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scorpions foreverandadayNun erscheint die Dokumentation wie zu erwarten auch auf DVD. Im Kino ging die Geschichte der SCORPIONS leider etwas unter, aber das bringt der Stoff so mit sich. Bleibt zu hoffen, dass er als Kaufgelegenheit mehr Interessenten findet. Eigentlich würde es ja ausreichen, sich unser Review zur Kinoaufführung von „Forever And A Day" durchzulesen, wo alles Wissenswerte beleuchtet ist. Schon alleine dass mit Katja von Garnier eine klassische Filmemacherin Regie führte, was der Sache eine besondere Note gibt. In der Rezension sprach ich auch davon, dass dieser Film wichtig ist, was ihn so wichtig macht, erfahrt ihr hier.

Es ist einfach die Relevanz dieser Band, die hier deutlich beleuchtet wird, ohne sie wäre heute vieles anders, auch wenn das auf den ersten Blick gar nicht so scheint. Doch man muss sich fragen, wo unser Land heute kulturell stünde, wenn nicht ein Rudolf Schenker verrückt und ehrgeizig genug gewesen wäre, seine Vision umzusetzen. Nun birgt die Musik der Hannoveraner heute kaum mehr etwas Innovatives oder gar Visionäres in sich, doch in ihren Anfangstagen im Spießermief zwischen Nierentisch und Wirtschaftswunder war das alles aufregend und neu. Der Film ist beinhaltet einige nette Anekdoten, die auch von kurzen Videos oder Bildern belegt werden, in denen die Stimmung seinerzeit deutlich wird.

Natürlich gab es auch andere Bands, die seinerzeit neue Wege gingen, und musikalisch etwas zu sagen hatten, vor allem in ihrer Heimatstadt. Doch die blieben aus den unterschiedlichsten Gründen aller auf der Strecke und sind heute höchstens noch Liebhaberthemen. Natürlich spielte da auch Glück eine Rolle, die SCORPIONS hatten ihn Eltern und Ehepartnern immer Menschen im Hintergrund, welche sie, zu Beginn auch finanziell, unterstützt haben. Nicht umsonst sprechen die Mitglieder von der Band auch als Familie, so ist es nicht verwunderlich, dass Kinder der Musiker heute zum Produktionstross der Truppe gehören.
Am wichtigsten dürfte aber der Faktor Durchhaltevermögen gewesen sein, der die Fünf an die Spitze katapultierte. Schenker wollte von Beginn an nicht nur Musik machen, die sich aus Zwängen befreit, er war auch Erfolg aus. Dass diese so groß ausfallen, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen sicher nicht ausgemalt. Doch er war auch vom Durchbruch in den USA, dem wichtigsten Markt der Welt, überzeugt, und da gab es genügend Skeptiker. Der kam dann mit „Blackout" 1982, „Forever And A Day" dokumentiert auch, was da drüben seinerzeit möglich war.

Es waren die Erfolge, welche dann anderen deutschen Acts die Tür öffneten, plötzlich war Musik aus unseren Landen international gefragt. Anfang der Achtziger kamen auch Acts wie NENA ganz groß in den Staaten raus und Hardrock und Metal „Made In Germany" wurde in Gestalt von ACCEPT endlich ernst genommen. Da kam ein ganz großer Stein ins Rollen, den die Formation auch künstlerisch mitgestalten sollte. Vor allem ihre Produktionsweise, zu der auch Dieter Dierks zu Wort kommt, wurde von vielen Bands adaptiert. Gerade die klare Trennung von Rhythmus – und Leadgitarre war stilgebend für den Metal der Achtziger, bis in den Thrashbereich hinein. Nicht umsonst betont Alex Skolnick von TESTAMENT auf einer Pressekonferenz in Wacken, dass sie alle ohne die SCORPIONS etwas anders machen würden.

In den vielen Interviewausschnitten kommen auch die unterschiedlichen Charaktere zum Vorschein. Während Klaus Meine meist ruhig und besonnen auf seiner Couch referiert, ist Rudolf Schenker immer umtriebig, voller Tatendrang. Doch die beiden ergänzen sich einfach perfekt und ziehen seit nunmehr einem halben Jahrhundert an einem Strang. Genau jener innere Antrieb war es auch, der Schenker immer an die Band glauben ließ, auch in schwierigen Zeiten, die in "Forever And A Day" nicht ausgespart werden. Zum einen sicher das Ausscheiden seines Bruders Michael, zum anderen die unsäglichen Neunziger, die nicht nur nach der Meinung des Gitarristen hätten ausfallen können. Gerade in ihrer Heimat wurde der Bandname fast zum Schimpfwort, überhaupt war die Band dort nie so beliebt wie im Ausland, was man sich eigentlich nicht erklären kann, angesichts ihrer Rolle für die hiesige Musiklandschaft.

Das besondere an diesem Film ist die Art wie Katja von Garnier die von ihr auf der "Farewell"-Tour mitgeschnittenen Szenen mit viel Archivmaterial verbindet. Hier merkt man, dass sie keine typische Dokumentarfilmerin ist, sondern eine klassische Regisseurin, denn sie verpasst dieser Biografie eine gewisse Dramaturgie. Natürlich können die vielen Rückblenden, das Erzählen in mehreren Zeitebenen beim ein oder anderen störend wirken, doch sie machen den Reiz dieser DVD aus. So wir die Geschichte lebendiger, auch authentischer und fesselt so den Zuschauer mehr, der tief in die Geschicke der Band eintauchen darf. Hier werden die SCORPIONS zu recht von ihren Mitstreitern, Kollegen und Leuten aus dem Musikbusiness abgefeiert, und wer nicht weiß warum, der muss den Film sehen; diejenigen, die wissen warum soundso. (Pfälzer)

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Kapitel: 11
Spielzeit: ca. 100 min
Label:Sony Music
Veröffentlichungstermin: 21.08.2015

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