die Ohren hauten. Solotechnisch harmonieren die beiden inzwischen sehr gut und teilten sich die Einsätze brüderlich auf. Bei einigen Stücken konnte Guerin zusätzlich noch mit ein paar prima Slides glänzen.
Kongenial ergänzt wurden die beiden vom immer etwas bärbeißig dreinblickenden Keith Weir, der seine Hände wunderbar über seine Tasten wandern ließ. Egal, ob er Piano – oder Orgelklänge aus ihnen heraus holte, stets gab er den Songs die richtige Würze. Einzig der nun wieder hinter den Kesseln sitzende Dave McCluskey wirkte nicht so rund und haute zu derb und manchmal eindimensional drauf. Ab und an sollte er sein Temperament und den Groove ein wenig zurück nehmen und etwas akzentuierter trommeln.

Das Ganze bekommt natürlich erst durch Spikes Whiskeyorgan den richtigen Geschmack, keine Ahnung, wie man so singen kann, aber auch an dem Abend präsentierte er sich gut in Form. Das konnte man von seinem sonstigen körperlichen Zustand nicht behaupten, denn aus unbekannten Gründen musste er eine Beinschiene tragen. Das behinderte ihn aber recht wenig, wenn er immer wieder seinen Mikroständer in die Luft warf und ansonsten seine üblichen Tänzchen aufführte. Den Rat seines Arztes im Sitzen zu singen, kommentierte er mit seinem typischen Humor, er sei doch kein Amerikaner.

So führte er gekonnt durch ein Programm, das sattsam bekannt war, vielleicht ein bisschen zu sehr, irgendwie scheinen die QUIREBOYS sich auf die gleichen Songs festgelegt zu haben. Natürlich steht der legendäre Erstling immer im Mittelpunkt, doch hier wären Stücke wie „Man On The Loose“ ein willkommene Abwechslung. Auf „Beautiful Curse“ findet sich weit mehr als nur der Opener, der wie gewohnt die Show eröffnet und auch die letzte Studioscheibe „Twisted Love“ warf einige starke Songs mehr ab.
Gleiches gilt für „White Trash Blues“, aus welchem die selben zwei Cover wie im Herbst heraus gepickt wurden. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau, denn in den 75 Minuten bekommt man eben nicht alles unter und es fällt schwer, da was wegzulassen. So war am Ende die Stimmung weitaus ausgelassener als in jedem Pub, der gute Spike dirigierte die Menge und die abschließenden Partynummern wurden lauthals mitgesungen.

Setlist QUIREBOYS:
Too Much Of A Good Thing
Misled
Down Down Down
There She Goes Again
Gracie B.
Leaving Trunk
Mona Lisa Smiled
This Is Rock´n´Roll
Hello
I Don´t Love You Anymore
Tramps & Thieves
Hey You
Sweet Mary Ann
7 O´Clock
Sex Party

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HARDCORE SUPERSTAR (Sweden Stage)
Ein wenig kritisch sahen einige die Wahl zum Mittwochsheadliner, die Sleazer mögen in ihrer Heimat eine Größe sein, doch reicht das auch, um bei einem so international besuchten Festival zu bestehen? Wer die Attitüde der Truppe kennt, weiß dass diese sich davon nicht verrückt machen lässt und ihr Ding durchzieht. Klotzen statt kleckern steht ja bei der sympathisch großmäuligen Kapelle auf der Tagesordnung und so hingen mal gleich zwei fette Kreuze über der Backline.
Diese ließen sich auch auf die für die Musikgattung korrektere Position drehen oder gleich ganz kreiseln, der Slogan „You Can´t Kill My Rock´n´Roll“ auf den riesigen Backdrops sagt auch einiges aus. Als der Vierer dann die Bühne enterte schossen Konfettikanonen erst einmal alles dunkel, auch die an diesen Tagen mehrfach eingesetzten langen Streifen waren dabei, die sich ja gerne um alles herum wickeln.

Da stand er nun, Frontmann Jocke Berg inmitten des Papieroverkills und sprang wie ein Wilder darin herum, über die gesamte Spielzeit war er kaum zu bremsen. Er ist einfach der geborene Showman, der aber die große Geste durch eine gesunde Portion Wahnsinn ersetzt. Immer aufgedreht, immer gehetzt, drehte auf den Brettern seine Runde und röhrte seine vom Rock´n´Roll-Lifestyle geprägten Texte heraus. Dabei reichte ihm die große Sweden Stage bei weitem nicht aus, selbst auf der Hauptbühne hätte er seine Probleme gehabt. Doch auch so ein Fotograben bietet sich ja perfekt an und wenn es sein muss, dann singt er auch mal im Publikum weiter. Bei manchen Ausflügen musste man echt Angst um den Sänger haben, aber so ein harter Knochen bricht nicht.

Unterstützung an der Sangesfront bekam er nur von Bassist Martin Sandvik, der auf der rechten Seite stoisch vor sich hin groovte. Vic Zino war viel zu beschäftigt damit, dem guten Jocke hinterher zu jagen oder sich bei seinen Soli in alle erdenklichen Posen zu werfen. Ein Mikro hätte zur Verfügung gestanden, er kann es aber schlecht mit sich herum tragen. Selbst der wild wirbelnde Magnus Andreasson sorgte andauern für Unterhaltungswerte. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, holte man zur obligatorischen Trinkerhymne „Last Call For Alcohol“ gleich die Hardcore Superbar auf die Bühne und warf reihenweise Cocktails in die Menge, wobei sich einige Fans als sehr gute Fänger erwiesen. – ein Hoch auf die Fliehkraft. Zur ersten Zugabe erschienen die Jungs dann in reichlich abgedrehten Kostümen, als ob die Bande nicht so schon abgefahren genug wäre.

Musikalisch ging man so räudig wie gewohnt zur Sache, wobei mir der Punkeinschlag nie so zusagte. Da habe ich an den melodisch treibenden Titeln wie „Touch The Sky“ oder „Dreamin´In A Casket“ doch deutlich mehr, hier im Hair Metal-affinen Bereich sehe ich die Stärken von HARDCORE SUPERSTAR. Das Material stammte zumeist aus der mittleren Karrierephase mit Alben wie „Hardcore Superstar“ und „Split Your Lip“, wo der Offbeat in „Moonshine“ überraschte. Dazu gab es ein paar neue Lieder, die wohl auf dem kommenden Album zu finden sein werden, hier stach das sehr glamige „Bring The House Down“ heraus. Zum Abschluss des regulären Sets zockten Vic und Jocke „Someone Special“ vom Debüt in einer akustischen Version. Dies blieb der einzige ruhige Moment in dem ansonsten auf Vollgas getrimmten Gig, auf „Run To Your Mama“ wartete man vergebens. Doch mit der Leistung bewies das Quartett, dass es diesen Slot völlig zu Recht bekam, ebenso wie den vielen Applaus.

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Donnerstag, 07.06.2016

CRAZY LIXX (4 Sounds Stage)
Da es mir unmöglich war, ein 4-Tages-Ticket zu ergattern, begann für den geneigten Rezensenten das SwedenRock erstmals und ungewohnter Weise donnerstags. Dafür jedoch mit einem wahren Paukenschlag. Obgleich CRAZY LIXX lediglich 45 Minuten Zeit hatten, wussten die Schweden diese absolut zu nutzen. Gut, schwedische Bands haben in ihrem Land stets einen leichten Stand, aber dies war in diesem Fall definitiv gerechtfertigt.
Mit "Wild Child" vom aktuellen Album „Ruff Justice“ stiegen die vier in das Set ein und konnten sich einer guten Stimmung sogleich sicher sein. Der Sound stimmte zu jeder Sekunde und war - das ist bemerkenswert- besser als bei so mancher Band auf der Festival Stage. Generell lag der Schwerpunkt der Band auf der aktuellen Platte und dem großartigen Zweitwerk „My Religion“. Demzufolge bildete auch "21 Till I Die" den Schlusspunkt und hinterließ viele zufriedene Gesichter. (David)

DARK TRANQUILLITY (Rock Stage)
Eine ganz andere Härteklasse folgte fast gegenüber auf der nächsten Bühne, auch wenn eine weitere einheimische Band folgte. Die hatte in den letzten Jahren schwer zu kämpfen, verlor drei langjährige Mitglieder, doch nach dem Zwischentief ist man mit „Atoma“ wieder zurück. Mit dem im Gepäck reisten die Göteborger auch an, nachdem sie kurz zuvor noch die Clubs unsicher machten. Mit dabei hatten sie fast die identisches Setlist, die aufgrund des frühen Slots etwas knapper ausfiel. Leider waren es ausgerechnet die beiden atmosphärischen Epen ihres „Fiction“-Meisterwerkes, die neben einem neuen Stück dem Rotstift zum Opfer fielen.

Zum Glück passiert ja innerhalb eines DARK TRANQUILLITY-Liedes so viel, dass man immerhin dreizehn Titel in der vollen Stunde unterbringen konnte. Es war wie immer bemerkenswert, wie viele Details sich zwischen all den tödlichen Attacken heraus schälen. Martin Brandström gab von hinten mit seinen Tasten viel Input, während seine Vorderleute eher den Knüppel regieren ließen. Da verdiente sich vor der neue Sechssaiter Johan Reinholdz Bestnoten, denn er war viel unterwegs und versuchte ständig die Zuschauer zu animieren. Dabei hatte er immer ein Lächeln auf den Lippen und war sicherlich für einen Teil der weiblichen Zuschauer ein Blickfang.

Etwas erinnerte er auch vom Spiel her an den jungen Chris Broderick, der vielleicht noch ein bisschen muskulöser war. Für seine Soli kam er auch gerne ganz vorne auf den kleinen Steg, der ins Publikum führte, während er bei den mehrstimmigen Leads die Nähe von Axtpartner Christopher Amott suchte. Der war weit weniger agil und sah wie immer aus, als ob er frisch aufgestanden wäre. Doch wer ihn kennt, weiß wie aufgeweckt er sein Griffbrett zu beherrschen weiß, seine feinen Läufe gehören zu den besten des Genres. Die beiden neuen spielen prächtig zusammen und bilden so den Grundstock des Sounds, der von ihrer Vielfalt lebt.

Wenn einer der beiden auf den Catwalk nach vorne ging, wurde es eng, weil Mikael Stanne dort ständig rotierte, ihn hielt es gar nicht auf den normalen Brettern. Mit seinen exaltierten Bewegungen und Gesten sprang er von einer Seite zur anderen und suchte dort immer den Blickkontakt zu den vorderen Reihen. Dabei mag der Rotschopf die Mittagssonne eigentlich gar nicht, doch wenn er in Fahrt kommt, ist ihm das egal. Mit voller Inbrunst grunzte, keifte, schrie und sang der Mann seine Songs, wobei er deren Atmosphäre stets in sich aufgesogen zu haben schien.
Als Ruhepol schaltete sich die graue Eminenz der westschwedischen Metropole, Bassist Anders Iwers ins Geschehen ein, der ebenfalls sehr publikumsorientiert war. Überhaupt fiel die sehr gute Bandchemie trotz der herausragenden Individualisten auf, was die Truppe so sympathisch wirken ließ. Bei so viel Engagement und spielerischer Klasse war es nicht verwunderlich, dass das Publikum zu früher Stunde schon gut mitging. Da wurden teilweise sogar die Riffs und Leadmelodien mitgesungen, während die Ansagen von Stanne auch immer für Stimmung sorgten.

Setlist DARK TRANQUILLITY:
Encircled
Monochromatic Stains
Clearing Skies
The Treason Wall
The Science Of Noise
Forward Momentum
Atoma
Terminus (Where Death Is Most Alive)
Wonders At Your Feet
ThereIn
Final Resistance
Lost In Apathy
Misery´s Crown

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BUCKCHERRY (Festival Stage)
Mit etwas Verspätung starteten die vier Amerikaner in ihr Set und eröffneten - wie bereits 2011- die Festival Stage. Leider aber war die Gruppe sehr leise, ein Problem das sich bei allen Bands der Hauptbühne über die gesamte Dauer des Festivals hindurch zog. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Auftritt der Band professionell und als richtig gut zu klassifizieren ist.
"Ridin", "Lit it Up", "Sorry" oder das lang gejammte "Crazy Bitch" sind Nummern, die einen einfach nicht kalt lassen können. Es ist wirklich schade, wie selten diese Truppe in europäischen Gefilden unterwegs ist und dass sie trotz ihres vergleichsweise langen Bestehens oft immer noch als Geheimtipp gelten. Denn bis auf die geringe Lautstärke sind die Jungs aus San Francisco immer beiden Augen und vor allem Ohren wert. (David)

NAZARETH (Sweden Stage)
Siebzigerlegenden gab es in dem Jahr einige im Programm, die Schotten gehören zweifelsohne dazu, waren sie doch neben URIAH HEEP die Kronprinzen hinter den drei ganz großen jener Zeit. Gerade mit denen kreuzen sich die Wege häufig, die letzten Alben wurden zeitgleich veröffentlicht, und auch auf dem SwedenRock sollten beide auftreten. Vor zwanzig Jahren lagen beide Formationen noch gleichauf, spielten Co-Headliner-Touren, doch das Alter setzte vor allem Frontmann Dan McCafferty zu, der vor vier Jahren seinen Dienst quittieren musste. Für ihn kam Carl Sentance, der einst bei PERSIAN RISK bekannt wurde und auch KROKUS wieder auf die Sprünge half, nicht die einzige Verjüngungskur in ihrer Historie.

Und der gute Carl machte seine Sache sehr gut, war sehr präsent auf der Bühne, man sieht ihm an, dass er derzeit viel Bühnenerfahrung sammelt, zuletzt tourte er ja mit Don Airey. Stimmlich kann er durchaus mit dem Reibeisen seines Vorgängers mithalten, technisch ist sicher die bessere Alternative. Vor allem seine Agilität wusste zu überzeugen, oft war er ganz vorne zu finden und poste auch lässig und ein bisschen achtzigeraffin, was zu seinem Minipli passte. Den Charme des guten, alten Dan hat er zwar nicht in seinen Ansagen, dafür rockt der Mann amtlich.
Das würde man sich auch von Jimmy Murrison wünschen, der mit seiner Les Paul am rechten Bühnenrand verharrt. Seit ein paar Jahren wirkt der Mann irgendwie müde, was sich auch auf sein Spiel auswirkte. Das war alles sauber und mit Gefühl eingespielt, doch so richtig mit Power krachten seine Riffs nicht heraus. Hinzu kam, dass er im Mix etwas unterging, der Bass von Pete Agnew war zu dominant. Dazu war er auch recht hoch gestimmt und klackerte zu viel, der tiefe Groove, welcher ihre Songs trägt, kam nicht so auf, was auch zusätzlich Kraft kostete.

Wenigstens war der Urheber jener Töne bester Dinge, das Grinsen ist ihm auch in schwächeren Jahren wohl nur operabel aus seinem Gesicht zu entfernen. Mit einer Leichtigkeit tänzelte er herum und steuerte neben vielen Backing Vocals auch ein paar Leadgesänge bei. Auch hier schien sein Humor durch, das alte Schlitzohr hatte immer ein Zwinkern in den Augen. Der Letzte des Originalvierers lebte seine Kompositionen und wird wohl bis zum letzten Atemzug die gute Seele der Band sein. Deswegen hat er ja seinen Filius Lee auf den Drumschemel gehievt, doch auch der vermochte nicht, dem Auftritt den nötigen Drive zu verpassen. Sicher war das ansprechend, was NAZARETH da veranstalteten, doch der Funke wollte nicht überspringen.

Es war nicht zu übersehen, dass man die Zuschauer nicht vor der Bühne halten konnte, das Interesse war groß, doch die Fluktuation vor der Bühne ebenso. An der Songauswahl kann es nicht gelegen haben, noch mehr als sonst bedient man sich beim Überalbum “Hair Of The Dog”. Neben dem hätte man noch ein paar andere Stücke auspacken können, einige Hits mussten sogar im Gepäck bleiben, was zeigt, welchen Fundus sie angesammelt haben. Das ist leider schon etwas her, so schön es war die Nummern zu hören und abzufeiern, doch mittlerweile haben sie an Relevanz verloren. Trotz eines guten Carl Sentance müssen die alten Recken aufpassen, dass ihre Zukunft nicht bei irgendwelchen Oldie-Abenden liegt.

Setlist NAZARETH:
Silver Dollar Forger
Miss Misery
Razamanaz
This Flight Tonight
Dream On
Shanghai´d In Shanghai
My White Bicycle
Beggars Day
Changin´ Times
Hair Of The Dog
Expect No Mercy
Love Hurts
Morning Dew

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GLENN HUGHES (Festival Stage)
Wie man die Huldigung seiner Vergangenheit richtig bewältigt zeigte im Anschluss der “The Voice Of Rock” genannte Sänger und Bassist. Seine Geschichte verlief durchaus wild, doch irgendwie hat er es geschafft, sich durch die stürmischste See zu manövrieren. Langjährige Drogenprobleme, viele kurze Engagements in den Achtziger, schließlich musste er sogar ein Angebot einer Technoband annehmen. Doch nach langer Solokarriere bekam der Mann mit BLACK COUNTRY COMMUNION seit ein paar Jahren wieder weltweite Anerkennung und Aufmerksamkeit. So hielt er es an der Zeit, nochmal auf seine erfolgreichste Zeit zurück zu blicken, als er für drei Alben bei DEEP PURPLE anheuerte.

Und der Elan und der Spirit stimmten von Beginn an, schon der Opener groovte wie die Hölle, der Bass von GLENN HUGHES pumpte und verlieh den Songs jene Tiefe, die sie so großartig macht. Neben seinem sehr vitalen Äußeren hatte er eine Backingband dabei, welche sich in die Reihe der scharf angezogenen Formationen bei dem Festival einreihte. Während der Meister selbst wie auch auf dem Backdrop sehr hippiemäßig rüberkam, waren seine Mitstreiter zwar auch siebzigertechnisch unterwegs, wenn auch mit ein wenig mehr Rockstarattitüde.
Da wären die offenen Hemden von Gitarrist Sören Anderson und Keyboarder Jesper Bo Hanson zu nennen, während der Schlagzeuger mit seiner übergroßen Sonnenbrille die Coolness in Person war. Die ganze Zeit über hatte er ein lässiges Grinsen auf den Backen, während er seine Rhythmen trocken abfeuerte. Als er am Ende der Show die Sonnenbrille abnahm, kam er mir irgendwie bekannt vor, doch erst der Hinweis von Hughes, das er aus Karlsruhe stamme, ließ mich Markus Kullmann erkennen, der ganz kurzfristig eingesprungen war.

Das er ohne zu proben direkt einsteigen konnte, zeigte wie beseelt die Vier zu Werke gingen. Wo WHITESNAKE vor ein paar Jahren etwas zuviel Kraft in den Sound jener Stücke steckten, ließ ihnen das Quartett die Luft zu atmen. Das Ganze wurde mit einer so unglaublichen Wärme und Authentizität vorgetragen, dass der Hörer völlig eingenommen wurde. Hier war jedes einzelne Detail perfekt heraus gearbeitet, jede Phrasierung stimmte, die Musiker bewiesen ein phantastisches Feeling, dosierten ihre Einsätze sehr fein. Der nebenher als Produzent tätige Däne mimte zwar den wilden Guitar Hero, doch neben all seiner Power wusste er dem Song genau das zu geben, was er brauchte.

Bei deren Auswahl wurde tief im Fundus gegraben, das “Burn”-Album stand im Mittelpunkt und bescherte einige schon lange nicht mehr gehörte Titel. Dabei hätte man meinen können, man befände sich im Jahr ihres Entstehens, mit solch einer Klasse brachten die Vier diese rüber. Die Orgel heulte, die Riffs knallten, die dezenten Funkeinflüsse gingen ins Bein, was das fachkundige Publikum in Entzücken versetzte. Vor allem die schwermütige Bluesballade, eines von David Coverdales Signatureliedern wurde in einer unfassbaren Version dargeboten, dass sich alle Haare stellten, bis einem das Solo fast in die Knie zwang. So und nicht anders muss der Blues gelebt und gespielt werden.

Dabei hätte ich die die beiden Mark II-Nummern gar nicht gebraucht, aber der Mann weiß, dass er diese bringen muss, wenn er unter dem Banner “Classic DEEP PURPLE” firmiert. Vielleicht hat man diese zu oft gehört, doch es sind Standards der gesamten Rockgeschichte. Wenigstens wurden diese in den Versionen aufgeführt, wie sie Mitte der Siebziger arrangiert worden sind, vor allem später mit dem viel zu früh verstorbenen Tommy Bolin. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, man wäre komplett in der Hughes-Phase geblieben und hätte noch “The Gypsy”, “Lady Double Dealer” sowie “Love Child” spendiert. Doch egal, was diese Herren gebracht hätten, es wäre ein Genuss gewesen zuzuhören, sie spielten sich fast in einen Rausch.

GLENN HUGHES hat ihn sicherlich, den Blues, das hat er hinlänglich bewiesen, doch im Grunde seines Herzens ist er ein ewiger Hippie geblieben. Zwischen den Songs fabulierte er immer von wieder von der Kraft der Liebe und der Hoffnung auf eine friedliche Welt, wären wir doch alle ein bisschen GLENN HUGHES. Zumindest könnte man dann im vorgerückten Alter von 67 Jahren noch solche Höhen mit unserer Stimme erklimmen, denn sein Gesangsbeitrag war das Sahnehäubchen auf dem phänomenalen Gig, der die Sonne noch heller strahlen ließ. Am Ende gab es dann anstatt üblicher Photos eine liebevolle Gruppenumarmung auf der Bühne, bei der die Seele von Hughes offenbar wurde.

Setlist GLENN HUGHES:
Stormbringer
Might Just Take Your Life
Sail Away
Mistreated
You Keep On Moving
Smoke On The Water/Georgia On My Mind
Highway Star
Burn

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ROSE TATTOO (Festival Stage)
Es glich einem Paukenschlag als ROSE TATTOO letztes Jahr ihre Reunion bekannt gaben und auf einigen europäischen Festivals mächtig abräumten. Demzufolge musste man im Vorfeld gar nicht einmal mehr gespannt sein, ob die Aussie-Rocklegende noch überzeugen kann, nein, man konnte sich einfach darauf freuen. Und sie lieferten demgemäß auch ab. Allerdings hatten sie auch die dankbare Aufgabe vor zahlreichen ihrer treuesten Anhänger aufzutreten. Die Setlist war im Vergleich zum letzten Jahr jedoch etwas verändert, das relativ weniger geliebte „Blood Brothers“-Album von 2007 wurde gar mit drei Songs bedacht, wofür solche Göttergaben wie "The Butcher And Fast Eddy" vom genialen Debüt geopfert wurden.
Von diesem wurden dennoch und glücklicherweise die meisten Songs, sechs an der Zahl gespielt und somit konnte man sich auch sehr leicht über die "vielen“ neuen Songs hinwegtrösten. Angry Anderson ist trotz seines vorgerückten Alters noch immer einer der besten Frontmänner und hinsichtlich Präsenz und Stage Acting wirklich keinen Tag gealtert. Top eingespielt demonstrierte sich natürlich auch die Instrumental-Sektion und nachdem die letzten Töne von "Nice Boys" verklungen waren, gab es niemanden der der Kapelle ihre Fähigkeit des Co-Headliners abgesprochen hätte. (David)

HELLOWEEN (Rock Stage)
Den Einfluss der deutschen Legende gerade auf schwedische Bands ist kam zu leugnen und so wurde die Ankündigung, dass die Reunion-Show auch in Sölvesborg Station macht, begeistert aufgenommen. Nach all den Jahren er persönlichen Fehden und stilistischen Irrungen standen die sieben wichtigsten Musiker der Bandgeschichte gemeinsam auf der Bühne, um die „Pumpkins United“-Tour zu zelebrieren. Wer weiß wie groß HELLOWEEN heute wären, wenn man sich vor 25, 30 Jahren zusammen gerauft hätte, um an einem Strang zu ziehen.
Groß war auch der Andrang vor der Bühne, auch wenn es ein paar Minuten früher losging, um den Wechsel zum Headliner des Abends reibungsloser zu gestalten. So standen die Reihen dicht gedrängt, als es nach dem Intro direkt in die Bandhymne ging und die Norje Bucht ging zum ersten Mal richtig steil. Dazu gaben die Hamburger auch richtig Gas, die zwei Frontmänner waren viel unterwegs und suchten den Weg ganz nach vorne. Wobei allerdings Andi Deris eher den Zugang zum Publikum fand als Michael Kiske.
Klar, dessen stimmliche Fähigkeiten stehen außer Frage und es war überraschend zu sehen, dass er in den all der Zeit nichts davon verloren hat. So kam auch der meiste Jubel auf, als er das Geschehen an sich riss. Leider versteckte er sich allzu sehr hinter seiner Sonnenbrille, die aufgrund der tief stehenden Sonne nötig war. Da war sein Kollege schon mehr der Entertainer, der immer wieder versuchte die Menge anzustacheln. Schön auch den Respekt der beiden voreinander zu sehen, die sich immer wieder gegenseitig präsentierten.

Als dann direkt noch der größte Hit angestimmt wurde, waren die Leute kaum mehr zu halten, tausende Kehlen sangen lauthals mit. Auch wenn die späteren Lieder ebenfalls abgefeiert wurden, so waren die Reaktionen darauf doch spürbar verhaltener als die Euphorie bei den Gassenhauern. Ebenso nicht zu verkennen war, dass die Stimme des dritten Sängers Kai Hansen nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Seine Beiträge, vor allem im von ihm alleine gesungenen Medley aus der Frühphase wirkten ein wenig gequält, kein Wunder, dass er mittlerweile bei GAMMA RAY wieder mit einem weiteren Vokalisten arbeitet. Das war vor allem bei den Stücken aus eben jenem Medley ein Manko.

Wobei eben diese Zusammenstreichung der Setlist trotz der Spielzeit von eineinhalb Stunden auch zu bemängeln wäre. Doch was will man bei der Fülle an Material auch machen, so vieles, das die Fans hören wollen, weswegen die Songs auch mal geschickt kombiniert wurden. Auch die beiden Longtracks der „Keeper Of The Seven Keys“-Alben wurden stark gekürzt, um so wenigstens ein paar Melodien mehr servieren zu können, bei denen sich die Anhänger austoben konnten.
Zum Glück blieb genug Zeit, damit sich die drei Gitarristen in Szene setzen konnten, hier hatte Kai Hansen seine besseren Momente. Teilweise standen sie zu dritt vorne an der Rampe und hauten sich die Soloparts um die Ohren. Da gab es auch keine Egoprobleme, wer mehr Soli spielen durfte wie in früheren Zeiten, Michael Weikath zockte gewohnt lässig mit allerlei Grimassen. Derweil bliebe Sascha Gerstner vornehmlich am linken Rand und fungierte die komplette Show über als so etwas wie ein Moderator.
Wer die guten, alten Kürbisse vermisste, die kamen zumeist über die Videoleinwand, dazu stand Dani Löbles Drumkit inmitten einer riesigen Attrappe. Bei der mit einem von Edvard Grieg inspirierten Solo eingeleiteten Zugabe flogen dann große orangene Bälle mit Kürbislogo in die Menge. Diese spielte nur allzu gerne damit, während sie gemeinsam mit der Band bei den zwei absoluten Mitsinggranaten noch einmal alles aus sich herausholte. Obwohl schon etwas anzumerken war, dass die meisten Zahlenden ihre Kräfte für den kommende Headliner schonten.

Setlist HELLOWEEN:
Helloween
Dr. Stein
I´m Alive
Waiting For Thunder
Starlight/Ride The Sky/Judas/Heavy Metal (Is The Law)
Little Time
If I Could Fly
Power
How Many Tears
Eagle Fly Free/Keeper Of The Seven Keys
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Hall Of The Mountain King
Future World
I Want Out

live 20180607 0408 helloweenlive 20180607 0406 helloweenlive 20180607 0404 helloween

IRON MAIDEN (Festival Stage)
Nun war der Augenblick gekommen, auf denen die meisten SwedenRock-Gänger so sehnlichst gewartet haben. Ein wenig wurde der Ticketverkauf von ihrer Buchung beeinflusst, doch wenn man solch einen Giganten bekommt, muss man zuschlagen. Schon das Bühnenbild machte Appetit auf das was kommen sollte, eine Rampe verlief um die ganze Bühne herum, die komplett mit einem Tarnnetz verhüllt war und ein paar Tore hatte. In Zeiten von LED-Leinwänden bleiben die eisernen Jungfrauen lieber analog und drapieren ihre Backdrops als massive Vorhänge, die bei jedem Song wechseln. Als dann passend zum Bild ein riesiges Flugzeug hinter den Aufbauten hervorgehoben wurde, erklang Churchill´s Stimme und der Wahnsinn begann, als die Sechs aus den Toren hervor stürmten und in den Opener von „Powerslave“ einstiegen.

Man sah es den Herren nicht an, dass sie alle um die sechzig sind, so wie sie über zwei Stunden Gas gaben. Adrian Smith war immer ganz vorne zu finden, während Dave Murray noch am ruhigsten agierte. Die beiden teilten sich die linke Bühnenseite und die meisten Soli, aber auf rechts war ohnehin Janick Gers in Dauerrotation, so dass er den Platz dort für sich beanspruchte. Seine Performance war unglaublich, immer wieder drehte er Pirouetten, warf seine Gitarre in die Luft oder legte seinen Fuß ganz lässig auf den vorderen Rand der Aufbauten. Dennoch beherrschte er sein Instrument fehlerfrei, hatte zwar weniger Soli, dafür standen ihm die atmosphärischen Fils zu. Und Steve Harris war ohnehin überall zu finden, egal ob er das Publikum anfeuerte oder mit einem seiner Mitstreiter poste, der Bandboss brennt immer noch.

Und dann war da noch Bruce „The Bruce“, der es bei solch aktiven Mitstreitern immer noch fertig bringt, die Show an sich zu reißen. Sein Pensum ist wirklich unglaublich, vor allem, weil er dabei jeden Ton traf und immer noch über dieses kraftvolle Organ verfügt. Dazu wusste er die Stimmung der Songs mit seinen Gesten und seiner Theatralik zusätzlich zu steigern. Mal kämpfte er mit einem Säbel gegen Bandmaskottchen Eddie, dann stand er komplett mit Kapuze verhüllt da und hatte ein Kreuz als Mikroständer.
Später war Dickinson mit einem Flammenwerfer unterwegs, während Ikarus von oben herabschwebte und auch sein „Psycho Ward“-Shirt wurde wieder aufgetragen. Dabei wusste man nie so genau, wo er gerade steckte, ab und an, war er in den Katakomben abgetaucht, um dann völlig unerwartet woanders auf den artifiziellen Hügeln aufzutauchen. Und beim großen Fanfavoriten vom gleichnamigen 92er Album mimte er den Nachtwächter, der sein Gesicht mit der Laterne grün anstrahlte.

Und wer gesehen hat, wie ich die Nummer, mit der ich seit jeher meine Probleme habe abfeierte, der kann erahnen, dass Großes geboten wurde an dem Abend. Die Show war einfach überragend, diese Bühnenbilder faszinierend, dafür wurde sogar Drummer Nicko McBrain bei den ersten Nummern geopfert. Hinter den ganzen Tarnnetzen war er nur schemenhaft zu erkennen, dafür boten die Draufsichten der Kamera auf den Leinwänden tolle Einblicke in seine Arbeit. Erst als die Netze weggeräumt wurden, konnte man ihn in voller Pracht wahrnehmen, dann wandelte sich das Szenario in ein altes Gewölbe, von dessen Decke massive Leuchter herab hingen. Das untermalte die Stimmung der Songs, wobei ich ja das Ganze mit dem Computerspiel nun weniger verstanden habe, doch das war nicht unbedingt nötig.

Immer schön zu sehen, wie die Fans den nächsten Song anhand des Backdrops zu erraten versuchten. Schon das zweite schien recht interessant, erinnerten mich die brennende Gondel und das winterliche Schloss in den Alpen an „Agenten Sterben Einsam“ mit Clint Eastwood und Richard Burton. Und tatsächlich ist der englischen Originaltitel des Streifens identisch mit einem der progressivsten Songs der Formation, der dann auch gespielt wurde.
Natürlich bestand die Setlist wie bei den früheren Hits-Touren fast ausschließlich aus Achtzigermaterial, doch selbst vor Stücken der Blaze Bayley-Ära machte man nicht halt. Diese passten wohl thematisch gut zu der Story, und gerade der „Virtual XI“-Auszug eignet sich immer wieder prima zum Mitsingen. Dazu war dann auch am Ende noch genügend Gelegenheit, als die ganz offensichtlichen Klassiker gezockt wurden, ohne die man nie von der Bühne geht.

Und wie auch die band hielten die Zuschauer die ganze Zeit das hohe Energielevel, kein Wunder wenn ein Hammersong auf den nächsten folgte. Da war kein Einhören ins aktuelle Album nötig, hier wurden einfach ein paar Stücke Metalgeschichte zelebriert. Das erledigte die Band in herausragender Weise, spielerisch war das auf höchstem Level, das Zusammenspiel ist nach all den gemeinsamen Jahren absolut auf den Punkt. So gerieten auch immer wieder Soli, die jeder im Schlaf mitsummen kann zu Höhepunkten in einem daran nicht armen Auftritt. Unglaublich wie sie sich auch ihre Parts gegenseitig zuspielten und trotz des Stageactings nie den Einsatz verpassten. Hier mischte sich alles, was den Metal ausmacht, die Komplexität, die Rasanz, die Power, die Technik. IRON MAIDEN stehen ganz oben in dieser Bewegung, das hat dieser Abend eindrucksvoll bestätigt.

Setlist IRON MAIDEN:
Aces High
Where Eagles Dare
2 Minutes To Midnight
The Clansman
The Trooper
Revelations
For The Greater Good Of God
The Wicker Man
Sign Of The Cross
Flight Of Icarus
Fear Of The Dark
Number Of The Beast
Iron Maiden
-----------------------------------------
The Evil That Men Do
Hallowed Be Thy Name
Run To The Hills

live 20180607 0703 ironmaidenlive 20180607 0701 ironmaiden

Photos von SwedenRock

H.E.A.T. (Sweden Stage)
Danach war natürlich erst einmal der große Almabtrieb angesagt, doch viele stolperten vor dem Ausgang noch an der kleinsten der drei Hauptbühnen vorbei. Dort wollten die Hair Metal-Helden beweisen, dass sie hinter jeder Szenegröße bestehen können. Okay, vor drei Jahren bei MOETLEY CRÜE war das ja ein geringes Problem, doch dieses Mal hatten ihnen die eisernen Jungfrauen ein Päckchen mitgegeben. Doch das stachelte die Jungs erst richtig an, so dass sie sich richtig ins Zeug legten.
Allen voran natürlich Frontmann Erik Grönwall, der die Show wie gewohnt an sich riss, er hat aber auch die Qualitäten dazu. Mit seinem Charisma hatte er die Zuschauer sofort im Griff und ihre müden Knochen noch einmal wachgerüttelt. Dabei war er kaum zu bremsen, kein Zentimeter der Bühne den er nicht beschritten hätte. Dabei machte er besonders mit einer Art Duckwalk und gleichzeitigem Headbanging auf sich aufmerksam, während der den vordersten Rand beschritt.
Doch das reichte ihm nicht aus, so dass er immer wieder Ausflüge in den Photograben unternahm. Und selbst diese Aktionen erschienen ihm nicht verrückt genug, irgendwann ließ er sich über die Menge tragen, wobei er einfach weitersang und das ohne einen Aussetzer. Stimmlich war er ohnehin in Topform du brachte sogar die Höhen mit richtig Volumen rüber. Natürlich durfte das kokettieren vor allem mit dem weiblichen Publikum nicht fehlen, seine Gesten waren nur selten eindeutig, oder besser genau das.

Da standen seine Nebenleute nicht viel nach, vor allem Gitarrist Sky Davids rotierte auf der rechten Seite und feuerte knackige Riffs heraus. Auch im Solospiel wusste er zu überzeugen, ich hätte aber gerne wieder die Besetzung mit zwei Sechssaitern zurück, der in den Momenten fehlt mir etwas der Druck im Rhythmus. Dabei waren die Jungs gut aufgelegt, Jimmy Jay pumpte breitbeinig seine Bässe heraus und Crash ließ die Stöcke nur so kreisen. Er ist immer eine Augenweide, keine Ahnung wie er es fertig bringt, dass sich seine Mähne nicht um die Arme wickelt, zwischendurch stand er immer mal wieder auf und feuerte die Fans zusätzlich an.

Auch musikalisch boten H.E.A.T. einiges, ihre Hymnen wurden stets mit Wucht serviert, ohne dabei die Melodien zu vernachlässigen. Da wurden auch mal kurz ein paar Rockklassiker in den Song eingebaut, ohne dass die Übergänge groß aufgefallen wären. Dieser Druck, den sie entfachen können bei gleichzeitiger Harmonieseligkeit, spülte sie an die Spitze der jungen Wilden das Haarsprayrock. Die dazugehörigen herrlich cheesigen Backgroundchöre kamen ebenso schön auf den Punkt und unterstützten die Eingängigkeit zusätzlich, als ob das hier noch nötig gewesen wäre. Vieles wurde direkt mitgesungen und Material dazu hatten die Jungs genug im Gepäck.

Vom Programm her war da nicht viel anders als auf der letzten Tour, wenn auch etwas zusammen gekürzt. Die aktuelle Langrille bekam deutlich weniger Platz, selbst vom Vorgänger wurden mehr Titel gespielt, wobei vor allem dessen Titelsong wieder zurück ins Set gehievt wurde. Irgendwie schienen sie auch gar nicht genug bekommen zu wollen, die Fünf steckten so voller Euphorie, dass sie die eigene Spielzeit vergaßen, den Fans kam dies natürlich gerade recht.
Freunde des gepflegten Hair Metal waren ohnehin etwas zu kurz gekommen beim diesjährigen SwedenRock. Die Party sollte einfach weitergehen, große Abwanderungsbewegungen waren auch nicht festzustellen. Leider kam beim zweiten Lied, mit dem die Schweden überzogen haben der Stage Chief auf die Bühne und teilte ihnen mit, dass sie doch bitte unverzüglich aufhören sollten. Keine Ahnung wie lange die Truppe noch gedachte zu spielen und was noch auf der Liste stand, aber leider war nach siebzig Minuten wirklich Schluss.

Setlist H.E.A.T.:
Bastards Of Society
Late Night Lady
Mannequin Show
Redefined
Heartbreaker
Shit City
Beg Beg Beg/Whole Lotta Rosie/Piece Of My Heart
Tearing Down The Walls
Eye Of The Storm
Emergency
Inferno
Living On The Run
A Shot At Redemption

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KREATOR (Rock Stage)
Da wurde es spät für die Altenessener, von denen wir weniger zu sehen bekamen als wir angenommen hatten. Das Programm war schon deutlich fortgeschritten, als die Klänge der zweitgrößten Bühne uns erfassten. Mille war in seinem Element, keifte und wütete und stachelte damit die Meute vor der Bühne an. Die war zwar eher gering, was aber sicherlich der späten Uhrzeit geschuldet war, doch diejenigen die ausharrten ließen wahlweise die Matte oder den Pit kreiseln. Da kamen einem ein paar Titel aus den jüngeren wie „Hordes Of Chaos“ und „Violent Revolution“ Werken gerade recht, die ja die Rohheit und das packende Songwriting perfekt verquicken.

KREATOR hatten für diesen Showcase mächtig aufgefahren, die Bühne hing voller Leinwände, die wie Spiegel gestaltet waren, so dass man sich wie in einem unheimlichen Ballsaal vorkam. Noch unheimlicher waren die Projektionen auf eben diesen Leinwänden, die einen nicht unbedingt verschonten und dem ein oder anderen schlechte Träume verursacht haben dürften. Die Vertäfelungen um die Leinwände hatten ein paar Löcher, durch welche die Varilights zuckten, wenn IRON MAIDEN so vorlagen wollen die Teutonenthrasher nicht nachstehen. Besonders berührend waren die Projektionen bei „Fallen Brother“, bei denen Bilder verstorbener musikalischer Helden sich abwechselten.

Überhaupt fanden sich die Beiträge aus ihrem aktuellen Nummer-Eins-Album „Gods Of Violence“ recht spät im Set, wo man hätte altbewährtes vermuten können. Das zeigt, wie sehr die Vier ihrem Material vertrauen, von dem sie zu Recht überzeugt sind. So setzten sie eine Maschinerie in Gange, die seit Jahren wie geölt läuft und auch an dem Abend über die Köpfe im Auditorium hinweg bügelte. Da saß alles, Sami Yli-Sirniös Soli waren fein und zugleich kraftvoll, Christian Giessler bangte wie ein Wilder, während Ventor hinten in seinen Kesseln rührte.
Und die Fans da draußen waren immer noch hungrig, schließlich will man bedient werden, wenn man sich durch so einen anstrengenden Tag gekämpft hat. Und der Frontmann gab ihnen wonach sie verlangten, wobei natürlich seine berühmten Tiraden ebenso auf dem Speiseplan standen. So gingen eineinhalb Stunden mit einer geballten Ladung Old-School in Form von „Betrayer“ und „Pleasure To Kill“ zu Ende. Die nach wie vor immense Power dieser Band ging auf ihre Anhänger über, die ihrerseits auch noch einmal alles mobilisierten.

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Freitag, 08.06.2018

VIXEN (Rock Stage)
Hach was haben wir sie geliebt in unserer Jugendzeit, Poster überm Bett, erste Band, die ich zweimal live gesehen habe, das komplette Fanprogramm eben. Im Zuge der Erfolge von WARLOCK und LEE AARON tauchten Ende der Achtziger haufenweise weiblich besetzte Bands in der Rockzene auf, vornehmlich im Hair Metal zuhause. Einer der talentiertesten und erfolgreichsten, deren Name bis heute ein Begriff ist, sind die vier Damen aus L.A., die heute wieder fast im Original-Line-Up unterwegs sind. Lediglich Gitarristin Jan Kuehnemund verstarb 2013 an Krebs, ihre Position nimmt mittlerweile Brittany Denaro alias Britt Lightning ein.

Schon 2005 in einem anderen Line-Up haben sie bewiesen, dass sie wie kaum eine andere Band auf dieses Festival passen, nun hatten sie den Slot in der Mittagssonne. Was die Männerherzen bei dem Wetter nun nicht gerade herunter kühlen ließ, denn auch mit Mitte fünfzig präsentierten sich die Vier optisch reizvoll. Zum Glück konnte die Zeit auch ihren Songs wenig anhaben, denn es waren vor allem die Stücke der ersten beiden Alben, weswegen sich schon so viele vor der Bühne eingefunden haben. Und von denen gab es an dem Tag reichlich zu hören, VIXEN wissen, was man von ihnen erwartet und sie hatten immer noch ihren Spaß an den Liedern.

Da gab der Opener des zweiten Albums mit eben jenem Titel den perfekten Einstieg, immerhin geht es da ums Gas geben. Und das taten die Damen auch, Sängerin Janet Gardner hatte zu Beginn noch die zweite Klampfe umgeschnallt, so dass die Riffs druckvoll aus den Boxen kamen. Und die Formation war bestens aufgelegt und spielte außerordentlich tight zusammen. Das sind alles klasse Musikerinnen, die bei einem früheren Bandstart das Zeug für ganz nach oben gehabt hätten.
Gardners Stimme ist über die Jahre sogar noch gereift, sie brachte viel Tiefe in die schon sehr kommerziellen Songs. Die weitaus jüngere Britt an der Leadgitarre rockte schön, konnte aber die teils funkigen Wurzeln der Riffs nicht ganz frei legen, begeisterte dafür mit ihren Soli. Share Pedersen drückte die vier Saiten mit den Fingern, was so manch männlicher Kollege nicht fertig bringt und brachte so noch mehr Wucht rein. An der mangelt es Roxy Petrucci ohnehin nicht, später stand sie noch mit MADAM X auf der Bühne.

So hatten sie es nicht schwer, die Menge auf ihre Seite zu ziehen, die sommerlichen Klänge lockten schnell weiter Zuschauer an. Das lag auch an der Präsentation, denn bei den Nummern, welche die gute Janet nur mit dem Mikro bestritt war sie viel unterwegs und viel um die Aufmerksamkeit der Fans bemüht. Sicher waren ihre Bewegungen nicht mehr ganz die dynamischsten, doch das machte sie mit ihrem Charme locker wieder wett.
Dafür hatte man ja jüngere Verstärkung an Bord, die immer wieder mit ihrem Spielgerät umher wirbelte. In Sachen Posing wollte sich aber Share Pedersen nicht verstecken und zog alle Register. Bei der Ashford&Simpson-Komposition durfte sie sogar den Leadgesang übernehmen, wobei man ein Cover nicht unbedingt gebraucht hätte. Das fügte sich aber gut ins Set, da man sich mit der Interpretation an den Versionen von W.A.S.P. und GREAT WHITE orientierte.

Überhaupt waren es die Stimmen der Damen, welche die Melodien großartig rüber brachten, die mehrstimmigen Refrains saßen sehr gut, wobei sie zusätzlich von Keyboarder Tyson Leslie unterstützt wurden, der etwas im Hintergrund geparkt wurde. Doch auch das Publikum erwies sich als durchaus textsicher, womit die erste Party des Tages gestartet wurde. Kein Wunder, schließlich kannten viele die Lyrics noch aus ihrer Jugendzeit, Nummern der späteren Alben blieben außen vor, kurz vor Schluss gab es aber noch einen Ausblick auf das kommende Studiowerk. Das zeigt, dass es mehr war als eine Nostalgieveranstaltung und VIXEN noch einmal durchstarten wollen.

Setlist VIXEN:
Rev It Up
How Much Love
One Night Alone
Cryin´
I Want You To Rock Me/Perfect Strangers
Streets Of Paradise
I Don´t Need No Doctor
Love Is A Killer
Love Made Me
Big Brother
Edge Of A Broken Heart

live 20180608 0106 vixenlive 20180608 0104 vixen

PRETTY MAIDS (Festival Stage)
Etwa zur selben Zeit wie die vier Ladies waren auch die Dänen auf ihrem Zenit, im Gegensatz zu ihnen waren sie aber seitdem permanent aktiv. Aus der einstigen Hoffnung ist jedoch ein Act geworden, welcher den Zeiten ebenso hinterher jagt, wenigstens haben sie seit Jahren mal wieder eine stabile Besetzung. Doch sie wollen immer noch als relevanter Act wahrgenommen werden, weswegen sie auch mit Auszügen aus ihrem aktuellen Longplayer „Kingmaker“ ins Set starteten. Schon beim Erblicken des Backdrops mit dessen Artwork war dies ja klar, so zerschlugen sich die Hoffnungen auf eine weitere Tribute-Show für ihr Meisterwerk „Future World“.

Dieses wurde ja zuletzt zum dreißigjährigen Jubiläum öfter live komplett durchgezockt. Man muss es PRETTY MAIDS sicher zugestehen, dass sie auch aktuelles Material bringen wollten, doch gerade bei einem Festival wäre das ein nettes Bonbon gewesen. So bestand die Setlist zu gleichen Teilen aus Liedern der letzten drei Alben und den Hits der beiden ersten Werken, wobei „Red, Hot And Heavy“ recht schnell abgearbeitet wurde. Die Phase dazwischen wurde komplett ausgespart, auch wenn da besonders auf „Jump The Gun“ oder „Spooked“ einiges zu entdecken gewesen wäre.

Dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören, zeigten sie schon beim Einlaufen auf die Bühne, wobei vor allem Bassist Rene Shades und Sänger Ronnie Atkins die Party rockten. Der Viersaiter mit dem Slash-Gedächtniszylinder war ein echtes Energiebündel, hüpfte ständig herum und suchte den Augenkontakt zu gefühlt jedem einzelnen Zuschauer. Er wird zu den Gesellen gehören, die den Catwalk der Hauptbühne vermissen, den er beim letzten Gastspiel so ausgiebig beschritt.
Sein Frontmann stand dem in nicht viel nach und ging auch ganz nach außen auf den Brettern, was an dem Tag aufgrund der fehlenden Aufbauten von IRON MAIDEN möglich war. Er wusste die Menge zu nehmen, ihr im richtigen Moment das geeignete Material zu servieren und sie immer bei Laune zu halten. Sein charakteristisches Organ hat wenig von seiner Kraft eingebüßt, auch wenn er manchmal etwas angestrengt wirkte beim Singen. Kein Wunder dass er sich bei dem Wiedererkennungswert immer wieder für Produktionen wie AVANTASIA empfiehlt.

Dahingegen blieb Gitarrist Ken Hammer von Stageacting her wie gewohnt blass, er stand meist in der Nähe des Drumrisers und blickte unter seinem Cowboyhut hervor. Aufgrund seines restlichen Outfits schien es fast, als wäre er komplett in deren Welt angekommen, in einer Countryband wäre er nicht aufgefallen. Doch was so lässig aussieht hat beim Spiel Feuer dahinter, gerade bei den schnellen Songs und vor allem den Soli gleiten seine Hände wieselflink über das Griffbrett.
Unterstützung bekam er ab und an von Chris Laney, der immer zwischen Tasten und Rhythmusgitarre wechselte und dabei den Sound richtig fett machte. Immerhin wurden ja die alten Titel mit zwei Gitarren eingespielt, so dass auch die Headbangerfraktion auf ihre Kosten kam. Wenn er seinen Bewegungsdrang hinter seiner Keyboards drosseln musste, waren diese erfreulich prominent heraus gemischt, so dass sich die Atmosphäre entfalten konnte.

Damit konnte man natürlich die Menge für sich gewinnen, der gute Ronnie bekam die Singalongs, die er haben wollte, selbst beim aktuellen Material. Natürlich waren die Reaktionen auf die altbewährten Titel größer, doch viele haben damals PRETTY MAIDS noch gar nicht auf der Rechnung, was zeigt, dass sie immer noch Fans generieren können. Leider gingen sie schon vor Ende der Spielzeit von der Bühne, da hätte sie sich besser was von H.E.A.T. abgeschaut. Zeit für mindestens eine Nummer wäre noch gewesen, zumal ich erneut „Yellow Rain“ schmerzlich vermisst habe. Die Partyattitüde des Showstoppers in allen Ehren, aber in Zeiten wie denen wäre ein Antikriegssong sicher angebracht gewesen.

Setlist PRETTY MAIDS:
Mother Of All Lies
Kingmaker
Fortuna Imperatix Mundi/Back To Back
Red, Hot And Heavy
Pandemonium
Bulls Eye
Rodeo
Little Drops Of Heaven
Future World
Love Games

live 20180608 0203 prettymaidslive 20180608 0201 prettymaids

FOCUS (4 Sounds Stage)
Bedingt durch den diesjährig dilettantisch durchgeführten Getränkeausschank konnte es der geneigte Rezensent erst Mitte des ersten Songs vor die Bühne schaffen. Doch diesen kurzen Moment der Ärgernis erst einmal verdaut bot sich mich das wahrhaft positive Bild eines recht gut gefüllten Geländes vor der 4 Sound Stage. Nun sind FOCUS wirklich alles andere als Leichtgewichte im Hard´n´Heavy-Genre, aber Instrumental Prog ist bislang ja nun wirklich nicht massenkompatibel.
Die Band, die mit Thijs van Leer lediglich über ein verbleibendes Originalmitglied verfügt, wusste von Beginn an das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Dabei agierten sie durchaus klug, „Eruption“ bereits als zweiten Song zum Besten zu geben. Auch darüber hinaus hatte man das Auditorium immer in der Hand, allen voran bei „La Cathedrale De Strasbourg“ oder selbstverständlich bei „Hocus Pocus“, als alle Dämme brachen und das gesamte Publikum eine wilde Party feierte. (David)

GRAVEYARD (Rock Stage)
Zeit zu entschleunigen, wenn die Sonne am stärksten brennt, da kamen die Klänge der Jungs aus Göteborg, die so gar nicht nach der westschwedischen Metropole klingen. Mit ihrem Zweitwerk zu einer der Führungskräfte der Retro Rockbewegung aufgestiegen, bekamen sie anschließend so manches nicht in den Griff, weswegen sie sich zwischendurch kurzfristig auflösten. Nun sind sie mit ihrem neuen Album „Peace“ zurück, das wenige Tage vor dem Gig erschien.
Während das etwas deftiger ausgefallen ist und eher die holprige Seite der Band offenbart, startete diese mit „Slow Motion Countdown“ von „Lights Out“ eher gemächlich in ihr Set. Diese kurz angeschlagenen Akkorde mit dem langen Nachhall sind typisch für diese Band und ließen einen so richtig in der Spannung der Kompositionen versinken. Hier stand endlich mal eine Combo auf der Bühne, die es verstand den Sound, der vor Jahrzehnten entwickelt wurde zu spielen ohne sich allzu sehr bei den Vorbildern zu bedienen.

Doch gerade mit dem neuen Langeisen müssen sie mit rockigen Tracks wie „Please Don´t“ aufpassen. Die zeitgemäße Weiterentwicklung von Siebzigerroots mündete schon einmal im Grunge, eine Richtung, die „Peace“ mit dem etwas schrammeligen Klang nicht fremd ist. Doch GRAVEYARD sind noch immer eindeutig zu identifizieren, weil sie so eigenständig agieren. Wenn ihre Songs dynamische Steigerungen anboten wie in „Bird Of Paradise“ oder „Uncomfortably Numb“ wussten sie am meisten zu überzeugen und mitzureißen.
Wobei das mit dem mitreißen schon ein wenig übertrieben ist, die Zuschauer schwelgten eher und tauchten tief in die Materie ein. Dazu bot sich das Wetter ja auch an, die durchaus hippieske Stimmung versprühte einen Hauch von Summer Of Love, auch wenn die Angelegenheit hier erst nach der nächsten Sintflut so matschig wie in Woodstock werden würde. Nach den Songs oder je nachdem zu deren Einstieg brandete Jubel auf, währenddessen gab man sich den beseelten Liedern hin.

Die Vier taten ihrerseits auch wenig, um die Leute richtig aus der Reserve zu locken, eher unbeweglich standen sie hinter ihren Mikrofonen herum. Dabei teilten sich Gitarrist Joakim Nilsson und Bassist Truls Mörck die Leadvocals, während Jonathan Ramm nur bei ein paar gekonnten Harmonien einstieg. Überhaupt war der Auftritt vor allem wegen ihrer Musikalität ein Erlebnis, dennso ein tiefes Bluesfeeling hatten nur wenige auf diesem Festival, auch wenn sie ihre Blueswurzeln mittlerweile in ihrer eigenen Stilistik komplett aufgeweicht haben. Ihr Vermögen mit wenigen Tönen viel zu sagen, war schon sehr beeindruckend, doch sie verstanden es auch zu rocken.

Nur dass sie selbst hierbei kaum aus sich heraus gingen, lediglich bei seinen Soli taute Ramm etwas auf. Viel lieber entschwanden sie in ihrer eigenen Welt und improvisierten gerne mal, um den psychedelischen Touch noch mehr zu verstärken. Dazu wählten sie ein ausgewogenes Programm, bei dem alle Alben bis auf das Debüt zum Zuge kamen. Den Abschluss bildete ein Triple vom erwähnten Durchbruchswerk, wobei vor allem das finale „The Siren“ wunderbare Emotionen weckte. Erst danach konnte die Menge wieder aus dem herrlichen Trip erwachen, auf den sie sich in diesen 75 Minuten eingelassen hat.

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MADAM X (Sweden Stage)
Vor vier Jahren verpasst, war ich nun wirklich glücklich, diese Combo doch noch einmal live sehen zu können. Interessant war hierbei, dass Schlagzeugerin Roxy Petrucci, bedingt durch Show mit VIXEN ein paar Stunden zuvor, an dem Tag zweimal innerhalb kurzer Zeit ran musste, was sie aber gut wegesteckte. Die Gruppe besteht noch immer aus allen Originalmitgliedern, die sich vor ein paar Jahren reformiert haben.
Gut eingespielt konnte sie von Beginn an überzeugen und begann sogleich mit zwei Songs ihres Klassikers „We Reserve The Right To Rock“. Danach wurde es zunächst verhaltener, da Songs neueren Datums zum Zuge kamen. Allerdings ist dies auch nur allzu verständlich, sind die aktuelleren Songs wirklich eher untypische MADAM X-Kost. Dennoch blieb jeder tapfer bis zum Ende stehen und durfte sich dann noch - wie sollte es auch anders sein - über „High In High School“ freuen. (David)

THE DARKNESS (Festival Stage)
Ungewohnt schüchtern betraten die einstige Rocksensation mit „Solid Gold“ die Bühne. Dies wirkte dann doch recht seltsam bedenkt man, dass die Gruppe bereits zum dritten Mal auf dem SwedenRock zu Gast war. Glücklicherweise legte sich diese Scheu nach dem dritten Song und die Band besann sich auf ihre typischen Stärken, nämlich einen ausgelassenen Party- und Glamrock. Dabei überraschte es, dass das Quartett kaum Songs vom aktuellen Album „Pinewood Smile“ spielte.

Gerade Songs wie „All The Pretty Girls“ oder „Happiness“, welches die aktuelle Single figuriert, hätten sich hierfür doch geradezu angeboten. Allerdings entschloss sich THE DARKNESS dann doch eher ganz auf Nummer sicher zu gehen und vornehmlich Tracks ihres Debuts zum aufzubieten. An sich wirklich kein kritikwürdiger Schritt, jedoch erwies es sich als sehr schade, dass an diesem Freitag eben nicht „Friday Night“ gespielt wurde. Dennoch wusste die Band zu überzeugen und haute am Ende ihres Sets, selbstverständlich „I Believe In A Thing Called Love“ und „ Love On The Rocks With No Ice“ heraus. (Catrin)

BERNIE TORMÈ (Rockklassiker Stage)
Der Dublin Cowboy lässt sich außerhalb der Britischen Inseln kaum blicken. Umso schöner, als er fürs SRF bestätigt wurde. Und diese Chance wusste er auch voll zu nutzen. Mit „Wild West“ stieg er ein und präsentierte einen Querschnitt all seiner Songs, ob nun bekannter oder unbekannter. Interessant und schön zugleich demonstriert sich der Umstand, dass auch „Star“ vom „Back To Babylon“-Album zum Zuge kam oder aber zwei Stücke aus GMT-Zeiten. Der mittlerweile auch schon 65-jährige Ire bedankte sich am Ende seines Sets nochmals überschwänglich bei den Fans und den Veranstaltern, denn damit dass so viele Leute vor der Rockklassiker-Stage vorstellig sein würden, hatte wohl niemand gerechnet. (David)

URIAH HEEP (Sweden Stage)
Und noch ein Siebzigerurgestein, welches den Weg nach Sölvesborg gefunden hat, wobei ich sie bereits das dritte Mal auf dem heiligen Rasen am Ostseestrand sah. Interessanterweise immer auf der gleichen Bühne, doch die sollte sich gerade bei der Formation bewähren. Die Briten haben ja für den kommenden Herbst ihr vierundzwanzigstes Studioalbum angekündigt, weswegen die Fans auf die Setlist gespannt ein durften. Beim letzten Stelldichein hatte man zwei Stücke des gerade erschienenen „Outsider“ im Gepäck, doch schon das Wah Wah-Intro des ersten Songs des ersten Albums machte klar, dass man hier mit einem Best Of-Set angetreten war. Lediglich einer der stärksten Titel der Neunziger, bei dem wunderbar mit der Dynamik Emotionen erzeugt wurden stammte nicht aus den frühen Siebzigern.

Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass dies genau das war, was die Anhängerschaft hören wollte. Sicher war da der ein oder andere immer aufgebotene Standard dabei, doch nicht jeder hat die Legende ein Dutzend Mal live gesehen wie der Verfasser dieser Zeilen. Doch sie kann immer noch überraschen, denn mit dem titelstiftenden Longtrack des fünften Albums hatte keiner gerechnet. Dieser wurde als Ode an die Hochzeit des Progressive Rock komplett mitsamt minutenlanger Gitarren – und Drumjam auf die Bühne gebracht, was sogar für Szenenapplaus sorgte. So war auch die Stimmung an diesem lauen Vorsommerabend prächtig, alte und auf jüngere Fans feierten ihre Helden. Die verließen sich auch nicht auf ihren Fundus an Rockklassikern, es war viel mehr die Art und Weise, wie diese zelebriert wurden.

Ihrem Ruf als exzellente Liveband wurden URIAH HEEP mehr als gerecht, bei der Form darf man Großes vom kommenden Longplayer erwarten. Die Spielfreude mit der die Herren zu Werke gingen war unglaublich, der Spaß war ihnen in jeder Faser anzumerken. Allen voran natürlich Obersympath und Mitbegründer Mick Box, der die Maschine seit fünf Dekaden am Laufen hält. Noch immer spielt er eine feurige Axt und haucht seinen Riffs Schärfe ein. Das Dauergrinsen war ihm offenbar ins Gesicht gemeißelt, er hatte auch allen Grund dazu, die Kommunikation mit seinem Publikum fiel sehr positiv aus. Um dieses noch besser zu unterhalten malte er mit der rechten Hand immer wieder Figuren in die Luft, während er die linke über den Hals seiner Gitarre wandern ließ.

Da brauchte es schon einen Frontmann, der sich da showtechnisch durchsetzen kann, doch seit mehr als dreißig Jahren turnt da Glücksgriff Bernie Shaw über die Bretter. Dessen Rastlosigkeit ist beeindruckend, er unterhielt nicht nur seine eigenen Leute, sondern vor allem die Menge da draußen und war an jeder Ecke der Bühne wiederzufinden. Sein elegantes Tänzeln, seine Mikroakrobatik hatte durchaus Rockstarattitüde, wirkte aber nie aufgesetzt. Dazu forderte er die Zuschauer immer wieder auf, noch mehr zu geben, wozu die sich nicht lange bitten ließen. Stimmlich war er ebenso in bester Verfassung, brachte die wunderbaren Melodiebogen perfekt rüber und meisterte sogar die ein oder andere hohe Klippe.

Doch es war keine Egoshow, hier stand eine Band auf der Bühne, die den Begriff verdient und miteinander agierte, da herrschte sehr viel Kommunikation auf der Bühne. Die fiel scheinbar öfter in kleinen Scherzen statt, so dass die Fünf bester Laune war, manchmal möchte ich schon wissen, was sie sich da gegenseitig zustecken. Der neue Bassist Davey Rimmer ist mittlerweile fest in der Band angekommen und mit ihm saßen auch die großen Chöre, welche den Sound von URIAH HEEP mittragen. Selbst ein Phil Lanzon im Hintergrund an den Tasten tat sich mit weitaus ausfallenderer Gestik hervor als so mancher Frontmann. Dazu ließ er seine Orgel röhren und hatte auch am Piano und Analogsynthesizer immer wieder sehr schöne Einsätze.

Hinten gab dann Russell Gilbrook den Motor, der die Songs mächtig nach vorne peitschte, für meinen Geschmack etwas zu sehr. Ich verstehe die Musiker voll und ganz, wenn sie sagen, dass er mit seinem Einstieg frischen Wind herein gebracht hat, schließlich ist das vierte Studiowerk innerhalb von zehn Jahren mit ihm im Kasten. Doch ab und an sollte man den Mann mit den kräftigen Oberarmen etwas an die Kette legen und ihn manche Passagen etwas gefühlvoller spielen lassen. Mit seiner Performance wäre er bei den meisten härteren Vertretern auf dem Festival gut aufgehoben gewesen.
Doch das war das einzige Manko eines Auftritts, der von der Menge begeistert aufgenommen wurde. Hier machte sich das nach hinten hochlaufende Gelände der Sweden Stage bezahlt, das so etwas wie Stadionatmosphäre zauberte. Da kamen die Gesänge der Anhänger noch mächtiger, nach manchen Titeln wurde gar die Leadmelodie noch lange mit „Ohoh“-Chören weitergeführt. Und dabei rede ich nicht mal von der Heavy Metal-Folkballade, wie Box sie nannte, die selbstverständlich am Ende auch noch kam. So geht altern mit Würde, bei der Formation ist der letzte Akkord noch lange nicht gespielt.

Setlist URIAH HEEP:
Gypsy
Look At Yourself
Stealin´
Sunrise
The Magicians Birthday
The Wizard
Between Two Worlds
July Morning
Lady In Black
--------------------------------
Easy Living

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INGLORIOUS (4 Sounds Stage)
Auf diese Jungs waren viele gespannt, kaum eine andere Band hat in letzter Zeit so viele überschwängliche Kritiken eingefahren wie die Briten mit schwedischem Gitarristen. Ihre zwei Alben wurden als die Zukunft des traditionellen Hard Rock gepriesen, nun musste sich der Sechser auf der Bühne beweisen. Das taten sie mal stilecht, wer den Bericht aufmerksam verfolgt hat, weiß wie sehr ich Bands schätze, die etwas auf ihre Optik geben, die sogar kurz vorm Auftritt nochmal das Haar durchföhnen, selbst wenn sie Hut tragen. Malmsteen-Gedächtnisjäckchen, Schmuck und sonstige Accessoires machten die Spätachtzigerehrerbietung perfekt.
Wobei so ganz in den Achtzigern sind die Jungs musikalisch nicht zuhause, die Siebziger schwingen immer mit. So etwa könnten WHITESNAKE klingen, wenn sie ihre Alben in Originalbesetzung heute neu einspielen würden. Man kann INGLORIOUS auch gerne als die Fortführung der Mission der einst so vielversprechend gestarteten BADLANDS ansehen. Wie die genannten Bands waten auch die Newcomer knietief im Blues und der Geist des Luftschiffs ist ohnehin allgegenwärtig. Doch das war er auch in der Zeit, in welche uns die Jungs katapultierten, damals als LED ZEPPELIN wieder als Einfluss galten und bis heute tun.

Bei aller Lässigkeit drückten schon bei der Eröffnungsnummer „Read All About It“ die schweren Riffs tief in die Magengrube. Für die ganz tiefen war Colin Parkinson zuständig, der seinen Bass auffallend hoch umgeschnallt hatte und die ganze Zeit seine Mähne schüttelte. Seine Kollegen an den sechs Saiten wechselten sich bei ihren Leads, wie etwa in „High Class Woman“, und Soli stets ab und spielten sehr gekonnt miteinander. Das notwendige Feeling brachten sie auf alle Fälle mit, wobei Andreas Eriksson der etwas aktivere der beiden war. Hinten gerbte der bärtige Phil Beaver mächtig die Felle, und hatte immer die nötige Dosierung zwischen forderndem Beat und offenen Arrangements, um dem Gefühl Raum zu geben. Davon profitierte auch der Gastkeyboarder, den sie neben der Backline geparkt hatten, um die feinen Orgellinien unter die Songs zu legen.

In dieser Qualität hatte man solche Musik schon lange nicht mehr gehört. Klar existieren reihenweise Hair Metalepigonen, doch die schaffen nicht den Sprung zu solch erwachsenen Kompositionen, ohne dabei an Dampf zu verlieren. INGLORIOUS hingegen schöpfen ihre Power erst aus dem Blues, der die ruppigen „Warning“ oder „Breakaway“ erst erdet. Sie beherrschen die gesamte Palette, ob angefunktes wie „I Got A Feeling“ oder getragene Hymnen wie „Holy Water“ und „Until I Die“ mit all ihrer Dynamik. Den echten Blues kredenzte die Formation in „I Don´t Need Your Loving“, während sie mit „High Flying Gypsy“ etwas zu nahe in die Umgebung von „Kashmir“ kamen.
Da braucht es schon einen gestanden Sänger, der diese Lieder auch ehrlich rüber bringt. Nathan James stand schon für das TRANSIBERIAN ORCHESTRA und ULI JON ROTH hinterm Mikro und brachte einiges an Erfahrung mit. Dennoch war es verblüffend mit welcher Inbrunst und Hingabe er die Nummern präsentierte, jede Phrasierung saß absolut auf den Punkt. Klar verfügt der Mann über einen mächtigen Klangkörper, die Tiefe in seinem angenehm rauchigen Timbre ist großartig. Dazu wusste er die Show mit seiner Präsenz an sich zu reißen, mit einem solchen Frontmann können weit größere Bühnen genommen werden. Ich freue mich jetzt schon drauf!

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STONE SOUR (Festival Stage)
So kamen wir noch kurz vor Ende zum Co-Headliner des Abends, als dieser gerade die Ballade „Through Glass“ intonierte. Hierbei machte Sänger Corey Taylor eine gute Figur und zeigte wie sensibel er stimmlich agieren kann, die umgeschnallte Akustische stand ihm ebenso gut. Die Emotionalität war schön zu spüren, ab und an nahm der SLIPKNOT-Frontmann seine Klampfe auf den Rücken und kniete andächtig auf den Monitoren. Auch das Soli von Josh Rand war gefühlvoll, auch wenn man den Musikern ansah, dass sie diese Zurückhaltung eher weniger mögen.
Da hatten sie beim folgenden „RU 486“ deutlich mehr Spaß an der Sache, der bärtige Johny Chow Am Bass und der neue Gitarrist Christian Martucci sprangen wie wild auf der Bühne herum, als die Post wieder abging. Die Riffs mahlten sehr amtlich und kamen sehr druckvoll und tight eingezockt aus den Boxen. Taylor legte sich ebenso voll rein, brüllte seine Vocals wie ein Berserker heraus und wand sich dabei auf der Bühne. Zum Glück fanden alle rechtzeitig zu ihren Mikrofonen zurück, um die fetten Gangshouts des Refrains anzustimmen.

Die hätte im Notfall ja noch das Publikum übernehmen können, das seinerseits voll mitgrölte und nach der kurzen Verschnaufpause voll abging. Überall fingen die Pits wieder an zu kreiseln, wobei ich ja Circle Pits nie verstanden habe, Begeisterung in allen Ehren, aber hier wird es für Nebenstehende eng. Dazu frage ich mich, was Menschen, die gleichförmig im Kreis laufen, mit Rock´n´Roll und Rebellion zu tun haben. Aber jeder wie er will, und so gab es noch einmal eine Möglichkeit sich auszutoben in Form von „Fabuless“ vom aktuellen „Hydrograd“, welches ebenso derbe von der Rampe geprügelt wurde. Die aufblasbaren Figuren aus dem Video zappelten dazu auch überdimensional auf der Bühne, was zum Abschluss für einen tollen Effekt sorgte.

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OZZY OSBOURNE (Festival Stage)
Nun war es angerichtet für den Madman, der sich auf seine gefühlte 31te Abschiedstournee begeben hat. Das überdimensionale Kreuz über dem Schlagzeug zwischen zwei Leinwänden kündigte Großes an, oder Unheilvolles, je nach Sichtweise. Angesichts seines Lebenswandels konnte man froh sein, dass er überhaupt noch irgendwie auf eine Bühne kommt und tatsächlich lief er vor vier Jahren, als ich ihn zum letzten Mal sah etwas unrund. Doch seien wir ehrlich, dieser Watschelgang gehört zu unserem alten Recken dazu, so dass es niemanden störte als er in seiner Robe auf die Bretter gestiefelt kam.
Spätestens als der Titeltrack seines dritten Albums angespielt wurde, ging es vor der Bühne umso mehr rund, das schnelle Riff ließ die Köpfe reihenweise bangen. Da stand die lebende Legende vielleicht zum letzten Mal da oben, da darf man keine Müdigkeit zeigen. So skandierte die Menge den kurzen, prägnanten Refrain auf Geheiß des Meisters, was dieser glücksselig zur Kenntnis nahm. Den Spaß hatte er immer noch in den Backen, für ihn gibt es nichts Größeres als für seine Fans zu singen, so lange es nur irgendwie geht. Zum Glück hatte er die Schaumkanone daheim gelassen, doch der Schalk saß ihm des Öfteren im Nacken.

Wie nicht anders zu erwarten und erhofft gab es ein Hitfeuerwerk der höchsten Güteklasse. Als Adam Wakeman schon beim zweiten Song die Orgel für das Intro anwarf, gab es kaum noch ein Halten. Manch einer war beim Ansingen etwas zu früh, ein Umstand aus dem Ozzy erst recht einen Scherz machte. Hauptbestandteil des Sets waren das Solodebüt und sein letztes überragendes Werk „No More Tears“ mit je vier Tracks. Vor allem die Balladen von letzterem luden das Publikum zur Interaktion ein, mal lautstark, aber auch mal in Form von ein paar Tränchen. BLACK SABBATH-Songs durften ebenso nicht fehlen, wobei er hier nicht ganz auf Nummer sicher ging, immerhin fehlte „Iron Man“ und „Black Sabbath“. Doch kann er da bei der Auswahl überhaupt daneben greifen?

Während er wie vor vier Jahren den Ring aus den weit hinten stehenden Monitoren kaum verließ, waren seine Mitstreiter weitaus aktiver. Reverend Blasko turnte mit seinem Langholz und Bart auf der Bühne herum und spielte sein Arbeitsgerät bevorzugt senkrecht gehalten. Zusammen mit Tommy Clufetos sorgte er für viel Groove, aber leider nicht für den richtigen Druck. Das geht vor allem zu Lasten des Drummers, der mir schon bei BLACK SABBATH missfiel, er trommelt etwas zu eindimensional, immer diese weit ausholenden Schläge, die aber irgendwo verpufften und kaum Dynamik brachten.
Da kam Zakk Wylde deutlich besser auf den Punkt, seine Riffs gehen schön tief, dorthin wo er seine Gitarre hängen hatte. Wohin er ab und an verschwand war nicht immer ganz klar, irgendwie schien er nur für die Zuschauer ganz außen zu spielen, in der Bühnenmitte sah man ihn recht selten. Mit Kilt und Rockerkutte war er eher gewöhnungsbedürftig gekleidet, dazu stapfte er irgendwie wie ein Holzfäller umher, was nun wieder das Bindeglied seines Outfits sein könnte. Die Mimik war die ganze Zeit recht finster, zumindest soweit man das sehen konnte, mittlerweile weiß man gar nicht mehr, wo der Bart aufhört und das Haar anfängt.

Am Ende des zweiten BLACK SABBATH-Songs zockte er sich in einer Art Jam durch diverse Klassiker seines Chefs, um dann in den Photograben hinab zu steigen. Dort nahm er auch wieder die Außenposition in Beschlag, stellte sich auf die Tritte der Absperrung und nudelte ein etwa zehnminütiges Solo herunter. Um noch cooler zu wirken spielte er irgendwann hinter dem Kopf weiter, in der Haltung ging es, die ganze Zeit am solieren, quer durch den Graben um sich den dortigen Anhänger zu präsentieren. Am Ende nahm er die Gitarre wieder runter, um in seinem typischen Schritt auch noch den Gang durch die Menge ganz nach vorne anzutreten. Selbstredend hielt er sich da auch ein Weilchen auf, während seine Axt fast schon jaulte, hier noch ein paar Leads, da noch ein paar Leads, dann ging es wieder nach oben.

So etwas kannst Du Dir halt erlauben, wenn Du Zakk Wylde heißt, witziger Weise wurde ihm auch noch das Kabel nachgetragen und die Bühne ist richtig lang, da würde Jon Schaffer vor Neid erblassen. Um sich und seine Gitarre etwas abzukühlen durfte Clufetos noch ein kurzes Solo spielen, wobei er mehr überzeugen konnte als mit seinem Rhythmusspiel. Das offenbarte irgendwie, dass hier nur fünf Individualisten auf der Bühne standen und keine Band, zu keinem Moment kamen die Musiker mal zueinander, um gemeinsam abzurocken, nicht mal Wylde und Osbourne.
Das war irgendwie schade, so dass man auch viel auf Showeffekte setzen musste, wobei man den Verfasser dieser Zeilen mit Lasern immer locken kann. Ozzy hingegen war dies egal, er musste sich mehr auf seine so langsam brüchige Stimme konzentrieren. Dazu war der Fürst der Dunkelheit ohnehin in seiner eigenen Welt, in der er die Leute immer wieder aufforderte „extra, extra crazy“ zu werden. Die ließen sich das nicht zweimal sagen und gingen bei der abschließenden Zugfahrt voll mit. Doch keine Show ohne den absoluten Durchdreher, mit der nach eineinhalb Stunden die Zugabe beschlossen wurde und der Sölvesborg auf den Kopf stellte.

Setlist OZZY OSBOURNE:
Bark At The Moon
Mr. Crowley
I Don´t Know
Fairies Wear Boots
Suicide Solution
No More Tears
Road To Nowhere
War Pigs
  -Guitarsolo-
  -Drumsolo-
I Don´t Want To Change The World
Shot In The Dark
Crazy Train
-----------------------------------------------
Mama I´m Coming Home
Paranoid

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Photo von SwedenRock

MESHUGGAH (Rock Stage)
Wie kann man Wahnsinn noch steigern war die Frage, die einem danach in den Sinn kam. Die Antwort war irgendwie einleuchtend, nämlich mit noch mehr Wahnsinn, und den boten die Tech Death-Götter ganze 75 Minuten lang. Die Bühne kaum beleuchtet, selbst die Scheinwerfer an der Seite waren so eingerichtet, dass man die Musiker nur schemenhaft erkennen konnte. Diese Illuminationen steigerten die gespenstische und bedrohliche Atmosphäre zusätzlich, als ob das bei dem was die Fünf auf der Bühne veranstalteten nötig gewesen wäre.
Kurz ein paar flirrende Leads, dann brach mit “Clockworks” vom aktuellen “The Violent Sleep Of Reason” der Orkan los, die Töne flogen einem nur so um die Ohren, dass man kaum zu folgen vermochte. Breakgewitter zuckten über das Feld, Thomas Haake trommelte sich komplett ins Nirvana, kaum einmal hielt er einen Rhythmus über mehrer Takte. Er war der Taktgeber, der munter durch die Tonarten ritt und mit seinem mechanischen Beat alles niederwalzte. So wenig wie man den Songstrukturen in der Nacht noch folgen konnte, konnte man auch seine Bewegungen nicht erhaschen.

Die Saitenfraktion legte dann noch schichtweise Polyrhythmen drauf, bis ein irrsinniger Sog entstand, dem man sich kaum entziehen konnte. Im einen Moment im Gleichklang, im nächsten vollkommen dissonant, da prallten harsche Attacken gegen breite Flächen, da überholten tödliche Läufe die kernig runtergestimmten Ausbrüche. Wo ein Solo begann und wo endete war kaum heraus zu hören, oft wurde auf höchstem Niveau gedudelt, um dann wieder los zu shreddern. Was Fredrik Thordendal und Marten Hagström an ihren weit mehr als sechs Saiten veranstalteten, war schier unglaublich, diese Brillanz in all das oberflächliche Chaos zu bringen, war genial.

Dabei holten sie immer wieder über die gesamte Palette aus, neben diesen brutal abgehackten Riffmonstern konnte sie auch tief bis in die Hölle grooven. Ganz besonders bei den Stücken vom “Koloss”-Langspieler wie “Do Not Look Down”, wo sie die meiste Unterstützung von Dick Lövgren bekamen, der alleine sechs von den dicken Saiten aufgezogen hatte. Und wenn Thordendal wie in “Bleed” etwas das Tempo rausnahm, um diese hypnotischen Flächen einfließen zu lassen, die einem tief unter die Haut krabbelten, war das ganz große Kunst. Doch in diesen kurzen Phasen des Innehaltens und Schwelgens war jedem bewusst, was dann folgen würde.

Alle bereiteten sie den Untergrund, auf dem die wütenden Vocals von Jens Kidman hinaus getragen wurden, er war derjenige, der als Mediator zwischen der stoischen Instrumentalwand und dem Publikum stand. Wie ein Wilder windete sich der drahtige Frontmann in jede einzelne Silbe die er schrie, grunzte oder röhrte. Auf dem Steg vorne, den er für sich beanspruchte war er höchst agil und hatte eine manische Aura. Völlig irre, wenn der Glatzkopf da stand und in diesem unmenschlichen Takt mit dem Kopf nickte.
Diese Macht übertrug sich auch auf das Publikum, dass komplett mitging und in diesem Tollhaus gefangen war. Pits tobten immer wieder über den Platz, völlig egal, ob sie dadurch den Staubsatan des Todes evozierten. Die Djent-Begründer machten ihrem Ruf alle Ehre und bewiesen, wer immer noch die intensivsten Gigs abliefert. Dabei setzten sie auf Material der letzten drei Scheiben und auf Nummern von “Nothing” wie “Rational Gaze”, mit dem sie sich endgültig vom Todesblei abhoben, um ganz andere Sphären anzusteuern.

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Samstag, 09.06.2018

THE NEW ROSES (4 Sounds Stage)
Für die weniger bekannten Gesichter der deutschen Absendung blieb lediglich der Openerslot vor zwölf Uhr, einem Zeitpunkt, zu dem die meisten noch mit dem Gang zum Gelände beschäftigt waren. Doch die Wiesbadener ließen sich davon gar nicht aus der Ruhe bringen und legten gleich ordentlich los. Ihre hemdsärmelige Version des traditionellen Hard Rock war genau das richtige zu einer eher unwirtlichen Zeit an einem letzten Festivaltag. Immerhin konnte die Formation schon im Vorprogramm von Liveabräumern wie ACCEPT und Y&T bestehen.
So war ihr Ruf auch schon bis nach Skandinavien durchgedrungen, denn ein paar Fans in der ersten Reihe schienen mit ihrem Material recht vertraut. Zum Auftakt gab es erstmal einen Reigen aus ihrem aktuellen Studioalbum "One More For The Road" mit Titeln wie "Every Wildheart" und "Dancing On A Razorblade", der deftig wie das erste Bier des Tages rockte. Auch vom Debüt gab es ein paar Stücke wie "Devils Toys", leider müssen bei solchen Gigs mittlerweile liebgewonnene Standards wie "Whiskey Nightmare" außen vor bleiben.

Am meisten Stimmung brachten "Life Ain´t Easy (For A Boy With Long Hair)" und "It´s A Long Way", bei denen die immer zahlreicher herein strömenden Zuschauer richtig mitsangen. Doch das war auch ein Verdienst der Band, welche die Leute vor der Bühne halten konnte, sie kamen einfach sehr sympathisch rüber und hatten so manche Mätzchen der Rockstars nicht nötig. Stattdessen setzten sie entgegen ihres Bandnamens auf ehrliches Handwerk, auch wenn sie durchaus eine dreckige Seite offenbarten. Die lag eher in ihren bluesigen Wurzeln verhaftet, trotz des Namens halten eher Acts wie JUNKYARD oder LITTLE CAESAR als Querverweis her.

In der Mitte gab Timmy Rough den souveränen Frontmann, der immer mit launigen Ansagen die Menge aufmuntern konnte. So erzählte er etwas augenzwinkernd, dass für ihn und seine Truppe ein Traum in Erfüllung gegangen ist, indem sie auf das SwedenRock eingeladen wurden. Lässig mit Bart und Spiegelsonnenbrille röhrte er seine Vocals heraus und suchte immer etwas Auslauf auf der engen Bühne. Sein Axtpartner poste eine Nummer schärfer, vielleicht auch weil Norman Bites etwas schärfer angezogen war.
Dabei spielte der Junge ein paar feine Soli, er war sicher der musikalisch stärkste der Band. Hinter ihnen konnten sich die beiden Sechssaiter auf die kompakte, trockene Rhythmusfraktion verlassen, bei denen Bassist Hardy wie gewohnt breitbeinig umher sprang. Mit der Leistung konnten THE NEW ROSES sicherlich ein paar neue Anhänger beim Hard Rock-affinen Publikum gewinnen. Am Ende gab es dann mit "Thirsty" die richtige Hymne für die Nachbrand-geschädigten Kehlen auf dem Gelände.

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DOC HOLIDAY (Rock Stage)
Vor sieben Jahren absolvierten die Amerikaner auch auf dem SwedenRock ihre Abschiedstournee. Doch ein Abschied muss ja nun nicht für immer sein und umso schöner präsentierte sich die Tatsache, dass die Herren aus Georgia nun doch wieder auf der Bühne standen. Obschon nur noch ein Originalmitglied, bereitete der Auftritt sehr viel Spaß. Gut, den ein oder anderen Kritikpunkt gibt es schon, aber die sind eher sekundärer Natur.
Während der ersten beiden Songs war der Gesang doch wirklich leise abgemischt, was sich glücklicherweise noch besserte und der Umstand, dass „Magic Midnight“ nicht zum Zuge kamen. Trotzdem konnte die Truppe einen guten Eindruck hinterlassen, was auch wenig verwundert, wenn man solch großartige Nummern wie „Last Ride“, „A Good Woman’s Hard To Find“, „Moonshine Runner“ oder, wie bei jedem DOC HOLLIDAY-Konzert zum Abschluss, „Lonesome Guitar“ in petto hat. Hoffentlich diese Livereunion kein einmaliges Unterfangen. (David)

CRASHDIET (Sweden Stage)
Es hat einige Jahre gedauert aber das Warten hat sich gelohnt. CRASHDIET sind zurück und haben mit Gabriel Keyes, nicht nur für Simon Cruz sondern auch für Dave Lepard (*1980-† 2006), einen würdigen Nachfolger gefunden. Sie starteten ihre Show mit dem Song „Tikket“ welcher schon für richtig Stimmung sorgte. Bereits bei dieser Einstiegsnummer wurde jedem anwesenden sofort klar dass der neue Frontmann den ehemaligen Originalsänger noch besser ersetzten konnte als einer seiner Vorgänger. Insbesondere merkte man dies bei den Songs die ursprünglich von Lepard eingesungen gesungen wurden, hier konnte Keyes mehr als überzeugen und die Fangemeinschaft sogleich für sich gewinnen.
Nun gut, das Wetter war großartig und schwedische Bands haben es in ihrem Heimatlang ohnehin leicht, dass Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Doch dieser Auftritt war auch aus objektiver Hinsicht musikalisch mehr als gelungen. Obwohl das Stageacting eher statischer Natur war, kam zu keiner Zeit Langeweile auf. Bemerkenswert war zudem auch, dass auch die Stücke, die im Original von Simon Cruz eingesungen wurden, nämlich „Cocaine Cowboys“ und „Generation Wild“ den vorherigen Sänger zu keiner Sekunde vermissen ließen. Ein großartiges Comeback! (Cathrin)

SLADE (Sweden Stage)
Der Glam der Siebziger hat viel beeinflusst, was sich auf dem SwedenRock tummelt, Zeit also ein echtes Original aus jener Zeit auf die Bühne zu holen. Dabei sind die ganz großen Zeiten der Truppe sicherlich vorbei, die nicht relevant genug blieb, das letzte neue Material liegt auch schon drei Jahrzehnte zurück. Doch für Partyaction sind ihre Lieder immer noch zu haben und an einem schönen Festivalnachmittag gehen diese ohnehin. Dabei wollte vor allem Urgestein Dave Hill hier noch die große Show abreißen, weswegen er auch gleich drei Podeste vorne platziert hatte, die er abwechselnd, wenn auch etwas schwerlich bestieg.

Nur hätte man sich zum Einstieg etwas Bekannteres als “Gudbuy T´Jane“” gewünscht, bei dem auch die nicht ganz so eingefleischten Zuschauer gut in das Konzert rein finden. Auch wenn Nummern wie die Ballade “Everyday” von vielen beklatscht wurden, ebenso vielen sagte der an sich sehr schöne Titel gar nichts. Das galt auch für das beschwingte “Coz I Luv You”, bei dem John Berry zum ersten Mal die elektrische Geige auspackte. So dauerte es bis fast bis zur Mitte des Sets, als die ersten großen Hits gespielt wurden, bis richtig Stimmung aufkam.
Die Fidel konnte gleich draußen bleiben, es war Zeit zum Hüpfen, der Achtzigersmasher “Run Runaway” hat zwar den mitunter sinnfreiesten Text, doch auch nach all den Jahren macht er immer noch richtig Spaß. Vom Namen her ziemlich identisch bot das einstige Jeans-Werbejingle “Far Far Away” dann beschwingtes Hippieflair und sorgte so für reichlich Mitsingalarm. Plötzlich ging etwas im Publikum, kein Wunder, wenn sich die Kehlen bei dem Seventies-Glanzstück erst richtig warm gemacht hatten.

Doch Folgenummern wie “My Baby Left Me” belegten das Dilemma, dass SLADE nur von ihren großen Erfolgen zehrten, Material aus der zweiten Reihe aber keine Abnehmer fand. Dabei war da musikalisch gar nichts zu bemängeln, alles wurde sehr sauber gespielt, die raueren Vocals übernahm Rhythmusgitarrist Mal McNulty, während die anderen von Bassist Berry kamen. Hinten gab Don Powell den kraftvollen Antreiber wenn auch die Beats recht simpel gestrickt waren. Und Hill selbst gab bei seinen Soli auf den Rampen immer alles, und ließ ab und an mal ein bisschen den Blueser raushängen.

Doch das Stageacting, die Art, das Publikum zu animieren, war bisweilen sehr altbacken und wirkte einfach aus der Zeit gefallen. Bei aller Liebe war das einfach sogar vom Retro-Zeitgeist überholt, solche Sachen wie mit den Füßen stampfen sind im besten Fall nostalgisch. Vieles hatte auch Fünfzigercharme, dieses naive Rock´n´Roll-Feeling kam damals wieder auf. Doch was seinerzeit vielleicht noch als gefährlich galt, hat sich auf Festivals, bei denen extreme Bands am Start sind relativiert, auch hier geht es verstärkt Richtung Oldieabend.

Das war schade, denn Lieder wie “Look Wot You Don” oder “Take Me Bak ´Ome” wussten eigentlich zu gefallen. Am Ende gab es dank “Mama, Weer All Crazee Now” dennoch Zugabe-Rufe, ein paar Klassiker auf die alle gewartet haben, standen ja noch aus. “My Oh My” ist heute noch ein wunderschönes Lied, das zu Herzen geht, bei dem alles mitsang und die Hände im Takt wog. Der gute Dave hatte in der Coda noch einen starken Moment, bevor er dann die absolute Hymne “Cum On Feel The Noize” anstimmte. Zum Abschied wurde der Partylevel nochmal hochgeschraubt, so dass jeder zufrieden sein konnte.

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STEELHEART (Festival Stage)
Die Kernkompetenz Hair Metal fand auf der diesjährigen Ausgabe des Events leider nur wenig statt, von den US-Bands konnte lediglich die Truppe um Goldkehlchen Mike Matijevic verpflichtet werden. Das war allerdings ein Bonbon für Anhänger dieser Spielart, sind die Jungs nur sehr selten auf europäischen Bühnen anzutreffen. Witzigerweise erlangte der Mann weit mehr Berühmtheit durch seine Rolle im Film "Rock Star" mit Mark Wahlberg und Jennifer Aniston als mit seiner Hauptband. Mit zwei Nummern von der fiktiven Filmband ging es denn auch los, wobei Matijevic vor allem beim stampfenden Opener mächtig Unterstützung mit den Gangshouts seiner Backingband bekam. Natürlich durfte die Frage nicht fehlen, wie sich Setkumpel Zakk Wylde am Vorabend schlug.

Die ersten richtigen Bandsongs stammten von dem superben Debüt, das seinerzeit mehr versprach, dass der Zweitling komplett außen vor blieb, sagt allerdings auch einiges aus. Und da stieg die Stimmung nochmals, auf diese Lieder haben viele ewig gewartet, unter anderem der Verfasser dieser Zeilen. Die Menge vor der Bühne hüpfte und sprang und der Frontmann legte sich auch mächtig ins Zeug, um die Leute noch mehr anzustacheln. Das Jogi Löw-Lookalike mimte immer noch der Rockstar par excellence mit allen dazu gehörigen Posen. Ausflüge an beide Ränder der Bühne gehörten ebenso zum Repertoire wie das Flirten mit den vorderen Reihen.
Bei einem Song der neuen Scheibe stieg er in den Photograben hinab, schüttelte viele Hände und sang dann in dessen Mittelgang auf einem Stuhl stehend weiter. Die ganz große Geste packte er auch aus, indem er weit nach hinten lehnte, sein Mikro hochhielt und mit seiner Stimme Höhen erreichte, die auf keiner Skala verzeichnet sind. Dieses Organ hat ihn berühmt gemacht und von seiner Power hat es bis heute nichts verloren, dazu wusste er gesanglich auch in allen anderen Lagen zu überzeugen. Ob hart zupackend oder gefühlvoll in den Powerballaden, in denen er die Dynamik explodieren ließ, da saß jeder Ton.

So hatte er die Menge stets im Griff, auch weniger populäre Songs von den jüngeren Veröffentlichungen wurden begeistert aufgenommen. Das Zeug rockte einfach und sorgte für viele geschüttelte Mähnen im Publikum, auch wenn mit Joe Passia nur ein Gitarrist an Bord war. Dieser wusste aber vor allem mit seinen tollen Soli zu überzeugen und sich in Szene zu setzen. Dazu reihte er sich wie bei den ähnlich gelagerten Formationen in die schicke Aufmachung ein, sein Sänger stand da mit weit offenem Hemd ebenfalls in Nichts nach.
Auch der schwedische Bassist Martén Andersson hatte sich ganz dem Glamstyle der Eighties verschrieben, blieb aber unauffällig im Hintergrund. Nur einmal hatte er seinen großen Auftritt als er die schwedische Nationalhymne kurz auf seinem Langholz anstimmte und auch drei Tage später noch einige dazu einstiegen. Von hinten schob Mike Humbert das die Kompositionen mit seinen knalligen Breaks an, und hatte dabei einige Kunststückchen wie wirbelnde Sticks auf Lager. Am Ende gab es noch mehr Hits vom Erstling sowie zum Abschluss den stärksten Titel von "Wait", die mächtig abgefeiert wurden.

Setlist STEELHEART:
Blood Pollution
Livin´The Life
Gimme Gimme
Like Never Before
Cabernet
  -Drumsolo-
You Got Me Twisted
Never Let You Go
Everybody Loves Eileen
My Dirty Girl
She´s Gone
We All Die Young

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STRATOVARIUS (Sweden Stage)
Wenn schon das überlebensgroße Vorbild auftritt, darf eine der Speerspitzen der europäischen Power Metalbewegung zu Beginn des Jahrtausends nicht fehlen. Auch wenn man personell inzwischen stark verändert auftritt, sind die Finnen immer noch gut im Geschäft. So schafften es auch mal die Kuttenträger vor den Headlinern von ihrem Lagerfeuer weg, um sie anzufeuern. So war dann auch der Platz gut gefüllt, als die Fünf zu bombastischen Klängen einliefen. Nicht weniger bombastisch war der Sound, den sie dann eine Stunde lang fuhren.
Allerdings in einem deutlich gehobenem Tempo, denn mit dem Opener ritt die Truppe gleich mal im gestreckten Galopp los. Überhaupt verlegte man sich verstärkt auf Songs mit dem Geschwindigkeitslevel, was natürlich bei der Kuttenträgerfraktion sehr gut ankam. Die eher epische Seite ihres Fundus kam ein bisschen zu kurz, ein „Kiss Of Judas“ fehlte vielleicht, obwohl gerade vom „Visions“-Album viel gebracht wurde. Es schafften ohnehin nur fünf Alben in die Setlist, neben den beiden letzten wurde vor allem Material aus ihren sicherlich stärksten Veröffentlichungen zum Besten gegeben.

Den Headbangertakt gab vor allem Mathias Kuipiainen vor, der permanent seine endlos lange Matte schüttelte. Dabei blieb er aber zumeist auf seiner linken Seite stehen, wo er seine schnellen Läufe heraus ballerte oder sich mit Jens Johansson bei den Soli duellierte. Daneben harmonierten die beiden aber auch sehr gut und brachten so den präzisen Speed mächtig nach vorne. Der Meister an den Tasten ließ sich mit seinem nach vorne geneigten Keyboard auch gerne in die Karten schauen, was vor allem bei den Technikfreaks gut ankam. Für die war es dann schade, dass von Rolf Pilve nur das Sperrfeuer mit den Armen zu sehen war, aber nicht das Durchtreten der DoubleBass.

Die Show hingegen überließen sie den beiden anderen das Feld in der Disziplin, wobei sich von den Instrumentalisten speziell Lauri Porra sehr um die Kommunikation verdient machte. Meist lehnte er cool über den Frontmonitoren und musterte das Publikum sehr genau, als ob er nach irgendetwas Ausschau hielt. Fragt sich nur nach was und ob sein freundliches Lächeln die richtige Adresse fand? Wenn gerade mal keine Monitorbox zur Verfügung war, auf die er seinen Fuß stellen konnte, während er lässig die dicken Saiten zupfte, dann war da ja noch der Keyboardständer von Kollege Johansson.
Tonangebend war natürlich Timo Kotipelto, der wie immer mit interessanten Ansagen durch das Programm führte. Das jugendliche Aussehen wie zur Hochphase der Band hat er zwar nicht mehr ganz, doch von seinem Elan hat er nichts verloren. Und seine Stimme hielt die Höhe über die komplette Spielzeit den kleinsten Wackler. Dabei war es egal, ob er eine neues Stück oder einen Klassiker ankündigte, alles wurde bejubelt. Zum Abschied war der Applaus dann doch bei einem Lied größer als bisher, der größten Gassenhauer wurde vielfach mitgesungen, teilweise war das Publikum ohne Kotipelto laut genug.

Setlist STRATOVARIUS:
Forever Free
A Million Lights Years Away
Speed Of Light
Dragons
My Eternal Dream
Paradise
Shine In The Dark
Black Diamond
-------------------------------------
Unbreakable
Hunting High And Low

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YES (Festival Stage)
Der progressive Rock wurde in diesem Jahr etwas stiefmütterlich behandelt auf dem SwedenRock, doch ein ganz besonderes Schmankerl hatte man für die Freunde dieser Spielart übrig. Dabei schwelt ja schon länger der Streit um die Namensrechte, zumal die alte Formation nach dem Tod von Chris Squire ein Argument weniger hat. Wie zum Trotz wurden vorm Konzert Fahnen gereicht, auf denen "ARW=YES" prangte, weswegen ich das jetzt mal so übernehme. Ob man nun die Achtziger hinzu zählen möchte oder nicht, schon die beiden eröffnenden Stücke des "90125"-Hammers machten klar, dass diese auf keinem YES-Konzert fehlen sollten.
Gerade in der Livebearbeitung klingen sie deutlich mehr nach dem Erbe der Band als in der polierten Studiofassung. Doch ein Element aus diesem Klangspektrum war an dem lauen Abend das gewisse Etwas im Vortrag dieses erweiterten Trios. Der kantige Gitarrensound, diese Riffs machen die Songs flotter, rockiger, ohne ihnen auch nur das Geringste ihrer Grundstimmung zu nehmen. Zudem verlieh ihnen Trevor Rabin noch eine ungeahnte Griffigkeit, was vor allem für das weniger vertraute Publikum besser wahrzunehmen war. Mit dem Mann ist diese Ausführung sehr gut für die weitere Zukunft gerüstet, zumal er spieltechnisch brillierte.

Doch das Kompliment muss man allen Fünf machen, die da auf der Bühne standen, zusammen mit Louis Molino III am Schlagzeug und Ausnahmeviersaiter Lee Pomeroy zauberte sie den musikalisch klar besten Auftritt des gesamten Festivals hin. Da stimmte jede Note auf den Punkt, dass es schlicht atemberaubend war, da zuzuhören. Dazu verfügten sie über einen derart plastischen und wohl ausbalancierten Sound, der jedes Detail zur Geltung brachte. Das fing schon bei den Satzgesängen an, einer der größten Hürden der YES-Musik, in denen sich auch Pomeroy sehr gut einbringen konnte. Dass er nicht ganz den knarzenden Ton von Squire besaß, machte die Sache vielleicht noch runder. So kamen auch die Siebziger-Stücke in allerbesten Versionen rüber, nur eben vielleicht ein bisschen entstaubt.

Was Rabin da auf der Gitarre zauberte, war einfach großartig, er traf genau den richtigen Ton, wusste auch seine härteren Anschläge exakt zu dosieren. Dazu brillierte er in den Soli und brachte da seine eigene Note mit ein, er hat einfach einen unverwechselbaren Ton. Mit unheimlich viel Gefühl zelebrierte er selbst die abgefahrensten Kaskaden, und zeigte dabei eine unfassbare Präzision. Mit seinem grünen Seidenhemd sah er etwas grenzwertig auf, ansonsten für sein Alter noch äußerst frisch. Vom gewöhnungsbedürftigen Outfit her wurde er noch von Rick Wakeman übertroffen.
Seine Glitzermäntel ist man ja gewohnt, doch eine Khaki-Hose und ein orangenes Shirt sorgten schon für Augenschmerzen. Doch wenn man eben Rick Wakeman heißt, ist das völlig egal, auch ob man stets etwas mürrisch dreinblickt. Wenn der Mann nur die Hand an einen seiner acht Synthesizer oder zwei Mini-Moogs legte, war Gänsehaut garantiert. Alleine schon wie butterweich er die analogen Synthtöne in der genialen Ballade von "Close To The Edge" empor steigen ließ, war magisch. Er schichtet Spur über Spur, bediente meist mehrere Keyboards gleichzeitig und errichtete wunderbare Klangkathedralen.

Das Verständnis mit den beiden neuen Musikern war ebenso vorzüglich, auch was die Kommunikation auf der Bühne angeht. Molino und Pomeroy setzten die idealen rhythmischen Kontrapunkte zu den großen Melodien. Für die war der einzig wahre YES-Sänger zuständig, über dessen Gesundheitszustand in den letzten Jahren viel debattiert wurde. Aber an seinen stimmlichen Fähigkeiten kann es sicher nicht gelegen haben, dass ihn seine früheren Mitstreiter vor die Tür setzten. Klar und ungemein melodisch setzte Jon Anderson dem Ganzen die Krone auf, sein emotionaler Ausdruck zog einen immer noch in seinen Bann. Dazu gab er wie immer eine Mischung aus Prediger und dem größten Hippie des Festivals neben GLENN HUGHES, seine spirituelle Aura manifestierte sich ebenso in seinem weißen Jacket.

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Dieses beschwörende Element zog sich durch das gesamte Set, man kam sich fast vor wie auf einer Messe, ebenso feierlich wurde auch die Musik kredenzt. Aus der ersten Rabin-Ära gab es sogar noch einen Song vom 87er "Big Generator", während es auch sonst ein paar Überraschungen gab. Vom "Yes Album" bekamen andere Titel den Vorzug gegenüber "Starship Troopers" den Vorzug, vom wohl größten Progwerk aller Zeiten gab es nur die bereits angesprochene Nummer, während Anderson noch viel in seinem Lieblingsalbum "Fragile" wilderte. Den größten Brocken gab es zur Freude der Zuschauer natürlich von "90125", die ein Wiedersehen mit lange nicht mehr gehörtem feierten.
Die ganz große Stimmung kam nicht auf und auch der Platz vor der Bühne war eher mäßig gefüllt, doch diejenigen, die tief in die Materie eintauchen konnten spendeten reichlich Beifall, teilweise gab es sogar Szenenapplaus. Besonders beim größten Hit der Formation, in dessen Mittelteil noch kräftig gejammt wurde. Neben der sensationellen Gitarrenarbeit von Rabin lieferte er sich ein Duell mit Wakeman, für das dieser die Achtziger-affine Keytar auspackte, als ob er nicht genug Tasten auf der Bühne gehabt hätte. Die übersprudelnde Musikalität offenbarte sich auch darin, wie die Band fast beiläufig die Rockklassiker "In-A-Gadda-Da-Vida" und "Sunshine Of Your Love" einflocht.

Ein ganz großer Abend, der die üppige Spielzeit von mehr als eineinhalb Stunden gerne hätte noch übersteigen dürfen. YES, oder auch ARW hätten Material für einen solchen Gig an jedem Abend in der Hinterhand. Wie erwähnt war dies keine Abgehmucke, doch der ideale Soundtrack für die fortgeschrittene Stunde des letzten Tages vor den Headlinern. Da liegt ohnehin immer so ein Hach von "Peace&Love" in der Luft und Jon Anderson war der perfekte Moderator für diese Stimmung.
Dass er und seine Mannen obendrein ein Feuerwerk höchster Güte abbrannten, brachte viele noch mehr zum in sich gehen und wegschweben. Wie es nun in deren Lager und dem der Konkurrenz weiter geht, weiß keiner zu sagen, doch jede Formation ist in der Lage der Rockwelt immer noch viel zu geben, nur ein "Union"-Debakel sollte man sich diesmal ersparen, die war ein authentisches YES-Erlebnis, das jeden Musikliebhaber in Verzückung versetzte. Selbst STEELHEART-Drummer Mike Humbert stand die ganze Zeit neben der Bühne und schaute voll Bewunderung auf.

Setlist YES:
Cinema
Hold On
South Side Of The Sky
I´ve Seen All Good People
Changes
And You And I
Rhythm Of Love
Heart Of The Sunrise
Owner Of A Lonely Heart
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Perpetual Change
Roundabout

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JUDAS PRIEST (Festival Stage)
Wie schon vor drei Jahren stand der Gig im Vorfeld unter keinem guten Stern. Zwar hatten die Wegbereiter des Achtziger-Outfits mit „Firepower“ ein sehr starkes Album vorgelegt, doch kurz nach Veröffentlichung wurde bekannt gegeben, dass Glenn Tipton wegen seiner Parkinson-Erkrankung keine Konzerte mehr spielen kann. Somit steht die Truppe ohne ihren Hauptsongwriter und Motor da, und keiner weiß so recht, was die Zukunft bringen wird. Als Ersatz wurde Produzent Andy Sneap verpflichtet, der schon bei HELL und SABBAT zeigen konnte, wie er die sechs Saiten beherrscht. Die Frage war natürlich, ob die Briten überhaupt noch existieren können, da jetzt beide Teile des legendären Gitarrenduos nicht mehr dabei sind. Und mit IRON MAIDEN hatte die direkte Konkurrenz zwei Tage zuvor ziemlich vorgelegt. Doch wie 2015 schlugen sie alle Zweifel in den Wind: „Saturday Night In Sölvesborg, Sweden And The Priest Is Back!“.

Bereits als die ersten Riffs des titelgebenden Openers des aktuellen Werkes aus den Boxen knallte, war klar, wer hier wieder alles regeln würde. Die Energie, die Leidenschaft, welche mit dem Longplayer zurückgekehrt ist, zeigte sich auch in der Livedarbietung. Die Maschine war geölt, die Rhythmen drückten unbarmherzig nach vorne und die Kreatur vom Cover schnaubte Feuer speiend über die großen Leinwände. Dieses Inferno sollte sich die ganzen neunzig Minuten fortsetzen, die Riffs peitschten in die Menge und zersägten alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Bei bestem Sound zerberstete jeglicher Widerstand, das war purer Stahl, der sich heiß schmelzend in die Norje Bucht ergoss.

Dabei brauchten JUDAS PRIEST gar kein großen Effekte, ihre Songs sprachen für sich, Songs, welche dieses Genre wie keine anderen definiert haben. Nur ein paar Leinwände, die oft lediglich das Albumartwork zeigten , damit die Fans schon während der Ansagen rätseln durften, was ihnen als nächstes die Hirnrinde zerlegen wird. Natürlich durften Bilder von ausschweifenden Motorradtouren bei ihrem Image nicht fehlen wie ein paar gelungen Animationen, die die Atmosphäre unterstützten. Gerade bei den düsteren Nummern kamen diese perfekt zur Geltung und gestalteten die Stimmung noch unheilvoller. Dann wiederum wechselten simple Bilder punktgenau im Stampftakt und erzeugten so eine Sogwirkung, die alles zermalmte und aus der es kein Entrinnen gab.

Hauptverantwortlich für diesen Orkan war vor allem der nicht mehr so neue Mann Richie Faulkner, auf dem nun die Last der Verantwortung für die Bühnenshow lastet. Doch mit dem über die Jahre gewonnenen Selbstvertrauen wuchs er immer mehr zum Showman der Band heran und verfügt nun über die Ausstrahlung diese Rolle adäquat zu besetzen. Das ist eben genau das, woran Tim „Ripper“ Owens seinerzeit scheiterte, denn er verfügte nicht über die Erhabenheit, die man für Priest einfach mitbringen muss. Auch Faulkner agierte ein paar Jahre zu wild, weiß aber nun seine Energie in den Dienst der Sache zu stellen.
Wenn er in die Saiten haute, dann erbebte alles, er hat einfach das gewisse Händchen für den schneidenden Sound von JUDAS PRIEST. Bei seinen Soli zeigte er, dass er zur Riege der ganz großen Saitenartisten aufschließen kann, er haucht auch den schnellen Läufen ein notwendiges Maß an Gefühl ein. Die Art, auch wie er eine Beiträge heraus haut, hat etwas wirklich Mächtiges, seine Art sich zu bewegen ist ebenso von Lässigkeit wie von Euphorie geprägt. Alleine wie er einmal am Ende eines Solos sein Plektrum ins Publikum schleuderte war die ganz große Geste.

Diese besitzt natürlich ohne Frage sein Frontmann, der sich die Führungsrolle mit ihm teilte. Da bedurfte es nicht viel, ein Fingerzeig, ein Wehen mit dem stählernen Mantel und schon reagierte die Menge darauf. Er ist einfach die Eminenz der Szene, der Hohepriester des metallischen Glaubens und sein Anhänger folgten ihm nur bereitwillig. Bei vielen Refrains musste er gar nicht selbst zum Mikro greifen, sein Publikum erledigte diese Aufgabe zehntausendfach. Zwischendurch prüfte der Meister die Stimmgewalt seiner Schäfchen mit dem guten, alten „Shout! Oh Yeah!“ Die Judasjünger standen dicht gedrängt vor der Bühne und feierten die harte Messe nach allen Regeln der Kunst ab, schon lange vor Konzertbeginn war nach vorne kein Durchkommen mehr.

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Seine eigenen stimmlichen Fähigkeiten hat sich Rob Halford bis ins hohe Alter von 66 Jahren bewahrt. Kraftvoll kamen die wuchtigen Melodiebogen rüber und selbst die hohen Schreie meisterte er mühelos. Klar ließ er dieses Mal die Titel mit den ganz hohen Hürden zuhause, was seine Leistung nicht schmälern soll. Er liebt seine Songs und seine Fans und holte stets alles aus sich heraus. Unablässig stolzierte er auf der Bühne herum, ging die weiten Wege und spannte bei den Screams jede Faser seines Körpers an. Und natürlich durfte der Ritt auf die Bühne mit dem dicken Motorrad nicht fehlen, immer noch einer der Höhepunkte der Show, der wie immer diese archaische Kraft ausstrahlte.

Seine Nebenleute gaben dazu ein gutes Brett vor, der Topproduzent fügte sich überraschend gut ein und konnte eine gewisse Präsenz vorweisen. Meist stand er etwas im Hintergrund zum immer an vorderster Front agierenden Faulkner, dort suchte er oft die Nähe vom Bassisten-Uhrwerk Ian Hill, der swingte und pumpte wie eh und je. Bei seinen Soloeinsätzen, die ihm seine die Kollegen zahlreich zustanden durfte er ganz nach vorne in die Mitte und wurde oft von Halford persönlich präsentiert, auch das Zusammenspiel mit Richie Faulkner sowie die Wechsel der Soli saßen perfekt. Hinter ihnen thronte Scott Travis, der mit ebensolcher Präzision seine Felle gerbte. Speziell die ultraschnellen Hi-Hat-Salven der progressiv angehauchten Siebzigerstücke ließen einem den Mund offen stehen.

Von denen gab es einige im Verlauf des Sets, welches vor allem im ersten Teil mit regelrechten Sensationen aufwartete. Der Titel vom „Stained Class“-Langeisen wurde auf der Tour zum ersten Mal überhaupt auf die Bühne gebracht und schlug voll ein. Was wiederum nur beweist, aus welchem Fundus die Formation schöpfen kann, ohne dass sich irgendwer beschweren könnte, da sticht jedes Karte. Wer kann es sich schon erlauben, auf Kracher wie „Hellion/Electric Eye“ oder „Victim Of Changes“ zu verzichten, für die 99 Prozent aller Songwriter töten würden.
Aus den Achtzigern gab es dieses Mal zwei andere Titel von „Defenders Of The Faith“, die ebenso wenig ihr Ziel verfehlten. Wie stark JUDAS PRIEST ihr neues Material empfinden, zeigt sich, dass sich eine Stück davon in die Zugabe inmitten des Hitkanons schlich und dort eine gute Figur machte. Zuvor beantwortete Travis die Frage die Frage, welchen Song die immer noch hungrige Menge hören wollte höchst selbst mit dem legendären Drumintro zum Opener des 90er Killeralbums, der das reguläre Programm beschloss.

Nach der ersten Zugabe kündigte Rob Halford einen Mann an, der die huldigen Fans vor der Bühne ebenso lieben würde wie er. Und da kam er, in Baseballcap und mit Brille, die Krankheit beim Gang schon erkennbar, doch kaum schlug er die Saiten seiner Hamer an, war Glenn Tipton ganz der Alte. Beim finalen Triple aus bestem britischen Stahl agierte die Truppe mit drei Gitarristen und brachte das SwedenRock vollends zum Kochen. Wieder war es dem guten Scott vorbehalten die letzte Nummer mit seiner Schießbude einzuläuten, ein letztes Mal hüpfte die Norje Bucht, nun endgültig im Ausnahmezustand angekommen. Die Götter hatten ihren Olymp verlassen, um dem Volke eine Audienz zu gewähren: „Saturday Night In Sölvesborg, Sweden And The Priest Is Back!“.

Setlist JUDAS PRIEST:
Firepower
Grinder
Sinner
The Ripper
Lightning Strikes
Bloodstone
Saints In Hell
Turbo Lover
Tyrant
Freewheel Burning
When The Night Comes Down
You´ve Got Another Thing Coming
Hell Bent For Leather
Painkiller
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Guardian
Rising From Ruins
Metal Gods
Breaking The Law
Living After Midnight

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Fazit:
Es ist etwas unfair bei solch einer gelungenen Veranstaltung mit dem Negativen zu beginnen, doch eine wichtige Änderung muss ich einfach monieren. Der neue Sicherheitszaun der Hauptbühne ist eigentlich sehr publikumsfeindlich, einfach ein zu großes, unförmiges Monstrum. Da war man froh, dass der das Publikum spaltende Steg endlich weg war, nun führt eine Gasse durch die Menge bis zum Mischerturm, der einfach nur Platz weg nimmt, Platz für zahlende Besucher, die gerne näher am Geschehen wären.
Zudem ist die Distanz zwischen Absperrung und Bühne ebenfalls größer geworden. Dabei weiß ich nicht, ob das überhaupt etwas gebracht hat, denn in den voran gegangenen Jahren war das Gedränge ganz vorne stets im Rahmen. Ich habe eher das Gegenteil beobachtet, dass sich bei den Headlinern die Menge eher in die Bereiche innerhalb der neuen Absperrung quetschte, während man früher stets einen Höflichkeitsabstand halten konnte, dort wo heute dieses Konstrukt steht.

Natürlich wurde das alles im Vorfeld als wichtig für unsere Sicherheit deklariert, doch es war wohl auch so, dass die Idee dazu von außen herein getragen wurde- Da bleibt die Frage, um wessen Sicherheit es sich handelt nicht aus, heutzutage ist das mehr eine Absicherung der Versicherungen nicht bezahlen zu müssen.
Doch dazu sind sie meiner Ansicht nach eben verpflichtet, wenn etwas passieren sollte, dafür erheben sie auch horrende Beiträge. Ich beobachte es immer mehr, dass Veranstalter sich die Sicherheitsauflagen nicht mehr leisten können, Auflagen, die vor allem dazu dienen, bei Nichteinhaltung die Haftung zu verweigern.
Wer nun weiß wie eng die Versicherungen mit den Erfindern von Sicherheitssystemen zusammen arbeiten, merkt schnell, dass aus der wichtigen Sicherheit längst ein Geschäft wurde, dass die Reichen weiter füttert und den Bedürftigen Hilfe verweigert. Deswegen will ich hier einfach mal einen Denkanstoß liefern, denn irgendwann könnte der wichtige Livesektor deswegen zusammen brechen, das sollte jeder Musikbegeisterte bedenken.

Das war aber wirklich der einzige ernsthafte Kritikpunkt, der mir aufgefallen wäre, denn ansonsten war beim SwedenRock wie gewohnt alles auf höchstem Niveau. Alleine die immer besser werdende Infrastruktur, welche die höhere Zuschauerzahl in diesem Jahr locker auffing. Sowohl im Gelände als auch auf den Campingplätzen waren die Wege immer sehr kurz, die Aufteilung ist sehr gut gewählt, so dass sich auch der Sound nie überschnitt. Zudem hält sich seit dem Ausbau der E 22 am Gelände vorbei auch der Verkehr in Grenzen, man merkt, dass ständig viel am eigenen Gelände verbessert wird.
Die Campingareale sind seit jeher in Wohnwagen oder Bikerplätze unterteilt, so dass alles noch kompakter wird. Viele waren, wie auch die Redaktion, in den Häusern und Wochenenddomizilen am Strand untergebracht. Darüber hinaus stehen dort ausreichend Duschen und Toiletten zur Verfügung, wobei mittlerweile sämtliche Anlagen Spültoiletten sind. Im Gelände selbst kommt es kaum zu Wartezeiten, auch wenn man wieder ein paar Toilettenbatterien auf der gegenüberliegenden Seite der Sweden - und Rockstage einrichten könnte, um die Lauferei zu den zentralen Toiletten zu entzerren.

Eine alte Weisheit besagt, dass das was raus muss auch erst wieder rein muss und dafür gab es reichlich Gelegenheit auf und rund ums Gelände. Der neue Biersponsor lieferte gleich eine ganze Palette internationaler Biere, wobei die Pilstrinker mit dem tschechischen Staropramen ebenfalls auf ihre Kosten kamen. Ansonsten reichte die Palette von obskuren Mixgetränken über eine enorme Auswahl antialkoholischer Getränke. Und wer einfach nur Wasser gegen das warme Klima trinken wollte, der bediente sich gratis an einem der Spender.
Noch reichhaltiger sah es beim kulinarischen Angebot aus, das sich rund um den Globus erstreckte. Klar waren die in Schweden sehr populären Burger in der Überzahl, aber es gab mehr Fleischsorten auf dem Burger als auf manchen Festivals Essensstände. Ob Döner, Langos, diverse asiatische Nationalküchen, Tortillas, Pizza & Pasta, nichts was es nicht geben würde. Ganz besonders ist noch der deutsche Markus zu erwähnen, der den Schweden unsere Leibspeise Currywurst schmackhaft machte. Er könnte ihnen auch mal erklären, dass Fruchtsaftschorle echt gesund ist und tatsächlich schmeckt.
Die klassischen schwedischen Speisen wie Kroppkakor, Raggmunk med fläsk oder Älgwok med lingondressing durften natürlich nicht fehlen und zeigten eine weitere Facette dieses Landes. Was die Schweden allerdings auf Donuts, Berliner oder einfaches Eis an Verzierungen draufzauberten ist schon beachtenswert, da lachte das Herz aller Schleckermäuler. Lediglich die belgischen Waffen wurden halbwegs in Basisausführung serviert. Vielleicht könnte man noch das Angebot an frischem Obst erweitern, nur sporadisch gab es ein paar Erdbeeren zu kaufen.

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Das ganz große Plus des Festivals ist aber immer noch die Art, wie die Konzerte dargeboten wurden. Ganz großartig war natürlich erneut die Bandauswahl, welche ihresgleichen sucht und alle Spielarten von ruhigem Bluesrock bis hin zum derbsten Extrem Metal, vom Drei-Akkorde-Punk bis zum abgefahrensten Prog gleichberechtigt abdeckte. Mit Ausnahme der Tagesopener auf der 4 Sounds Stage durfte sich jeder über mindestens eine Stunde Spielzeit freuen, was den Fans auch die Möglichkeit gab ihre Lieblinge über eine einen gebührenden Zeitraum abzufeiern.
Dies habe ich in der Art bisher nur hier erlebt, so dass die Acts ein ganz anderes Programm fahren können, teilweise spielen sie ein komplettes Konzertset. Durch die sich dadurch ergebenden langen Umbauphasen auf den wechselnden Bühnen können auch viele ihre gesamte Produktion auffahren, was da teilweise bei den Nachtspecials geboten wurde, war ganz großes Kino. Zudem war der Sound fast überall sehr gut, die Leute hinterm Mischpult machten einen tollen Job, so dass der Musikgenuss auf bestem Niveau erlebt werden konnte.

Dies ist ebenfalls ein Grund dafür, dass sich die Leute auf dem SwedenRock so wohl fühlen und die Stimmung stets super entspannt ist. Die Schweden verstehen es sicher zu feiern, ohne dabei zu aufdringlich zu werden, der Respekt ist sehr groß, die gemeinsame Freude am Bühnengeschehen steht im Vordergrund. Selbst die schrägen Verkleidungen sind eher subtil, wie beispielsweise die Typen in Anzügen im Fernsehtestbildmuster. Im Gegensatz zu anderen Open Airs ist auch die Zahl der aufgetakelten Glamrocker mit Kajal und bunten Bändern erfreulich hoch.
Da spielt es keine Rolle, ob man es sich irgendwo hinten gemütlich macht und beim Bühnenwechsel seinen Stuhl herum dreht oder von einer Frontreihe zur nächsten pendelt. Zwar halten sich die Publikumsbewegungen auch dort in Grenzen, dafür erweisen sich die Zuschauer dort als begeisterte Sänger. Wie bei kaum einem anderen Event lag der typische friedliche Festivalcharakter in der Luft. Der schwappte sogar herüber an den Strand, an dem viele Fans zusammen kamen und das erste Bierchen des Tages öffneten. Da die Temperaturen so hoch waren, trieb es viele ins Wasser, wo der Spaß sicher nicht zu kurz kam.

Ein Garant hierfür sind wie immer meine Freunde, die stets zuletzt genannt werden, da man sich das Beste zum Schluss aufhebt. Gemeint ist die Security, die nicht wie so oft dazu da ist, die Leute zu belehren, sondern den zahlenden Zuschauern stets hilfreich zu Seite tritt. Sie gehören mit zu dem ganzen Festival dazu, anstatt hier nur ihren Dienst zu schieben und sie verstehen sich als Teil des Ganzen. Das bezieht sich nicht nur auf das Anreichen von Trinkwasser für die vorderen Reihen, was gerade bei der Witterung notwendig war, aber diese nette Geste zeugt von dem Verständnis ihrer Arbeit.
Natürlich müssen auch Leute zurecht gewiesen werden, so bekommen diejenigen, die bei anderen auf den Schultern sitzen, sofort das Signal, doch bitte wieder runterzusteigen. Doch die Jungs und Mädels sind stets freundlich und bestimmt und achten darauf, dass keiner seinen Spaß verdorben bekommt, sofern er es nicht zum Leidwesen anderer übertreibt. Gerade für solche Situationen und andere Konflikte haben sie ein gutes Auge und das richtige Händchen diese zu lösen. Da wird weniger auf Standardbenimmregeln gesetzt, sondern viel mehr auch genau die Reaktionen beobachtet.

Im Prinzip sieht es diese Security gerne, wenn die Zuschauer mit Freude mitgehen, dann wissen sie, dass die Stimmung friedlich ist. Ihre zurückhaltende Art trägt natürlich auch dazu bei, aber auch das Verständnis für die Fans, denn viele hören selbst gerne die Bands, die auf dem SwedenRock spielen. Das macht das Einfühlen in das Treiben vor der Bühne viel leichter, man kennt das oft aus eigener Erfahrung. Nicht selten sieht man einige von ihnen, wie sie gerade mit einem Ohr zuhören, während sie alles im Blick haben, selbst beim gelegentlichen Mitsingen ertappt man sie. Überhaupt ist viel erlaubt, wo sonst darf man seinen Campingstuhl mit ins Gelände nehmen.

Aber die Jungs und Mädels verstehen ihr Handwerk trotz der lockeren Herangehensweise sehr gut. Viele Menschen denken, dass eine gewisse Entspanntheit Einbußen bei der Aufmerksamkeit mit sich bringt, doch hier bekommt man das Gegenteil bewiesen, denn wer Spaß an der Arbeit hat, der arbeitet besser. Zu oft hat man Sicherheitsleute gesehen, die nichts mitbekommen, weil sie zu sehr mit grimmig dreinschauen und pseudoautoritär wirken beschäftigt sind. Wenn sie gefragt sind, dann sind sie da, das hat streckenweise militärische Präzision, wie auch die Personalwechsel.
Als während URIAH HEEP eine Person umkippte, hatten Ordnungskräfte und Security innerhalb von Sekunden den Bereich um diese herum gesichert, ohne dass es zu Unruhen im Publikum kam. So konnten die Sanitäter direkt zur Hilfe eilen, da ein Korridor zur Absperrung geschaffen wurde. Als die Person geborgen war, strömte die Menge wieder auf ihre Plätze, während Frontmann Bernie Shaw sich zurecht bedankte. Für keinen Job waren sie sich zu schade, Festival Stage-Chef Todd trug Zakk Wylde das Kabel und Mike Matijevic den Stuhl durch den Graben hinterher, wenn es denn sein musste.

Somit war dieses Open Air bis auf die eingangs erwähnte Umbauaktion wieder ein voller Erfolg. Die zahlenden Besucher standen im Vordergrund und es wurde alles getan, diese zu verwöhnen. Trotz der Größe bleibt ein gewisses familiäres Flair immer noch vorhanden, auch weil das Gelände so weitläufig ist. Dazu kommt das internationale Flair, ich habe selbst Menschen mit einer Fahne von Venezuela gesehen. Man merkt allen Beteiligten die Begeisterung an, auch die Presseleute wurden von einem ganzen Team unterstützt. Dazu arbeitet das Team im Hintergrund weiter an Verbesserungen, um den Standard auszubauen, somit ist und bleibt das SwedenRock für mich nach wie vor das Maß aller Dinge. (Pfälzer)

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Alle Photos, sofern nicht anders vermerkt, von Anna Karlsson

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