Joe Bonamassa - Time Clocks

joebonamassa timeclocks200nb mehrfachwertungDa hat es ihn dann doch erwischt, mit dem letzten Album konnte der Blues-Überflieger nach einer ganzen Reihe Top-Alben zum ersten Mal nicht völlig überzeugen. Das lag an dem damaligen Ansatz in den Londoner Abbey Road Studios tief zu den Wurzeln der British Blues Explosion zurück zu gehen. Dabei fielen ein paar Trademarks zum Opfer, der Gesang klang etwas aufgesetzt, das Klangbild nicht so rund, manches kam zu direkt und unausgewogen rüber. Natürlich muss man JOE BONAMASSA zugutehalten, dass er jedem Werk innerhalb der engen Grenzen eine eigene Identität verschafft und sich nie auf seinen Lorbeeren ausruht. Nun steht gerade mal ein Jahr später der nächste Langspieler vor der Veröffentlichung, und erneut, zum fünften Mal in Folge, mit ausschließlich eigenen Songs. Natürlich kann man jetzt befürchten, dass er sich endgültig verzettelt oder es ein Schnellschuss wurde, dabei gab ihm die Pandemie nur mehr Zeit zum Schreiben. Kann ihn "Time Clocks" rehabilitieren?

So ganz kehrt er nicht von seiner London-Phase zurück, nach Nashville zog es Bonamassa nicht mehr, mittlerweile lebt er in New York. Und das pulsierende dieser Metropole findet auch ebenso den Weg auf den Rundling wie die Konzentration auf das Musikalische des Tennessee-Schmelztiegels, sowie das bunt-schillernde der britischen Hauptstadt. Die rockige Kante ist geblieben, eher geht es noch geradliniger zu Werke, dafür sind die Kompositionen und auch das Klangbild wieder geschliffener. Die Tasten bekommen wieder mehr Platz, sind aber nicht so präsent wie gewohnt, Bläser gibt es gar keine, was die Reduziertheit weiter verdeutlicht. Dagegen fallen aber die oft sehr scharf einschneidenden souligen Background-Chöre auf, was das neue Album noch näher an "Blues Of Desperation" rückt als sein Vorläufer.

Schon damals gab es mehr als eine Verbeugung vor LED ZEPPELIN, und auch hier hat das England der späten Sechziger seine Spuren hinterlassen. "Notches", der Auftakt nach dem Intro "Pilgrimage" deutet im psychedelischen Mittelpart an, was "Whole Lotta Love" an gleicher Stelle vollführte. Interessant gestalten sich die cleanen, fast folkigen Gitarren zu Beginn, die in die Zeit von "The Ballad Of John Henry" zurück gehen, speziell die Art wie der härtere Anschlag dieses Thema übernimmt. "Curtain Call" setzt später genau da an, bringt noch Streicher und anderes Folk-Instrumentarium zum Einsatz, wie man es auf Akustik-Touren oft arrangierte. Bei der Nummer sticht das unterschwellig schleppende Tempo hinter flirrenden Klangmustern hervor, was eine tolle Dynamik eröffnet.

Gerade bei den Epen weiß der Mann zu glänzen, "The Loyal Kind" kommt noch wuchtiger und abwechslungsreicher, weiß aber ebenso den Folk zu zitieren, wobei Flöten ungewohnte Töne einbringen. Wie das Stück jedoch nach der schwebenden Bridge explodiert ist ganz großes Kino, alleine schon wegen Anton Fig, der brillant hinter der Melodie spielt. Mit seinen Backgroundsängerinnen haut er den kraftstrotzenden Refrain heraus, bevor ein Riff über alles hinweg brettert.
Ganz andere Wege, wenn auch mit selben Ausgangspunkt geht der Titelsong, wobei JOE BONAMASSA schon bei "Self-Inflicted Wounds" mit PINK FLOYD geliebäugelt hat. Fast Singer/Songwriter mäßig in der Strophe, weitet sich der Chorus zur Unendlichkeit aus, verknüpft ihn mit dem Drang nach vorne. Eine kleine absteigende Tonfolge, die epischen Chöre, das hat man so seit der David Gilmour-Ära nicht mehr so intensiv gehört, das Solo geht genauso butterweich seinen Weg.

Jene Epen nehmen einen gehörigen Teil von "Time Clocks" ein, ob folkig oder Slow Blues, daneben gibt es dann noch ein paar kleinere klassische Blues-Rocker zu bestaunen. Rhythmisch ist "Questions And Answers" sehr frisch angelegt, Congas befeuern ihn zusätzlich. Bonamassa spielt viele Fills und schlendert lässig an der Jazz-Bar vorbei. Lachy Doley darf in "Hanging On A Loser" mit Piano und Orgel dir rockige Attitüde anstacheln, während die sechs Saiten eher in funkigen Gewässern fischen, die soulige Note verbindet die beiden Enden.
Mit einer der kleinen Kritikpunkte der Scheibe, dass die Lichtgestalt des modernen Blues zwischen den beiden Songtypen keine weiteren Farben anbietet, die er sicher auf seiner breiten Palette hat. Und die ganz große, erhabene Melodie zum Dahinschmelzen bleibt ebenfalls im Sack. Trotzdem gelingt es JOE BONAMASSA erneut, einem Studiowerk seinen eigenen Charakter zu verleihen und ihn unverwechselbar zu machen. Selbst wenn er nicht an seine Großtaten heran reicht, das volle Potential nicht ausschöpft, reicht es immer noch für die Krone. (Pfälzer)


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 57:10 min
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 29.10.2020

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Maik9,0 9 / 10

Matthias8,0 8/ 10

Pascal8,0 8 / 10

Anna 9,09 / 10

sarahjane 7,57,5 / 10

Ebi 7,07 / 10


joebonamassa timeclocks700

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden