Artillery - One Foot In The Grave, The Other One In The Trash

artillery_onefootinthegravetheotheroneinthetrash.jpgAlle Jahre wieder (genauer gesagt seit 1986) findet in Polen das Metalmania Festival statt. Dieses Jahr sogar bereits zum sage und schreibe 22. Mal (da kann sich Wacken mal eine Scheibe von abschneiden). Und alle Jahre wieder nutzt das polnische Label Metal Mind die Gunst der Stunde, um Auftritte der aufspielenden Bands mitzuschneiden. Und so haben wir nun die Ehre, die allererste DVD der Dänen-Thrasher ARTILLERY in Händen zu halten.
Ehrlich gesagt hatte ich die Dänen gar nicht mehr so richtig auf dem Zettel, dazu ist es in den letzten Jahren nach dem famosen Comeback-Scheibchen „B.A.C.K.“, das auch bald bereits seinen 10. Geburtstag feiern wird, zu ruhig geworden um die Band rund um die Stützer Brüder.

Dafür ist es um so schöner, jetzt einen der seltenen Gigs der Dänen in visueller Form erleben zu dürfen. Und was als erstes auffällt: Mann sind die alt geworden. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich jetzt von der „ältesten“ Thrash Metal Band sprechen. Dass der Zahn der Zeit an den fünf Herrschaften genagt hat, ist unübersehbar, wenn man sich die einzelnen Bandmitglieder mal genauer anschaut. Und dieses Alter wirkt sich auch nachhaltig auf die Performance aus, größtenteils hat man den Eindruck, man hätte es eher mit einer Prog Band zu tun als mit einem Thrash Metal Kommando; gerade die Instrumentalfraktion wirkt richtig brav on stage. Doch der „Krach“, der aus den Boxen kommt, belehrt einen ein ums andere Mal eines besseren.
Und damit komme ich zum Neuen in der Band, Sören Nico Adamsen, der die schwere Last zu tragen hat, den einzigartigen Flemming Ronsdorf ersetzen zu müssen. Und abgesehen davon, dass er die spitzen Schreie etwas vermissen lässt, macht er seine Sache ausgesprochen gut.   
Doch auch hier werden es wieder Äußerlichkeiten sein, die den Thrash Metal Puristen bitter aufstoßen werden. Mit diesem Outfit inkl. Kopfsocke würde er auch bei jeder New Metal Combo eine gute Figur abgeben, dafür stimmt bei ihm aber die Performance auf der Bühne.
 
Doch wie schon gesagt, das alles sind nur Äußerlichkeiten, an der spielerischen Qualität hat sich gottlob nichts geändert. ARTILLERY gehören nach wie vor zu den versiertesten Thrash-Bands auf dem Planeten, und werden dies sicherlich beim kommenden Keep-it-True Festiavl auch wieder unter Beweis stellen. 
Songs wie „The Almighty“, „The Challenge“, „Khomaniac“ oder „Terror Squad“ können auch heutzutage noch alles niederreißen und einen ordentlichen Pit entfachen. Die Fans vor der Bühne hatten an diesem Tag jedenfalls ihren Spaß.

Und Spaß macht es auch, sich das Geschehen am heimischen Bildschirm anzuschauen. Dafür sorgen allen voran eine klare, nicht zu hektische, Kameraführung und ein ordentlicher Sound, der die Songs gut zur Geltung kommen lässt. Von der Warte aus ist „One Foot In The Grave, The Other One In The Trash“ ein absolut professioneller Livemitschnitt.

Und so muss ich einmal mehr den einzigen wirklichen Kritikpunkt an der Songauswahl festmachen. Dass einem bei einer Festivalshow nicht mehr als 70 Minuten Zeit eingeräumt wird, daran kann die Band nun mal nix ändern, aber dass dann die Setlist zur Hälfte aus Songs vom Debütalbum der Dänen besteht, ist einfach zu viel des Guten. Keine Frage „Fear Of Tomorrow“ ist auch 23 Jahre nach seiner Veröffentlichung ein Kracher, aber dass vom eigentlichen ARTILLERY Meisterwerk „By Inheritance“ nur 3 Songs zum Zuge kommen, ist einfach zu wenig. Und das titelgebende „In The Trash“ außen vor zu lassen, schmerzt ebenfalls. 

Obendrauf gibt’s wie üblich neben dem Gig auch noch ein paar Boni und da hätten wir einmal zwei kultige Rumpel-Clips zu „Terror Squad“ und „Allergic To Knowledge“, eine Bootlegversion von „The Almighty“ (unnötig) und ein Video eines Missing Link Songs. Mehr oder minder interessante ausführliche Interviews mit den Protagonisten dürfen natürlich auch nicht fehlen.
 
Unterm Strich ist die erste ARTILLERY DVD zwar keine Meisterleistung geworden, dazu fällt v.a. die Livesektion mit 70 Minuten zu kurz aus, aber dennoch eine Veröffentlichung, die sich gerade Thrash Metal Maniacs bedenkenlos zulegen können. (Maik)


Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 13 + Bonusmaterial
Spielzeit: etwa 125 min
Label: Metal Mind Records
Veröffentlichungstermin: 07.07.2008

Kategorie: DVD-Reviews