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msg-rockpalast-cover_2.jpgMichael Schenker steht schon seit langer Zeit im Schatten seines erfolgreicheren Bruders Rudolf, der sich mit seinen SCORPIONS gerade auf Abschiedstournee befindet. Das war nicht immer so, denn 1969 brauchte der Ältere schon einiges an Überredungskunst, um den Talentierteren der beiden neben einem gewissen Klaus Meine von COPERNICUS wegzulocken. Doch er blieb nur ein Album und wurde nach der Tour mit UFO von den Briten verpflichtet, was ihm viel Ruhm und den Aufstieg zum Gitarrenhelden brachte.
Doch die Schattenseiten wurden schnell spürbar, ausgelaugt vom Stress, dem ewigen Zwist  mit Sänger Phil Mogg und Alkoholproblemen kehrte er 1978 der Formation den Rücken. Zu jener Zeit stieg ULI JON ROTH bei den Hannoveranern aus, so dass Michael Schenker erneut bei seinem Bruder anheuerte. Geschäftlich wieder ein guter Zug, scherte die scheidende Legende damals auf die Überholspur im Hardrock aus. Doch es entstanden nur drei Songs, bevor der heute noch aktive Mathias Jabs den Posten übernahm und Schenker die MICHAEL SCHENKER GROUP aus der Taufe hob.
Die war musikalisch ähnlich unterwegs, nur verspielter in Arrangements und Strukturen und erspielte sich schnell einen guten Ruf, ohne je den großen Durchbruch zu schaffen. Vor allem die drei ersten Alben wurden von den Kritikern gelobt, in der Phase spielte die Band auch im Rockpalast. Der Mitschnitt von dem Auftritt ist nun als DVD unter dem Titel „Rockpalast: Hardrock Legends Vol 2.“ erhältlich. Ende der Achtziger folgte dann mit Robin McAuley der Versuch zugänglicher zu werden, anschließend gab es ein paar Intermezzi bei UFO und Ende der Neunziger reformierte er die MICHAEL SCHENKER GROUP unter ihrem ursprünglichen Namen, ohne jedoch an die alte Klasse anknüpfen zu können.

Auf dieser DVD zeigt sich der Deutsche in seiner absoluten Blütezeit auf der Tour zum ersten Album. Das Konzert fand am 24. Januar 1981 in der Hamburger Markthalle statt. Somit liegt der Focus klar auf dem Debüt, welches fast komplett gespielt wurde. Dadurch fehlen leider auch Songs des ebenso starken Zweitwerks wie „Attack Of The Mad Axeman“, Ready To Rock“ und das geniale „On And On“, was aber nur ein kleiner Wermutstropfen ist. Am Ende kommen dann logischerweise die UFO-Klassiker zum Zuge.

Wie schon beim legendären „One Night At Budokan“ startet die Formation mit den beiden Openern des Erstlings, und „Armed And Ready“ ist diese wirklich. Während Michael Schenker heute eher in sich versunken spielt legte er da hoch motiviert los, ließ den Rocker raushängen. Die schwarze Lederjacke und seine wild gestutzte Mähne unterstrichen das rebellische Image noch.
Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf seinem brillanten Spiel, mit dem nur wenige mithalten können. Die Kamera fängt dies mit vielen Close-Ups ganz gut ein, obwohl sich der Mann dahinter zu sehr auf die linke Hand konzentriert. Ich finde den Anschlag noch interessanter als seine Ausflüge über das Griffbrett, so leichtfüßig wie er gleitet niemand über die Saiten.

Ihm zur Seite steht die vielleicht beste Besetzung, die je unter seinem Namen agierte. Von seinem alten Arbeitgeber nahm er den Keyboarder und Gitarristen Paul Raymond mit, der in den damals topmodernen Streifenhosen ständig unterwegs war. Oft pendelte er mehrmals in einem Lied zwischen Keys und der Bühnenfront hin und her, heute wirkt er merklich ruhiger, auch wenn die Frisur nach wie vor die gleiche ist.
Ganz vorne turnt dann der bis dahin unbekannte Gary John Barden herum und feuerte immer wieder die Menge an. Der beste Sänger war er nie, aber ein Frontmann erster Güte, der das Spiel mit dem Publikum und der Kamera liebt. Für das weibliche Volk recht ansehnlich, austrainiert und breitschultrig sucht er immer den Kontakt zu seinem Publikum und hat dabei stets den Spaß in den Backen.
Hinten sorgt Chris Glenn, den man von ALEX HARVEY gestohlen hatte breitbeinig für das Fundament an den dicken Saiten. Später kam von dort sein Rhythmuspartner Ted McKenna dazu, sicher ebenfalls keine schlechte Wahl, aber nichts im Vergleich zu dem Mann der bei der Aufzeichnung getrommelt hatte.

Der leider allzu früh verstorbene, legendäre Cozy Powell, welcher sich bereits bei RAINBOW und JEFF BECK einen Namen gemacht hatte. Er gehörte zu den Pionieren des Metaldrummings und setzte als einer der ersten massiv DoubleBass ein. Eine wahre Freude ihm zuzuschauen, da wird gezimmert, ein echtes Unikat, der mit Sprüchen wie „Schlagzeug spielen ist 25 Prozent Technik, der Rest ist Kraft“ für Furore sorgte. Er sollte noch bei GARY MOORE, WHITESNAKE oder BLACK SABBATH zu Weltruhm kommen. Wenn ich eines jemals bedauere, dann dass ich ihn nie live gesehen habe, was mir diese Rockpalastausgabe wieder einmal vor Augen führt.

Eine Topmannschaft, die ein beeindruckendes Konzert abliefert, das auch die Zuschauer in seinen Bann zieht, obwohl die Begeisterung besser hätte eingefangen werden können. Doch wenn man das Alter der Aufnahmen bedenkt muss man Abstriche bei der Qualität machen, dafür wirkt alles authentisch, nichts wurde nachgebessert. Dem Sound mangelt es an Volumen und zu Beginn geht ein paar Mal die Lautstärke in die Knie und die Kameraführung war doch arg limitiert. Dennoch ein großartiges Zeitzeugnis aus der Aufbruchzeit des Metal, welches ein Gefühl der damaligen Zeit vermittelt.
Leider muss man auch auf Bonusmaterial verzichten, noch nicht einmal eine Photostrecke, was ein wenig dürftig ist. Das Einzige was sich außer dem Gig noch auf dem Silberling befindet ist Werbung für andere DVDs aus dieser Serie, was einen Hauch von Leihvideos versprüht. Ob man die Investition tätigt muss jeder selbst für sich entscheiden, das Konzert ist es auf alle Fälle wert gesehen zu werden. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 61:57 min
Label: Made In Germany Music
Veröffentlichungstermin: 16.04.2010

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