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amorphis_circleHatte ich schon im Review zum letzten Album angemerkt, dass bei den Finnen die Erfolgskurve wieder nach oben geht, so wurde ich von "The Beginning Of Times" mehr als bestätigt. Der Dreher knackte die deutsche Top 20 und die dazu gehörige Tour führte die Band in die Garage in Saarbrücken, wo man ein paar Jahre zuvor noch in kleineren Clubs gastierte. AMORPHIS ist es endgültig gelungen sich ein neues Bewusstsein zu schaffen, fernab von den ewigen Fan-Skandierungen nach "Black Winter Day", die sie auch für klassische Rockfans interessant macht. Mit dem stabilen Line-Up im Rücken kann man heutzutage sehr konzentriert daran arbeiten, den Status zu halten, was auch voraus setzt, dass die musikalische Klasse ebenso konstant ist. Dies gelang mit den letzten Veröffentlichungen immer, auch weil man sich stets leicht weiter entwickelte. Diese Entwicklungen fallen bei "Circle" etwas größer aus, wie werden sie sich auf den neuen Dreher auswirken?

Schon die ersten Töne von „Shades Of Grey"machen klar, dass hier ein anderer Wind weht. Die Riffs ballern einem um die Ohren und Tomi Joutsen grunzt nach Herzenslust drüber. Zwar hatte man in der jüngeren Vergangenheit auch immer wieder Death Metal-Anleihen, doch die kamen nicht so frisch, so ungestüm und roh rüber wie beim Auftakt von „Circle". Nun darf kein Altfan hoffen, dass man zu den Anfangstagen zurück gekehrt ist, nach wie vor ist Todesblei nur ein Baustein im System AMORPHIS.

Die Unterschiede zu den letzten Alben liegen vor allem im Sound und haben einen Namen: Peter Tägtgren! Der HYPOCRISY/PAIN-Frontmann und Produzent hat den Finnen einen neuen Schliff verliehen, der nicht so poliert ausfällt wie bislang in der Joutsen-Ära. Vorbei sind die Zeiten des warmen und harmonischen Gesamtsounds der finnischen Klangschmieden wie Finnvox oder Sonic Pump. Meister Tägtgren setzt eher auf eine kraftvollere, direktere, kantigere, dennoch erdigere Abmischung, die leicht differenzierter daher kommt.
Rauer sind vor allem die Gitarren, die es mal wieder metallisch krachen lassen dürfen, was den Härteschub am Anfang noch bestärkt. Größter Nutznießer ist allerdings Jan Rechberger, sein Drumming kann wieder mehr Akzente setzen. Die Arrangements fallen noch einmal straffer aus als beim Vorgänger, setzen also diese Entwicklung fort. Dadurch erscheinen einem nicht nur die härteren Parts heftiger, auch die poppigen Melodien werden weicher, die Kontraste kommen stärker zum Tragen.

In Sachen Songstrukturen und Melodien hat sich allerdings nicht viel geändert, da haben sich AMORPHIS zu sehr in ihrer Nische eingenistet. Aus der losen Mischung von Death Metal, Folk, Gothic, Prog, Siebzigerrock und weltmusikalischen Einsprengseln haben sie mit der Zeit etwas Homogenes, völlig Eigenständiges kreiert. So sind auch weiterhin alle Markenzeichen der Band vorhanden wie die schönen Harmonien, die vielen Leadmotive und die detailverliebte Instrumentierung. Die eruptiv wogenden Ausbrüche bergen diesmal eine leicht orchestrale Wucht, obwohl die Keyboardsstreicher zurück gefahren wurden. Dass sie die großen, weiten Refrains auch noch beherrschen, beweisen sie bei "Into The Abyss"

Da neben den Hauptsongwritern Esa Holopainen und Santeri Kallio auch der zweite Gitarrist Tomi Koivusaari und Joutsen Titel beisteuern, kann man die hohe Produktivität seit „Eclipse" aufrecht erhalten. Große Unterschiede tauchen nicht zwischen den Kompositionen der einzelnen Musiker auf, da man die eigene Formel gefunden hat. Bemerkenswert ist dabei die Beständigkeit, mit der sie qualitativ hochwertige Scheiben veröffentlichen.
Doch AMORPHIS sind clever genug, um zu wissen, dass sie Gefahr liefen, sich zu wiederholen, und haben mit dem Wechsel des Produzenten den richtigen Schritt getan. Ebenfalls neu ist bei „Circle" Coverzeichner Tom Bates, der leider nicht mit der Klasse eines Travis Smith mithalten kann. Ebenso hat man sich in lyrischer Hinsicht von Interpretationen der Kalevala und des Kanteletar verabschiedet, und vertont nun Erzählungen von Pekka Kainulainen. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 46:41 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 26.04.2013

Wertung der Redaktion
Andreas Anne Brix Maik Jochen Katha Seb
6 7,5 7 7 6,5 7 8
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Katharinas Avatar
Katharina antwortete auf das Thema: #15730 9 Jahre 3 Monate her
hatte ich schon mal angemerkt, dass diese Platte mittlerweile von mir eine glatte 9 bekommen würde??