Wishbone Ash - Coat Of Arms

WishboneAsh CoatOfArmsnb mehrfachwertungGanze sechs Jahre hat es gedauert, bis wieder ein Studiodreher im Kasten war, man wird eben nicht jünger. So lange ließen sich die Briten noch nie Zeit, selbst in den Neunzigern nicht, als es um die Formation schlecht bestellt war. Sicherlich sind WISHBONE ASH immer unterwegs, zu Beginn eines jeden Jahres beackern sie die deutschen Lande, kürzlich in größeren Hallen im Verbund mit URIAH HEEP und NAZARETH. Dann musste vor drei Jahren mit Gitarrist Mark Abrahams ein neues Mitglied integriert werden, da Muddy Manninen nach zwanzig Jahren die finnische Hoheit an der zweiten Gitarre beendete. Normalerweise sollte ein neuer Mann neue Impulse bringen, vom Zeitmanagement verpufften die, von der Musik her auch auf "Coat Of Arms"?

Zu Beginn lässt die Gruppe es für ihre Verhältnisse krachen, die Riffs sind schön kantig, die Leads schneidend, von Gitarrenseite ist da richtig Power drin. Dabei sind sie rückblickend mit ihrer Hard Rock-Phase gar nicht so zufrieden, umso verwunderlicher ist es, dass sie daran anzuschließen scheinen. Das Ganze wurde auch in ein vergleichsweise trockenes Soundgewand gebettet, was eher ungewöhnlich ist. Natürlich beinhaltet der Opener die typischen Melodien und Harmoniegesänge, die sofort wiederzuerkennen sind. Doch mit etwas Phantasie kommt einem beim Betrachten von Albumtitel und Artwork, ob sie sich mit zeitgenössischen Metalacts im Rahmen ihrer Möglichkeiten messen wollen.

Der Eindruck ist allerdings nur von kurzer Dauer und endet mit besagtem "We Stand As One", das jüngst live vorgestellt wurde, denn in ihrer Gesamtheit handelt es sich um eines der ruhigsten Werke ihres Backkatalogs. Der trockene Klang bleibt allerdings bestehen, was auch zum Knackpunkt der Scheibe wird, denn er will sich nicht so recht mit den Kompositionen vermengen. Mir fehlt hier die Wärme, die Tiefe, für welche die Wünschelrutengänger seit jeher bekannt sind, die Emotionen bleiben auf der Strecke, es herrscht stets eine gewisse Distanz, wo sich sonst die Klanggebilde wunderbar einschmeichelten. Dabei war das selbe Team am Werk, was den letzten Longplayer "Blue Horizon" gestaltet hat.

Vor allem Joe Crabtree geht hier ziemlich unter und kann kaum Akzente setzen, seine Arrangements wirken sehr bieder. Da kommt nicht mal ein knalliges Break, das ich noch auf dem Vorgänger gehört habe, auch wenn ich ihn dort schon unter seinen Möglichkeiten sah. Natürlich versucht man etwaige AOR-Nähe wie auf "Elegant Stealth" zu vermeiden, doch zum Preis, dass die Songs nicht vom Fleck kommen, während genau diese Akzentuierungen jene auf dem angesprochenen Dreher so flüssig wirken ließen. Seinen Rhythmuspartner Bob Skeat erwischt es noch schlimmer, denn er ist fast gar nicht zu vernehmen, keine intelligenten Basslinien und auch kein tiefes Fundament. Wenn nicht das Booklet Tom Greenwood als Produzent ausweisen würde, ich würde auf einen gewissen Flemming Rasmussen tippen.

Der gute Muddy Manninen fehlt mir ebenfalls, sein bluesiger Stil bildete einen guten Kontrast zu dem klassischen "The Ash"-Spiel von Andy Powell. Mark Abrahams folgt ihm zu sehr, anstatt das Urgestein heraus zu fordern, da mangelt es an Reibungspunkten. Das Markenzeichen, die doppelten Leadgitarren hat die Formation in der Vergangenheit schon öfter ausgepackt. Eine weitere Zutat ihrer Identität, den Blues gibt es erst am Ende in "Personal Halloween", dann aber mit Bläsern in einer sehr jazzigen Fassung. Von den Gitarren stehen die akustischen gemäß der ruhigen Ausrichtung deutlich im Vordergrund, wobei man allerdings mit ihnen die Abwechslung auslotet.

"Empty Man" hat die typische Lässigkeit von WISHBONE ASH, und verströmt Hippieatmosphäre sowie die bekannte Verträumtheit. Dagegen hüllen sie "Déjà Vu" eher in Melancholie, einer der zugänglichsten Tracks der Scheibe. Noch eingängiger tönt das flotte "Back In The Day", das mit seinem Westcoast-Touch Erinnerungen an NEIL YOUNG wachruft. Zu den gelungensten Kompositionen zählt der relaxt groovende Titeltrack mit seinen klaren Seventies-Vibes und tollen melodischen Leadfills, bei denen kurz die Klasse der beiden Gitarristen aufblitzt.
Neben "It´s Only You I See" gehört es zu den beiden längsten Lieder, die ein wenig die Kohlen aus dem Feuer holen, dann wenn die Musiker sich mal ein bisschen gehen lassen. Hier duellieren sich schöne Gitarrenlinien mit einem dramatischen Riff, bevor das Ende in ein starkes Solo mündet. Das reicht unterm Strich aber nicht aus, um an alte Glanztaten anzuknüpfen, man agiert zu bieder, oder zu entspannt was die Pool-Photos im Booklet belegen könnten. Dabei hatten die Fans gehofft, dass ein neuer Mann vielleicht neues Feuer entfachen könnte. (Pfälzer)

 


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 58:39 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 28.02.2020

Bewertung:

Pfaelzer6,5 6,5 / 10


Andreas 6,0 6 / 10

Maik5,0 5 / 10

Pascal6,0 6 / 10

Ral7,5 7,5 / 10

Alex27,5 7,5 / 10


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