Interview mit Bernhard Lorig und Robert Weidig (ICON)

ICON haben sich in der Vergangenheit im saarländischen Underground sprichwörtlich den Arsch ab- und somit auch einen ordentlichen Ruf erspielt. Vor ihrer Releaseparty zum Album "Blinzone" stand das Gitarristen-Duo Bernhard und Robert Rede und Antwort, um einen kleinen Einblick in das Leben und die Probleme einer Undergroundband zu gewähren... ICON - Bernhard Lorig Mika (Neckbreaker): Ok, Ihr beiden. Heute abend steigt Eure große Releaseparty. Läuft bis jetzt alles glatt?

Bernie: Ich sag mal so, es läuft nie wirklich problemlos, aber es hält sich meistens soweit in Grenzen, dass alles glatt läuft.

Rob: Wir hatten also im Vorfeld schon genug Stress gehabt, wegen Locationwechsel und weil eine Band abgesagt hat...

Tür öffnet sich und Drummer Domenico kommt rein. Hey...da will ich auch zuhören, dass die keinen Mist erzählen!

Rob: ...und wir hatten eigentlich geplant, noch ein paar spezielle Events während dem Gig abzuziehen, was aber im Endeffekt alles nicht mehr funktioniert hat, daher reduziert sich alles auf ein Mindestmaß, über das wir aber noch nichts verraten werden. Das kannst Du später ja bei der Show sehen.

Bernie: Stimmt, also das hatte ich Deiner Frage jetzt nicht zugeordnet. Also HEUTE läuft bis jetzt alles glatt. Den ganzen Scheiss von den drei Monaten vorher hab ich jetzt schon verdrängt.

Rob: Da wollen wir auch gar nicht weiter drauf eingehen. Wir haben ein Internetforum auf unserer Webseite eingerichtet und der Thread, der diese CD-Releaseparty betrifft ist schon sehr lang. Wir planen da bestimmt schon seit einem halben Jahr dran, die Platte ist ja auch schon seit November draußen und wir machen jetzt erst Ende Januar die Releaseparty. Da muss ja irgendwas faul dran sein.

Mika: Eben, da wollte ich die Sprache jetzt auch drauf bringen, wie dieser Locationwechsel und die ganzen Verzögerungen zustande kamen. Die usprüngliche Location wäre ja auch vom Sound her besser gewesen. Das Illinger JUZ hier ist jetzt ja nicht gerade als Sound-Hochburg bekannt.

Bernie: (lacht)

Rob: Naja, wir - besonders Bernie - haben uns da schon ordentlich Gedanken gemacht, wo wir jetzt alternativ auftreten können. Der ursprüngliche Club scheidet aus bekannten Gründen einfach aus und im Endeffekt sind wir hierher, weil es kostengünstig ist - wir bekommen eine Anlage gestellt - wir brauchen uns nicht um dieses Eintrittsgewichse und so Zeugs zu kümmern..

Mika: Schönes Wort, haha!

Bernie: Wir kennen eben die Leute und wissen, dass wir uns auf sie verlassen können und was wir hier zu erwarten haben.

Rob: Wir haben hier jetzt schon zweimal gespielt und es waren zwar immer recht wenig Leute da und die Stimmung war nicht so toll, aber Du weisst zumindest, was Du hast und in der Kürze war auch nichts anderes aufzutreiben.

Bernie: Es ging im Endeffekt darum, entweder die Releaseparty abzusagen oder eben hier ins JUZ zu gehen. Das JUZ war dann also doch die bessere Alternative und im Grunde ist das hier ja nicht das letzte Loch, es ist cool hier, auch wenn es nicht so richtig für Konzerte ausgelegt ist. Aber wir werden eine Menge Spaß haben heute abend.

Mika: Euer Album "Blindzone", schon seit November draußen, hat bei Neckbreaker ja schon ein ordentliches Review eingefahren. Wie lief da der Aufnahmeprozess, der hat sich ja auch ziemlich herausgezögert, oder?

Bernie: (in feierlichem Ton) Begonnen hat alles vor langer, langer Zeit, im Dezember 2003. Da wollten wir eigentlich anfangen, aufzunehmen, hatten auch schon angefangen, nur gabs dann eben terminliche Probleme von uns aus, vom Produzenten aus, da mussten wir eben irgendwann einsehen, dass es nix mehr wird. So entschlossen wir uns also dann zu Siegfried Schüssler zu gehen, da wir von ihm wussten, dass er ordentlich was drauf hat. Der Plan war dann, dass wir im Frühling 2005 anfangen wollten , da wir uns allerdings für diesen Wacken Metal Battle bewerben wollten und keine CD hatten, habe ich eben angefangen, zuhause in meinem Studio, für das es noch keinen Namen gibt, ein Raw-Demo mit drei Tracks aufzunehmen. Die haben wir dann von Siegfried Schüssler abmischen lassen und uns damit beworben - mit Erfolg. Die Pre-Production haben wir dann einfach weitergeführt und alle anderen Songs aufgenommen, auf Demobasis. Ein Teil dieser Songs, die dann bei mir aufgenommen wurden, also Bass und die Hälfte der Gitarren, sind dann nachher bei der Aufnahme auch noch benutzt worden.

Rob: Das Interessante ist, dass im Dezember 2003, als wir mit der Platte angefangen haben, waren also diese Songs, die jetzt auf der Platte sind, auch schon fertig. Und in dem ewig langen Zeitraum der jetzt zwischen damals und heute lag, haben wir natürlich nochmal einen Schwung von Songs geschrieben. Allerdings haben wir uns entschieden, doch nur diese Songs aufzunehmen, einmal aus Kosten- und Zeitgründen und andererseits, weil eben das Konzept für die nächste Platte in unseren Köpfen so weit steht.

Bernie: Die lange Verzögerung hatte auch insofern was gutes, da wir in dieser Zeit die Songs ziemlich oft live gespielt haben, und sie sich damit auch noch ein wenig verändert haben - zum Guten.

Rob: Was man auch noch erwähnen sollte - das wird ein langes Interview...

Mika: Och...ist ja nur meine Schreibarbeit, ne?

Bernie lacht.

Rob: ...ja, das ist dann Dein Problem, haha. Also das, was wir bei Bernie aufgenommen haben, lief alles über den Drumcomputer, denn gerade beim Schlagzeug war es immer unser größtes Problem, das alles ordentlich aufzunehmen. Und überraschenderweise hat es unser Onkel Bosco (Domenico, Drums - Mika) dann geschafft, alle Drumparts innerhalb von 6 Stunden einzuknüppeln, so dass alles stimmte, und damit war dann unsere größte Sorge auch erledigt. Alles andere ging dann nach und nach.

Bernie: Der Aufnahmeprozess an sich ging von März bis August, ungefähr. Dann kam noch ne lange Mixzeit hinterher, da der Produzent auch arg beschäftigt war. Aber er hat sich sehr viel Mühe gegeben und wir sind auch dementsprechend zufrieden mit dem Ergebnis.

Mika: Das Songwriting an sich läuft bei Euch aber nicht so stressig ab, oder?

Bernie: Das kommt drauf an. (lacht) Bei mir hat es sich inzwischen so entwickelt, dass ich komplette Songs mit allem Drum und Dran, also auch Drums und Gesangspassagen, die Thomas (Pickard, Gesang - Mika) dann bei mir einsingt, fertig mache und die der Band vorstelle. Und dann können wir immer noch schauen, was wir draus machen.>

Rob: Wir haben eben festgestellt, dass es nicht hinhaut, wenn wir uns zusammen in den Proberaum stellen und dann versuchen, neue Songs zu schreiben.

Bernie: (protestierend) Es wird aber besser. Wir haben uns da schon deutlich gesteigert.

Rob: Wir spielen jetzt schon so lange miteinander zusammen und es hat bisher noch nicht wirklich funktioniert. Es hat sich einfach so ergeben, dass es für uns besser ist, wenn einer von uns mit dem fertigen Songs ankommt und den vorspielt.

Bernie: (hartnäckig) In einigen Fällen hat es sich aber schon rentiert. Unser letzter Song "Disharmony" ist nämlich mindestens zur Hälfte im Proberaum entstanden.

Rob: Naja, aber höchstens zu 50 Prozent.

Bernie: (lacht)

Mika: Da ist doch dann aber die Gefahr hoch, dass der Rest der Band den neuen Song einfach nur abnickt und gerade dieses Optimieren, was im Proberaum stattfinden sollte, auf der Strecke bleibt, oder?

Bernie: Die Gefahr besteht nicht. Wenn irgendjemandem was nicht gefällt, dann sagt derjenige das meist auch direkt.

Rob: Wir verreissen auch gerne mal einen Song. Da hat sich Bernhard auch schon mal drüber aufgeregt.

Bernie: Der Songs ist ja eine insgesamt eine Idee, die dahinter steckt. Ich nehme den dann komplett auf, um den andern zu zeigen, was ich eigentlich meine, mit Schlagzeug und Gesang, damit sich die anderen alles besser vorstellen können. Wenns den anderen dann gefällt, ist es prima, ansonsten schauen wir, was wir da eventuell noch verändern können.

Mika: Wie gehts jetzt mit Eurem Album weiter? Ich schätze mal, Ihr wollt Euch damit bewerben?

ICON - Robert Weidig Rob: Haben wir auch schon gemacht. Ich hab ganz brandaktuell heute schon ein paar Promos rausgeschickt. Noch nicht viele, da wir es aus Zeitgründen noch nicht geschafft haben, da anständig was vorzubereiten. Ich kenne da jemanden, der Kontakt zu drei kleineren Labels hat. Der hat das Promo als erstes bekommen, also wenn dem die Scheibe gefällt, kommen wir da unter, sag ich mal.

Bernie: (nen Gang zurückschaltend) Äh...meinst Du wirklich, dass man das so schreiben sollte?

Mika: Hehe, zu spät! Namen werden aber noch keine genannt, oder?

Rob: Ich kenne die Labels leider nicht, nur den Typ. Es hängt einfach davon ab, ob er mit unserer Musik was anfangen kann, dann reicht er das natürlich entsprechend wohlwollend weiter. Das ist aber nur der erste Ansatz.

Bernie: Aber Promos sind genug da und die werden noch alle verschickt.

Mika: Das wird dann also auch Eure Schiene, um einen Vertrieb klar zu machen? Ihr habt da keine Deals mit irgendwelchen Mailordern oder so ins Auge gefasst?

Bernie: Wenn wir die Möglichkeit haben, dass das jemand für uns professionell macht, dann nehmen wir sie natürlich gerne wahr. Wenn das nicht klappen sollte, machen wir es eben selbst.

Mika: Das was Ihr privat hört, gerade jetzt die Songwriter, inwieweit würdet Ihr auch sagen, dass sich das in Euren Songs nieder schlägt? Man hört in Eurem Zusammenhang ja gerne mal Vergleiche mit Bolt Thrower etc.

Rob: Ach, hört man das?

Mika: Kann man schon meinen, ja, haha.

Rob: Wer sagt denn sowas?

Mika: Leute.

Bernie (lacht).

Rob: Also um das kurz und schmerzlos abzuhandeln: Natürlich hört man das raus. Ganz klar.

Mika: Sonst noch Einflüsse?

Rob: Den kompletten Death Metal Bereich, von vorne bis hinten. Zumindest hab ich mich inzwischen darauf eingeschossen.

Mika: Naja, aber der gesamte Death Metal Bereich von vorne bis hinten? Florida Death zum Beispiel hör ich bei Euch ja jetzt gar nicht raus. Gerade auch, was die Geschwindigkeit bei Blast-Passagen angeht.

Rob: Das kommt jetzt nach dem Obituary-Gig, letzte Woche in Losheim. (Allgemeines Gelächter im Raum) Nachdem ich die jetzt wieder gesehen hab, muss ich sagen, da muss jetzt ein Song her, der in diese Kerbe schlägt. Ein übler Nackenbrecher eben.

Mika: Also weniger Eure üblen Groove-Walzen, sondern etwas im flotteren Tempo?

Rob: Naja, mit Blasts haben wir es nicht so. Zum einen mal, weil Bosco zu langsam ist...

(lautes Lachen von Bernie, unwilliges Brummen von Domenico aus dem Hintergrund)

Rob: ...und weil er lieber die Groove-Parts hört und spielt. Das hat er einfach besser drauf.

Domenico: (aus dem Hintergrund) Und ich hab jetzt auch nicht so den Drang danach, einfach drauflos zu knüppeln. Das macht mir auf Dauer keinen Spaß.

Rob: Darf der überhaupt was sagen?

Domenico: Das ist mir scheiss egal. (Gelächter)

Mika: Ja, aber da schließt sich dann doch wieder der Kreis: Wenn die Songwriter dann eben einen neuen Song vorstellen, in dem eine ausgiebige Knüppelpassage drin ist, und es geht wirklich nur um diese eine Passage, die dann abgelehnt wird, macht es doch in diesem Moment ja das beabsichtigte "Gesamtkunstwerk Song" kaputt, oder?

Bernie: Wenn ich einen kompletten Song vorstelle, dann natürlich den Song an sich. Aber ich bin dann nach wie vor offen, dass an dem Song ordentlich was gearbeitet und verändert wird. Einmal war es tatsächlich so, dass ich einen Song vorgestellt hab, und der wurde dann komplett verrissen. Da war ich dann schon etwas angefressen, aber das Endresultat ist fantastisch, insofern war es das beste, was dem Song passieren konnte.

Rob: Außerdem haben wir ja Knüppelparts. Nimm doch einfach mal Deinen Lieblingssong "Friendly Fire". Bei dem Song haben wir mit dem Grundriff angefangen und irgendwann festgestellt, dass noch was rein muss, was die Sache etwas auflockert. Also haben wir diesen Blast-Part reingepackt, da ist ja ein richtig derber Black Metal Part dazwischen. Oder bei einem neueren Stück, "Cold Mountain", haben wir uns auch gedacht, dass da was geknüppeltes rein muss. Das hört sich dann meinetwegen etwas nach Amon Amarth an.

ICON (v.l.n.r.): Domenico, Robert, Bernhard, Thomas und DanielMika: Stichwort Zukunftspläne: Möglichst einen Deal und einen Vertrieb an Land ziehen, Tour, Konzerte?

Bernie: Also im Moment läufts noch über eine komplette Eigenorganisation...

Rob: ICON-Organisation!

Bernie: Hehe, genau. ICON-Organisation. Und ich denk mal, wenn wir es schaffen, eine Firma an Land zu ziehen, dann würden wir in Sachen Orga auch ein wenig entlastet werden. Aber im Moment läuft ja alles komplett über uns.

Domenico: Und wegen einer Tour muss man auch sagen, dass das immer auch von den Gegebenheiten beim Job abhängt. Ich zum Beispiel hab fast nie samstags frei. Das macht das ganze schon etwas schwerer.

Mika: Klar, und als Underground-Band geht man ja auch nicht mal so einfach zwei Wochen auf Tour. Aber zumindest versuchen, dass man sich für einen gewissen Zeitraum die Wochenenden mit Konzerten voll macht.

Domenico: Richtig, aber auch dort macht mir einfach mein Job einen Strich durch die Rechnung. Zu mehr als ein oder zwei Gigs im Monat wird es da einfach nicht kommen.

Rob: Mit entsprechender Vorausplanung wäre natürlich auch eine Tour möglich, wenn uns eine Plattenfirma oder so mal auf sowas schickt. Aber prinzipiell würd ich sagen, sind wir eher die Band für Festivals.

(Wieder allgemeines Gelächter im Raum)

Rob: Also Ziel ist es aber, mit dieser Platte mal das passende Label zu finden, wenn es auch nur ein kleines ist, ein Vertrieb wäre auch ok, und dann sehen wir ja einfach, was passiert. Wir lassen uns da jetzt nicht großartig stressen.

Mika: Ihr habt vorhin ja auch schon Material für ein neues Album angesprochen, wollt ihr da dann in Kürze schon ein weiteres Album nachschieben?

Rob: Wir wollen erst mal die Reaktionen auf dieses Album abwarten, denn wenn möglich sollte das nächste Album mit etwas Unterstützung von einem Label über die Bühne gehen. Ich hab da nur noch wenig Lust drauf, alles alleine zu bezahlen.

Mika: Ein hoch gestecktes Ziel...das dürfte kniffelig werden.

Bernie: Das ist ja immer im Endeffekt eine finanzielle Frage. Im Moment müssen wir alles aus der eigenen Tasche bezahlen und ab einem gewissen Betrag wirds kritisch.

Rob: Und im Moment ist das Geld einfach alle. Wir müssen jetzt erst mal die CDs verticken, die Promos verschicken und schauen, dass wir ein wenig Kohle wieder reinfahren, vielleicht auch durch Konzerte, bei denen auch mal mehr abfällt, als Spritgeld. Und ohne weiteres Geld können wir auch kein weiteres Album machen. Bernies Wunsch ist es auch, dass das nächste Album etwas länger sein soll, also über 40 Minuten...

Bernie: 45 Minuten, bitte!

Rob: ...und da haben wir auch noch nicht genug Material dafür. Bisher sind etwa 60 Prozent der Songs fertig. Da gibt es ein kleines Konzept aus den Wörtern "Pain, Trust, Lies, Disharmony", wie dann die nächste Platte auch heissen wird. Da gibt es zu jedem Wort einen Song.

Mika: Stehen die auch in irgendeinem Bezug zueinander?

Rob: Nein, gar nicht. Die stehen alle für sich. Die Wörter stammen aus einer Textzeile von Daniel (Gladen, Bass - Mika), der zwar keine Musik, aber sehr gute Texte schreibt. Irgendwo in seinen neuen Texten ist eben diese Zeile aufgetaucht und wir haben uns gesagt, wir machen aus den vier Wörtern mehr draus, schreiben zu jedem einen Song. Allerdings weiss niemand, was damit wirklich gemeint ist. Bei "Pain", was wir auch heute abend spielen werden, geht es um puren Kannibalismus, Mensch isst Mensch. Der Text besteht nur aus 12 Wörtern oder so und steht in keinem Bezug zu den anderen Liedern.

Mika: Aber zu aktuellen Ereignissen?

Bernie: Nein, haha. Wir springen auf keinen Trend auf. Das kommt rein aus uns selbst, der Wille, äh...also das Verlangen.

Mika: Frage ich mich jetzt nur, ob mich dieser Wille von Euch dann im Moment nicht mehr schockiert.

Bernie: (lacht) Nächste Frage!

Mika: Damit sind wir auch schon am Ende. Noch irgendwelche abschließenden Grüße oder Messages an die Leser?

Bernie: Eschd saarländisch Todesblei!

Mika: Jawoll!
Kategorie: Interviews