Oddur Joensen - Eyes Wide Open

oddurjoensen eyeswideopenDer junge färöische Künstler Oddur Joensen war bisher mit diversen Bands und Solokünstlern (z.B. FUNKSJON, MARIANNA WINTHER, DANIA TAUSEN) aktiv, nun hat er sein erstes Soloalbum veröffentlicht. Und das hat es in sich. Eigentlich bin ich ja weder ein Fan von Jazz, noch ein Fan von reinen Instrumentalalben. Aber andererseits bin ich auch offen für (fast) alles und daher habe ich auch in dieses Album reingehört. Und ich sollte nicht enttäuscht werden.

Die Scheibe startet mit „Middle Of Somewhere“ zunächst sehr ruhig, und zu den leichten jazzigen Klängen fügen sich typisch färöische Synthiesounds hinzu. Es ist schwer zu beschreiben, aber der färöische Pop hat einen ganz bestimmten Sound, so dass man in der Regel sehr schnell erkennt, ob ein Popact von den Inseln stammt oder nicht. Nun macht ODDUR JOENSEN keinen Pop, sondern Jazz, aber gewisse Elemente kann man einfach nicht verleugnen. Langsam steigert sich der Song und geht dann in „Derive“ über, einen lässigen, lockeren Song, der entspannt vor sich hin jazzt.

Und dann geht es auch schon ordentlich rund und mit „Orpheus“ präsentiert sich der meiner Meinung nach zweitbeste Song des Albums. Hier zeigt sich ODDUR JOENSEN sowohl von seiner jazzigen als auch von seiner rockigen Seite. Rhythmische Drums leiten den Song ein, der sich dann immer weiter steigert, immer lauter und intensiver wird und sofort ins Ohr geht. Dieses Stück macht einfach Laune. So mag ich Jazz! Eben nicht zu verfrickelt, sondern ruhig rockend und dennoch aufregend. Sehr rhythmusbasiert geht der Anfangstakt niemals verloren, trotz vieler Spielereien drum herum und genau diese perfekte Mischung macht den Song zu einem Ohrwurm. Gleichzeitig kann man hier aber auch einfach die Augen schließen und genießen.

„Sense Of Sincerity“ holt einen da als ruhiges, kurzes Zwischenspiel zurück auf den Boden der Tatsachen. Auch „Some Things“ ist ein zunächst ruhiger und getragener Song, der aber durchaus seine heftigeren Parts hat und hier gibt es auch ein schönes rockiges E-Gitarrensolo, eingebettet in den ruhigen Jazz drum herum. Wobei man darüber streiten kann, ob man dieses Kind noch Jazz nennt, oder besser den vielseitig einsetzbaren Begriff „World Music“ wählt.

Und kaum hat man sich an die ruhigen Töne gewöhnt, kommt der beste Song des Albums um die Ecke. „Jazzmanian Devil“ hat alleine aufgrund des genialen Namens schon einen Sonderpreis verdient. Doch man macht diesem alle Ehre und wird hier richtig wild, oft fühlt man sich in die frühen Jahre des Jazz versetzt, so wie er vor 100 Jahren gespielt wurde – allerdings im modernen Gewand. Ein Klavier wird losgelassen und sucht sich wild seinen Weg durch den Song, bevor es von einem kurzen Schlagzeugsolo abgelöst wird. „Jazzmanian Devil“ ist eine wilde, tanzbare Jazznummer, die live wahrscheinlich noch viel, viel besser kommt als auf Platte. Ein großartiges Stück!

Abgeschlossen wird das Album dann vom Titelsong „Eyes Wide Open“, das, im starken Gegensatz zu seinem Vorgänger wieder sehr ruhige und sanfte Töne anschlägt. Doch was zunächst als leicht jazzige Hintergrundmusik beginnt, steigert sich im weiteren Verlauf immer mehr, spielt sich immer weiter in den Vordergrund, wird lauter und fordernder und macht richtig Spaß. Dann ist das Album offiziell zu Ende, doch es folgt noch ein nicht aufgeführter „Hidden Track“ der ganz anders ist als der Rest des Albums. Sphärisch und pulsierend wabert er aus den Boxen. Es ist auch das einzige Stück der Scheibe, auf dem Gesang zu hören ist, allerdings wird dieser nur als ein Instrument unter vielen eingesetzt. Ein schöner Song, um sich allmählich von dem Album zu verabschieden, aber auch, um sich noch ein letztes Mal fallen zu lassen und in der Musik zu verlieren.

„Eyes Wide Open“ ist vielleicht ein Jazzalbum für Leute wie mich, die mit Jazz nicht viel anfangen können. Oder vielleicht habe ich bisher auch einfach nur den falschen Jazz gehört und mag ihn eigentlich doch? Auf jeden Fall ist dieses Album ein sehr hörenswertes Album - nicht nur für Jazzliebhaber - das richtig Spaß macht und bei dem man sich gut vorstellen kann, wie diese Songs live klingen werden. Bleibt zu hoffen, dass ich mal die Gelegenheit habe, die Band auch live zu sehen. Wer ein Fan von Jazz und World Music ist, sollte in dieses Album auf jeden Fall einmal reinhören. (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 38:23 min
Label: Tutl Records
Veröffentlichungstermin: 27.01.2023

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