Marianne Faithfull - The Montreux Years

marianneFaithfullMarianne Faithfull ist unumstritten eine multitalentierte Künstlerin, die alle Höhen und noch wesentlich mehr Tiefen des Lebens durchlebt hat. Die Stilikone der „British Invasion“, die völlig zügellose Britin, avancierte Anfang der Sechziger mit siebzehn Jahren unerwartet zur Chartstürmerin mit dem Jagger/Richards Song „As Tears Goes By“, der ihr vom ROLLING STONES-Manager Andrew Loog Oldham überlassen wurde.

Ihr Bekanntheitsgrad wurde in der Boulevardpresse maßgeblich gesteigert durch die Beziehung zu dem ROLLING STONES-Frontmann Mick Jagger und einem völlig exzessiven Leben mit Alkohol und jahrelanger Drogenabhängigkeit als Partygirl.

Die „Femme Fatale“, die Mitkomponistin des ROLLING STONES SONGS „Sister Morphine“ ist und ihre eigene Hölle in dem Song verarbeitete, erlitt eine Fehlgeburt, erkrankte an Hepatitis C, lag in einem sechstägigen Koma und besiegte ihre Heroinsucht erst nach mehr als zwanzig Jahren. Ihrem schlechten Ruf wurde sie auch als Schauspielerin gerecht, indem sie maßgeblich an der Einführung des bis dato völlig tabuisierten „Fuck-Wortes“ verantwortlich war. Schließlich führte ihre Drogensucht auch zu einer jahrelangen musikalischen Blockade.

Auf ihrem Comeback-Album aus dem Jahr 1979, „Broken English“ war nicht mehr viel übrig von der siebzehnjährigen Kindfrau, die „As Tears Go By“ gesungen hatte. Ihre Stimme verraucht, brüchig und extrem gealtert. Allerdings macht sie genau diese Stimme, die jedem Song eine tiefe Traurigkeit und Elegie verleiht, so besonders und kreiert dieses retrospektive Ambiente. Einfach gesagt: Die Frau erscheint glaubwürdig.

Bis vor kurzer Zeit gabt die Ausnahmekünstlerin Konzerte und widmete sich der Schauspielerei. Allerdings musste Marianne Faithfull auch in der jüngeren Vergangenheit erhebliche Schicksalsschläge verarbeiten. 2006 erhielt sie eine Krebsdiagnose, im April 2021 wurde sie mit einer schweren Corona-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert. Ihr aktuelles Album „She Walks In Beauty“, an dem sie arbeitete als sie an COVID-19 erkrankte, erschien zwar noch Ende April 2021., allerdings leidet sie bis heute an den Langzeitfolgen der Krankheit. Faithfull und ihr Umfeld kündigten an, es werde vermutlich ihr letztes Album sein, da sie wegen der Lungenschäden nicht mehr werde singen könnte.
Umso relevanter ist die fantastische Albumserie „The Montreux Years“, die sich den größten Musikern der Welt und dem legendären Jazzfestival widmet, welches seit 55 Jahren besteht.

Im Fall von Marianne Faithfull versammelt das Werk die Highlights von allen Konzerten der Musikerin auf dem Festival aus den Jahren 1995, 1999, 2002, 2005 und 2009 und das in einer hervorragenden Klangqualität. Diese unbeschreibliche Zerbrechlichkeit, die in „Sister Morphine“ zur Geltung kommt, die kraftvolle und äußerst gelungene Version ihres späten siebziger Jahre Hits „Broken English“ die Gänsehaut verursachende Version von John Lennons „Working Class Hero“ oder die grandiose Interpretation des Van Morrison-Klassiker „Madame George“ zeigen die Künstlerin in hervorragender Verfassung. Sie vermittelt stets eine einsame Kraft von Liebe, Hass und Verlust.
Das Album stellt eine ausgezeichnete Compilation des Montreux Jazzfestival Mitbegründers Claude Nobs dar, mit sorgsam ausgesuchten Cover- und seltenen Liveversionen des 1979er Albums „Broken English“.

Das Mastering wurde von Tony Cousins in den legendären Londoner Metropolis Studios durchgeführt und verleiht den Aufnahmen eine ausgezeichnete Klangdynamik. Die brüchige Stimme verifiziert die Authentizität einer großen Künstlerin, die mit diesem Livealbum im Alter perfekt gewürdigt wird. (Ebi)

 

Ebi8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 70:10 min
Label: BMG
Veröffentlichungstermin: 27.08.2021

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