nazareth rocknrolltelephonenb mehrfachwertungSteht da das schleichende Ende einer der ganz Großen der Siebziger bevor? Auflösungserscheinung gab es ja bei NAZARETH nicht erst seit dem Tod von Originaldrummer Darrell Sweet, doch in den letzten Jahren ließ auch bei den aktuellen Mitgliedern die Kraft nach. Nicht nur, weil Sänger Dan McCafferty zuletzt mit Stimmproblemen zu kämpfen hatte, und nun die Konsequenzen daraus gezogen hat und die Band verlässt. Nicht, ohne seinen Fans mit "Rock´n´Roll Telephone" noch ein Abschiedsgeschenk mitzugeben. Er wird durch den ebenfalls aus Dunfermline stammenden Linton Osbourne ersetzt, mit dem die übrigen Drei weiter durch die Lande ziehen wollen. Aber auch bei ihnen machen sich trotz der begonnenen Verjüngung Verschleißerscheinungen bemerkbar, gerade im Vorprogramm von URIAH HEEP vor zwei Jahren wurde ein Unterscheid deutlich, die Band wirkte ausgebrannt. Und auch im Studio standen die letzten Veröffentlichungen klar hinter der Konkurrenz wie etwa DEEP PURPLE zurück.

Das flirrende, leicht psychedelische Leadthema zu Beginn von "Boom Bang Bang" wirkt im ersten Moment ebenfalls eher krude. Zum Refrain hin rockt der Opener mit einem schweren Riff zwar amtlich, aber nicht restlos überzeugend. Etwas lockerer nach vorne geht "One Set Of Bones", das mit Mundharmonikaeinsatz überrascht. "Back 2B4" groovt schön nach vorne, auch wenn die Nummer akustisch gehalten ist. Im Chorus machen sich dann dezente Reggae-Einsprengsel bemerkbar, aber das kennt man ja aus der Vergangenheit.

Spätestens mit dem bluesigen "Play ´n´The Game" wandten sich NAZARETH endgültig vom puristischen Heavyrock ab, und kreierten mit Einflüssen aus Pop, Blues und Reggae einen eigenen, sehr charakteristischen Stil. Der kommt auch bei "Long Long Time" zum Tragen, bei dem  der Reggae noch deutlicher heraus klingt und sogar in soulige Gefilde abdriftet. Doch an der stilistischen Ausrichtung alleine krankt "Rock´n´Roll Telephone" nicht, denn man weiß ja bei der Truppe, was man bekommt. Wer mit ihrem Sound bislang etwas anfangen konnte, wird auch hier etwas mit anfangen können.

Das Problem des nunmehr dreiundzwanzigsten Longplayers liegt vielmehr im doch sehr schwachen Songwriting, eine Entwicklung, welche leider schon länger zu erkennen ist. Die ganz großen Taten liegen allesamt in den Siebzigern, doch während den alten Kollegen immer mal wieder ein starkes Werk glückt, hakt es bei den Schotten schon länger. Eine Ballade wie "Winter Sunlight" schleppt sich einfach nichtssagend vor sich hin. Und selbst härtere Songs wie das mit DoubleBass-Einsatz versehene "Punch A Hole In The Sky" wirken zerfahren und unzulänglich arrangiert. Lediglich bei den Riffrock-lastigen Liedern wie dem Titeltrack und "Speakeasy" können die Vier an ihre alte Klasse anknüpfen.
Dabei handelt es sich bei der Scheibe keineswegs um ein lustlos zusammen gezimmertes Produkt. Im schön gestalteten Booklet gibt es zu jedem Songs Liner Notes und der trockene, druckvolle Sound bringt das sehr an den Siebzigern orientierte Material erstaunlich zeitgemäß rüber. Dennoch hält sich der Spaß in Grenzen, hier zündet einfach zu wenig, wirklich ansprechende Melodien sind Mangelware. Es muss die Frage gestellt werden, ob angesichts des Ergebnisses bei dem Einsatz einfach nicht mehr in der Band steckt. Hier fehlt einfach der Biss und das kreative Vermögen, dies auszugleichen.

Im zur Rezension vorliegenden Exemplar befindet sich noch eine Bonus-CD mit sieben Songs, die das Ruder aber auch nicht rumzureißen vermag. Zu Beginn schockt erst einmal "Just A Ride" mit arg modernen Songstrukturen. Bereits auf "The Newz" gab es so etwas Ähnliches als Hidden Track, ob die Herren tatsächlich mit so etwas für die Zukunft liebäugeln? Damit würden sie aber die alten Fans endgültig vergraulen, und auf Albumdauer wäre das Gestampfe zu monoton. Nach "Wanna Feel Good?" gibt es noch ein paar Livesongs, die aber unter einer sehr schlechten, halllastigen Abmischung leiden und kein Livefeeling versprühen können, da sie aus verschiedenen Konzerten stammen.

Am Ende bleibt die Frage, ob es für NAZARETH nicht besser gewesen wäre, nach dem Ausstieg ihrer Frontfigur nicht die Sache würdig zu Grabe zu tragen. Der gute Linton muss nun zuerst auf der Bühne frischen Wind herein bringen, was kein leichtes Unterfangen sein wird, besaß sein Vorgänger doch einiges an Charisma. Ob er bei einer eventuellen nächsten Studioproduktion Akzente setzen kann, bleibt ebenso abzuwarten. Noch hat die Formation genug Relevanz, um auf die Festivals eingeladen zu werden, doch der Zug rollt dem Abstellgleis Oldieabend bedrohlich näher. (Pfälzer)

Bewertung: 5,5 / 10


Anzahl der Songs: 11 (18)
Spielzeit: 44:17 (76:56) min
Label: Union Square Music
Veröffentlichungstermin: 06.06.2014

Wertung der Redaktion
David Pascal Klaus Maik Anne Dennis Ralf
7 6,5 6,5 5 5 6,5 4
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Denniss Avatar
Dennis antwortete auf das Thema: #12982 9 Jahre 10 Monate her
Für mich war die Scheibe einfach uninspirierter Rock. Klang nach dem Produkt einer Band, die ihre besten Tage einfach hinter sich hat. Die Platte tut keinem weh, das ist mal sicher, aber sie dürfte auch keinen vom Hocker hauen.
Pascals Avatar
Pascal antwortete auf das Thema: #12971 9 Jahre 10 Monate her
Mir geht es da eigentlich ähnlich wie Anne, zuerst war ich ein wenig über den Stil von NAZARETH überrascht, doch bereits nach 1-2 weiteren Songs stellte sich irgendwie Langeweile ein.

Finde es eine recht kurzweilige Platte ohne besondere Höhen. Für zwischendurch aber ganz ok, und immer noch besser als manch andere Veröffentlichungen die so durch den Orbit fliegen.
Dimmubockbiers Avatar
Dimmubockbier antwortete auf das Thema: #12966 9 Jahre 10 Monate her
wöööörrrddd
Annes Avatar
Anne antwortete auf das Thema: #12965 9 Jahre 10 Monate her
Ich muß sagen, die Scheibe langweilt einfach. Der erste Song erinnert etwas an Gotthards neueste, glänzt dafür mit 'nem ganz tollen Text. Der helle Wahnsinn. Da war einer richtig kreativ...

Also so an sich ist der Rest ja nicht schlecht, aber das klingt alles gleich und vor allem gleich unmotiviert. Auf die Dauer einfach stinkelangweilig.

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