thecranberries somethingelseJubiläen soll man feiern, wenn sie anstehen, jedes Jubiläum erlebt man schließlich nur einmal im Leben. Die CRANBERRIES feiern ihr silbernes Jubiläum mehr oder weniger mit der Veröffentlichung eines „neuen“ Albums mit „alten“ Songs in „neuem“ Gewand. Sozusagen das übliche Recycling Prinzip, aus alt mach neu und eine gute Gelegenheit für die irische Band, wieder etwas mehr an Aufmerksamkeit zu bekommen, nachdem das erste Comeback nach zehnjähriger Pause mit dem Album „Roses“ (2012) doch eher im Sand verlaufen ist. Dabei fällt mir ein, dass ich besagtes Album sogar mein Eigen nenne, es aber nie gehört habe, soweit ich mich erinnere. Das sollte ich irgendwann einmal nachholen, für den Augenblick erfreue ich mich lieber an „Something Else“, so der Titel dieser Compilation.

Die Idee zu „Something Else“ geht zurück auf ein Konzert, das Sängerin Dolores am Silvesterabend 2014 in ihrer Heimatstadt Limerick gespielt hat, nicht alleine, sondern zusammen mit einem Quartett des Irish Chamber Orchestra. Dieses nimmt auch auf „Something Else“ eine wichtige Rolle ein, denn bei diesem Album handelt es sich um eine Zusammenstellung von alten und ein paar neuen Songs im akustischen Gewand.

Für eine Rockband mag das durchaus „etwas anderes“ sein, trotzdem liegt natürlich der Verdacht nahe, dass die irische Band auf den stetig anhaltenden Unplugged-Trend aufspringen möchte, wie so viele andere Bands und Künstler in den letzten beiden Jahren, mal besser, mal schlechter gelungen.
„Something Else“ beinhaltet beide dieser Seiten.
Hört man die merklich reduzierten Versionen der Songs der ersten vier THE CRANBERRIES Alben, dann wird einem wieder bewusst, dass Gitarrist Noel Hogan sowie Sängerin Dolores O’Riordan ausgezeichnete Songschreiber waren und es auch immer noch sind. Die drei neuen Stücke „The Glory“, eine Gute-Laune-Nummer, sowie „Rupture“ , welches das Thema Depression beeindruckend düster dokumentiert und „Why?“, eine einfache Frage, mit der Dolores den Tod ihres Vaters verarbeitet, integrieren sich hervorragend in das Konzept. In diesen Kontext passt auch der Hinweis, dass man „Something Else“ nicht zwanghaft chronologisch angeordnet hat, sondern die Songreihenfolge ergibt einen natürlichen Fluss. Das ist gut so!

Ebenfalls wird einem beim Lauschen der 13 enthaltenen Stücke bewusst, dass es erstaunlich ist, dass THE CRANBERRIES mit handgemachter Musik, ernsthaften Themen und einer zumeist vorhandenen Melancholie in den Neunzigern so erfolgreich waren. Letztere kommt bei den akustischen Stücken natürlich noch besser zur Geltung, auch weil man diesem Streichquartett einen großen Freiraum einräumt. Das ist ebenfalls ein positiver Aspekt dieser Neueinspielungen, man hat die Originale nicht komplett auseinandergenommen und auch nicht versucht alles anders zu machen und zum Glück hat man auch nicht ein komplettes Orchester engagiert, das womöglich das natürliche Element der Lieder kaputt gemacht hätte, so nach dem Motto: "Viele Köcher verderben den Brei."

Nein, man kann „Something Else“ prima hören und in der Vergangenheit schwelgen, wenn man wie ich 1992 oder 1993 herum angefangen hat bewusst Musik zu hören, dann trägt man fast zwangsläufig Erinnerungen an diese Band und vor allem an das sehr eindringliche Video zu „Zombie“ mit sich rum. Auch das ist so eine Randnotiz und wirkt heutzutage surreal, dass ein über fünfminütiges Lied, das den Nordirlandkonflikt thematisiert und dazu passend mit prägnanten Basslinien dem Hard & Heavy Genre zugerechnet werden kann, dauernd in „Funk und Fernsehen“ präsent war.
Und damit kommen wir nun zu den Schattenseiten von „Something Else“. Erstens ist die Songauswahl des Albums leider sehr vorhersehbar (wo sind die Überraschungsmomente) und zweitens macht es nur eingeschränkt Sinn eine akustische Version eines sowieso bereits akustischen Liedes anzubieten. „Ody To My Family“ oder „Linger“ sind großartige Songs, die mir viel bedeuten, aber die aktuelle Version ist nun nicht unbedingt besser geworden. Gleiches gilt auch für den erfolgreichsten THE CRANBERRIES Song „Zombie“, das Original ist perfekt so wie es ist, also kann diese neue, akustische Version nur verlieren.
Da hätte ich mir bei der Umsetzung und der Songauswahl etwas mehr Mut gewünscht, ich hätte es beispielsweise spannend gefunden zu sehen, wie die Band eine knackige, direkte Rocknummer wie „Salvation“ im akustischen Gewand präsentiert, das wäre eine Herausforderung gewesen.

Man kann „Something Else“ prima hören und das Album ist in einem konstant angenehmen Fluss ohne Stillstand oder aufkommende Strömungen. Das wiederum bedeutet, dass eine latente Spannungsarmut vorhanden ist, die einem als Hörer das Gefühl gibt, das wäre auch noch besser gegangen.
Ungeachtet dieser negativen Töne hat „Something Else“ eine Daseinsberechtigung, weil es nicht nur eine einfach gestrickte Best-Of Compilation ist, sondern auch weil man sich selber herausgefordert fühlt, diese irische Band wieder weiter vorne in seinem Gedächtnis zu speichern. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20168,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 50:00 min
Label: BMG
Veröffentlichungstermin: 28.04.2017

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