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ROLLING STONES Live 1982Man verbindet die Achtziger nicht nur mit guter Musik, sondern auch mit gewissen optischen Kennzeichen. Es war die Zeit der viel zu kurzen Herrenshorts, der Blousons mit hochgekrempelten Ärmeln, der immer noch sehr figurbetonten und farbintensiven, aber auch pastellfarbenen Klamotten sowie die Zeit der Stirnbänder und dem Aufkommen der straßentauglichen Sportklamotten. All das ist auch auf der mir vorliegenden Blu-Ray zusehen, zusammen mit dieser kultigen Musik. Auch wenn die Veröffentlichung außer des Konzerts keine weiteren Extras bietet, so ist es doch erstaunlich, wie die Technik von heute eine über 30 Jahre alte Technik enorm aufbessern kann, denn sowohl Bild als auch Ton erfüllen hierbei annähernd den heutigen Standard. Auf der letzten Station ihrer Europatournee werden die Achtziger auf „Live In Leeds 1982" auf gebührende Weise in der Reihe „From The Vaults" dargestellt und zelebriert.

Auf der Bühne wird die Formation Jagger/Richards/Wood/Wyman/Watts von zwei Saxophonisten sowie einem Keyboarder und dem Pianist Ian Stewart am Flügel begleitet, der drei Jahre später verstarb. Vor der Kulisse aus eben diesen genannten Farben, Tausenden von Luftballons und einem Hauch Hippie-Atmosphäre feiern 80.000 Fans die ROLLING STONES, die mit ihrem damals aktuellen Album „Tattoo You" europäischen Boden beackerten. Im 4:3-Format erlebt man die Mannen um Mick Jagger, in einem zugegebenermaßen sehr zirkusreifen Outfit, bei der Darbietung ihrer aktuellen Songs sowie einiger bekannten Hits. Auch wenn der Sound sehr klar und definiert klingt, so kann er irgendwie keine Live-Atmosphäre aufbringen. Das Publikum ist nur selten zu hören oder auch zu sehen, und Jaggers Gesang wirkt schon fast aufgesetzt, wenn er ADHS-verdächtig über die gesamte Bühne springt, stakst und rennt. Das Gitarrenduo Richards und Wood geben sich gewohnt lässig und cool, während Bill Wyman wie ein Statist völlig unbeweglich auf der Bühne steht und ab und an ein süffisantes Lächeln preisgibt. Man sollte nicht meinen, dass er ein entscheidender Teil der Rhythmusfraktion darstellt, denn sogar Charlie Watts lässt manchmal den Boogie mit sich durch gehen.

Auch wenn die Nahaufnahmen qualitativ wirklich beeindruckend sind, so fehlt mir doch das Bild der Person bzw. der Band an ihrem Instrument, denn auch wenn die Fratzenakrobatik, gerade die der Gitarrenfraktion, die heutige Faltenlandschaft im Gesicht erklärt, so wünscht man sich doch mal gerade bei diesem Klampfenduo etwas mehr Griffbrettakrobatik mitzubekommen. Die Überblendungen im farbigen Fächer oder Dreiecksformat lassen nostalgische Momente aufkommen, es wird geraucht und Jack Daniels getrunken und dabei amtlich musiziert mit der gewohnten Routiniertheit und Lässigkeit.

Über zwei Stunden spielt sich die Band den Allerwertesten ab, vom bluesigen „Black Limousine" über die Eddie Cochran-Nummer „Twenty Flight Rock" und dem von Keith gesungenen „Little T & A" bis hin zu den Hits wie „Jumpin' Jack Flash" oder „Honky Tonk Woman", die den Schlussteil des Sets bilden. Die Pflichtzugabe „(I Can't Get No) Satisfaction", bei der Mick Jagger in einem Korbkran über die Bühne geschwenkt wird, endet in einem beachtlichen Feuerwerk, das zwar bei hellem Tageslicht, aber dennoch in beeindruckender Farbvielfalt über den Köpfen der jubelnden Fans den Sommerhimmel über dem Roundhay Park erstrahlt.

Danach machten die ROLLING STONES ganze sieben Jahre Tourpause, wohl sehr zum Leidwesen ihrer Fans, aber die Differenzen und Solovorhaben von Jagger und Richards erforderten diese Auszeit und stellen auch heute noch eine eher dunkle Zeit für die STONES dar. So ist es erfreulich, dass nun diese Aufnahmen aus den Archiven in einem zeitgemäßen Format restauriert und aufpoliert anschaubar sind. Etwas Bonusmaterial hätte hierbei allerdings nicht geschadet. (Jochen)


Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 24
Spielzeit: 132:00 min
Label: Eagle Rock Entertainment
Veröffentlichungstermin: 20.11.2015

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