spocksbeard_live.jpgAuch nach dem Ausstieg von Prog-Gott Neal Morse vor einigen Jährchen gehören SPOCK’S BEARD nach wie vor unbestritten zu den führenden Progressive Rock Bands des Planeten. Die 3 Alben „Feel Euphoria“ (2003), „Octane“ (2005) und das letzte Studiowerk „Spocks Beard“ (2006) sind klare Bekenntnisse hierfür. Es gibt wahrlich nicht viele Bands, die den Abschied ihres kreativen Kopfes so gut verkraftet haben wie die amerikanischen Vorzeigeproggies. Doch „Proggie“ ist inzwischen nur noch die halbe Wahrheit, denn seit diesem radikalen Einschnitt geht das Quartett deutlich moderner und songdienlicher zu Werke, jedoch ohne die gemeinsamen Wurzeln zu leugnen.

Konnte man sich 2005 bereits mit dem „Gluttons For Punishment“ Doppeldecker in audibler Form von den Livequalitäten der Truppe überzeugen, so hat man nun die Möglichkeit, das Ganze auch in audio-visueller Form zu genießen, denn die Band hielt es für angemessen, während  der erfolgreichen Tour zum 9. Studioalbum ein Konzert für eine DVD mitzuschneiden. Und wenn man berücksichtigt, dass die letzte und erste DVD der Bärte („Don’t Try This At Home“) bereits 6 Jahre zurückliegt, ist dies genau der richtige Zeitpunkt für Nachschub. Als Termin für die Aufzeichnung wählte die Band den 25. Mai 07, als sie zu Gast im niederländischen Zoetermeer war, um den prestigeträchtigen Club „De Boerderij“ zu rocken, der nicht zum ersten Mal zum Schauplatz eines Livemitschnittes wurde.


Und ähnlich schlicht wie das Album zur Tour (ich will jetzt nicht sagen einfallslos), ist auch die zugehörige DVD betitelt: „Live“. Doch mit diesem einen Wörtchen ist auch schon alles gesagt, denn neben der zweistündigen Show gibt’s auf dem Silberling als Bonus nur noch eine im wahrsten Sinne des Wortes kurze „Geschichtsstunde in Bild und Ton“. Da wäre sicher noch mehr gegangen, vor allem, wenn man sich einmal anschaut, was die Konkurrenz diesbezüglich an Geschützen auffährt. Doch auch das Konzert allein ist bereits Grund genug, eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für „Live“ auszusprechen und damit hereinspaziert auf die Bühne, auf der das Quartett an den Kesseln von Jimmy Keegan unterstützt wird, ein grade mal zwergengroßes Energiebündel, das auch gerne mal ein Bad in der Menge nimmt.

Sonst hat sich an der Rollenverteilung innerhalb der Band on stage nichts geändert. Der kleine Japaner Ryo mimt nach nie vor den Spaßvogel und bringt seine Arbeitsgeräte kräftig ins Wanken, Basser Dave Meros bildet weiterhin den Ruhepol (sein Aktionsradius beschränkt sich auf ein Minimum) und Alan Morse, der Meister der sechs Saiten, wirkt auf der Bühne einmal mehr wie im Rausch. Den größten Sprung nach vorne hat aber definitiv Nick D’ Virgilio gemacht, der sich in den letzten Jahren zu einem richtigen Frontmann gemausert hat; seine Unsicherheit, die ihn noch auf der „Feel Euphoria“ Tour begleitete, hat er inzwischen abgelegt (an die charismatische Bühnenperformance eines Neal Morse wird er vermutlich nie rankommen). Und auch hinter den Kesseln fühlt er sich nach wie vor wohl, wovon man sich u.a. im beeindruckenden „Drum Duet“ überzeugen kann.

Insgesamt präsentierten SPOCK’S BEARD in den 2 Stunden eine gelungene Mischung aus den Highlights des 9. Studioalbums (u.a. „On A Perfect Day“, „Skeletons At The Feast“, “Rearranged“ und das mehrteilige Epos „As Far As The Mind Can See“) und einigen älteren Nummern. Auf den ersten Blick überrascht in Sachen Setlist sicher, dass bis auf das heftige „Surfing Down The Avalanche“ von den ersten beiden Post Neal Alben keine Songs auf „Live“ vertreten sind. Da aber gerade diese Songs bereits auf dem „Gluttons For Punishment“ Livealbum zur Genüge berücksichtigt wurden, ist „Live“ auch für alle interessant, die „Gluttons…“ bereits im heimischen Regal stehen haben.
Und auch bei der Auswahl der Klassiker ging man keineswegs auf Nummer Sicher, so fehlen bspw. Songs wie „Gibberish“, „Harm’s Way“, „Waste Away“ oder „The Doorway“, die man viel eher in der Setlist erwartet hätte als „Crack The Big Sky“ oder „Walking On The Wind“, und gerade das Fehlen vom Übersong „The Light“ liegt mir etwas im Magen.

Doch was viel wichtiger wiegt, ist, dass die Band an diesem Abend in hervorragender Form war, und auch das Publikum in Zoetermeer war für Prog-Verhältnisse zu überraschend euphorischen Reaktionen fähig. Auch die Kameraführung und der Sound verdienen das Prädikat „gut“.

Alles in allem muss sich „Live“ zwar ganz knapp der großartigen ersten DVD der Bärte (damals noch mit Neal) geschlagen geben, für SPOCK’S BEARD Fans und alle, die es nun werden wollen, führt aber dennoch an „Live“ kein Weg vorbei. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass neben der DVD-Version „Live“ am gleichen Tage auch als Doppel-CD erscheint. (Maik)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 19 + Gallerie
Spielzeit: etwa 130 min.
Label: Inside Out Music
Veröffentlichungstermin: 13.06.2008

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