In Flames - Siren Charms

 

inflames sirencharms

mehrfach-soloMit den letzten beiden Alben haben IN FLAMES verdammt stark vorgelegt, auch wenn das die meisten der alten Fans wohl nicht so sehen. Der Erfolg jedoch gab der Band Recht und im Gegensatz zu den meisten ihrer Göteborger Kollegen sind sie wirklich groß geworden und konnten mit den letzten Scheiben vor allem viele junge Fans hinzugewinnen. Die alten Fans haben sie dabei jedoch nie vergessen, was sich insbesondere live zeigte. Aber es soll ja auch Leute wie mich geben, die sowohl die alten, als auch die neuen Sachen lieben.

Von daher habe ich das neue Album relativ unaufgeregt erwartet. Die werden das schon hinbekommen. Ja, und da isses nun. „Siren Charms" ist der Titel des neuesten Outputs der Schweden. Und nach dem ersten Hören denke ich mir: „Da steh' ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor". Tja. Was soll ich davon halten? Umgehauen hat es mich nicht. Abgeschreckt auch nicht. Es war eher – seltsam. Was haben die da eigentlich gemacht? Um das herauszufinden, braucht es noch ein paar Durchgänge.

Dabei beginnt „Siren Charms" gar nicht schlecht. Sehr leise und dumpf kommt der Opener „In Plain View" aus der Tiefe gekrochen um sich dann Bahn zu brechen und sich zu einem schönen harten Stampfer zu entwickeln, der sofort erkennen läßt, wer dahinter steckt. Der Gesang von Anders Fridén ist schon hier ruhiger als auf den letzten beiden Alben, insgesamt macht der Song aber Lust auf mehr. Wie wird der Rest des Albums?

„Everything's Gone" beginnt seltsam. Seltsame Effekte auf der Gitarre und ein seltsam blechern scheppernder Drumsound. Aber gut. Man muß ja nicht alles mögen und was den Drumsound angeht bin ich vielleicht etwas arg empfindlich. Auch bei „Paralyzed" stört mich der Drumsound, hier ist es mehr der Hall, der darauf liegt. Dieser Song zeigt auch, wie es auf dem Album weitergeht. Der Gesang ist sehr ruhig, zu mehr als 90 % clean, und an der Instrumentalfront wird mit vielen Wiederholungen als Stilmittel gearbeitet. Ein paar Elektrosoundeffekte gibt es auch noch, aber so was stört mich in der Regel ja nicht. Und so finde ich den Song auch richtig gut, wenn man sich mal an den anderen (nicht schlechten!) Sound gewöhnt hat.

„Through Oblivion", noch so ein Song, der sich von hinten anschleicht, bietet ebenfalls nichts wirklich neues. Der Gesang ist extrem ruhig, fast schon flüsternd und erinnert damit an „The Attic" auf „Sounds Of A Playground Fading". Im Refrain entwickelt sich der Song aber zu einer schönen Powerballade mit Ohrwurmrefrain. Gleiches gilt im Grunde auch für „With Eyes Wide Open". Ein ruhiger Song, der trotzdem Power hat. Aber eigentlich denkt man sich, dass es jetzt doch mal Zeit wäre für einen richtig harten Song.

Dafür gibt es jetzt aber erst mal den Titelsong, der vor allem dem Bass viel Raum einräumt, mit vielen Breaks fast schon progressiv daher kommt, allerdings ist der Gesang schon wieder sehr, sehr ruhig, steigert sich erst zum Refrain. Trotzdem bleibt das Stück insgesamt eher unspektakulär, was etwas schade ist. Härte und Hass gibt es erst wieder bei „When The World Explodes". Ein schöner wütender Song, der in der Umsetzung allerdings etwas an Weggefährten wie CALIBAN erinnert. Und dann gibt es auch noch weiblichen Gesang von Emilia Feldt, was zwar prinzipiell auch mal ganz schön ist, hier meiner Meinung nach aber nicht wirklich paßt und damit eher seltsam und deplaziert wirkt. Anders growlt endlich mal wieder, wird bei den Duetten aber so weit in den Hintergrund gemischt, daß man ihn kaum heraushört. Trotzdem klingen diese Parts richtig gut.

Die erste Single, „Rusted Nail" beginnt dafür gar nicht schlecht, typisch IN FLAMES und macht Hoffnung auf einen weiteren guten Song. Und tatsächlich ist der Song schön hart und schnell, auch der Refrain ist stark, insgesamt ist mir der Song jedoch wieder zu ruhig. Zu ruhig ist auch „Dead Eyes", das zwar gute Ansätze hat, insgesamt jedoch zu sehr im Midtempo verhaftet ist.

Eine kleine Überraschung stellt dann „Monsters In The Ballroom" dar, das mit für IN FLAMES ungewöhnlichem Gitarrensound beginnt, dann aber doch wieder in gewohnte Strukturen zurückfällt. Zusätzlich gibt es hier auch mal wieder etwas härteren Gesang, was wirklich erfrischend ist. Gleiches gilt für „Filtered Truth", das für die Band doch eher ungewöhnlich ist. Auf dem Gesang liegt ein Effekt und der Song und damit auch die Scheibe enden ebenfalls – recht plötzlich - mit einzelnen Effekten – und lassen den Hörer etwas ratlos zurück.

Ja... was soll ich von diesem Album halten? Es sagt ja schon viel, daß ich die Scheibe wirklich x-mal gehört habe, bevor ich überhaupt etwas dazu schreiben konnte. „Siren Charms" ist nicht schlecht, kommt an die beiden Vorgängerscheiben jedoch bei weitem nicht heran. Beide Alben hatten jeweils mehrere Songs, die einfach nicht mehr aus dem Ohr gehen. Davon findet man auf „Siren Charms" nicht einen. Auch ist der Hass in der Musik verschwunden. Auf der Scheibe findet sich fast zu 100% Cleangesang, noch dazu von der sehr ruhigen Sorte. „Weinerlich", werden die Kritiker jetzt sicher wieder sagen. Und ich muß auch sagen: Es geht mir auf die Nerven. Bei ein, zwei Songs ist das als Stilmittel und Effekt ja sehr nett, aber ein ganzes Album mit dieser Art von Gesang muß ich dann doch nicht haben.

Auf Dauer geht der Effekt einfach verloren und dann wird es langweilig. Dazu tragen auch die häufigen Wiederholungen bei, die sich auf „Siren Charms" finden. Ganze Melodiebögen werden immer wieder wiederholt. Das ist auch als Stilmittel bei dem ein oder anderen Song mal interessant und nett, auf Dauer nervt und langweilt es jedoch. „Siren Charms" ist objektiv betrachtet kein schlechtes Album, doch ihm fehlt einfach der Drive, die Power, Härte und Hass. Das Album ist jetzt keine Enttäuschung, aber so oft wie die beiden Vorgängerscheiben wird es bei mir wohl sicher nicht laufen. Aber naja, man kann ja nicht nur gute Alben schreiben. Warten wir also mal die Tour ab, wie die Band sich da so gibt. (Anne)


Bewertung: 6,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 44:58 min
Label: Sony Music
Veröffentlichungstermin: 05.09.2014

Wertung der Redaktion
Rainer Maik Andreas Jochen Pascal Klaus Katha
 7,5  8  8  6  7 6,5  6,5
Kategorie: Gruppenzwang