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interview GlennTipton JudasPriest 00JUDAS PRIEST haben 2014 mit "Redeemer Of Souls" ihr bereits vierzehntes Studioalbum veröffentlicht. Nicht bei jedem in unserer Redaktion kam dieses gut an, dennoch stehe ich nach wie vor hinter meiner Meinung, dass es ein starkes Album geworden ist. Nach dem etwas flauen „Nostradamus" dürfte dies auch vielen anderen JUDAS PRIEST-Fans so gehen. Im Zuge der Veröffentlichung habe ich zudem die seltene Gelegenheit bekommen, mit Gitarrist Glenn Tipton ein wenig zu plaudern. Lest selbst, was Glenn zum neuen Album und der kommenden Tour zu sagen hat.

Pascal: Hallo Glenn, Pascal hier vom Neckbreaker-Magazin. Es ist mir eine große Freude heute mit dir zu sprechen.

Glenn: Hallo Pascal.

Pascal: Das neue Album „Redeemer Of Souls" ist veröffentlicht und die Fans können es endlich hören. Wie fühlst du dich?

Glenn: Bestens.

Pascal: Wie ich vor Kurzem gelesen habe, ist es euch mit „Redeemer Of Souls" zum ersten Mal gelungen, eine Top-10-Chartposition in den U.S.A. zu erreichen. Bist du mit den Reaktionen aus der Presse und besonders mit den Reaktionen eurer Fans auf das Album zufrieden?

Glenn: Ja, die Reaktionen zum neuen Album waren bisher sehr gut, wofür wir wirklich dankbar sind. Wir haben ziemlich lange und sehr hart an dem Album gearbeitet und dabei versucht das Album zu machen, das jeder von uns wollte. Ich bin sehr zufrieden damit.

Pascal: Mir gefällt das Album sehr gut, es ist sehr abwechslungsreich und bieten alle Facetten von JUDAS PRIEST. Fast so wie bei euren früheren Werken.

Glenn: Ja (lacht).

Pascal: Inwiefern hat sich die Trennung von Gitarrist K.K. Downing auf den Songwriting-Prozess ausgewirkt? Früher gab es immer das große Dreigespann Halford / Downing und Tipton. Hat sich die Herangehensweise durch Richie Faulkner viel verändert?

Glenn: Es hat sich ein wenig verändert. Richie ist wirklich außergewöhnlich, und das meine ich auch so, wie ich es sage. Dennoch wussten wir nicht, ob wir im Team gut zusammenarbeiten würden, aber wir schrieben das Album so, wie wir es normalerweise tun. Sammelten Ideen, Riffs, Titel für die Stücke und Lyrics, brachten alles zusammen und begannen die Songs zu schreiben. Im Grunde ist der Songwriting-Prozess ziemlich der gleiche, wie er immer war.

Pascal: Also wurde Richie vollständig in das Songwriting integriert?

Glenn: Ja sehr sogar.

Pascal: Die Gitarrenriffs und Melodien harmonisieren wirklich gut und die Harmonie zwischen dir und Richie scheint zu stimmen. Wie seid ihr euch im Studio einig geworden, wer das Solo für einen Song spielen darf, gab es einen kleinen Kampf zwischen euch beiden?

Glenn: Nein (lacht). Richie ist ein grandioser Gitarrist und hier kann er endlich richtig zeigen, was er drauf hat. Er ist aber kein Gitarrist, der eine Millionen Noten in der Sekunde spielt, obwohl er dazu fähig wäre. Genau das ist es, was mir an ihm so gut gefällt, er weiß genau, was ein Song braucht und spielt dann was Passendes. Damit hat er sich perfekt ins Songwriting eingebracht.

Pascal: Wie arbeitest du ein Solo für einen Song aus? Schreibst du erst einmal Note für Note auf Papier oder geht das eher nach Gefühl?

Glenn: Ach ja, das mit den Solos habe ich gar nicht komplett beantwortet. Wir setzen uns nicht zusammen und sprechen ab wer das Solo übernimmt, es funktioniert auf ganz natürliche Weise. Wenn an der jeweiligen Stelle des Songs ein Solo in seinem Stil besser passt, dann nehmen wir das. Sollte an der Stelle mein Stil besser passen, nehmen wir das Solo von mir. Es organisiert sich praktisch von selbst.

Pascal: Also ist es eher eine Gefühlssache, oder schreibst du Note für Note auf Papier und überlegst dir genau, was zum Song passen könnte?

Glenn: Nein nicht wirklich, auf die Art arbeite ich nicht. Ich hole einen Song mit nach Hause und komme irgendwann mit einer Idee dafür zurück.

interview GlennTipton JudasPriest 03

Pascal: „Metalizer" ist ein sehr harter Song und erinnert vom Stil her sehr an die „Painkiller"-Phase der Band. War es eine bewusste Entscheidung von euch, einen neuen Song im klassischen Heavy-Judas-Priest-Stil zu schreiben?

Glenn: Nein nicht wirklich, wir haben uns einfach zusammengesetzt und die Songs ganz normal geschrieben. So kamen dann die Ideen zusammen, was eigentlich so wie immer war. Wir haben uns nicht vorher überlegt, ob irgendetwas den typischen Judas-Priest-Stil hat. Bei einer solchen Vorgehensweise besteht immer die Gefahr sich selbst zu kopieren, daher ist es besser, ganz unbefangen an einen Song heranzugehen. „Ram It Down", „Painkiller" oder eben auch „Metalizer" sind dadurch ganz typische JUDAS PRIEST-Songs geworden.

Pascal: Wer hatte die Idee für das coole Blues-Riff von „Crossfire?

Glenn: Das war Richie.

Pascal: Oh ok, ich dachte eher die Idee stamme von dir.

Glenn: Jedes Riff, mit dem Richie ankam, war sehr JUDAS PRIEST mäßig, worüber wir alle sehr überrascht waren. Man kann wirklich großartiges Material schreiben, aber es sollte auch zu der Band und dem Stil passen. Und egal mit was Richie ankam, es passte wirklich sehr gut zu JUDAS PRIEST. Richie ist darin absolut großartig.

Pascal: Rob schreibt soweit ich weiß alle Lyrics für die Songs, oder?

Glenn: Ja genau.

Pascal: Dennoch würde mich interessieren, ob du eventuell weißt wovon der Text der genialen Ballade „The Beginning Of The End" handelt.

Glenn: Bei diesem Song war ich an den Lyrics mitbeteiligt, manchmal trage ich da auch ein wenig dazu bei. So gesehen ist es der Anfang vom Ende, doch der Anfang vom Ende könnte zwei Jahre, zwanzig Jahre oder sogar über 100 Jahre dauern. Du könntest es also in jede Form bringen, die dir gefällt. Es ist also nicht das Ende, es ist nur der Anfang vom Ende.

Pascal: Ian Hill hat auf dem neuen Album wieder keine Songwriter-Credits. Warum eigentlich nicht? Seine letzten Credits liegen schon eine ganze Weile zurück, schreibt er nicht gerne Songs?

Glenn: Jeder ist beim Songwriting integriert, so auch Ian. Als wir die Songs für das neue Album gemeinsam schrieben, waren all seine Beiträge super und wurden direkt akzeptiert. Ian hat auch schon Songs geschrieben, „Invader" stammt von ihm, den Track findest du auf „Stained Class". Er ist wahrlich ein sehr guter Bassist und das schon seit einer sehr langen Zeit.

Pascal: „Redeemer Of Souls" ist sehr abwechslungsreich geworden. Es gibt die typischen heavy Songs, dann ein Blues-Stück und all die klassischen JUDAS PRIEST-Elemente. Hatte die „Epitaph"-Tour einen großen Einfluss auf das Songwriting für das neue Album?

Glenn: Dadurch, dass wir auf der Tour von jedem Album mindestens einen Song gespielt haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir ein eher traditionelles Album machen sollten. Also nicht ganz so wie unser letztes Studioalbum „Nostradamus". Die meisten Leute wollen mehr Songs im klassischen JUDAS PRIEST-Stil. Wir haben auf sie gehört und „Redeemer Of Souls" ist das Ergebnis davon.

Pascal: Es ist also wie eine Art Geschenk an die Fans, was ich wirklich gut finde.

Glenn: Ja.

Pascal: Mich würde interessieren was mit dem Gitarrensound auf dem neuen Album passiert ist, bei einigen Tracks klingen die Gitarren ein wenig als wäre ein Kompressor verwendet worden.

Glenn: Es wurde kein Kompressor verwendet, alles wurde ganz natürlich aufgenommen. Wir haben versucht dem Album einen sehr natürlichen Klang zu geben, es gibt keine programmierten Sounds. Die Gitarren sollten möglichst organisch klingen, daher wurden auch die Verstärkerboxen mikrofoniert. Meiner Meinung nach klingen die Gitarren super.

Pascal: Denkst du, dass ihr nach eurer Nordamerika-Tour zurück nach Europa kommen werdet?

Glenn: Wir wissen noch nicht genau was wir nach der Nordamerika-Tour machen werden. Ich kann dir da jetzt nichts Genaues sagen, aber ich denke es wird einige Termine geben.

Pascal: Weißt du schon, welche der neuen Songs ihren Weg in die Setlist finden?

Glenn: Genau weiß ich es noch nicht, aber ich schätze mal „Dragonaut", „Halls Of Valhalla" und möglicherweise der Blues-Song. Wir setzen die Setlist immer gemeinsam zusammen, und das ist eine der härtesten Entscheidungen. Es werden vermutlich so vier bis fünf Songs vom neuen Album.

Pascal: Das klingt gut, denkst du es wird für die Fans auch einige Überraschungen geben, was alte Tracks anbelangt? Vielleicht einen Song, den ihr bisher noch nie live gespielt habt?

Glenn: Wir werden auf jeden Fall die Klassiker spielen, mehr kann ich dazu momentan nicht sagen.


"Das Jubiläum von "Defenders Of The Faith" steht demnächst an, und wir haben bereits darüber nachgedacht, das Album vollständig zu spielen."

Das wäre sicherlich eine Überlegung wert. Dann aber bitte auch mit Terminen in Deutschland.



Pascal: Denkt ihr immer noch über eine komplette Aufführung des „Nostradamus"-Albums als eine Art Theateraufführung nach?

Glenn: Das ist etwas, was wir wirklich gerne machen würden und worüber wir auch schon gesprochen haben. Momentan konzentrieren wir uns allerdings ganz auf die neue Platte und die anstehende Tour. „Nostradamus" ist irgendwie so geschrieben, um eine komplette Show daraus zu machen. Sehr klassisch und opernmäßig, und es wäre wirklich großartig, eine solche Show aufzuführen.

Pascal: Zum Jubiläum des „British Steel"-Albums habt ihr dieses komplett live gespielt. Denkst du, das wäre auch für andere anstehende Jubiläen denkbar, wie z.B. für „Defenders Of The Faith"?

Glenn: Das Jubiläum von "Defenders Of The Faith" steht demnächst an, und wir haben bereits darüber nachgedacht, das Album vollständig zu spielen. Die „British Steel"-Shows kamen damals sehr gut bei den Leuten an.

Pascal: Denkst du es wird irgendwann eine offizielle Bandbiographie über JUDAS PRIEST geben?

Glenn: Wir wurden bereits von vielen Leuten diesbezüglich kontaktiert, aber momentan haben wir nicht vor etwas Derartiges zu machen. Möglicherweise irgendwann in der Zukunft.

Pascal: Wäre es möglich, dass demnächst noch weitere alte JUDAS PRIEST-Shows auf DVD veröffentlicht werden? Ich habe die Bonus-DVD der „Screaming For Venegance"- Anniversary-Edition sehr genossen.

Glenn: Ich kann dir dazu nichts Genaues sagen, weil ich nicht sicher bin, welche unserer Shows aufgenommen wurden und welche davon eventuell für eine Veröffentlichung in Betracht gezogen werden könnten. Wir haben darüber noch nicht gesprochen.

Pascal: Wird es eventuell weitere Dokumentationen, ähnlich der BBC-Classic-Albums-Folge zur „British Steel" geben?

Glenn: Auch das kann ich dir nicht wirklich sagen, du weißt nie was die Zukunft bringt. Es gibt momentan keine Pläne dazu.

Pascal: Könnte „Redeemer Of Souls" das letzte JUDAS PRIEST Album sein?

Glenn: Es wäre möglich, das ist bei jedem Album möglich. Ich würde dir gerne eine Antwort darauf geben aber ich kann es nicht wirklich sagen.

Pascal: Ich würde dir jetzt gerne noch ein paar persönlichere Fragen stellen. Da ich selbst Gitarrist bin, bin ich immer sehr an verschiedenen Techniken und Equipment interessiert. Vermutlich bist du dafür sogar einer der besten Interviewpartner. Deine neue Webseite wurde schon seit Längerem nicht mehr aktualisiert, wird es da noch neue Beiträge geben?

Glenn: Ja, im Zuge des neuen Albums.

interview GlennTipton JudasPriest 02Pascal: Hast du einen Favoriten unter deinen Gitarren? Du spielst ja einige Hamer-Modelle und auch einige Gibson-Gitarren. Gibt es ein Modell, das du bevorzugst?

Glenn: Ich ziehe die Hamer-Gitarren ein wenig vor. Ich liebe die Phantom-Modelle, die ich schon seit sehr langer Zeit spiele. Im Gegensatz zu anderen Gitarren haben die nur einen Volumenregler und einen Pickupswitcher, was wirklich super ist. Auch die Hamer GT-Modelle sind etwas Besonderes, ich mag besonders das Design und den Hals der Gitarren. Dieser basiert auf dem Hals einer SG-Gitarre, wovon ich ein großer Fan bin. Ich mag es einfach wenn an einer Gitarre so wenig Potis wie möglich sind, dadurch kann man sich auf der Bühne mehr auf das Spielen konzentrieren. Daher steh ich auf die Hamer-Gitarren und benutze sie auch im Studio für die Solos.

Pascal: Verwendest du im Studio nur deine Hamer-Modelle oder auch andere Gitarren?

Glenn: Eigentlich alle, wir versuchen je nach Song immer den passenden Sound zu finden und wechseln daher auch öfters mal die Gitarren.

Pascal: Also auch deine alte Gibson SG-Gitarre?

Glenn: Ja, sofern sie zum Song passt, es kommt immer darauf an wonach wir suchen. Auf dem aktuellen Album haben wir versucht den Sound sehr simpel und natürlich zu halten, daher haben wir nicht allzu viele verschiedene Sounds verwendet.

Pascal: Hast du dir das Gitarre spielen selbst beigebracht oder hattest du Unterrichtsstunden?

Glenn: Nein, ich habe mir alles selbst beigebracht.

Pascal: Wow, Wahnsinn. War es für dich damals in den Siebzigern schwierig eine Verbindung zu den anderen Bandmitgliedern herzustellen als du bei JUDAS PRIEST eingestiegen bist?

Glenn: Nein, wir standen uns bei JUDAS PRIEST schon immer alle sehr nahe und verbrachten gerne Zeit zusammen. Es gab damals keinerlei Ablehnung. Ich war ja bereits vor dem ersten Album eingestiegen, zuvor spielte ich in anderen Bands, bis JUDAS PRIEST mich fragten ob ich einsteigen möchte.

Pascal: Hast du aktuell Pläne für ein weiteres Soloalbum?

Glenn: Ich habe jede Menge Ideen, aber momentan liegt mein Fokus ganz bei JUDAS PRIEST. Du weißt nie wie sich alles entwickeln wird, eventuell werden einige der Ideen irgendwann noch veröffentlicht.

Pascal: In Ordnung, Vielen Dank für deine Zeit. Keep The Faith!

Glenn: Ok, vielen Dank auch an dich, Pascal. Bye.

interview GlennTipton JudasPriest 01

(Quelle Fotos: CMM / Oktober Promotion)

 

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