Es war wieder soweit, nach acht langen Jahren gastierten die Psychedelic-Hardrocker wieder in Deutschland. Jenseits des großen Ozeans hat man sich ja bis auf vereinzelte Festivalauftritte kaum mehr blicken lassen. Und derer stehen jetzt einige an, so dass man die Zeit dazwischen dank ausgefallener Rock The Nation-Tour mit Club-Shows füllt. Die Fans hierzulande nahmen die recht kurzfristigen Termine dankend an und so präsentierte sich der Colos-Saal einmal mehr ordentlich gefüllt. Und das obwohl der Gig in Nürnberg am nächsten Tag nicht allzu weit weg statt fand. Aber wie erwähnt, hier wurde auf die Schnelle gebucht, da muss man ohne Masterplan ran gehen.
Nach großen Erfolgen in den Siebzigern und zu Beginn der Achtziger wurde es schon vor längerer Zeit ruhiger um BLUE ÖYSTER CULT. Doch unterwegs waren die Frontfiguren Eric Bloom und Donald Roeser mit wechselnden Besetzungen eigentlich immer. Von vielen wird die Truppe zwar auf einen Song reduziert, aber sie hatte immer mehr zu bieten, wie viel das kann man hier nachlesen. Als Support wurde eine Formation namens RAMRODS verpflichtet, von denen ich zuvor noch nie gehört hatte.
Beim folgenden "Filthy Rock´n´Roll" war der Name Programm, Trevor Sydney bringt mit seinen Tasten das Honky-Tonk-Feeling herein. Die Band wirkte gut eingespielt und vor allem Gitarrist Fabian Reif wusste zu überzeugen. Er haute neben trockenen Riffs eine ganze Reihe feiner Soli heraus. Zusammen mit Bassist Kalle Duringer rockte er am rechten Bühnenrand und beide schienen ihren Spaß zu haben.
Dann war es Zeit für ruhigeres Material wie etwa "Dolphin" und hier muss man einfach sagen, dass dieses der Band nicht so gut zu Gesicht steht. Die Sangeskünste von Harasim wirkten doch begrenzt und auch seinen Mitmusikern fehlte das Feeling sich etwas zurückzunehmen. Die BEE GEES Hommage war ja zum Gedenken an Robin Gibb gut gemeint, aber die Darbietung geriet viel zu holprig.
Dass sie es besser können, bewiesen sie bei melancholischen und treibenden Rocksongs wie "Love Trail", in denen der Frontmann seine Reisen besang und auch selbst zur Gitarre griff. Dabei ist dem Mann anzusehen, dass nicht nur die Kilometer sondern auch einiges an Leben an ihm vorbei gezogen sind. Nicht so bei einigen seiner Mitmusiker. Obwohl die Formation schon seit 45 Jahren besteht, versucht man das Durchschnittsalter nach eigener Aussage ungefähr bei 25 zu halten. Klappt nicht ganz, aber gerade der Sechssaiter könnte locker als Sohn des Bandchefs durchgehen.
So exstatisch wie dieser sich während der Songs gab, so verhalten war er bei seinen Ansagen, in denen er immer wieder auf das am Merch-Stand erhältliche Album hinwies, seltsamerweise ihr erstes. Am Ende zerriss er die Saiten seiner Gitarre und wälzte sich auf dem Boden, so dass die Leute in der ersten Reihe tatsächlich in Deckung gehen mussten. Wenn man noch etwas mehr durchgerockt hätte, wäre der Auftritt noch gelungener ausgefallen, aber der viele Applaus, den die Fünf sichtlich freute war berechtigt.
BLUE ÖYSTER CULT
Nun war erst einmal Geduld angesagt, denn die Kult-Band ließ ihre Anhänger lange warten. Als sich nach einer dreiviertel Stunde ein wenig Unmut breit machte, ging endlich das Licht aus und die Herren erschienen auf der Bühne. Der Backliner verkündigte das gute alte Motto "On Your Feet, Or On Your Knees", doch dann lautete die Parole wohl eher: "Es ist Nacht und wir haben Sonnenbrillen auf... gib Gas". Aber nicht die BLUES BROTHERS sondern BLUE ÖYSTER CULT waren im Haus, hatten die schwarzen Gläser auf und gaben auch direkt Gas. Nicht nur die, auch vor den Brettern, welche die Welt bedeuten, ging es ab, "It´s all right" tönte es bereits beim ersten Refrain.
Im Anschluss folgten die ersten "B-Ö-C"-Sprechchöre, so vehement, dass die Band zweimal die Dose erheben musste, um die Bikerhymne anzustimmen. Einige schienen wirklich lange gewartet zu haben, so war die gute Stimmung kein Wunder. Aschaffenburg brannte förmlich im Zeichen des Rock´n´Roll. Die Textsicherheit einiger Anwesender verwunderte indes schon, zumal auch Titel aus der zweiten Reihe zum besten gegeben wurden. Vor allem das "Spectres"-Album wurde mit einigen Überraschungen zelebriert. Wer hätte vorher mit Liedern von "Heaven Forbid" oder einem anderen "Mirrors"-Titel als "Dr. Music" gerechnet?
Nein, die New Yorker legten keinen Gig auf Nummer sicher hin und taten gut daran. Sicher haben einige Fans "E.T.I." oder "Astronomy" vermisst, andere diese aber auch schon oft genug gehört. Wenn man so lange kein Album mehr auf den Markt gebracht hat, muss man etwas tun, um nicht als Nostalgieact zu verkommen. Das taten die Herren, indem sie ihre Nummern auch nicht nur weitestgehend songdienlich aneinander reihten, sondern diese auf der Bühne bearbeiteten.
So wurde munter improvisiert wie in den klassischen Siebziger-Zeiten, vieles sphärisch ausgedehnt, auch mal Zitate anderer Songs eingebaut. Auch die Soloparts wurden alle in die Lieder integriert, anstatt wie bei vielen separat zwischen die Songs zu packen. Donald "Buck Dharma" Roeser und Richie Castellano solierten sich teilweise ins Delirium, spielten sich ihre Parts wunderbar zu. Aber keine angeberische Saitenakrobatik, sondern feinfühlige, beseelte Ausflüge in den Grenzbereich zwischen Blues und Psychedelic.
Interessant zu beobachten war auch, dass Castellano seit dem Ausstieg von Allen Larnier viele Gitarrenparts von Eric Bloom übernommen hat, während der öfter an die Keyboards wechselte. Der Mann scheint der Band gut zu tun, mit ihm haben die beiden Originalmitglieder wieder jemanden gefunden, dessen Enthusiasmus sie anzustecken vermag. So suchte er oft den Kontakt zum Publikum, schob sich zwischen den Monitoren hindurch an den vordersten Bühnenrand. Das Rotieren an den Instrumenten zog sich durch den ganzen Gig, je nachdem was der Song brauchte, Eric Bloom verschlug es auch ein mal an die Drums, um Jules Radino bei percussiven Parts zu unterstützen.
Dessen legendäre Locken sind mittlerweile gestutzt und vollständig ergraut, aber er ist immer noch fit genug den bösen Rocker zu mimen. Sein Partner dagegen erschien mit Sechstagebart, längeren Haaren und lässiger Kleidung als von ihm gewohnt, sogar jünger als bei früheren Konzerten. Musikalisch ließen sie nichts anbrennen, auch stimmlich waren sie immer noch voll auf der Höhe. Dazu kam der Spaß, der ihnen an der Sache anzusehen war. Da stand eine Band auf der Bühne, es wurde immer wieder mit dem Kollegen gescherzt, sich gegenseitig motiviert oder öfter zur Gitarrenreihe formiert. Obwohl mit Kasim Sulton nur ein Ersatz für Rudy Sarzo unterwegs mit ihnen war, spielte man perfekt zusammen, da macht sich auch die ganze Erfahrung bemerkbar.
Abgefeiert wurde alles, selbst die langen Instrumentalpassagen gerieten nie zum Langweiler. Auch das Publikum sollte genug zu tun bekommen, denn BLUE ÖYSTER CULT haben nicht nur psychedelische Weiten, sondern ausreichend mitgröltaugliche Hits. Spätestens wenn Japans Nationalmonster mit seinen schweren Schritten ins Set stapft, tut das Bier gut, mit dem man zuvor die Kehle geölt hat. Während der Zugaberufe wurden dann alle möglichen Songwünsche quer durch den Saal geschmettert, hätte ich alle gerne genommen. Da nach 85 Minuten leider schon Schluss war, blieben die meisten unerfüllt, aber was noch geboten wurde, dürfte keinen enttäuscht haben. Der Beifall hielt noch ein paar Minuten an, in der Form dürfen uns die New Yorker nicht wieder acht Jahre warten lassen. (Pfälzer)
Setlist BLUE ÖYSTER CULT:The Red And The Black
The Golden Age Of Leather
Burnin´For You
Harvest Moon
Cities On Flame
The Vigil
Then Came The Last Days Of May
Godzilla
(Don´t Fear) The Reaper
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I Love The Night
M.E. 262
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