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CONTRADICTION aus Wuppertal dürften im nordrheinwestfälischen Metal-Underground schon lange keine Unbekannten mehr sein, haben sie doch gerade in den letzten zwei Jahren eine beeindruckende Live-Präsenz an den Tag gelegt. Nun haben sie dieses Frühjahr mit ihrem fünften Studioalbum „The Voice Of Hatred“ ein absolutes Thrash Metal-Highlight veröffentlicht, das von der einschlägigen Metal-Presse fast durchgehend und zurecht abgefeiert wurde. Grund genug, einmal bei den beiden Gründungsmitgliedern Oliver "Koffer" Lux (git/voc) und Oliver "Oli" Kämper (git) wegen eines Interviews anzuklopfen. Neckbreaker: "The Voice Of Hatred" ist jetzt seit einigen Monaten veröffentlicht. Was denkt ihr heute, mit einem gewissen Abstand, über das Album?

Koffer: Im Grunde genommen sind wir mit dem Album sehr zufrieden, wobei es natürlich immer so ist, dass man im nachhinein noch Sachen findet, die man, sei es bei den Arrangements, sei es bezüglich Sound, noch verbessern kann. Aber, wie du auch den allgemeinen Reaktionen entnehmen kannst, ist uns TVOH recht gut gelungen und es ist, wie ich finde, ein starkes Album.

Neckbreaker: Absolut! Nun ist TVOH ja nicht euer erstes Lebenszeichen, ihr habt vorher ja bereits drei Alben, eine Mini-CD und zwei Demos veröffentlicht. Gebt unseren Lesern doch mal bitte eine kurze Übersicht über euren 16jährigen Werdegang.

Koffer: Angefangen haben wir 1989, wobei von der Urbesetzung nur noch ich und der Oli Kämper dabei sind. Wir haben dann 1991 unser erstes Demo produziert, 1992 unser zweites Demo, mit dem wir auch erste Achtungserfolge hatten. 1993 haben wir unser erstes Album "Rules Of Peace" aufgenommen und in Eigenregie veröffentlicht, haben dann einige Shows auch mit bekannten Bands gespielt, um dann 1995 einen Plattenvertrag zu unterschreiben. 1996 folgte dann „All We Hate“, welches sich 2500 mal verkauft hat und meiner Meinung nach zu den besseren Produktion der 90er aus deutschen Landen zählt. Leider haben wir uns in diesem Jahr von unserem Drummer getrennt und außerdem hat uns unser damaliges Label ziemlich hängen lassen, so haben wir z.B. keinen Toursupport erhalten. Das die Platte dann so häufig über die Theke ging, war beinahe ein Wunder. Mit dem neuen Drummer haben wir dann, nachdem wir uns 1998 per Gericht von unserem Label gelöst hatten, im selben Jahr ein Demo "Good Company" aufgenommen. 2000 kam dann wieder ein neuer Drummer, 2001 legten wir dann unser nächstes Album "Contraminated" nach. Wir haben 2002 eine Livepause gemacht, weil ich mit Cyberya sehr viel unterwegs war. 2003 haben wir uns entschlossen die Band wiederzubeleben und sind eigentlich seitdem kontinuierlich live präsent. Und dieses Jahr haben wir dann endlich bei Armageddon unterschrieben und im Mai TVOH veröffentlicht. Die Band besteht zur Zeit aus 4 Leuten, mir, Oli, Kasi (bass) und Tim (drums).

Neckbreaker: Wie kam denn euer Kontakt zu eurem neuen Label Armageddon Music, bei welchem ja auch Bands wie Suidakra oder Goddess Of Desire unter Vertrag stehen, zustande? Und erzählt doch mal ein bisschen über den Enstehungsprozess der Scheibe.

Koffer: Der Deal ist über Sabina Classen zustande gekommen, die uns noch aus den 90er Jahren kennt. Sie hat uns letztes Jahr zweimal live gesehen und da schon Interesse bekundet, letzten Endes aber die Entscheidung im Februar getroffen, als wir eine Show in Hannover gespielt haben. Es scheint dass wir an diesem Abend wohl recht gut gewesen sind. Produziert haben wir TVOH in unserem eigenen Studio über das Jahr 2004 verteilt. Wir hatten immer wieder längere Pausen, bedingt durch unsere Konzerte. Die Sessions liefen, wie man hört, ganz gut.

Neckbreaker: Wie sieht eigentlich der Songwritingprozess bei euch aus?

Koffer: Das Songwriting liegt eigentlich komplett bei Oli und mir. Hier und da sind die anderen im Songwriting involviert, außerdem arbeitet jeder seinen Part ja selber aus, oder auf.

Neckbreaker: Im Vergleich zu euren älteren Songs weisen die Lieder auf TVOH ziemlich viele prägnante Gitarrenmelodien auf, was im aktuellen Thrash Metal ja etwas selten geworden ist und euer Material irgendwie unverwechselbar und eingängig macht. Was das eine bewusste Entscheidung, oder ist das einfach so entstanden?

Koffer: Wir haben uns von einer sehr riffbetonten Musik zu einer Musik mit starken Riffs, auf die wir griffige Melodien setzen entwickelt. Ich denke, es ist einfach so gekommen. Man kann einen Songwritingprozess nur bedingt steuern. Nach dem Motto: entweder es kommen gute Ideen, oder nicht. Den Feinschliff der Songs macht man dann im Produktionsprozess.

Neckbreaker: Habt ihr irgendwelche Favoriten auf TVOH, oder gar Stücke, mit denen ihr im Nachhinein gar nicht mehr so glücklich seid?

Koffer: Meine Favoriten sind "Break The Oath" und "The Voice Of Hatred" und "Crimes". "Horizon" ist der einzige Songs, den ich nicht noch mal aufnehmen würde.

Oli: "Nation Of Fear", "Break The Oath" und "Engines Of Greed" sind meine Favoriten.

Neckbreaker: Eure Plattenfirma beschreibt eure Musik „irgendwo zwischen Old School Thrash Metal und Metalcore“. Ersteres kann man sicher bedenkenlos unterschreiben, doch den Verweis auf den Metalcore kann ich nicht so wirklich unterschreiben. Wie würdet ihr euren eigenen Stil beschreiben? Wer waren/sind eure musikalischen Vorbilder?

Koffer: Tja, mit Stilbeschreibungen in eigener Sache tue ich mich immer schwer, aber eigentlich passt Thrash Metal ganz gut, weil wir alle Trademarks haben, die irgendwie dazu gehören. Vorbilder haben wir jede Menge, z.B. Sepultura, Testament, halt alles was in den 80er und 90er Jahren so unterwegs war.

Neckbreaker: Ihr wart ja auch immer schon live sehr aktiv; in den 90ern hattet ihr Gigs mit bekannten Namen wie Testament, Iced Earth oder Entombed, und pünktlich zum Release von TVOH stand eine einwöchige Europatour mit Overkill auf dem Programm. Wie war es, mit solchen Legenden unterwegs zu sein? Hattet ihr überhaupt groß Kontakt zu Blitz & Co?

Koffer: Da die Overkilltour ja eher im kleineren Rahmen stattfand, läuft man sich zwangsläufig über den Weg. Es war sehr nett und anregend, Bobby kennen zu lernen, aber auch die restlichen Bandmitglieder sind sehr nett und wir hatten viel Spaß.

Oli: Hatten wir.

Neckbreaker: Welchen Stellenwert haben Livekonzerte für euch allgemein? Werdet ihr weiterhin auch den Underground beackern, oder nur noch größere Angebote verfolgen? Btw, wird es irgendwann eine Neuauflage des von euch in Wuppertal veranstalteten Mega-Blast-Festivals geben?

Koffer: Livepräsenz macht Spaß und ist unser oberstes Gebot!

Oli: Live wird es ähnlich fleißig weitergehen, denn der Bekanntheitsgrad soll weiter wachsen. Das Mega-Blast Festival wird es wieder geben, allerdings in geänderter Form. Das ist natürlich abhängig von den Terminen, die bei Contradiction so anfallen. Wir veranstalten ja mehrfach im Jahr auch andere Dinge, wie z.B. demnächst ein exklusives Rhein-Ruhr-Tourdate vom Killer-Package Vader/Rotting Christ.

Neckbreaker: Das Highlight eures Sommers dürfte sicherlich euer Auftritt auf dem Wacken gewesen sein, auch wenn er nicht gerade zur besten Sendezeit, sondern Mitten in der Nacht im WET-Zelt stattgefunden hat. Wie war es denn, Teil dieses Kultevents gewesen zu sein, wie waren die Reaktionen?

Oli: zunächst mal war es extrem schlammig, aber irgendwann war’s dann auch egal. Zum Auftritt: die Zeit war schon recht blöd, zumal wir dann auch noch mehr Konkurrenz auf den Hauptbühnen hatten als es um 19 Uhr oder ähnlich der Fall gewesen wäre. Immerhin haben sich noch einige Hundert Leute in das Zelt locken lassen, nachdem wir angefangen hatten, sodass sich das Zelt noch sehr gut füllte. War schon prima. Promomäßig hat es sicher mehr gebracht, auf den ganzen Wacken-Postern, Flyern etc. draufzustehen als der Gig selbst, weil eben auch viel Journallie sich um diese Zeit aus Gründen übermäßigen Alkoholkonsums den Gig nicht mehr angesehen hatte.

Neckbreaker: Sollten sich was schämen! Nach eurem Plattendeal und den erwähnten größeren Liveauftritten: wo seht ihr euch im Moment? Was für einen Status hat CONTRADICTION eurer Meinung nach im Moment – noch Underground, oder schon eine Stufe darüber?

Oli: Da sollte man auf dem Teppich bleiben, das ist noch Underground, allerdings haben wir gerade durch das anno 2005 Erreichte einen ganz erheblichen Sprung nach vorne gemacht. Man kann seinen Stellenwert ja immer schlecht selbst beurteilen, aber ich denke, wir haben uns innerhalb des Undergrounds schon ziemlich weit nach vorne gestrampelt. Wichtig für uns ist auch eher, dass wir sehen, dass es nach vorne geht und die ganze Arbeit und Ackerei was bringt.

Neckbreaker: Ihr seid ja (noch?) keine Profimusiker, sondern noch anderweitig berufstätig. Wie schafft ihr es, eure Jobs mit dem ja durchaus zeitaufwändigen Bandleben zu vereinbaren?

Oli: Ja, wir gehen allesamt unseren Berufen nach, einige von uns haben auch Kinder, sodass der Faktor Zeit bei uns eine extrem wichtige Rolle spielt: da wir davon so wenig zur Verfügung haben, geht diese komplett in die Band. Ich finde, dass wir das ganz effektiv umsetzen.

Neckbreaker: Werfen wir noch einmal einen Blick in eure Vergangenheit: wie würdet ihr aus heutiger Sicht eure vorherigen Platten beurteilen?

Oli: Die erste CD "Rules Of Peace" (1993): einfach aus dem Bauch heraus Songs gemacht, die ich mir heute noch sehr gut anhören kann. Da wir das heutzutage aber alles wesentlich besser umsetzen können, klingt die CD hier und da mal etwas holprig, was ich aber durchaus okay finde... so was gehört nun mal zur Entwicklung.
"All We Hate!" (1996): sehr fette, druckvolle Produktion, auch geile Nummern drauf. Das Ding hatte definitiv das Zeug, uns noch viel weiter nach vorn zu bringen, wurde auch reviewmäßig ganz gut abgefeiert und verkaufte sich wie von selbst. Bin immer noch sehr stolz auf dieses Album.
"Good Company"-EP (1998): sehr coole, frische Aufnahme mit geilen Tracks, die wir z.T. sehr gerne live spielen. Das Ding haben wir so gut wie gar nicht verbreitet.
"Contraminated" (2001): das ist so vielseitig vom Songwriting.... wir waren da nach einer Leerlaufphase auf Identitätssuche und haben alles mögliche ausprobiert, u.a. auch zum ersten Mal selbst aufgenommen, was z.T. etwas in die Hose ging. Gute Songs drauf, aber das Endprodukt stellt uns nicht zufrieden.

Neckbreaker: Und allgemein, wie seht ihr die gesamte CONTRADICTION-Biographie seit 1989 rückblickend? Gibt es gravierende Sachen, die ihr unbedingt anders machen würdet, oder seid ihr im Großen und Ganzen zufrieden damit, wie es bislang gelaufen ist?

Oli: ich könnte mich immer wieder ärgern, dass wir zwischendurch mal einige Jahre wirklich haben schleifen lassen, wozu aber immer auch ungünstige Umstände erheblich beigetragen haben. Teils waren wir vom Pech verfolgt, teils aber auch zu faul, das Ding mal so richtig durchzuziehen. Vor zehn Jahren waren wir aber auch noch immer zu grün für die ganzen Abläufe des Business, sonst würden wir heute ziemlich sicher noch besser da stehen. Aber was soll’s: bin zufrieden damit, dass wir 2003 noch mal angefangen haben, richtig Gas zu geben... das war so was wie ein Neuanfang. Und seither läuft es immer besser.

Neckbreaker: Was ist für die nähere Zukunft geplant? Werden wieder vier Jahre bis zur nächsten Plattenveröffentlichung vergehen? Was für Ziele habt ihr euch noch gesetzt?

Oli: Alles, was wir in der jüngsten Zeit an coolen Erlebnissen und Erfolgen hatten, nehmen wir gerne mit, wissen aber auch die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen. Wir werden weiter fleißig an Songs, unserer Bühnenpräsenz usw. basteln. Wir wollen einen starken Nachfolger von "THE VOICE OF HATRED" nachlegen, und das schon in 2006, was jetzt manch einen erstaunen dürfte. Aber ernsthaft: wir wollen jetzt, wo viele auf uns aufmerksam geworden sind, einfach mal am Ball bleiben. Und ich verspreche: man wird noch einiges von uns hören.

Neckbreaker: So, das war es dann schon so langsam von meiner Seite aus. Wie lauten eure berühmt-berüchtigten letzten Worte an die Neckbreaker-Leser?

Oli: Leute, nutzt die Gelegenheit und kommt mal zu einem unserer vielen Live-Konzerte, es lohnt sich garantiert! Checkt einfach mal via Website www.contradiction.de ein paar Hörproben an und macht euch auf die Socken.

Neckbreaker: Okay, dann bedanke ich mich sehr herzlich, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt. Ich wünsch euch alles gute für die nächste Zukunft, hoffentlich trifft man sich bald mal wieder.

Oli: worauf Du einen lassen kannst ;-)

Koffer: Röschtöööööösch!


(Kai)
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