G!-Festival 2018

live 201807 0001 gDas G!-Festival. Das ewig unerreichte. Denn eigentlich wollte ich schon 2009 dorthin fahren. Schon damals hat es mir Bauchschmerzen bereitet, dass ich dann nicht aufs Dong Open Air konnte, das ja immer am gleichen Wochenende stattfindet. Gescheitert ist es dann letztendlich daran, dass einer der potentiellen Mitfahrer – und zwar der mit der meisten Ahnung – doch nicht konnte und wir es dann ganz abgeblasen haben. Seitdem habe ich ungefähr jedes Jahr mit diesem Festival geliebäugelt, aber der Sog zum Dong Open Air war immer stärker. 2015 war das Billing dann so genial, dass ich wirklich gerne hingegangen wäre. Aber in dem Jahr war ich schon im März drei Wochen zur Sonnenfinsternis auf den Inseln gewesen und dann nochmal mindestens zwei Wochen war einfach nicht drin. Und wieder gewann das Dong Open Air. Mittlerweile begannen aber meine diversen färöischen Bekannten, mir immer mehr von diesem Festival vorzuschwärmen und dass ich da unbedingt mal hin müsste. Und als dann in diesem Jahr das Billing auch sehr ansprechend (wenn auch aus Metalsicht nicht so gut wie in den Jahren davor) ausfiel, da fällte ich die Entscheidung, nun endlich, endlich mal dorthin zu fahren. Und das Dong Open Air verlor. Nachdem ich das Festival 14mal in Folge besucht hatte sollte 2018 nun das erste Jahr seit 2004 ohne Dong Open Air werden. So ganz verarbeitet habe ich das ja immer noch nicht.

Und dennoch bereue ich die Entscheidung nicht. Das G!-Festival ist anders als andere Festivals. Und dennoch grundsätzlich nicht so verschieden. Was es so besonders macht ist die Örtlichkeit und die Leute. Denn auf den Färöern werden Festivals anders besucht als in Deutschland. Während man in Deutschland Kinder so gut wie nie auf Festivals sieht, sind diese auf den Färöern ein Familienereignis. Kinderwägen sind keine Seltenheit und überall wuseln Kinder herum. Besonders natürlich im Bereich der „Spielplatzbühne“. Hier ist die Bühne auf einem kleinen Kinderbolzplatz aufgebaut, daneben stehen Schaukeln, Wippen und was es eben so auf Spielplätzen gibt. Und während sich die Eltern Bands ansehen, spielen die Kinder nebenan. Oder sitzen auf der Absperrung. Alles ist insgesamt sehr viel entspannter als in Festlandeuropa.

Eine weitere kleine Bühne befindet sich in einem alten Schafsstall (der auch noch so riecht), die Hauptbühne steht direkt auf dem Strand. Und am Strand gibt es auch eine Sauna und Hot Pots, zum Abkühlen geht es direkt ins Meer. Der Campingplatz ist im Nachbarort, man kann mit dem Shuttlebus fahren oder aber zu Fuß, immer am Meer entlang, zum Festivalgelände gehen. Geduscht wird beim örtlichen Fußballverein. Und im Hafen von Syðrugøta gibt es Anlegeplätze, für alle, die mit dem Boot anreisen und auf dem Boot übernachten.

Und auch schon bei der Ankunft ist einiges anders. Denn das Festivalbändchen – und das für den Campingplatz – gibt es nicht auf dem Gelände, sondern an der Tankstelle im Ort. Also erst mal zur Tankstelle, Bändchen abgeholt und wieder zurück. Parken „irgendwo am Hafen, guck, wo was frei ist“. Aber der Weg zum Campinggelände ist immer noch deutlich kürzer als bei den meisten deutschen Festivals. Das Wetter ist heute relativ bescheiden – hier. Während fast überall auf den Färöern die Sonne vom Himmel lacht, ist Gøta das reinste Nebelloch. Kaum über den Berg, steht man im dicksten Nebel. Zum Glück ist es nicht besonders windig, so dass das Zeltaufbauen auch alleine klappt. Am ersten Tag ist noch nicht so viel los und auch ich lasse das Festival langsam angehen.

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Erst um 20:00 Uhr mache ich mich auf Richtung Festivalgelände, wo ich mir noch das Ende des Auftritts von SWANGAH ansehe (färöischer Rap, nicht wirklich meine Baustelle). Ich schaue mir KONNI KASS an, die ich schon öfter im Vorprogramm von EIVØR in Deutschland gesehen habe. Sie spielt schönen, handgemachten Poprock und neben dem Gesang nimmt sie auch immer wieder das Saxophon zur Hand. Sollte man sich auf jeden Fall anhören, wenn man die Gelegenheit dazu hat.

Headliner des heutigen Tages ist RAG ‘N‘ BONE MAN. Würde ich mir unter normalen Umständen wohl nie ansehen, ist aber eigentlich gar nicht schlecht. Der Soul- und Bluessänger legt hier einen astreinen, vielbejubelten Auftritt aufs Parkett und später erzählen mir viele Färinger, dass sie noch nie so viele Menschen an einem G!-Mittwochabend auf dem Strand gesehen haben. Und auf dem Meer schippern ungefähr 10 Boote, deren Besatzungen alle nur gekommen sind, um sich den RAG ‘N‘ BONE MAN umsonst anzusehen. Ein Hoch auf ein eigenes Boot.

Nachdem ich noch einen kurzen – ok, längeren – Schwatz mit meinem Bekannten Egil halte, der für das Licht auf der Hauptbühne zuständig ist, mache ich mich heute doch recht früh auf ins Bett. Zwar liege ich dort schon um 01:00, kann aber nicht einschlafen, da alle Jugendlichen um mich herum Party machen wie blöde. Bin ich vielleicht doch zu alt für den Scheiß? Nee, die Hauptstörquelle sitzt in mir selbst. Direkt vor meinem Zelt unterhalten sich mehrere Jungs und mein Hirn kann sich einfach nicht zwischen „Ausblenden“ und „Versuchen zu verstehen, was sie sagen“ entscheiden. Danke dafür.

Immerhin ist es hier nicht, wie auf deutschen Festivals üblich, nachts schweinekalt und morgens brät man dann im eigenen Saft. Hier kann man wenigstens unbehelligt ausschlafen.

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Am nächsten Tag passiert etwas völlig unerwartetes. Die Sonne scheint! Aber so richtig. Und es ist nicht abartig heiß, wie auf deutschen Festivals. Aber doch so warm, dass man im T-Shirt rumrennen kann. Bei der Rumrennerei treffe ich dann auch irgendwann Esmar von HAMFERÐ samt Frau. Auch die Färinger nutzen sofort dieses Wetter, der Strand ist dicht bevölkert und viele Leute gehen trotz der eisigen Temperaturen im Meer schwimmen. Heute geht es recht früh zum Festivalgelände, denn im Schafstall, hier nur „die Scheune“ (Fjósið) genannt, gibt es einen Vortrag über den Anbau von Algen auf den Färöern und ihre Verwendung als Lebensmittel. Das finde ich als Vegetarier besonders interessant und will mir das daher ansehen. Es stellt sich ziemlich schnell heraus, dass der Lichttechniker (Isländer) und ich die einzigen Nichtfäringer im Raum sind (auch wenn ich zunächst für eine Norwegerin gehalten werde). Eine der beiden Vortragenden fragt, ob der Vortrag extra für uns beide auf Englisch gehalten werden soll. Nö, den Lichttechniker interessiert das Thema überhaupt nicht. Und mein Färöisch ist gut genug. Hoffe ich. Ist es. Und das macht mich ein bisschen stolz. Während des Vortrages wird eine Algensuppe gekocht, zwischendrin gibt es Cracker mit Algenpaste. Beides sehr lecker. Beim Kochen der Algensuppe wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man, wenn man das möchte, mit Chili abschmecken kann. Und das sorgt am Ende des Vortrages für die einzige gestellte Frage und DEN Lacher im Saal. Denn die Frage kommt von einem ca. 10jährigen Jungen und lautet: „Und was macht man, wenn man kein Chili mag?“.

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Musikalisch startet der Tag mit ELINBORG auf dem Spielplatz. Sie ist die „kleine“ Schwester von EIVØR, die mittlerweile gar nicht mehr so klein ist. Ihre Musik finde ich ganz nett. Mehr aber auch nicht. Das heißt, rein musikalisch finde ich sie wirklich nicht schlecht, es ist eben sanfter, nicht zu schnulziger Pop. Aber die Texte sind mir dann eben doch zu jungmädchenhaft. In einer ganz anderen Liga spielt MARIUS ZISKA auf der Strandbühne. Mir war er eigentlich eher als Singer/Songwriter bekannt, aber hier auf der großen Bühne rockt er auch ordentlich. So ordentlich, dass ich mir in der Woche darauf gleich das neue Album „Portur“ hole. Fand ich ihn bisher nur ok, so kann er mich hier wirklich voll und ganz überzeugen. Klasse Show! Anschließend zwingt mich Theodor von HAMFERÐ mit sanftem Druck („Aber du MUSST das sehen!“) zur Show von ÚLFUR ÚLFUR. Rap aus Island. Die Show ist ganz schön schräg, hat aber auch was. Und mit ein paar Bier intus ist es dann wirklich lustig. Anschließend geht es zur Aftershowparty zum Backstagehaus (ja, der Backstagebereich besteht hier aus einem ganzen Haus). Weil das Wetter immer noch toll ist und es hier kaum dunkel wird, sitzen wir die ganze Nacht in einer gemischten Gruppe aus Färingern, Isländern und mir als Deutscher zusammen, trinken und quatschen und merken gar nicht, wie die Zeit vergeht. Wenn es schon um 02:30 wieder hell wird, verliert man jedes Zeitgefühl. Und so ist es schon fast 06:00 Uhr, als ich endlich ins Bett falle. Vorteil: Die Teenies schlafen jetzt alle, es ist wunderbar ruhig auf dem Campingplatz und ich kann so richtig gut schlafen.

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Am nächsten Tag ist das Wetter leider wieder nicht so toll. Aber immerhin ist es noch trocken. Für den Abend, bzw. die Nacht, ziemlich genau zu der Zeit wenn HAMFERÐ spielen sollen, ist Regen gemeldet. Na toll. Die absolute Begeisterung darüber, die Egil, Lichttechniker auf der Hauptbühne, dafür hat („Das passt perfekt zu HAMFERÐ!“) kann ich irgendwie nicht teilen. Musikalisch startet der Freitag recht früh. Bereits um 18:30 sehe ich mir LEA KAMPMANN an. Wieder ein typisches Beispiel für hochwertigen, handgemachten, färöischen Pop mit einem Schuss Melancholie. Gefällt mir live sehr gut, würde ich mir aber wahrscheinlich eher nicht auf CD anhören.

FRUM ist musikalisch recht ähnlich, macht aber mit den auf der Bühne aufgehängten Gazevorhängen optisch einfach mehr daher. Mittlerweile hat der Wind deutlich aufgefrischt und ich wundere mich, dass die leichten Vorhänge mehr oder weniger an Ort und Stelle bleiben. Anschließend sehe ich mir SILVURDRONGUR an. Der wird in den färöischen Medien ganz schön gehypt und obwohl es Rap ist sehe ich mir dann doch mal an, ob der Silberjunge halten kann, was er verspricht. Mittlerweile regnet es in Strömen. Den Färingern ist das ziemlich egal und vor der Bühne wird Party gemacht. Mich dagegen langweilt SILVURDRONGUR nach einigen Liedern. Das immer gleiche, langweilige Stageacting trägt jetzt auch nicht gerade zu Begeisterungsstürmen meinerseits bei. Da suche ich mir lieber ein trockenes Plätzchen und warte darauf, dass die Show von HAMFERÐ beginnt.

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Zum Regen ist inzwischen auch ein ziemlicher Wind hinzugekommen. Der überrascht selbst die Färinger, denn Wind war nicht vorausgesagt. In Sturmböen pfeift er über die Bucht, rüttelt an Zelten und Pavillions (zum Glück sind die Färinger Meister im Absichern leichter Gegenstände, so dass nur ein einziger Pavillion weggeweht wird) und treibt die Wellen auf den Strand. Die meisten Zuschauer sind nach Hause gegangen, nur noch ein harter Kern verbleibt. Viele davon stellen sich an den Essensständen unter. Nur die wirklich Harten stehen auch unten am Strand. Das Wetter verlangt allen Beteiligten Höchstleistungen ab. Die Band hat es fast noch am besten, sie steht ja fast im Trockenen und zudem noch etwas windgeschützt. Über den Strand peitscht der Wind, der Regen klatscht fast waagerecht ins Gesicht – und überall sonst hin. Ich war schon lange nicht mehr so dermaßen nass (aber ein Hoch auf meine neue, teure Regenjacke. Sie hielt, was sie versprach). Lichttechniker Egil arbeitet mit zwei Lichtpulten parallel, so dass er immer eines trockenwischen kann, während er das andere bedient. Er erzählt mir hinterher, dass er noch nie so viel nachjustieren musste und dass die Show hätte keine 10 Minuten länger dauern dürfen, dann hätten sie aufgrund des Wetters abbrechen müssen. Während des ganzen Auftritts hing einer der Bühnentechniker in den Traversen und hielt die Plane im Schach, die der Wind immer wieder gegen die Scheinwerfer drückte, so dass diese sich nicht mehr bewegen konnten. Hut ab vor dieser vereinigten Leistung, denn von diesen Schwierigkeiten merkte man während der Show nichts. Bis auf die Tatsache, dass der Sound immer mal wieder vom Winde verweht wurde. HAMFERÐ lieferten wieder einmal ab, aber sowas von. Ihr Auftritt war absolut brilliant und wohl nur auf den Färöern erlebt man es, dass „Harra Gud Títt Dýra Navn Og Æra“ mitgesungen wird. Ein absoluter Gänsehautmoment. Der Sechser liefert so ziemlich die beste Show ab, die ich je von ihnen gesehen habe. Und Egil hatte doch Recht. Das Wetter passte perfekt zu einer Doom Metal Show.

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Eigentlich wollten Egil und ich nach der Show noch einen trinken. Aber Egil muss jetzt erst mal aufräumen und Technik in Sicherheit bringen. Als ich an meinem Zelt ankomme, stelle ich fest, dass der halbe Campingplatz weggeflogen ist und auch mein Zelt sieht nicht wirklich gut aus. Sicherheitshalber bringe ich Schlafsack und Decke in mein Auto, damit ich wenigstens einen trockenen Platz zum Schlafen habe. Mein Zelt sichere ich zusätzlich mit allen Heringen, die ich noch übrig habe (da weiß man wenigstens, wofür das zwanghafte jahrelange Sammeln von weggeworfenen Heringen gut ist). Und im Auto ziehe ich mich dann erst mal um, denn ich bin wirklich nass bis auf die Knochen. Was für ein herrliches Gefühl in einer trockenen Hose zu stecken! Mit gutem deutschem Bier im Gepäck mache ich mir auf den Rückweg zum Festival, wo der Zugang zum Backstagehaus kein Problem ist. Um diese Uhrzeit (mittlerweile ist es nach 04:00 Uhr) ist sowieso kein Ordner mehr wach. Drinnen wird ungeachtet des Wetters Party gemacht. Ich treffe Jón, später auch noch Theodor, Konni Kass und man stellt mich weiteren Freunden vor. Schnell hat sich eine trinkende Truppe zusammengefunden. Einige Zeit später gehen wir wieder raus und das Wetter ist – typisch färöisch – wie ausgewechselt. Es ist beinahe windstill, es regnet nicht mehr – und es ist hell. Wir trinken am Kofferraum von irgendwem weiter. Es gibt Schnaps unbekannter Herkunft und wir haben alle mächtig Spaß. Heute komme ich erst um 10:00 Uhr (morgens!) ins Bett. Ich schätze mal, das ist mein neuer persönlicher Rekord.

Nach nur 4 Stunden Schlaf bin ich um 14:00 Uhr schon wieder auf den Beinen. Das ist praktisch, denn die Duschen öffnen gerade. Noch ein Unterschied zu deutschen Festivals. Auf dem G! kann man nur von 14:00 bis 18:00 Uhr duschen. Fand ich zuerst doof, aber wenn man so spät aufsteht ist es dann doch praktisch.

Auch heute geht es wieder früh aufs Festivalgelände. TEITUR ist der erste, den ich mir heute ansehen werde. Er ist mit einer der bekanntesten Musiker der Färöer, allerdings bin ich bisher noch nicht so wirklich mit seiner Musik warmgeworden. Da auch er gerade ein neues Album namens „I Want To Be Kind“ herausgebracht hat, hat er spontan entschieden, dass sein Auftritt auf dem G! die Releaseparty für dieses Album sein soll. Und weil er gerne nett sein möchte, verschenkt er eine Dose Bier. Immerhin ein Anfang. Und TEITUR ist wirklich nett – mehr aber auch nicht. Musikalisch absolut ok, aber einfach nicht meine Baustelle. Ich würde ihn mir aber trotzdem nochmal ansehen, wenn er in Deutschland mal in meiner Nähe spielen sollte.

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Ich schaue dann mal noch kurz beim HARLEM GOSPEL CHOIR vorbei. Absolut nicht meine Baustelle, aber wann hat man schon sonst mal die Gelegenheit, die zu sehen. Zumal sie kurz vorher noch fröhlich grinsend an mir vorbeigestiefelt sind.

Die Nachwehen des Wetters von gestern sind noch deutlich zu spüren, die Wellen schlagen immer höher an den Strand und lecken so langsam an der Bar und am Bühnenfundament. Aber das ist ja nichts, womit Färinger nicht zurecht kämen. Also rückt ein Bagger an und schüttet mal eben einen schützenden Wall aus Sand auf. Der natürlich sofort zum Kinderspielplatz wird. Und zum Hindernis für Betrunkene.

Anschließend sehe ich mir SON OF FORTUNE an. Die kenne ich bisher nur vom Namen her, sie wurden mir an diesem Wochenende aber auch schon mehrmals empfohlen und so ist es keine Frage, dass ich sie mir ansehe. Und auch hier werde ich positiv überrascht. Wirklich ein Spitzenauftritt mit herrlichem, bluesig angehauchtem Rock. Zu einem Song kommt auch EIVØR auf die Bühne, um mit der Band zu singen. Und ich glaube, es ist tatsächlich das allererste Mal, dass ich EIVØR mit Schuhen auf der Bühne sehe. Danach findet auf dem Strand „Sangløta“ statt. Die Färinger singen ja gerne, und so ist dies das Event, wo alle mitsingen können. Der ganze Strand ist voller Menschen, es gibt ein paar Vorsinger auf der Bühne und alle singen mit. Viele Texte können alle auswendig, aber oft werden die Texte auch auf der Leinwand eingeblendet. Eine schöne Tradition und eine tolle Atmosphäre.

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Zurück auf dem Spielplatz spielt nun EIVØR, sicherlich eines der Highlights auf dem Festival, sowohl für mich persönlich als auch für viele Zuschauer. EIVØR wurde ein Opfer des typisch färöischen Nebels und des kanska - vielleicht. Denn eigentlich sollte sie schon am Tag zuvor auf der großen Bühne am Strand spielen. Allerdings konnte der Flieger, in dem ihr Drummer saß, aufgrund des dichten Nebels auf den Färöern nicht landen und sie entschied, dass sie so nicht spielen kann. IRIS GOLD erklärte sich daraufhin bereit, die Spielzeiten zu tauschen, so das EIVØR nun einen Tag später und auf der kleineren Bühne spielt. Das tut dem Ganzen aber keinen Abbruch. Dann steht man eben etwas enger beisammen. Die Kinder setzt man auf die Absperrung, die Security verteilt Gehörschutz. Und EIVØR singt und spielt, dass es eine wahre Freude ist. Im Gegensatz zu ihren Konzerten in Deutschland gibt es hier fast ausschließlich Songs mit färöischen Texten. Auch die Ansagen sind natürlich auf Färöisch. Irgendwann fragt sie dann mal auf Englisch, wie viele Leute eigentlich vor Ort sind, die keine Ahnung haben, was sie da die ganze Zeit erzählt. Und das sind doch überraschend viele. Sie macht die Ansagen aber trotzdem weiter auf Färöisch, denn schließlich muss man es ja ausnutzen, wenn man schon mal in seiner Heimat spielt. Zu EIVØRs Auftritt muss man eigentlich nicht viel mehr sagen als: Wunderbar! Auf jeden Fall eines der Highlights des Festivals.

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Ich mache mich dann wieder auf zum Strand, um mir das FAITHLESS-DJ-Set anzusehen, aber danach bin ich alle. 4 Tage Festival mit kaum Schlaf zehren dann doch. Und am nächsten Tag möchte ich relativ früh raus, da ich noch nach Suðuroy, der südlichsten Insel der Färöer, fahren muss. Also geht es heute mal zu gutbürgerlichen 02:00 Uhr ins Bett. So gehöre ich am nächsten Morgen zu den ersten, die ihr Zelt abbauen (sofern nicht schon der Wind dafür gesorgt hat) und bin dann doch etwas froh, als ich wieder in einer festen Behausung bin, die sogar über eine Wäscheleine und eine Waschmaschine verfügt, so dass ich meine Sachen, die auf dem G! doch ziemlich gelitten haben, waschen und vor allem trocknen kann.

Das G! war definitiv ein Erlebnis. Anders und doch nicht so anders als die Festivals bei uns. Mein Zelt jedenfalls bekommt demnächst einen Orden für besondere Tapferkeit, hat es doch jetzt nach Wacken 2002 und Dong 2004 bereits den dritten Sturm überlebt. Und wenn ich Sturm sage, dann übertreibe ich nicht. Immerhin ließen sich auch viele Färinger in der Sturmnacht von ihren Eltern abholen. Was ich auch gelernt habe: Färinger sind unglaublich schlecht im Flunkyballspielen. Dafür aber ziemlich gut im Trinken (das eine könnte das andere bedingen). Als Nichtfäringer sollte man versuchen, sein Essen selber mitzubringen, denn die Preise auf dem Festival sind nicht von schlechten Eltern. Eine Portion Pommes (gut, so riesig, dass ich sie nicht ganz geschafft habe) schlägt mit fast 30 € zu Buche. Da schluckt man erst mal. Da ist das Bier für knapp 10 € noch richtig günstig. Und der Cider für nur wenig mehr richtig lecker.

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Eine weitere witzige Episode: Matthew Workman, seines Zeichens der Mann hinter dem Faroe Islands Podcast, erzählt von seinem traumatischen Erlebnis, als er auf dem G!-Festival von einem isländischen Model aufgefordert wurde, in die Hecken zu pinkeln, damit er die nächste Band nicht verpasst (an den Toiletten war viel Betrieb). Oder: Das Weltbild eines Amerikaners zerstören mit einem Satz. Interessant ist, dass es wider Erwarten nachts nicht wirklich kalt wird. Ich habe im Zelt deutlich weniger gefroren als zum Beispiel in Deutschland oder Belgien. Heri Joensen hat das ja als „gentle cold“ beschrieben, und da ist wirklich was dran. Was das G! aber von anderen Festivals unterscheidet, ist dass es auch Lesungen und Vorträge gibt und auch der Tróndardagur, der Tróndur aus Gøta gewidmete Tag in Norðragøta, wurde mit allen zugehörigen Veranstaltungen ins Festivalprogramm integriert. Auf dem G!-Festival sieht man viele Musiker nicht nur einmal. Viele spielen in mehreren Bands und treten so beinahe täglich auf. Außerdem gab es auch noch zwei „Hoyma“ genannte Konzerte, bei denen MARIUS ZISKA und TEITUR im Wohnzimmer von Privatpersonen auftrat. Hierfür musste man jedoch extra Tickets kaufen, weshalb ich mir diese Konzerte nicht angesehen habe. Wer sich hierfür interessiert, dem sei jedoch das jährlich im Herbst stattfindende HOYMA-Festival ans Herz gelegt, bei dem viele färöische Künstler in privaten Wohnzimmern in Gøta spielen und man von Haus zu Haus ziehen und sich diese ansehen kann. Worin sich das Festival auch von deutschen Festivals unterscheidet: Beim abschließenden Aufräumen muss man sich nicht um Essensreste kümmern. Dafür sorgt die geflügelte Truppe mit Scharen von Möwen uns Staren, die sich über alles Essbare hermachen.

Die Organisation des Festivals war – wie nicht anders zu erwarten – top. Auf kleinere Probleme wurde kurzfristig reagiert, aber die Färinger sind ja sowieso Meister der Improvisation. Und landschaftlich ist das Festival natürlich unschlagbar. Die Atmosphäre ist einfach unvergleichlich. Da steht man am Strand, gräbt seine Füße in den feuchten Sand, sieht einer Band zu und genießt gleichzeitig das Panorama mit Meer und Bergen und im Wasser liegt die Norðlýsið, ein Schoner, der im Jahr 1945 gebaut wurde. Und es wird nur für wenige Stunden dunkel, so dass man überhaupt nicht müde wird und dieses Festival einfach nur immer weiter genießen kann. Sollte man mal erlebt haben. (Anne)

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