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interview_eluveitie_20120913_01ELUVEITIE sind zur Zeit eine der fleißigsten Bands überhaupt. In diesem Jahr haben sie bereits eine Tour, die Veröffentlichung eines regulären Albums sowie den Re-Release ihrer ersten beiden Scheiben (wobei sie „Vên“ noch einmal ganz neu eingespielt haben) hinter sich. Und jetzt befinden sich die Schweizer schon wieder auf Tour. Genug Gründe also, sich mit dem Oktett zusammenzusetzen und es mit Fragen zu löchern. Dabei stellt sich jedoch heraus, daß es die Schweizer (L)eidgenossen gar nicht so leicht haben.

Sänger Chrigel, der mir Rede und Antwort stehen soll, leidet unter einem erheblichen Kater, da er am Tag zuvor in Luxemburg von drei Luxemburger Polizisten (die in Personalunion ELUVEITIE-Fans sind) dermaßen mit Wodka abgefüllt wurde (Widerstand gegen die Staatsgewalt gehört wohl nicht zu seinen Stärken), daß er erst kurz vor dem Interviewtermin wieder aufgewacht ist und nun vom Kopfweh des Todes geplagt wird. So nippt er auch nur an seinem Saft, während er mir ein Bier hinstellt und trägt die ganze Zeit eine Sonnenbrille, obwohl eher gedämpftes Licht herrscht. Da fallen die Antworten auf meine Fragen natürlich auch etwas einsilbig aus und man muß Chrigel alles aus der Nase ziehen. Erst als ich die Helvetier/Gallier anspreche, blüht er wieder auf. Und Anna, die während des gesamten Interviews anwesend ist, stöhnt jedes Mal leidend auf, sobald ihr Name und das Wort „Gesang“ in einem Satz fallen. Aber lest selbst:


Anne: Ihr habt ja jetzt grade im Februar ein neues Album rausgebracht, davor wart ihr auf Tour, danach wart ihr auf Tour, ihr habt im Sommer die ganzen Festivals gemacht, und jetzt kommt schon wieder ein Re-Release, wo ihr ja zumindest ’nen Teil neu eingespielt habt. Da bin ich schon beeindruckt. Wie managt ihr das zeitlich?

Chrigel: Ja, halt eins nach dem andern. Ja, also ich meine grundsätzlich haben wir den Tourzyklus zum letzten regulären Album, das  - wie du sagst – im Februar rausgekommen ist, Mitte Januar begonnen und der Tourzyklus wird noch bis nächsten Sommer dauern, aber dann in diesem Jahr, Anfang Herbst haben wir eine viermonatige Tourpause gemacht um ins Studio zu gehen und „Vên“ neu einzuspielen.

Anne: Ihr habt das ja neu eingespielt bzw. wieder veröffentlicht, weil diese beiden Scheiben nicht mehr so gut zu bekommen sind. Was war denn das für ein Gefühl, diese Songs noch mal mit einer teilweise anderen Besetzung einzuspielen?

Chrigel: Also es war super und hat total Spaß gemacht. Ich weiß jetzt nicht mal, ob es primär an der Besetzung lag, also das schon auch, aber das war grundsätzlich irgendwie cool und schön so diese alten Sachen hervorzukramen und  - ja – sich damit auseinander zu setzen. Und was wir halt auch spannend fanden, das war mit oder ist eigentlich der hauptsächliche Beweggrund für die Entscheidung, das neu aufzunehmen, daß wir einige dieser alten Songs auch heute noch regelmäßig live spielen und ja, diese Songs haben sich halt in den vergangenen zehn Jahren zusammen mit uns entwickelt. Und das war auch irgendwie cool, das jetzt festzuhalten und die so aufzunehmen und zu sehen „Wie klingen die heute, wie klingen die nach 10 Jahren Liveperformance“ und so.

Anne: Und das war auch mit ein Grund dafür, daß ihr die Songs neu eingespielt habt und nicht einfach nur remastert habt?

Chrigel: Genau, ja.

Anne: Und warum habt ihr „Spirit“ nicht auch noch mal neu eingespielt sondern nur remastered?

Chrigel: Also, wie du sagst vorhin, das war mit ein Grund, warum wir uns dazu entschlossen haben, das neu aufzunehmen, aber der Hauptgrund war halt die Qualität der Aufnahme und Produktion. Und „Spirit“ ist irgendwie ganz hörbar, deshalb haben wir das nur neu gemastert. Ja, das ist ok, aber das Demo, „Vên“ – die Aufnahmen waren so grauenhaft, da konnten wir nicht mehr wirklich dahinter stehen. Deshalb haben wir beschlossen, daß wir das neu aufnehmen.

Anne: Wo habt ihr die Songs denn neu eingespielt?

Chrigel: In der Schweiz bei Tommy Vetterli, in Tommy Vetterlis Newsound Studio, wo wir ja schon die letzten beiden Alben aufgenommen haben.

Anne: Gab es denn auch Überlegungen, diese Songs dann umzustrukturieren oder wolltet ihr so nahe wie möglich am Original bleiben?

Chrigel: Ja, wollten wir. Also wir haben uns das schon überlegt, aber wir wollten’s eigentlich möglichst – ich sag jetzt mal – unberührt lassen, ganz bewußt. Wir haben ein paar Kleinigkeiten geändert, halt einfach wo’s halt wirklich Sinn gemacht hat oder nötig war, aber wirklich so wenig wie möglich eigentlich.

Anne: Gab’s denn eigentlich auch mal irgendwann Überlegungen, Anna da etwas mehr Raum einzuräumen, weil sie ja jetzt in letzter Zeit doch wesentlich mehr singt als früher?
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Chrigel: (lacht, Anna stöhnt) Ja, tut sie. Beim Intro hat sie eine Zeile, die vor 10 Jahren ich gemacht habe. Aber wie ich das schon sagte, grundsätzlich wollten wir das so ursprünglich wie möglich belassen.

Anne: Ich finde auch die Neueinspielung klingt jetzt nicht mehr so hektisch wie die ursprüngliche Version. Insbesondere die Drums fand ich ziemlich hektisch. Also es ist jetzt schon immer noch schnell, aber es klingt nicht mehr so gehetzt.

Chrigel: Okay. Ich glaube, das liegt primär daran, daß wir heute die Instrumente spielen können und vor 10 Jahren das noch nicht der Fall war.

Anne: Ich finde, die neuen Sachen sind auch etwas langsamer als die alten.

Chrigel: Eigentlich haben wir jetzt grade bei den Wiederaufnahmen den einen Song z.B. schneller gemacht als er auf dem Demo war.

Anne: Nein, ich meine jetzt die neuen Songs.

Chrigel: Ja, ich weiß schon, aber es ist eigentlich nicht so. Aber es ist ja, wie gesagt, wenn wir heute zusammen spielen, ist das eine ziemlich tighte Sache, also wir spielen halt wirklich auf den Punkt zusammen und naja vor 10 Jahren war das alles noch nicht so genau, noch nicht so tight. Und das klingt jetzt vielleicht ein bißchen abstrakt, aber das macht unglaublich viel aus. Also da bewegen wir uns  - da sprechen wir von Millisekunden, das nimmst du nicht wahr. Das siehst du vor allem auch im Studio, wenn du z.B, die Schläge auf die Bassdrum siehst und z.B. der Schlag von Schlagzeug und der Anschlag der Gitarre nicht ganz aufeinander sind und dann kommen noch andere Instrumente und das ist nicht so ganz zeitgenau dann macht das die ganze Sache breiig und auch hektisch. Es klingt halt viel sauberer, wenn es wirklich tight gespielt ist.

Anne: Ihr habt ja jetzt von diesem Re-Release auch eine eigene Version mit einem Bonussong noch drauf. Wird’s die denn auch hier jetzt auf dem Konzert schon zu kaufen geben bzw. auf der ganzen Tour?

Chrigel: Ja, genau.

Anne: Was sagt denn die Plattenfirma dazu, daß ihr noch mal eine eigene Version habt? Hat die da irgendwas dagegen? Ich meine, die wollen ja auch eigentlich ihre Version absetzen.

Chrigel: Ja, die Sache ist eben, das geht die ja in dem Sinne nicht wirklich was an. Die können dankbar sein, wenn sie ihre eigene Version zum Veröffentlichen kriegen und damit sollen sie zufrieden sein.

Anne: Also ihr habt da keine vertraglichen Schwierigkeiten?

Chrigel: Nein. Nein, nein, natürlich nicht.

Anne: Und warum macht ihr das? Ihr könntet ja den Bonussong auch einfach auf die Version der Plattenfirma draufpacken und gut ist.

Chrigel: Ja, hätten wir tun können. Aber zum einen war’s halt cool so was Eigenes zu machen, wenn sich die Möglichkeit dazu schon mal bietet und… Also wir haben das ganze ja anläßlich unseres zehnjährigen Jubiläums veröffentlicht. Wir wollten halt einfach was Spezielles machen. Also auch wirklich was – ja – für die Fans auch ein bißchen was Besonderes ist und deshalb auch die eigene Version. Deshalb hat das auch wirklich noch so ein richtig fettes Booklet drin mit der Bandgeschichte und allem Pipapo und halt noch diesen Song [„Divico“, Anm. d. Verf.], was eigentlich ein uralter Song ist, der nur noch nie veröffentlicht wurde. Ja, das war halt auch so ein bißchen die Idee, daß das etwas ist, das von uns kommt. Von uns direkt zum Fan. Das ist nicht irgendwie was von der Musikindustrie.

Anne: Ihr habt ja jetzt auf den letzten Fesinterview_eluveitie_20120913_04tivals im Sommer und auf der letzten Tour eigentlich vor allem neue Songs gespielt. Bekommen wir denn heute abend anläßlich des Re-Releases wieder ein paar mehr alte Songs zu hören?

Chrigel: Das wirste dann sehen. Nee, ja.

Anne: Gut. Im Dezember veranstaltet ihr ja auch wieder ein eigenes Festival. Organisiert ihr da alles selber oder habt ihr da jemanden dafür?

Chrigel: Ja. Nee, also stimmt nicht ganz. Wir machen das ganze schon in Zusammenarbeit mit Starclick heißen die, also ehemals Free & Virgin ist das, aber grundsätzlich sind wir die Organisatoren.

Anne: Wie findet ihr denn zwischen all diesem Organisieren, Touren und Festivals überhaupt noch Zeit, um Songs zu schreiben und die auch aufzunehmen?

Chrigel: Ja, also wie ich vorhin schon sagte, wir machen halt immer schön eins nach dem andern und jetzt ist noch Tour und die Tour wird im nächsten Frühling fertig sein und dann wird’s Zeit geben um Songs zu schreiben.

Anne: Gefühlt seid ihr ja auch quasi permanent auf Tour; es gibt auch böse Zungen, die behaupten, man muß nur eine Flöte in eine Menschenmenge werfen und schon stehen ELUVEITIE da und spielen 18 Songs. Habt ihr nicht Angst, daß ihr irgendwann die Leute vielleicht ein bißchen übersättigt, so daß die dann sagen, „Oh, die hab’ ich doch dieses Jahr schon sechsmal gesehen…“

Chrigel: Ehm…ja, das ist mir persönlich eigentlich wurschd, also ich mach mir da keine Sorgen; und ich finde – also wir spielen gerne und wenn jemand keinen Bock hat sich das anhören und anschauen zu kommen, dann soll er einfach nicht und gut is. So einfach ist das.

Anne: Auf der anderen Seite habt ihr aber eigentlich auch noch nie ’ne richtige Headlinertour gespielt. Bei diesen Paganfest-Touren wart ihr zwar immer mal wieder Headliner, aber da hat man ja auch nicht so ’ne lange Spielzeit. Gibt es da keine Pläne mal eine Tour zu machen, wo ihr wirklich Headliner seid und dann auch mal anderthalb Stunden oder noch länger spielt?

Chrigel: Ja, warum nicht? Also wir machen das eigentlich ab und zu, also das stimmt tatsächlich, nicht hier aber zum Beispiel in Nordamerika haben wir schon viele Headlinertouren gemacht. Ja, warum nicht, klar, wird’s bestimmt mal geben.  

Anne: Gibt’s eigentlich einen Ort oder eine Veranstaltung, wo ihr mal gerne spielen würdet, aber bis jetzt noch nie gespielt habt?

Chrigel: Nicht wirklich…glaube ich.

Anne: Braucht ihr bei diesem permanenten Aufnehmen, Touren, Aufnehmen, Touren nicht irgendwann mal ’ne Pause oder habt ihr jetzt nach 10 Jahren eine Pause angedacht?

Chrigel: Haben wir tatsächlich, ja. Also wir werden uns nächstes Jahr ein halbes Jahr Pause nehmen. Ein halbes Jahr Urlaub.

Anne: Schön! Dann gibt’s ja bei euch generell noch ein paar Wechsel. Jetzt ist ja Rafael Salzmann als neuer Gitarrist dabei. Kannst du den mal für unsere Leser kurz vorstellen?

Chrigel: Er hat ’ne sehr schöne Gitarre (greift neben sich und zeigt mir die (zugegebenermaßen wirklich schöne) Gitarre) und ist ein sehr, sehr guter Musiker. Er ist ursprünglich kein Metal-Musiker. Er kommt mehr aus dem Bluesrock, Jazz und so. Er ist ein unglaublich guter Gitarrist, ein begnadeter Gitarrist. Wir haben ihn kennengelernt via Anna. Der hat da im Studio – ah, da kommt er grade – der hat da im Studio wo sie arbeitet Anfang des Jahres als Studiogitarrist ein paar Jobs gehabt und so hat sie ihn halt kennengelernt und ja, so sind wir irgendwie dann zusammen gekommen. Und er hat halt einfach testweise mal ein paar Songs von uns gelernt und wir haben uns angeguckt, wie das so kommt, wenn der halt Metal spielt und ja, das ist halt schon ein richtig guter Gitarrist. Und ja, wir freuen uns total, daß er jetzt mitfährt auf der Tour und das kommt bestimmt gut.

Anne: Und auch Päde setzt ja im Moment aus. Für den habt ihr ja jetzt keinen Ersatz dabei, ihr seid also nur zu siebt. Gibt’s da irgendwelche Auswirkungen auf die musikalische Umsetzung auf der Bühne?

Chrigel: Ja, klar. Es fehlt ein Dudelsack. Ja, nee, da konnten wir halt eigentlich nix machen. Der ist ja nicht irgendwie ausgestiegen oder so, aber er kann die ersten zwei oder drei Wochen dieser Tour nicht mitkommen, er hat organisatorische Probleme zu Hause und das war für uns jetzt einfach zu kurzfristig um da noch schnell einen Ersatz zu finden.

Anne: Ihr habt ja auch viele Songs auf Gallisch. Sprecht ihr auch selber Gallisch?interview_eluveitie_20120913_03

Chrigel: Ja und nein. Also ich meine, ich habe schon gute Gallischkenntnisse, aber man kann in dem Sinne jetzt eigentlich nicht sagen, daß man Gallisch spricht. Gallisch ist ’ne ausgestorbene Sprache. Aber so gut man das halt sprechen kann, das schon, ja.

Anne: Und das reicht dann aber, um die Texte zu schreiben?

Chrigel: Genau. Also einerseits zum großen Teil sind unsere gallischen Texte ohnehin originale Texte die also vor 2000 Jahren von irgendwelchen Galliern verfaßt wurden und zum anderen seit jeher, wenn’s irgendwie um die Arbeit mit der gallischen Sprache geht, machen wir das immer in Zusammenarbeit mit diversen Wissenschaftlern. Also wir arbeiten z.B. relativ eng zusammen mit zwei Wissenschaftlern von der Universität in Wien und auch mit jemandem von der Uni Zürich.

Anne: Aber ihr habt ja eigentlich einen etruskischen Namen. Warum denn keinen gallischen?

Chrigel: Das ist so nicht ganz korrekt.

Anne: Wie ist es denn korrekt?

Chrigel: Wir haben durchaus ’nen gallischen Namen. Eluveitie heißt Helvetier in Gallisch. Aber die Gallier haben verschiedene Alphabete zum Schreiben benutzt. Je nachdem, wo man lebte. Also zum größten Teil haben sie ganz normal das lateinische Alphabet benutzt, also so, wie man’s auch früher schrieb, die frühe Form des lateinischen Alphabets. Das griechische Alphabet war auch relativ verbreitet halt weil Griechisch damals natürlich eine wichtige Sprache war, ähnlich wie heute Englisch oder so. [Rafel Salzmann kommt rein] Und ja, das ist Rafael übrigens. Sie hat mich vorhin grade über dich ausgefragt. Ja, also grade in Städten wo es um Handel ging und so war Griechisch halt wichtig und das griechische Alphabet und in den Alpenregionen und nördlich von den Etruskern damals, also so, blöd gesagt, da wo heute Liechtenstein ist und halt ein bißchen drum herum haben die Gallier auch Teile des etruskischen Alphabetes verwendet. Und diese Inschrift, „Eluveitie“, die man gefunden hat, ist halt mit dem etruskischen Alphabet erfaßt. Aber es ist ein gallischer Satz.

Anne: Ah, ok, das wußte ich noch nicht. Wie kommt ihr denn zu diesen uralten Texten? Wo findet man die denn noch?

Chrigel: Ja, also die große Arbeit machen die Archäologen für uns (lacht). Also, ja, also die Texte die sind ja einfach zugänglich. Das ist wissenschaftliches…ja, wie sagt man denn? Ja, das sind einfach zugängliche Sachen und ich beschäftige mich ja seit sehr vielen Jahren mit den ganzen Sachen sehr intensiv. Und ich hab’ zu Hause meine Archive, was man an solchen Texten halt gefunden hat bis heute, archäologisch gesehen, das hab ich halt zu Hause. Aber das ist öffentlich zugängliches Zeug.

Anne: Habt ihr denn noch andere Inspirationsquellen oder bezieht ihr euch da hauptsächlich auf eure alten Texte hier oder irgendwelche anderen Sachen?

Chrigel: Also du meinst jetzt einfach so konzeptionell oder?

Anne: Ja, wie kommt ihr drauf, daß ihr vielleicht einfach mal über ’ne Alltagssituation schreibt…

Chrigel: Ja, also ja, nein, also konzeptionell dreht sich das sicher um gallische Geschichte und Kultur, that’s it. Aber das schließt ja das, was du jetzt grade gesagt hast nicht aus. Ich finde das auch grade spannend. Also wenn ich schreibe bin ich eigentlich immer… also die Texte kommen eigentlich immer mit viel Emotion und Menschlichkeit daher. Ich will ja nicht nur trockene Geschichte erzählen und ich finde halt grad da auch die Spannung dran, wenn man sich intensiv mit Geschichte auseinandersetzt und da halt so die menschlichen Aspekte drin sucht. Weil  - ja, Menschen, Menschen bleiben wir immer. Auch vor 2000 Jahren. Und ich finde das halt auch sehr spannend zu gucken, was halt damals die Leute umtrieb und was treibt sie heute um und ich finde es spannend halt zu sehen, daß wir uns eigentlich gar nicht wirklich verändert haben.

Anne: Wenn ihr jetzt über Sachen schreibt, wie zum Beispiel auf dem letzten Album „Helvetios“ legt ihr da mehr Wert auf historische Korrektheit oder lehnt ihr euch da mehr an Sagen und Legenden an?

Chrigel: Nee, gar nicht. Also die historische Korrektheit ist etwas, was uns extrem wichtig ist. Aber nicht nur auf dem letzten Album, das war schon immer so. Also das ist etwas, das total wichtig ist, das uns sehr viel bedeutet. Ja, wo wir auch sehr viel Aufwand für betreiben. Wo wir mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten und so.

Anne: Also ihr recherchiert dann richtig wissenschaftlich?

Chrigel: Genau.

Anne: Wird denn Anna in Zukunft noch mehr Gesangsparts bekommen [Anna stöhnt hörbar auf]? Denn ihr geht ja jetzt immer mehr in Richtung „Band mit weiblichem Gesang“ und du gerätst so ein bißchen in den Hintergrund.

interview_eluveitie_20120913_05Chrigel: Tu ich das? Ich weiß es nicht… Ich kann’s dir nicht sagen, weil das ist jetzt nicht so eine Entscheidung in dem Sinne. War’s nicht uns wird’s wohl auch nicht sein. Niemals. Wenn ich Songs schreibe, dann setze ich die Stimmen ähnlich ein wie Instrumente und ich sehe die menschliche Stimme irgendwo als Instrument an und dann setz ich die immer songdienlich ein. Und wenn jetzt da ein Song entsteht und da gibt’s einen Part oder einen ganzen Song wo halt einfach…du spürst dann halt einfach „Ok, da muß jetzt irgendwie Annas Gesang hin, da paßt kein Schreigesang“ dann wird Anna da singen. Und  - genau, so kommt das zustande und von daher kann ich die Frage nicht beantworten – ich weiß es noch nicht. Aber das ist eben nie so ’ne Entscheidung daß wir uns überlegen „Ja, beim nächsten Album soll Anna bei drei Songs singen“ oder bei vier oder so, sondern es kommt wirklich drauf an, wenn der Song entsteht und dann kristallisiert sich irgendwie raus, ok, da muß jetzt irgendwie weiblicher Gesang hin oder was auch immer das dann ist.

Anne: Was habt ihr denn für Pläne für die Zukunft? Du hast ja eben schon erzählt, daß ihr jetzt nächstes Jahr mal ’ne Pause macht. Gibt es denn irgendwelche Pläne, was ihr dann aufnehmt? Es warten ja z.B. viele auf „Evocation Part II“.

Chrigel: Ja, da haben wir uns Gedanken drüber gemacht, ja.

Anne: Aber ihr verratet nix?

Chrigel: Ja, soviel konkretes zu verraten gibt es eigentlich noch gar nicht. Ich bin mich gedanklich tatsächlich mit dem nächsten Album am rumschlagen, ich denke, das wird auch bestimmt nächstes Jahr irgendwann in die Tat umgesetzt werden. Und das wird aber ein Metalalbum; aber die Arbeit an „Evocation Part II“ ist ebenfalls für die nicht so ferne Zukunft angedacht. Aber soviel konkretes gibt es eigentlich noch gar nicht.

Anne: Ihr gebt euch ja immer ziemlich fannah. Wie wichtig sind euch denn eure Fans?

Chrigel: Ja, sehr wichtig natürlich.

Anne: Also für euch käme dann auch nicht in Frage, was jetzt auch viele Bands machen, daß man so VIP-Tickets verkauft und nur mit den Dingern können Fans dann die Band treffen.

Chrigel: Ich persönlich finde so was ehrlich gesagt ziemlich bescheuert. Ich meine, das kann natürlich Sinn machen, wenn’s wirklich ’ne riesen Band ist wo 30.000 Leute kommen und so. Aber sonst finden wir das eigentlich ziemlich bescheuert. Haben wir aber auch schon gemacht, also das gab’s auch schon für Konzerte von uns, aber da haben wir dann eigentlich nichts damit zu tun.

Anne: Also wo das der lokale Veranstalter dann verursacht…

Chrigel: Genau. Also grade in den USA ist das noch ziemlich Gang und Gäbe und du bist halt einfach auf Tour, kommst dann in die Stadt wo du spielst, du kommst da an und dann heißt es, „Ja, übrigens um vier Uhr habt ihr ein Meet and Greet mit den Leuten“, weil die haben da irgendwie das da gewonnen oder die haben VIP-Tickets und dann stehste halt da und denkst „Ah, ok, ja dann…“ Aber ich meine, grade zum Beispiel da isses vollkommen sinnlos und bescheuert weil wir treffen dann ja die Leute und die finden das irgendwie lustig und cool aber nach dem Konzert gehen wir sowieso raus und hängen mit den Leuten rum. Dann würde ich mich irgendwie verarscht fühlen. Wenn ich jetzt ein VIP-Ticket gekauft hätte würde ich dann halt denken „Ja gut, für was hab ich das jetzt gekauft, wenn die sowieso da rumrennen?“. Aber, ja, wir machen das sowieso und wir haben damit eigentlich gar nix zu tun, von daher kannste das auch nicht wirklich beeinflussen. Das ist halt einfach so.

Anne: Gut, ich wäre jetzt soweit mit meinen Fragen durch, bedanke mich für das Interview und für das Bier.

Chrigel: Gern geschehen!
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