Krokus - Dirty Dynamite

Mehrfach-Wertung der Redaktionkrokus-dirty-dynamiteKaum eine andere Band ging derart oft durch die Hölle wie die Schweizer Hardrocker. Dabei ließ man sich zu Beginn auch nicht vom drogenbedingten Ausstieg von Leadgitarrist Tommy Kiefer vom Kurs abbringen und baute den Erfolg bis zum US-Platinalbum "Headhunter" immer weiter aus. Doch mit der Unterschrift bei Arista/Bertelsmann anstatt bei den kompetenteren Geffen fingen die Probleme an. Schwache Alben, ein Personalkarussell, gegen das die Hitzfeldsche Rotation richtig solide wirkt, kleinere Hallen, interne Querelen, allzu kommerzielle Alben, misslungene Neuausrichtung, alles führte KROKUS auf den Boden und zurück in die kleinen Clubs. Da kam es öfter zu Auflösungen und Widervereinigungen als bei anderen Bands zu Besetzungswechseln, Krankheiten scheinen der Truppe den Rest zu geben. Ausgerechnet ein Auftritt bei "Bang Your Head", bei dem man kurzfristig einsprang, markierte 2000 den Wendepunkt. Seitdem geht es bergauf, "Rock The Block" konnte endlich wieder voll überzeugen, und seit 2008 ist man wieder im klassischen Line-Up zusammen. Nach gefeierten Konzerten in der Heimat veröffentlichte man 2010 "Hoodoo", dem nun "Dirty Dynamite" folgt.

Beim siebzehnten Studioalbum weiß der geneigte Fan was er an eine Band hat, und die Schweizer liefern auch mit der ihnen eigenen Präzision ab. Riffrock steht bei ihnen seit jeher auf der Speisekarte und damit waren sie der Vorreiter in der Alpenrepublik. So beginnt auch die Scheibe hier genau so wie man es erwartet, das swingende "Hallelujah Rock´n´Roll" könnte treffender gar nicht betitelt sein. Denn genau so geht urwüchsige Rockmusik, die es einfach und unkompliziert krachen lässt.
In die selbe Kerbe schlägt das folgende "Go Baby Go", welches von der Gangart noch einen draufpackt und dessen Hauptriff ein wenig an "Let There Be Rock" denken lässt. Ganz in die Dampfhammerregionen von AIRBOURNE stößt man dabei nicht vor, sondern legt mehr wert auf das Gefühl für die Musik. Nachdem der "Rattlesnake Rumble" stilsicher an einem vorbei getrampelt ist, geht mir der Titelsong zu sehr in die Nähe von "Anything Goes" von "Black Ice".

 

Klar, jemanden zu erzählen, dass KROKUS stark von AC/DC beeinflusst sind, wäre wie Hornbrillen in eine Hipster-WG zu liefern. Aber hier geht man einfach zu weit, weil sämtliche andere Elemente ihres Sounds fehlen. Das komplette Werk läuft nach einem Strickmuster ab, simple Riffs aus dem Drei-Akkorde-Einmaleins der Australier, pumpender Rhythmus und das stoisch durchexerzierte Bum-Batsch des Schlagzeugs.
Im Verlauf ihrer Karriere haben die Jungs es oft genug gezeigt, dass sie mehr drauf haben, und nun gehen sie so eindimensional zu Werke. Wo sind die NWOBHM-Zutaten von "Fire" oder dem Doublebass-Knaller "Headhunter", wo sind genrefremde Ideen wie in "Tokyo Nights" oder auch mal balladeskes wie bei ihren größten Hit "Screaming In The Night". Selbst auf dem letzten Album war da neben noch mehr Blues-Feeling, ein schleppendes "Into The Sun" oder ein Stadionrocker wie "Too Hot".

Da hatte ich schon Bedenken wegen der Rückkehr von Mandy Meyer als drittem Gitarristen, weil dessen filigran-melodisches Spiel beim zweiten Auftritt in Balingen 2005 nicht so recht passen wollte. Doch er hätte hier den ein oder anderen Akzent setzen können. Der einzige Song, der etwas ausschert ist dann eine Coverversion. Doch "Help" der BEATLES gerät in der Balladenversion arg kitschig, dabei lassen die Eröffnungsakkorde aufhorchen. Aber dann fällt die Nummer derart in Lagerfeuer-Romantik ab, dass man sich fragen muss, ob sich die Herren für die Tour die Lagerfeuerattrappe der ehemaligen von Rohr-Buddies GOTTHARD leihen.

Für sich alleine genommen ist jeder Song wirklich stark, sie gehen alle direkt in Ohren, Beine und Nackenmuskulatur. Von erfahrenen Musikern sehr gekonnt eingespielt, mit einem dicken Sound versehen, der Bass pumpt mächtig, dazu immer wieder ein paar knallige Arrangements. So macht das richtig Spaß, rockt nach vorne, wirkt aber auf Dauer einfach zu austauschbar, obwohl die Titel schon hängenbleiben. Gerade bei hoher Lautstärke hat man seine Freude an "Dirty Dynamite", über ein paar Mängel muss man aber schon hinweg sehen. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 45:09 min
Label: Sony/BMG
Veröffentlichungstermin: 22.02.2013

Wertung der Redaktion
David Pascal Andreas Maik Kevin Anne Jochen
7,5 7 6 7 7,5 6,5 8
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