Sweden Rock-Festival (07.-10.06. 2017, Sölvesborg (S)) - Donnerstag, 08.06.2017

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Donnerstag, 08.06.2017

STACIE COLLINS (4Sound Stage)
11:30 Uhr ist eine undankbare Zeit für einen Künstler oder eine Künstlerin um aufzutreten? Mag sein, dass dies bisweilen der Fall ist, nicht jedoch bei der Country-Rock-Lady Stacie Collins. Als eine von drei, respektive vier, Competition-Gewinnern und Gewinnerinnen, konnte sich die Dame aus Oklahoma zumindest ihren Wählern sicher sein. Sogleich legte Stacie mit dem Opener „Lost And Found“ ihres neuen Albums „Roll The Dice“ los und bestach unmittelbar mit einem amtlichen Sound. Weniger gut stand es zu diesem Zeitpunkt um das Wetter, begann es doch zu nieseln. Doch davon ließ sich niemand die Laune verderben, schließlich steckte das Quartett mit seinem gut gelaunten Country-Rock zum Mitsingen und –schwingen förmlich an.

Das Hauptaugenmerk lag erwartungsgemäß bei der aktuellen Platte, doch auch die beiden Vorgängerscheiben wurden nicht vernachlässigt. „Baby Moon“ zum Beispiel vom 2007er Debut und vom grandiosen „Sometimes Ya Gotta“ immerhin „Hey Mister“ als Rausschmeißer, auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, mehr von diesem Album zu hören. Ebenfalls etwas verwunderlich, dass beim Glamrock-affinen Sweden Rock-Festival nicht „Jani“ gespielt wurde, welches eine Hommage an den verstorbenen WARRANT-Sänger Jani Lane darstellt. Doch ändern diese kleinen Kritikpunkte nichts an dem wirklich guten Auftritt und auch der Regen hatte sich zu diesem Zeitpunkt wieder verzogen. (David)

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PHIL CAMPBELL & THE BASTARD SONS (Sweden Stage)
Direkt im Anschluss ging es bereits auf einer der größeren Bühnen weiter, wobei sich hier die erste Legende für den heutigen Tag ankündigte. Während sein früherer Kollege Mikkey Dee mit den SCORPIONS für den nächsten Tag erwartet wurde, machte Phil Campbell mal wieder in Family Business. Man muss zugeben, dass er sich so weit nicht von seinem langjährigen Arbeitgeber entfernt hat wie der Drummer, wobei der ja zuvor mit DON DOKKEN und KING DIAMOND ohnehin für alles offen war. Somit ging es direkt rotzig los, wie man es von ihm gewohnt war, das ruppige „Big Mouth“ gab auch schon auf der Tour mit SAXON den idealen Opener.

Doch wie damals konnte auch hier schon das folgende „Spiders“ das Stimmungsniveau nicht ganz halten, bei alle Qualität schafft es die Nummer nicht, sich gegen das durchzusetzen, was alle eigentlich erwarten. Und schon beim dritten Song wurde dem Bitten nachgegeben, wobei mit „Rock Out“ eine Überraschung aus dem Hut gezaubert wurde. Nach „Going To Brazil“ ging es in Form von „Take Aim“ mit eigenem Material weiter, doch so richtig durchstarten konnte die Truppe eben nur bei den Coverversionen.
Dabei konnte man ihnen bei der Darbietung wirklich keinen Vorwurf machen, die Jungs sind agil und bekamen von ihrem Vater genügend Raum gelassen, sich in Szene zu setzen. Der Altmeister zog sich ein wenig aus dem Rampenlicht zurück, doch es nützte wenig, seine Soli wurden lauter bejubelt, als die von Todd. Als einziger Nichtverwandter riss Neil Starr die Show an sich und wuchtete seinen kräftigen Körper wie ein Berserker über die Bühne, während er dabei seine Lockenmähne schüttelte und man fast Angst bekommen musste, dass er Danes Drumkit umwirft.

Leider verkam das Ganze gegen Ende immer mehr zu einer reinen Covershow, wobei man ja die legendäre „Silver Machine“ noch gerne ritt. Was aber BLACK SABBATH-Songs neben Krachern wie „(We Are) The Road Crew“ oder „Eat The Rich“ zu suchen hatten, kann ich nicht ganz verstehen. Am mangelnden Glauben in die eigenen Fähigkeiten kann es kaum gelegen haben, denn mit „Straight Up“ präsentierten sie sogar einen brandneuen Song. Dennoch muss sich der frühere MOTÖRHEAD-Gitarrist fragen, ob man sich nicht besser auf die eigene Identität konzentrieren sollte. Schließlich hat man in Sachen Stageacting seit dem letzten Herbst dazu gelernt, hier wird sehr gepflegt gerockt, jetzt fehlen nur noch die ganz großen Songs. (Pfälzer)

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APOCALYPTICA (Festival Stage)
Jetzt covern die Vier aus Finnland schon seit einer ganzen Weile recht erfolgreich, auch wenn sie ihre ursprüngliche Linie längst verlassen oder ausgeweitet haben. Neben eigenen Kompositionen gibt es auf den jüngsten Alben auch Drums als Rhythmusbegleitung und diverse Gastsängern zu hören. Für den Gig reisten die Jungs aber wieder zurück zu ihren Anfängen vor zwanzig Jahren, als sie Lieder von METALLICA auf ungewöhnliche Weise darboten. Damals kamen die jungen Studenten der Musikakademie auf die Idee, jene Stücke komplett mit Celli einzuspielen und nun sollte der Tag erneut im Zeichen der größten Metalband des Planeten stehen.

Natürlich ist der Opener des schwarzen Albums ein idealer Auftakt, weil er die Dynamik der Bearbeitung sehr schön aufzeigt. Dazu lächelte zum ersten Mal die Sonne und ließ sich bis auf ein paar kurze Nieselschauer nur selten vertreiben. Doch so richtig Stimmung kam nicht auf, was vielleicht auch daran lag, dass ich ungewöhnlicherweise rechts neben dem Laufsteg positioniert war. Mit dem Titeltrack des absoluten Überalbums konnten die meisten schon mehr anfangen, einige versuchten sich im Mitsingen, wobei die Einsätze zu treffen gar nicht so einfach war. Selbst bei den ruhigen Titeln hatte ich Probleme zu folgen.

Nachdem sich Kollege und Kollegin vom Geschehen verabschiedeten, weil ihnen das Ganze etwas zu langatmig wurde, zog es mich wieder in meine angestammte linke Ecke, wo man mich kennt. Und plötzlich traf ich auf ähnlich Hartgesottene, mit denen man sich gegenseitig soufflieren konnte. Von da an, nahm die Geschichte eindeutig Fahrt auf, was auch daran lag, dass sich immer mehr vor der Bühne einfanden, um den liebgewonnenen Kulthits im neuen Gewand zu lauschen.
Als hätte die Band bemerkt, dass sie ein wenig mehr tun müssen, war auch diese agiler. Zu Beginn nahmen die vier Herrschaften brav auf ihren Stühlen Platz, doch nun brachen vor allem Eicca Toppinen und Perttu Kivilaasko immer öfter auf und gingen nach vorne. Dabei ließen sie sich auch nicht vom Gewicht ihrer Instrumente beeindrucken, sondern bearbeiteten diese noch in allen erdenklichen Lagen.

Mittlerweile hatte auch Mikko Sirén hinter seinem Kit mit den ungewöhnlich geformten Becken Platz genommen und sorgte für noch mehr Druck im Vortrag. Toppinen ergriff bei seinen Ausflügen immer wieder das Mikro, feuerte die Menge an oder machte die Ansagen zwischen den Songs. In diesen wies er des Öfteren auf die späteren Alben hin, die auch gutes Material beinhalten würden, welches auf der kommenden Tour zu Beginn des nächsten Jahres wieder gespielt würde. Nur stieß diese Ankündigung auf wenig Interesse, denn heute waren alle nur wegen eines Albums vor Ort.

Dabei erklangen lediglich zwei Nummern, die auf der Originalausgabe von „Plays Metallica By Four Cellos“ zu finden waren, den Rest eigneten sich die Musiker später an. Als dann das mächtige Instrumental des „Master Of Puppets“-Meisterwerkes seine längst überfällige Premiere feiern durfte, gerieten die Thrash-Fans, die in dem Jahr etwas zu kurz kamen, vollends aus dem Häuschen. Nun war das Sweden Rock zum ersten Mal an dem Tag im Partymodus, die Cellisten forderten Singalongs ein und bekamen sie auch, solche Lieder sollte jeder Metal-Fan mitsingen können, am Ende wurde auf und vor der Bühne ausgiebigst mit dem Haupthaar rotiert. (Pfälzer)

Setlist APOCALYPTICA:
Enter Sandman
Master Of Puppets
Sad But True
Nothing Else Matters
Fight Fire With Fire
For Whom The Bell Tolls
Orion
Battery
Seek And Destroy
One

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HARDLINE (Sweden Stage)
Leider sind Auftritte dieser Combo selten, auch wenn sie vor 25 Jahren sehr hoffnungsvoll gestartet war. Damals hieß der Gitarrist noch Neal Schon, der gerade BAD ENGLISH aufgelöst hatte. Zwischendurch stand die Zukunft öfter als einmal auf der Kippe, doch seit ein paar Jahren hat sich in Italien ein stabiles Line-Up um Sänger Johnny Gioeli zusammen gefunden und zwei starke Alben eingespielt. Vom aktuellen „Human Nature“ gab es gleich zu Beginn den Opener, der in der Position wie auch auf Konserve perfekt funktioniert. Das Ding schießt schnell nach vorne und rockte direkt die Menge, wobei die musikalische Grundausrichtung der Hardrocker natürlich in Schweden immer gut ankommt.

So war die Truppe direkt im Feiermodus, allen voran natürlich Frontmann Gioeli, der einfach zu den besten Frontmännern der Szene gehört. Ich hatte ihn ja schon sehr oft mit AXEL RUDI PELL sehen dürfen, hier kann er seine Stärken jedoch fast noch besser ausspielen. Seine Sprints in gebückter Haltung sind mittlerweile patentiert, dabei ließ er keinen Meter der Bühne aus und suchte immer den direkten Kontakt zum Publikum. Jenes konnte er auch immer mit seinen launigen Ansagen unterhalten und noch mehr aus der Reserve locken. Und dann natürlich seine Stimme, diese kraftvolle, leicht pompöse Rockröhre, die auch in sanften Momenten so eindringlich wirkte. So verzauberte er Balladen wie den Titelsong der neuen Scheibe zu absoluten Tränendrückern. Als wären das nicht genug der Emotionen gewesen, holte er noch seine Tochter Katie auf die Bühne, welche an dem Tag Geburtstag hatte und Papa zum ersten Mal nach Europa begleiten durfte. Ihr widmete er im Anschluss eine weitere Ballade, was die Stimmung aber keinesfalls abflauen ließ.

Denn mit dem Programm hatte man die Fans ganz schnell abgeholt, neben brandneuen Songs lag der Fokus ganz klar auf dem legendären Debüt, welches sein Jubiläum feierte. Das waren die Songs, auf die gestandene Hairmetaller gewartet hatten, und gleich der zweite stammte von „Double Eclipse“. Damit hatte man die Meute schon als Chor hinter sich, vor allem da die absolute Mitsinghymne folgte. Darüber hinaus gab es nur noch einen Titel vom letzten Album „Danger Zone“, der sich nahtlos in den Hitkanon einreihte. Am Ende sorgten die absoluten Knaller dann für den ultimativen Hüpfalarm und den ersten großen Höhepunkt des Festivals.

Daran hatten auch Johnnys Mitstreiter einen erheblichen Anteil, die italienische Rhythmusfraktion trieb ihre Melodien immer mächtig voran. Dabei machte Anna Portalupi eine gute Figur, war mit ihrem Viersaiter viel unterwegs und verlieh den Kompositionen eine angenehme Tiefe. Ihr Landsmann, der notorisch überbeschäftigte Alessandro Del Vecchio unterstütze Gioeli in den Chören und bewies neben Geschick für Knöpfe und Tasten auch eine gute Stimme.
Sechssaiter Josh Ramos war nicht unbedingt der agilste, aber die Freude war ihm ständig anzusehen. Bei seinen Soli tauchte der Mann, der sein Haar zur Dr. Alban-Gedächtnispalme gebunden hatte, immer ganz vorne auf, damit ihm die Mucker auf die Finger schauen konnten. Dabei zeigte er, dass auch er ein tolles Bluesfeeling besitzt, sich aber stets dem Song mit seinen knalligen Riffs unterordnete. So hatte die Kernzielgruppe des Sweden Rock natürlich ihren Spaß, wobei sich das Wetter den sonnigen Songs anpasste. (Pfälzer)

Setlist HARDLINE:
Where Do We Go From Here
Takin´ Me Down
Dr. Love
Human Nature
TakeYou Home
Trapped In Muddy Waters
Life´s A Bitch
Fever Dreams
In The Hands Of Time
Everything
Hot Cherie
I´ll Be There
Rhythm From A Red Car

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DORO PESCH´S WARLOCK (Festival Stage)
Im Vorfeld gab es einem Streit um die Namensrechte, der nun leider auch nach fast dreißig Jahren nicht beigelegt werden konnte. So firmierte das Ganze unter dem Banner „Warlock´s Triumph And Agony presented by Doro“, ein Ungetüm, das niemand nützt, das halbe Backdrop beansprucht und die Sachlage nicht verbessert. Doch egal, wie die Geschichte von damals weiter geht, Frau Pesch hat sich seitdem zu einer der populärsten und geachtetsten Frontdamen der Musikwelt entwickelt, die für viele Geschlechtsgenossinnen Türen öffnete. Zum dreißigjährigen Jubiläum ihres großen Durchbruchs mit eben jenem Album wurde dieses an dem Tag komplett aufgeführt.

So eine große Überraschung war dies allerdings nicht, finden sich doch immer eine Handvoll Stücke daraus im durchschnittlichen DORO-Set wieder. Auch der Hoffnung den ein oder anderen ehemaligen Musiker auf der Bühne zu erleben, wurde frühzeitig eine Absage erteilt, lediglich Tommy Bolan reihte sich als dritter Gitarrist neben Bas Maas und Luca Princiotta ein. Der spielte einst auf dem 87er Vorzeigewerk die Gitarren ein, ist heute optisch noch klar dem Heavy Metal verbunden, wenngleich er schon einige Altersspuren vorzuweisen hat. Daneben stand die etatmäßige Formation, die schon seit zehn Jahren zusammen spielt und sich im Gegensatz zu WARLOCK kaum veränderte.

So ging es mit einer der selteneren Lieder los, bevor der sonst sehr beliebte Opener so richtig Hörner und Fäuste nach oben schnellen ließ. Die Band war natürlich bestens eingespielt und vor allem Bassist Nick Douglas wie immer sehr viel in Bewegung. Dabei versuchte man permanent Bolan in den Fokus zu rücken, doch man merkte ihm die geringere Bühnenerfahrung schon an. Für die Soli, die meist ihm überlassen wurden, durfte er nach vorne auf die Rampe kommen und zeigte, dass er nichts verlernt hat.
So konnte sich denn auch der gute Luca bei den ruhigeren Songs ganz seinen Keyboardparts widmen, ohne dass der Sound hörbar an Druck verlor. Das gab vor allem den sphärischen Passagen eine gewisse Tiefe und natürlich den laut mitgesungenen Balladen. Nicht nur hier ging das Publikum voll mit, nicht umsonst gehört gerade die Scheibe zum Tafelsilber des Teutonenstahls, welcher in Schweden sehr beliebt ist. So war es ein schönes Hin und Her zwischen im Sonnenlicht verlorenen Feuerzeugen und Headbang-Alarm.

Dazu kommt natürlich mit DORO eine Frontfrau, die genau weiß, wie sie ihr Publikum zu nehmen hat, wobei sie sich in Sachen Anfeuerung immer auf ihre Hinterleute verlassen konnte. Dabei sah man ihr die mittlerweile mehr als fünfzig Lenze keineswegs an. In ihren Lederoutfits machte sie immer noch eine tolle Figur und auch von der Energie her könnten sich einige jüngere Vertreter eine Scheibe abschneiden. So wurde nicht nur einfach das Album in veränderter Reihenfolge runter geleiert, die sympathische Laberbacke aus Düsseldorf wusste zu jedem Song eine Anekdote zu erzählen.

Immer wieder fabulierte sie von den großen Bands, mit denen sie getourt war, vor allem JUDAS PRIEST standen hoch im Kurs. Ob man deswegen jedes Mal „Breaking The Law“ covern muss, dazu noch mit einem fragwürdigen Akustikintro, sei mal dahin gestellt. Auch sonst wäre in den 25 Minuten nach „Triumph And Agony“ mehr drin gewesen als diese Nummer und zwei ältere WARLOCK-Hits. Hier hätte man die Möglichkeit gehabt, ein paar selten gespielte Perlen wie „Out Of Control“ zum Besten zu geben, nicht einmal „Burning The Witches“ kam zum Zug. Dem Publikum war es indes egal, es feierte eine tolle Heavy Metal-Lektion begeistert ab, bei der die ultimative Bandhymne so richtig die Party rockte. (Pfälzer)

Setlist DORO PESCH´S WARLOCK:
Touch Of Evil
I Rule The Ruins
East Meets West
Three Minute Warning
Kiss Of Death
Fü Immer
Cold, Cold World
Make Time For Love
Metal Tango
All We Are
Earthshaker Rock
True As Steel
-----------------------------
Breaking The Law

Doro 1 Doro 2

SVARTANATT (Rockklassiker Stage)
Auch am zweiten Festivaltag gab es wieder die Gelegenheit schwedische Eigengewächse zu entdecken. SVARTANATT hatte ich mir eigentlich vorgemerkt, aufgrund der Parallelität zu DORO, hatte ich letzterer jedoch zunächst den Vortritt gegeben. Nachdem ein schwedischer Freund mir jedoch eindringlich ("Noo. Run to Rockklassiker-tent and see SVARTANATT. You can`t miss them!!) das Stockholmer Quintett ans Herz gelegt hatte, entschied ich mich kurzerhand um und splittete jeweils auf 45 Minuten – und sollte nicht enttäuscht werden.

Die Fünf hatten einen klassischen Sound am Start und lieferten eine absolut solide Leistung ab. Der Retro-Style spiegelte sich auch im Styling wieder: Mit Schnauzbärten und 60er-Jahre-Klamotten machten die Musiker unmissverständlich klar, wo ihre musikalischen Wurzeln zu verorten sind. Auch die gute alte Hammond-Orgel kam zum Einsatz. Verstaubt klang das Ganze dennoch nicht: Die Band um den souligen Sänger Jani Lehtinen spielte sich im vollen Zelt gekonnt durch das 2016 erschienene, selbstbetitelte Debütalbum. On Top gab es den brandneuen Song „Hit Him Down“. Gefiel mir alles sehr gut, wenngleich es mir persönlich dann doch ab und zu zu sehr ins Psychedelische überging – was dem zu Hause gebliebenen Redaktionskollegen Andreas jedoch sicher große Freude bereitet hätte. (Manu)

Setlist SVARTANATT:
Dead Man's Alley
Filled Up With Darkness
Demon
Killer On the Loose
Destination No End
Rocket
Hit Him Down
Thunderbirds
Heavy Metal

SVARTANATT 1 SVARTANATT2

IAN HUNTER & THE RANT BAND

Eine Legende wie IAN HUNTER sieht man nicht alle Tage, dementsprechend war ich bereits im Vorfeld zum Konzert sehr auf den Briten und Ex-Lead-Sänger von MOTT THE HOOPLE gespannt. Ich sollte nicht enttäuscht werden, auch wenn der Slot in der Running-Order nicht unbedingt der Geeignetste war, denn als schönes Late-Night-Konzert hätte sich IAN HUNTER & THE RANT BAND ebenfalls gut geeignet.

Die Veröffentlichung der letzten Platte „Fingers Crossed“ liegt kein ganzes Jahr zurück und nun tourt IAN HUNTER & THE RANT BAND wieder durch Europa. Ende des Jahres stehen noch einige Konzerte in Deutschland an. Im Gegensatz zu dem letzten Besuch in Deutschland, war Ian Hunter bereits 2016 in Skandinavien unterwegs, das hielt an diesem sonnigen Festival-Tag aber keinen in Schweden davon ab zur Rock Stage zu wandern und dieser Legende beim Musizieren zuzuschauen. Die Band, insbesondere der zweite Gitarrist James Mastro, wirkte anfangs recht ernst und Gitarrist Mark Bosch erinnerte rein optisch zuweilen stark an Keith Richards. Mastro wurde im Verlauf des Gigs aber sichtbar lockerer. Ian Hunter selbst wirkt zunächst recht müde und nach den ersten paar Songs folgte auch prompt die Antwort auf die Frage „Ich habe einen Dreizehn-Stunden-Flug hinter mir um heute hier zu sein, aber ich fühle mich gut und bin glücklich, dass ich es hierher geschafft habe“.

Das Publikum dankte und IAN HUNTER & THE RANT BAND lieferte ein astreines Rock-Konzert, das an die Glanztaten der frühen Jahre erinnerte. Dazu trugen nicht nur Songs wie „Once Bitten Twice Shy“ und „Alle The Young Dudes“ bei, sondern eben auch Songs der letzten Platte „Fingers Crossed“. Die Sonne schien, die Band war bei bester Laune und super aufeinander eingespielt. Hier sind ganz klar Voll-Profis am Werk und das merkte man von der ersten bis zur letzten Minute des Konzerts. Dabei herrschte eine lockere Atmosphäre auf der Bühne und es wirkte nicht so angespannt und durchkoordiniert wie bei manch anderen Bands. Auch wenn das Publikum sporadisch gut mitging, fiel auf dass es mit dem Material nicht vollends vertraut war. Mir ging es damit ähnlich, dennoch erzeugte die Band eine gewisse Magie. Genau diese Art von Magie, die man in der heutigen Zeit bei vielen Bands vermisst. Für mich persönlich ein rundum gelungenes Konzert und eine schöne Abwechslung zum restlichen Line-Up des Festivals. (Pascal)

Ian Hunter 1 Ian Hunter 2

FATES WARNING (4Sound Stage)
Warum die Prog Metal-Pioniere mit einer der Nebenbühnen vorlieb nehmen mussten, verstehe ich nicht so ganz, auch wenn das ein Fingerzeig ist, wie stark das Billing war. Und leider war der Zuspruch bei zwei Alternativprogrammpunkten dann doch sehr dürftig, es fand sich lediglich der harte Fankreis ein. Aus der Not machte der Fünfer eine Tugend und servierte seiner Anhangschaft genau das, wonach diese dürstete, nämlich einen scharfen Kontrast zum üblichen Festivalgeschehen. Ohne Rücksicht auf mit der Materie nicht so vertraute Zuschauerinnen und Zuschauer kehrte er seine progressive Seite deutlich heraus.

Bei eigenen Konzerten ist mit dem Opener des aktuellen Longplayers und seinem ruhigen Auftakt zu beginnen ansatzweise normal, beim Sweden Rock war es sehr mutig. So dauerte es einige Zeit, bis sich die Leute vor der Bühne auf das Geschehen eingestimmt hatten, zumal die Band gewohnt introvertiert auftrat. Mastermind Jim Matheos hatte die meiste Zeit die Augen geschlossen, während er in seinen Riffs versank. Währenddessen musste sich Ray Alder mit fortschreitendendem Alter immer mehr auf seinen Gesangsvortrag konzentrieren anstatt auf seine Frontmannrolle. Das erledigte er aber mit Bravour und brachte auch die hohen Töne sehr sicher.

Die Herren kommunizierten mehr miteinander, als mit dem Publikum, vor allem mit ihrem alten Freund Joe DiBiase, der Joey Vera am Bass vertrat. Zwar hatte er nicht dessen Präsenz, doch auch das neue Material, bei dem er nicht mitwirkte, wusste er mit gekonntem Spiel zu veredeln. So war der Gig vor allem in musikalischer Hinsicht einer der Höhepunkte des Festivals, wenn er auch volle Konzentration abverlangte. Die zeigte auch Aushilfsgitarrist Mike Abdow, der völlig abgefahrene Soli lieferte und brillant die Dynamik zu variieren wusste. Was er aus seinen sechs oder auch mal mehr Saiten heraus holte, war atemberaubend und sorgte für Szenenapplaus.

Dies waren die Momente, für welche die Zuschauer gekommen waren, ein Hit-Bombardement durfte man nicht erwarten, wenn auch einige Standards gebracht wurden. Das Fehlen von „Through Different Eyes“ und anderer Lieder von „Perfect Symetry“ fiel schon auf. FATES WARNING setzten eher auf Auszüge ihrer beiden letzten Scheiben, wobei wegen der knappen Spielzeit der überragende Longtrack „The Light And Shade Of Things“ geopfert wurde.
Mit zwei Parts aus dem One-Track-Werk „A Pleasant Shade Of Grey“ durfte man dagegen weniger rechnen. Doch Matheos und seine Mannen zogen ihr Ding konsequent durch und bescherten ihren Anhängern große Momente, die gebührend gefeiert wurden. Ein toller Ausflug aus dem sonst üblichen Festivalprogramm ging nach einer Stunde mit einer ebenso ungewöhnlichen Nummer viel zu früh zu Ende, zeigte aber, dass die Truppe immer noch ganz vorne mitmischt. (Pfälzer)

Setlist FATES WARNING:
From The Rooftops
Life In Still Water
One
A Pleasant Shade Of Grey, Part III
Seven Stars
SOS
Firefly
The Eleventh Hour
Point Of View
A Pleasant Shade Of Grey, Part XI
Monument

FatesWarning 1 FatesWarning 2

VA ROCKS (Rockklassiker Stage)
Auch danach ging es für mich schwedisch weiter, und zwar ziemlich wild. VA Rocks sind drei Musikerinnen, die sich dem Straight Forward Rock'n'Roll verschrieben haben. Mit einer unglaublichen Energie fegte Sängerin und Gitarristin Ida Svensson Vollmer über die Bühne, die Mähne des Wirbelwinds kam kaum zur Ruhe. Eher cool und lässig sorgte Bassistin Klara Wedding für den Takt, während Schlagzeugerin Frida Rosén sich im getigerten Gymnastikanzug die Seele aus dem Leib trommelte. Wenn man bedenkt, dass die Band schon seit elf Jahren existiert und die drei erst Anfang 20 sind, dann kann man sich ausrechnen, wie lang sie sich bereits der Musik verschrieben haben.

Von Anfang an hatte das Trio aus dem benachbarten Lund das Publikum voll im Griff und wurde frenetisch abgefeiert. Die Fans ließen auch bei einer ruhigeren Nummer wie „Sunday Walk Of Shame“ nicht nach und waren verblüffend textsicher. Allerdings hat die Band sich in den letzten Jahren auch den Allerwertesten abgetourt und u.a. als Support von Bands wie BONAFIDE den Warm-Up-Part übernommen. Deren Frontmann Pontus Snibb hatte auf dem 2016 veröffentlichten Debüt-Album „Pull No Punches“ dann auch beim Song „Bluesman“ mitgewirkt. Die Musikerinnen servierten Hit auf Hit und bewiesen wieder einmal, dass man auch zu dritt ordentlich Hallen abreißen kann. (Manu)

Setlist VA ROCKS:
Kiss This Fist
Play It Like An Animal
Get Excited
Sunday Walk Of Shame
Rockbitch
Bluesman
Miami High Heels
Rattlesnake

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STEEL PANTHER (Rock Stage)
Nun war der Verfasser dieser Zeilen mehr als gespannt, endlich durfte er mit dem weltweiten Phänomen Kontakt aufnehmen und dahinter schauen, was da wirklich dran ist. Zuerst fallen einem die grellen Outfits des Vierers ins Auge, die selbst ein Mischung aus PRETTY MAIDS zu „Future World“-Zeiten und RATT in den „Invasion Your Privacy“-Sesions toppen. Das wirkt schon ein wenig übertrieben, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Tuffmähnen ja alle unecht sind.
Zumindest handwerklich wirkte das alles sehr ordentlich, schließlich sind da echte Könner mit langer Erfahrung am Werk. Da kann man davon ausgehen, dass die starken Soli von Gitarrist Satchel kein Fake sind. Denn mit Verschleiern wird sich wenig Mühe gegeben, denn die Bartstopeln korrespondieren nur sehr bedingt mit der Haarfarbe, auch des obligatorischen Ansatzes. Da hilft es auch nichts, dass sich Bassist Lexxi Foxx ständig nachschminkt, wobei die Frage was das soll, schon gestellt werden darf.

POISON hatten sich früher mal geschminkt, dass man sie wirklich für Frauen hielt, die hatten sich aber gut rasiert. So weit weg ist man da musikalisch gar nicht, wobei vieles wie aus der 80er-Hochphase zusammen geflickschustert anhört. Natürlich zündeten die meisten Riffs, doch spätestens, wenn es darum ging, da wirklich griffige Songs draus zu machen, scheiterten STEEL PANTHER meist und fielen zu sehr ins Kitschige. Dabei liebe ich das ja eigentlich, doch die meisten Refrains sind selbst mir zu cheesy.

Und wenn dann mal etwas richtig überzeugte, war die Vorlage zu eindeutig erkennbar, wer bei „Poontang Boomerang“ nicht „Cherry Pie“ raushört, sollte beim Hannover 96-Präsident einkaufen gehen. „Eyes Of A Panther“ ging zum Auftakt noch, doch das Thema von „Goin´ In The Backdoor“ hatten DEEP PURPLE einst subtiler und potenter verpackt. Zudem sank neben dem lyrischen Niveau auch das musikalische, was sich bei „Just Like Tiger Woods“ offenbarte. Dann wirklich lieber der latente Sexappeal einiger Retrovertreter als eine so prollige Ballermann-meets-Swingerclub-Attitüde.

War das musikalische Rahmenprogramm schon grenzwertig, aber immer noch ansatzweise unterhaltsam, so ging nach dem dritten Song plötzlich das Geschwafel los. Diese Selbstbeweihräucherung toppte selbst noch diverse Deutschrockvertreter und was nicht jugendfrei sein sollte, erwies sich eher als geschmackbefreit. Sorry, aber so Sprüche wie von kleinen Jungen, die endlich Titten sehen wollen, gehen echt gar nicht, bei anderem konnte man noch drüber stehen.
Und außerdem gelang es ihnen nicht eine der anwesenden Damen zum Blankziehen zu überreden. Ob das jetzt an dem schwedischen Boden liegt, da die CRÜE vor zwölf Jahren auch scheiterte, oder es diverse Deutschrockvertreter sogar besser können, lasse ich mal dahin gestellt. Nur einmal im Redeschwall hörte Sänger Michael Starr gar nicht mehr auf, unterhielt sich auch mal gerne mit seinen Mitmusikern statt mit dem Publikum.
Irgendwann wurde sogar über den Sonnenuntergang referiert, sorry Jungs, von Romantik seid ihr weiter entfernt wie die Verwandten der Aliens von Roswell. Es schien fast so, als ob ihnen nun gar nichts mehr einfallen würde, wenn sie mich fragen würden, ich würde einfach mal wieder einen Song spielen. Uns fiel dann auch nichts mehr ein, so dass die Idee sich schon mal einen guten Platz für den Headliner zu sichern die beste Alternative war. (Pfälzer)

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PRIMUS (Sweden Stage)
Die Bestätigung der amerikanischen Fusion-Legenden kann man durchaus als kleine Überraschung bezeichnen, sind sie im Vergleich zum sonstigen Billing doch eher Exoten. Zwar gut gefüllt, wartete jedoch für einen Headliner der Sweden Stage eine vergleichsweise überschaubare Zuschauerzahl auf die drei Kalifornier, die pünktlich um 20:45 Uhr mit „Those Damned Blue-Collar Tweekers“ in ihr Set einstiegen und damit gleich zwei Punkte beweisen. Erstens, dass es einfach keine schlechten Trios gibt und zweitens, dass ihre Buchung vollkommen gerechtfertigt war.
Les Claypool dünkt äußerlich mittlerweile wie ein Professor aus der Hippie-Zeit, was auch irgendwie gut zu seiner speziellen Stimme passt. Er ist Dreh- und Angelpunkt, wenn er natürlich auch nicht versäumt Tim „Herb“ Alexander und allen voran Larry LaLonde vorzustellen und dem Publikum dessen Vergangenheit bei den Death-Metal Pionieren POSSESSED ins Gedächtnis zu rufen. Die Playlist setzte sich größtenteils aus den ersten vier Alben zusammen, allerdings präsentieren PRIMUS mit „Seven“ auch einen brandneuen Song.

Dieser kann ob seiner Gestaltung als typisches Band-Lied charakterisieren lassen und wurde auch dementsprechend gut vom Auditorium aufgenommen. Den größten Zuspruch erhielt die Combo aber natürlich für ihre Hits wie „Too Many Puppies“ oder „Wynona’s Big Brown Beaver“, bei denen die Stimmung nahezu am Kochen war. Das vielleicht Besondere an der Truppe ist weniger der Umstand, dass sie perfekt aufeinander eingespielt sind; kein Wunder spielt die Gruppe schließlich seit ihrem ersten Album in Originalbesetzung.
Es ist vielmehr die Tatsache, dass man sich trotz allen musikalischen Anspruchs nicht ganz so ernst nimmt, so zu sehen bei „Mr. Krinkle“ als Les mit einer Schweinemaske auf der Bühne erschien. Bei 75 Minuten und gleichzeitig einer Unmenge an tollen Songs ist es unvermeidlich, dass vieles außen vor bleiben muss. Zum Ende gibt es zunächst „Jerry Was A Race-Car Driver“ und als der geneigte Rezensent sich allmählich auf den Weg zu AEROSMITH begab intonierten PRIMUS zu guter Letzt noch „Here Come The Bastards“. (David)

VEONITY (Rockklassiker Stage)
Noch eine letzte schwedische Band stand mit VEONITY für diesen Tag auf dem Programm und damit gepflegter Power Metal im 90er Klanggewand. Und den brachte das Quartett aus Vänersborg gekonnt aufs Parkett. Schon lange ist mir keine neuere Band untergekommen, die diese Stilrichtung so gefällig spielt. Eingängige Melodien, verspielte Riffs, ein treibender Beat und auch die Chöre stachen hier hervor. Und wie es sich für das Genre gehört jagte Sänger Anders Sköld seine Stimme durch diverse Höhen und Tiefen, ohne jedoch die Grenze des "einfach too much" zu überschreiten.

Präsentiert wurden Songs von den beiden bisherigen Konzeptalben „Gladiator's Tale“ (2015) und „Into The Void“ (2016).Der Bandname steht für Vision und Unendlichkeit (eternity), und dies wird auch durch die Lyrics wiedergespiegelt. Dass man bereits mit Größen wie SABATON getourt hat, glaubt man gerne, wenn man den routinierten Auftritt der vier verfolgt. Eine Hymne jagte die nächte und das dargebotene „Back to the Roots“-Brett gefiel mir um Längen besser als die neuzeitlichen Power-Metal Geschichten. Weniger ist manchmal eben doch mehr. Der Versuch das Festival zu nutzen, um neue Bands kennenzulernen, hat auch hier prächtig funktioniert, VEONITY landeten zu Hause direktemang auf der Playlist. (Manu)

Setlist
When Humanity Is Gone
Slaves In A Holy War
Warriors Of Time
Born Out Of Despair
Phoenix Arise
Frozen
Heart On Fire
In The Void
Winds Of Faith

AEROSMITH (Festival Stage)
Als Bilder aus der glorreichen Vergangenheit über die riesige Leinwand flimmerten, wartete das Publikum nur noch ungeduldiger auf den ausgemachten Höhepunkt des Festivals. Von den Musikern war lediglich Joey Kramer hinter seinem Kit zu erspähen, als urplötzlich Steven Tyler und Joe Perry aus zwei Luken seitlich des langen Laufstegs empor stiegen und frenetisch begrüßt wurden. Da waren die beiden auch direkt an ihrem liebsten Arbeitsplatz angekommen, ganz vorne auf der Rampe, womit sie natürlich klar machten, wer die Chefs bei den Bostonern sind.
Ob der eher ungewöhnliche Opener vom untergegangenen „Done With Mirrors“-Album ein Fingerzeig in Richtung des voran gegangenen Kasperltheaters war, wissen wir nicht. Was wir wissen ist, dass es die Luftschmiede allen Legaten, Nachahmern und Parodisten seit jeher zeigten, wie man die Worte Sex gekonnt in den Rock´n´Roll einbaut, und auf ewig tun werden. Sofort ging die Festivalbühne steil und sang schon den ersten Refrain begeistert mit. Die früheren Toxic Twins begaben sich während der ganzen Nummer nicht einmal auf den regulären Teil der Bühne, was sie sonst auch nicht allzu oft tun sollten.

Das war schon immer so und ein eingespieltes Team, bei dem jeder seine Aufgabe kennt, sollte man nicht verändern. Nicht dass die Herren Whitford und Hamilton unwichtig wären, ersterer komplettiert ja eines der besten Axtduos der Rockgeschichte, aber der Motor sitzt ja bekanntlich unter der Haube. So erstellten die beiden zusammen mit Kramer das Fundament, auf dem sich die Frontfiguren austoben konnten. Der gute Joey hat nichts von seinem Punch verloren und lässt einige Breaks immer noch krachen wie zu besten Zeiten. Da sieht man den beiden Saitenartisten im Hintergrund ihr Alter schon eher an. Doch in schicker Garderobe stolzierten die zwei würdevoll über die Weite der Bühne, ließen den Motor präzise auf Hochtouren kochen und markierten dabei die Elder Statesman des bluesigen Hardrock.

Wer dann direkt einen Song vom Jahrhundertwerk „Pump“ aus dem Ärmel schütteln kann, der kann nur auf der ganzen Linie gewinnen, was vor allem den Verfasser dieser Zeilen freute. Da durften AEROSMITH im Anschluss auch zwei Kostproben des kommerziellen Überfliegers „“Get A Grip“ servieren, die trotz aller Unkenrufe die Stimmung noch steigerten. Gleiches galt für den Dianne Waren-Gassenhauer aus der Filmkiste, der die lautesten Singalongs erntete.
Spätestens als der Aufzug in Gang gesetzt wurde, ging es ab nach oben in höchste Sphären, auch wenn der Song etwas anderes suggerieren möchte. Der Block des 89er Hammers war recht schnell vorüber, während die Kostproben seines ebenbürtigen Vorgängers erst spät im Set auftauchten. Neben den üblichen Verdächtigen war noch genügend Luft für ein paar Überraschungen, nur das zuletzt öfter gespielte „Toys In The Attic“ blieb außen vor.

Aerosmith3 Aerosmith4

Die Truppe setzte wie eingangs gelobpreist fast ausschließlich auf die Kraft der Musik und widmete sich in der Mitte des Sets mal wieder der archaischsten Spielart des Rock, der sie schon auf „Honkin´On Bobo“ huldigten. Als man sich dem Blues hingab, agierte die Band geschlossener, während Perry den Gesang übernahm. Tyler suchte mit der Mundharmonika den Kontakt zu den Kollegen und stand immer wieder auf dem Drumriser, um Kramer anzufeuern. Statt zu solieren, jammten die Herren lieber ausgiebig miteinander und hatten sichtlich Spaß an der Sache. Auch die unleugbaren Vorbilder der STONES schlugen ja jüngst diese Richtung ein, dem Gesetz der Serie müssten GUNS´N´ROSES die nächsten sein.

Die Showeffekte beschränkten sich auf die Lightshow und die Videoleinwand, auf welcher die Musiker immer wieder in Flammen gehüllt wurden. Neben ein paar Videos wurde vor allem die Einspielung einer nahen Kreuzung bejubelt, an der unser Tross witzigerweise immer auf die Schnellstraße einfuhr. Dort stand dann Joe Perry mit der Gitarre und trampte, während der Tourbus vorbei fuhr.
Nun ist dieser Perry auch mit seinen 66 Lenzen immer noch einer der coolsten Typen des Planeten. Sein breitbeiniges, leicht nach hinten abhängendes Posing ist immer noch der Inbegriff der Lässigkeit, von seinem Spiel reden wir erst gar nicht, mit dem er auch an dem Abend brillierte. Nehmen wir also an, ich würde ihn neben der Straße antreffen, ich würde anhalten, ihm die Autoschlüssel aushändigen und zu Fuß weitergehen – weil ich unwürdig bin.

Als abschließender Höhepunkt wurde während er Zugaberufe ein weißer Flügel ganz vorne auf dem Catwalk platziert, bevor Tyler alleine die Bühne betrat. Seine bunten Bänder hatte er zum Teil hinten gelassen, so dass zu sehen war, wie drahtig der Mann mit fast siebzig immer noch ist. Natürlich stimmte er die Killerballade vom Debüt an, die erst mit dem späteren Erfolg der Formation ihre heutige Reputation erfuhr. Auch wenn man das von diversen DVDs her kennt, immer noch ein gigantischer Moment, vor allem, wenn Joe Perry die Treppen auf den Flügel erklimmt und dort oben sein Solo spielte. Dies konnte nur noch mit der Mutter aller sexy Funkriffs getoppt werden, welches mit einer kurzen JAMES BROWN-Hommage eingeleitet wurde. Sölvesborg lag der Legende zu Füßen, wenn dies der Abschied war, dann war es ein großer! (Pfälzer)

Setlist AEROSMITH:
Let The Music Do The Talking
Young Lust
Cryin´
Living On The Edge
Love In An Elevator
Janie´s Got A Gun
Stop Messin´ Around
Oh Well
Mama Kin´
Back In The Saddle
Chip Away The Stone
Sweet Emotion
I Don´t Want To Miss A Thing
Rag Doll
Come Together
Dude (Looks Like A Lady)
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Dream On
Mother Popcorn/Walk This Way

Aerosmith1 Aerosmith2

(Fotos AEROSMITH: Offizielle Pressefotos von Sweden Rock)

EDGUY (Rock Stage)
Nach AEROSMITH waren gerade mal fünf Minuten Zeit für den Weg durch die Menschenmengen zur Stage auf der EDGUY spielte. Da nahm ich die Beine in die Hand, denn bei denen hatte ich es bisher auch konsequent geschafft sie live zu verpassen. Und ich gebe unumwunden zu, dass ich die mag, auch wenn sie in Deutschland oft eher belächelt werden. Los gings dann auch gleich mit einem meiner Lieblingsstücke „Love Tyger“. Dabei brannte und knallte es auf der Bühne so laut, dass ich, und die Leute um mich herum, mehrfach - nämlich bei jeder Zündung der Pyros - erschrocken zusammenfuhren. Wenn ich da auf der Bühne gestanden hätte, hätte ich sicher nicht so souverän weitergesungen und weitergespielt wie die Fuldaraner.

Das eindrucksvolle Feuerwerk über der Bühne löste jedoch großen Jubel aus – hier wurden also jetzt die ganz schweren Geschütze aufgefahren. Weiter ging es mit „Vain Glory Opera“, bei dessen Instrumental Intro das Publikum frenetisch mit klatschte und mitsang. Das sollte auch so bleiben: Trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit waren keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. Naja, bis auf den einen Zuschauer, der das ganze Konzert über bedenklich weggetreten hinter mir rumtorkelte. Hier konnte man dann im Laufe des Konzertes merken, dass die Festival-Security auch in schwierigen Situationen nie ihre bewundernswerte Contenance und Höflichkeit verlor: Man versorgte ihn regelmäßig mit Wasser und achtete darauf, dass er nicht zu Schaden kam. Andernorts wär sicherlich schnell Feierabend für den Kollegen gewesen...

Schnell wurde klar, dass Frontrunner und Entertainer Tobias Sammet sich sein Fersengeld an diesem Abend redlich verdienen wollte: Er war stetig in Bewegung und das Publikum folgte seinen Anweisungen („Make some noise, Sweden!!“) nur zu gerne. Es folgten „Mysteria“ und „Tears Of A Mandrake“ des „Deadliners“ (so O-Ton Sammet), bevor die Band nach zehn Jahren erstmalig wieder „The Piper Never Dies“ spielte. Wenn man mehr als 1 ½ Stunden Spielzeit hat, kann man das ja auch mal machen. Zuerst erinnerte Sammet jedoch an die besondere Bedeutung Schwedens für die Band (Erste Headlining Tour ever) erinnerte. Weiter ging es mit dem 2004er Hit „Lavatory Love Machine“, gefolgt von dem noch älteren Klassiker „Land Of The Miracle“. Bei „Ministry Of Saints“ konnten sich die Bandkollegen mit längeren Instrumental-Parts austoben. Nach „Babylon“ konservierte das Quintett „The Trooper“ von IRON MAIDEN, bevor – wenig überraschend – die Powerballade„Save Me“ und der Smasher„Superheroes“ das Set fürs Erste komplettierten: Ein wilder Ritt also durch die Schaffensjahre der Band, der den Fans geboten wurde.

Aber selbstredend war dann noch nicht Schluss, denn es gab natürlich noch die lautstark verlangte Zugabe. Zunächst mit „Out Of Control“, was ich zugegebenermaßen noch gar nicht kannte, zumindest nicht bewusst. Die letzten Reserven von Band und Publikum wurden dann beim großen Finale mit – natürlich – „King Of Fools“ verbraten. Das war dann auch der letzte Tag an dem ich meine qualmenden Boots ganztägig trug – die viele Hüpferei trug keineswegs dazu bei die schmerzenden Füße zu beruhigen. From now on in Sneakers...

Edguy 1 Edguy 2

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