Interview mit Britta Görtz (Cripper, Critical Mess)

interview cripper 01Seit der Veröffentlichung von „Follow Me: Kill!“ dem aktuellen Album aus dem Hause CRIPPER sind einige Monate vergangen. Nun hatte ich Gelegenheit meine Fragen an Britta Görtz, die seit einem Jahr auch bei CRITICAL MESS hinterm Mikro steht, zu stellen. Lest im Folgenden ihre Antworten.

Matthias: Hallo Britta, danke dass du dir die Zeit nimmst. Wie geht es dir und wo erwische ich dich gerade?

Britta Görtz: Danke, Matthias, mir geht es gut. 2018 ist gerade gestartet und ich mache gerade Mittagspause an meinem 2. Arbeitstag.

Matthias: Euer aktuelles Album "Follow me: Kill!" ist jetzt seit einigen Monaten erhältlich. Wie zufrieden seit ihr denn bisher mit den Reaktionen darauf?

Britta Görtz: Oh wirklich sehr zufrieden. Ich war mir unsicher, wie das Album angenommen werden würde - unsicherer als bei den Alben zuvor. Wir haben ja schon unsere klassischen Pfade etwas verlassen und unser musikalisches Spektrum erweitert. Insofern war es nicht ganz klar, ob sich viele Fans vor den Kopf gestoßen fühlen. Das ist nicht so. Und wir konnten uns auch ein neues Publikum erschließen. Witzig sind auch die Reviews. Natürlich sind die durchwachsen, aber unter den positiven Reviews für dieses Album finden sich die euphorischsten, die wir bisher bekamen.

Matthias: Das Cover der neuen Scheibe ist ja im Vergleich zu euren bisherigen Alben schon ein wenig anders. Ich persönlich werte das Motiv als klare Ansage gegen Populisten aller Art. Interpretiere ich das richtig?

Britta Görtz: Gut auf den Punkt gebracht. Das Spannungsfeld, in dem wir uns durch die allgemeine Weltlage befinden, hat auf allen Ebenen ordentlich Sprengkraft. Ganz egal, welche Perspektive man einnimmt: Sei es die Art, wie Medien berichten, die Art, wie Medienberichterstattung wahrgenommen wird, der Wunsch nach Sicherheit gepaart mit der Aufgabe von Freiheit, der Beitrag, den die sogenannte "westliche Welt" zu all dem leistet... die Lage ist ganz schön verzwickt. Das gibt Menschen und Strömungen Auftrieb, die laut polternd meinen, einfache Lösungen für komplexe Probleme parat zu haben.

Matthias: Beim neuen Album setzt du vermehrt auch auf "normalen" Gesang. Hattest du das so beabsichtigt oder hat sich das einfach so ergeben?

Britta Görtz: Ich versuche meine stimmlichen Zutaten so zu wählen, wie sie der Song verlangt. Auf "Follow Me: Kill!" ergaben sich aus songwriterischer Sicht viele gute Möglichkeiten, mich auch mit klarem Gesang auszudrücken. Ich würde auch rappen, wenn es ein Song verlangte. Ob das dann gut klingt, weiß ich aber wirklich nicht. :-D

Matthias: Ihr habt vor kurzem eure erste Tour durch die baltischen Staaten absolviert. Erzähl doch mal wie ihr darauf gekommen seid und wie diese Erfahrung war.

Britta Görtz: Eine meiner Gesangsschülerinnen kommt aus Riga. Sie wollte uns unbedingt in ihre Heimatstadt holen und konnte dann sogar mehr Shows für uns organisieren. Das war wirklich super. Wir haben ansonsten keine Kontakte ins Baltikum und sicherlich hätte ohne Hilfe kein Clubbetreiber das Risiko tragen wollen, die erste Crippershow in diesem Land auszurichten. Wirklich cool, eine gute Unterstützung zu haben! Der Trip war ein echtes Abenteuer. Ist immer toll, neues Terrain zu bereisen. Die Shows waren sicher nicht ausverkauft, allerdings haben wir dem anwesenden Publikum ordentlich den Arsch versohlt, haha! Wir wurden überall sehr herzlich willkommen geheißen.

Matthias: Ich höre immer wieder von Freunden und Bekannten, die CRIPPER zum ersten Mal live sehen, dass sie gar nicht glauben können, dass aus dir so eine krasse Stimme kommt. Kriegst du diese Reaktionen auf der Bühne eigentlich mit und musst du da nicht manchmal auch lachen?

Britta Görtz: Hm nee, lachen eigentlich nicht. Mir sagt eine solche Reaktion eigentlich nur, dass diese Menschen wenig mit Metal am Hut haben :-) Sonst würden sie doch nicht erst jetzt zum ersten Mal ne Frau growlen hören. Nicht schlimm, aber auch nicht wirklich etwas, das mich amüsiert. Amüsanter finde ich es, wenn ich neue Songs singe, die Cleanparts haben und mir dann eingefleischte Cripperfans sagen, dass sie erstaunt sind, das aus mir ein so zartes Stimmchen kommen kann. Hehe. Ich fang wirklich noch an zu rappen.

Matthias: Du bist jetzt seit einer ganzen Weile auch als Sängerin bei CRITICAL MESS am Start. Ist es da manchmal schwer die beiden Bands im Kopf voneinander zu trennen? Weil ich nehme an, dass du auch für CRITICAL MESS die Texte schreibst. Oder anders gefragt, schreibst du für beide Bands unterschiedliche Lyrics?

Britta Görtz: Nö, überhaupt nicht. Die beiden Bands fühlen sich komplett unterschiedlich an. Mal schauen, wie sich das entwickelt, wenn ich Lyrics für Critcal Mess schreibe. Bisher wurden alle Songs von meinem Vorgänger oder jemand anderem aus der Band getextet. Lyrisch ist Cripper eher expressiv, während Critical Mess bisher mehr Storytelling ist. Aber das kann sich ändern. Es ist auf jeden Fall sehr spannend und bringt mich musikalisch weiter, Texte anderer Schreiberlinge zu singen. Allein von der Phrasierung her ist das schon komplett unterschiedlich. Sehr cool, die Möglichkeit zu haben. Raus aus der Komfortzone, Marsch Marsch. Nach mehr als 1 Jahr Critical Mess fühle ich mich aber auch dort sehr zu Hause.

Matthias: Lommer ist ja wie du in beiden Gruppen aktiv. War es dadurch leichter ihn als Bassist für CRIPPER zu bekommen?

Britta Görtz: Hm, keine Ahnung. Glaube nicht. Wir kennen Lommer schon lang und er probte mit seiner anderen Band im Raum gegenüber. Insofern war er immer bandnah - auch wortwörtlich.

Matthias: Jedes Mitglied von CRIPPER hat ja das berühmte Nagel-Tattoo. Hatte Lommer seine Sitzung schon? :-)

Britta Görtz: Unter den aktiven Bandmitgliedern haben nur Dennis und ich ein Nagel-Tattoo. Unser ehemaliger Bassist Sören und Dennis‘ Bruder Mo ebenfalls. Christian und Jonathan haben sogar gar keine Tattoos. Ob Lommer sich noch nageln lässt, muss ich ihn mal fragen.

Matthias: Was hältst du eigentlich von dem Begriff Female Fronted Metal?

Britta Görtz: Nichts. Das ist kein Genre, das ist mindestens dumm und höchstens sexistisch

Matthias: Erinnerst du dich noch an das erste Konzert, das du je gesehen hast?

Britta Görtz: Ja. DIE PRINZEN ca. 1990 in der Kleinstadt Seelze, in der ich auch zum Teil aufgewachsen bin.

Matthias: Was war die erste Platte, die du selbst gekauft hast?

Britta Görtz: Hm, mal überlegen. Meine erste Platte war auf jeden Fall Geier Sturzflug mit „Bruttosozialprodukt. Eine Maxi. Die erste selbst gekaufte Platte war eine CD. Ich glaube ein Live Album von Guns N Roses - zeitgleich mit meinem ersten CD-Player.

Matthias: Mit wem würdest du gerne einmal die Bühne teilen?

Britta Görtz: Mike Patton. Am liebsten mit FANTÔMAS.

Matthias: In welchem Land würdest du gerne einmal spielen?

Britta Görtz Ein großer Traum ist es, in Südamerika zu touren. Definitiv. Ich war leider noch nie in Südamerika. Die Länder als tourende Band zu erleben, wäre nen Knaller. Einfach mitten rein in die Jugend- und Musikkultur.

Matthias: Noch einmal zurück zu "Follow me: Kill!". Wer kam eigentlich auf den Titel des Albums und hat er eine Bedeutung?

Britta Görtz: Den Titel habe ich sozusagen geschrieben und wir alle haben ihn gefunden. Er stammt aus einer Zeile des Endes von "Into The Fire". Wir fanden das sehr passend, da der Titel unseren Eindruck wiederspiegelt, überall aufgefordert zu werden, sich doch bitte einer bestimmten Meinung oder Strömung anzuschließen, Follower einer Gruppe oder einer Idee zu werden, sich für etwas und auf der anderen Seite somit automatisch gegen etwas zu entscheiden. Problematisch wird es meiner Ansicht dann, wenn die Stimmen, die am lautesten poltern und alles andere übertönen, allein deshalb den größten Zuspruch erfahren. Deshalb finden sich viele politisch-gesellschaftlichen Themen in einigen Lyrics auf Follow Me: Kill!, das damit unser bis dato politischstes Album ist.

Matthias: Es gibt die Möglichkeit an einem Workshop mit dir teilzunehmen. Ist es denn auch blutigen Anfängern möglich zu growlen? Weil viele denken ja, wenn sie eine Packung Milch trinken bekommen sie eine solche Stimme auch hin.

Britta Görtz: Haha, Müller-Growlmilch. Sehr gut! Die Packung seh ich schon vor mir. Nee, mir wäre kein Getränk bekannt, nach dessen Genuss man auf irgendeine Art besser singen kann. Nach viel Schnaps kommt einem das vielleicht so vor… Ja das mit den Workshops macht mir sehr viel Spaß. Als Anfänger muss man ja irgendwie anfangen. Richtig gut klingt das natürlich nicht und in einem 3-Stunden-Workshop kann man auch nicht Growlen lernen. Man kann aber lernen, einen Einstieg zu finden und abseits von allerlei YouTube Tutorials konkrete Rückmeldungen zur eigenen Stimme bekommen. Das bringt einen sehr viel weiter. Mein Ziel ist es, generell die Gesangstechniken vorzustellen und dann individuell Hilfestellung zu geben. Das klappt gut.

Matthias: Ihr macht bei euren Videos ja alles selbst. Werdet ihr das auch weiterhin so halten?

Britta Görtz: Gute Frage. Ich weiß es nicht. Mittlerweile haben unsere Videos ein hohes Niveau erreicht, was Umsetzung und Technik angeht. Das als Fremdleistung zu bezahlen, ist sehr kostenintensiv. Allerdings wäre es schon auch cool, mal eine Kreativleistung in andere Hände zu geben. Nur so erhält man mal eine frische Außenperspektive.

Matthias: Hat sich für euch mit dem Deal bei Metal Blade eigentlich etwas geändert?

Britta Görtz: Klar. Wir dürfen unsere Musik nun über ein mega professionelles Netzwerk promoten und vertreiben lassen. Dazu wurde eine größere internationale Öffentlichkeit auf uns aufmerksam. Das ist alles super. Am coolsten sind aber eigentlich die Menschen bei Metal Blade, von denen einige mittlerweile unsere Freunde und nicht nur unsere Businesspartner sind.

Matthias: Wann kann man mit dem Debüt von CRITICAL MESS rechnen?

Britta Görtz: Ich hoffe und schätze in der ersten Jahreshälfte 2018. Das Album ist ja fertig, wir schauen noch und tentern aus, wie wir es releasen wollen.

Matthias: Danke für deine Zeit.

Britta Görtz: Sehr gern! Danke für das schöne Interview!

Kategorie: Interviews