joebonamassa radiocitymusichallZwar hält sich die momentan unbestrittene Größe im Bluesrock mit Studioalben ein bisschen zurück, aber im Livesektor ist er nach wie vor äußerst umtriebig. Mindestens zweimal im Jahr betourt er alleine die Republik und auch an Veröffentlichungen gibt es eine wahre Schwemme. Vor einem halben Jahr kam "Muddy Wolf At Red Rock" auf den Markt, nun steht "Live At Radio City Music Hall" in den Läden. Wo sich bei anderen Künstlern irgendwann eine Sättigung einstellen würde, weiß JOE BONAMASSA mit einer enormen Abwechslung die Sache spanend zu halten. Mal bringt er ein spezielles Programm nur aus Standards, dann arrangiert er seine Songs mehr oder weniger opulent akustisch, die elektrische Version gab es zuletzt mit Bläsersätzen. Das Experiment mit einer zweigeteilten Show hat der Mann aus New York erstmal wieder in die Kiste gepackt, somit dient die aktuelle DVD als Dokument dieser Phase.

Mit den darauf festgehaltenen Konzerten hat er sich einen lange gehegten Traum erfüllt, am 23. und 24. Januar dieses Jahres gab er in seiner Heimatstadt zwei ausverkaufte Konzerte. Jene Radio City Music Hall ist für Bonamassa die schönste Konzertarena der Welt, die alte Theaterbauweise sorgt für eine unvergleichliche Stimmung. Gefilmt wurden beide Shows, um aus beiden die besten Takes zu nehmen, wobei leider nicht das gesamte Set auf der DVD zu finden ist. Auf die üblichen, zu oft auf Livemitschnitten vertretenen, Klassiker wie "Sloe Gin" und "The Ballad Of John Henry" wurde verzichtet, ob das allerdings einen Mehrwert darstellt, ist schwer zu bezweifeln.

Die Songreihenfolge orientiert sich eher an der ersten Show, die Setlist auf der beigelegten CD variiert wiederum. Zu Beginn gibt es mit dem Intro "Joe Bites The Big Apple" eine weitere Hommage an die Metropole. Zu jazzigen Klängen gibt es Bilder von der Stadt bei Nacht und Backstageszenen, welche den bemaßanzugten JOE BONAMASSA eher lässig zeigen. Wer mehr davon sehen will, der wird bei einer dreiviertelstündigen „Behind The Scenes"-Dokumentation fündig. Hier gibt es viele Einblicke in die Welt des Bluessuperstars, immer wieder ergänzt mit Interviewsequenzen. Obendrein wird das Ganze von einem vierzigseitigen Booklet mit vielen Bildern ergänzt.

Jazzig geht es auch teilweise im gezeigten Konzert zu, in der Interpretation mit Bläsern kommt er den Wurzeln sehr nahe. Was die Drei an Posaune, Trompete und Saxophon zaubern swingt streckenweise richtig. Dabei passt Jazz natürlich immer gut zu New York City, wenn er auch im Süden seine Wurzeln hat. Ebenso passend ist das Bühnenbild, welches die Bläser hinter glänzenden Podesten verschanzt, wie man sie von Big Bands her kennt, auch der Meister selbst steht hinter einem solchen, alle mit seinem Logo verziert. Das hat schon was von den Blues Brothers, wenn auch der Effekt fehlt, dass die Musiker in der Kameraposition von hinten hemdsärmelig gekleidet sind.

Doch zuerst einmal müssen Paulie Cerra, Lee Thornburg und Nick Lane auf ihren Einsatz warten, der erste Teil des Sets bestreitet die Band im reduzierten Gewand. Hier untermalen Mats Wester und Gerry O´Connor die Songs mit atmosphärischen Klängen, bei „Black Lung Heartache" hat das etwas von LED ZEPPELIN. Mit seinem pointierten Pianospiel kann der neue Tastenmann Reese Wynans im wunderschönen „Happier Times" glänzen. Das frühere Mitglied von STEVIE RAY VAUGHNs DOUBLE TROUBLE hat ebenfalls einen deutlichen Jazzbackground und lässt die Orgel im elektrischen Teil weniger heulen als der bekennende Rockstar Sherinian. Den Rhythmus gibt im akustischen Part lediglich Percussionist Lenny Castro vor, später gesellen sich noch die langjährigen Begleiter Carmine Rojas und Tal Bergman dazu.

Bei der Songauswahl tauchen auch wieder einige Coverversionen von MUDDY WATERS und HOWLIN´ WOLF auf, die bislang noch nicht auf einem Studiorelease vertreten waren. Einerseits ist es gut, wenn immer etwas Neues geboten wird, andererseits würde der Fan seine Favoriten auch gerne hören Gerade Stücke des überragenden „Driving Towards The Daylight" kamen bisher live zu kurz. Zu den ganzen weniger bekannten Titeln kommen noch zwei komplett neue Kompositionen, die wohl auf dem nächsten Longplayer Platz finden werden. „One More Cross To Bear" reiht sich gut in den Reigen des klassischen Songmaterials ein, während das akustische „Still Water" wie ein irischer Shanty klingt und die Bandbreite von JOE BONAMASSA belegt.

Über die Musikalität muss man, glaube ich, keine Worte mehr verlieren, hier sitzt alles so punktgenau. Der Bluesheld selbst hält sich mit Soli etwas zurück, lässt eher die Arrangements sprechen und hat sich als Sänger noch entwickelt. Die visuelle Umsetzung ist auch sehr gelungen, die tollen Kamerafahrten werden durch viele Effekte noch mehr fokussiert. Manchmal benutzt man ein Breitbandbild, dann wieder ein starkes Close-Up, dazu wird der Bildschirm auch mal geteilt, um mehrere Winkel gleichzeitig darstellen zu können. Alles sehr stylisch mit weißen Rahmen unterteilt und öfter in Bewegung, erhöht das das Seherlebnis.
Die Zeiten, in denen DVDs reine Konzertmitschnitte sind, sind so langsam vorbei, auch JOE BONAMASSA weiß, dass der Markt mittlerweile mehr verlangt. Gerade er, der immer Wert auf Komfort für die Fans legt, schöpft da einige Möglichkeiten aus. Vielleicht hätte Kevin Shirley bei den Audiospuren aber nicht alle Möglichkeiten ausnutzen sollen, sondern den Klang etwas ursprünglicher belassen sollen. Manches kommt zu perfekt und geschliffen aus den Boxen. „Live At Radio City Music Hall" ist also Geschmackssache, wer ein hohes Maß an Unterhaltung will, der liegt hier richtig. Wer auf detailgetreue Wiedergabe eines Gigs Wert legt, für den dürfte dieses DVD uninteressant sein. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 19(DVD) / 13(CD)
Spielzeit: ca. 137 min(DVD) / 77:13 min(CD)
Label: Mascot/Provogue
Veröffentlichungstermin: 02.10.2015

 

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