Electric Guitars Rock n Roll RadioWie die Dinge manchmal ihren Lauf nehmen ist schon verrückt. Als sich Bassist Stig von D.A.D. 2015 das Bein auf der Bühne brach, tat mir das als Fan natürlich leid; welche Folgen das für ELECTRIC GUITARS haben könnte, konnte ich damals nicht einmal erahnen.

Kurz und knapp, Søren Andersen sprang als Bassist für Stig Pedersen ein, die Bands freundeten sich an, und so wurde das neue ELECTRIC GUITARS-Album von den Binzer-Brüdern produziert. Neben der Produzentenrolle unterstützen die beiden talentierten Dänen beim Songwriting und sind bei „Headless Chicken“ als Gastsänger und Gitarrist dabei. Hierzu wurde im Vorfeld ein sehr sehenswertes Video veröffentlicht. Wie es die erste Single „Swagman“ bereits vermuten ließ, klingt „Rock'n'Roll Radio“ grundsätzlich runder und hat einen noch stärkeren Ohwurmcharakter als die Vorgängeralben. Der Einfluss der Binzer-Brüder ist deutlich zu spüren, dabei sind auch die beiden Vorgängeralben von ELECTRIC GUITARS sehr gut, mit „Rock’n‘Roll Radio“ liefern sie aber ihr bisher bestes und schlüssigstes Werk ab.

Das ist bereits mit dem Titelstück und Opener zu spüren; wie Søren Andersen erklärt, hat die Band den Titel nicht ohne Grund gewählt. Denn trotz des großen Erfolges von Rockmusik sucht man im Radio vergeblich nach dem Rock’n‘Roll. Eben das erzählt der Titelsong „I Need More Rock N Roll On The Radio, Loud And Wide in Stereo“. Das darauf folgende „False Flag Operation“ hätte auch gut in den D.A.D.-Fundus gepasst und geht als toller Mid-Tempo-Rocker durch, bei dessen Text natürlich der dänische Humor aufflackert. „Headless Chicken“ ist schlichtweg grandios, die beiden Binzer-Brüder fügen sich perfekt ins Bild von ELECTRIC GUITARS ein, und ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten beim Videodreh und bei den Song-Aufnahmen ihren Spaß hatten. Bleibt zu hoffen, dass Greenpeace den Text nicht zu ernst nimmt und den schwarzen Humor der Band versteht. Direkt im Anschluss positionieren ELECTRIC GUITARS mit „Swagman“ den für mich stärksten Song der Platte. Das Stück strotzt nur so vor Dynamik und hat ebenjene Dramatik, die man von großen Rocksongs kennt. Wer hier nicht anfängt zu zappeln, der hat irgendwas verpasst oder läuft umher wie ein kopfloses Huhn. „Splinter“ handelt nicht etwa vom Mentor der Ninja Turtles, sondern von einem Typen, der sich einen Holzsplitter eingefangen hat. Ein großartiger Song, der neben seinem Text auch musikalisch durch die tollen Melodien glänzt.

Nach der Halbzeit geht es mit Bambi zusammen aufs Eis. Ich habe selten aufgrund eines Textes derart schmunzeln müssen. „Bambi On Ice“ ist der perfekte Gute-Laune-Song, wenn man mal einen schlechten Tag erwischt hat. Dabei verstehen es ELECTRIC GUITARS den Rhythmus des Songs so zu verpacken, dass man unmittelbar tanzen möchte, ein weiteres Glanzlicht des Albums. „Lucy Glow“ geht etwas schneller zu Werke und bietet einen ohrwurmverdächtigen Refrain. Hier kommen die Gitarrenlicks wieder besonders gut zum Vorschein, die Band macht ihrem Namen alle Ehren. Düster und in schönen Mid-Tempo-Gefilden ist das darauf folgende „Homewrecking Woman“ angelegt, hier kommt der Gesang deutlich heraus und das Stück weist eine ähnliche Dynamik wie „Swagman“ auf. „Stay Under The Radar“ kommt mit einer sehr coolen Hookline daher und sorgt dafür, dass die Beine nicht mehr still stehen kann. Den Abschluss des Albums bestreitet die Band sehr gekonnt mit „Back To You“, einem guten Abschluss, der den Kreis auf „Rock’n’Roll Radio“ schließt. Die Band setzt so geniale Pausen, dass man automatisch an „War Pigs“ von BLACK SABBATH denken muss.

Nicht nur songtechnisch überzeugt „Rock’n’Roll Radio“ auf ganzer Linie, auch der Sound ist extrem mächtig. Gitarren und Bass klingen fantastisch, und auch der Schlagzeugsound trägt seinen Teil dazu bei. Würde die heimische Stereoanlage von ihrer Lautstärke bis 10 gehen, so müsste man sie für dieses Album auf 11 drehen, und die Welt um einen herum verschwindet von einer auf die andere Sekunde. Man hört deutlich, dass hier absolute Profis am Werk sind.

„Rock’n’Roll Radio“ ist genau das Album geworden, das ich mir von ELECTRIC GUITARS erhofft habe. Ob das nun am Einfluss der Binzer-Brüder liegen mag sei dahingestellt. Fakt ist, dass sie keinen schlechten Einfluss auf das Album hatten. Ich möchte aber auch nicht den Eindruck erwecken, dass das Album nur aufgrund der Zusammenarbeit derart gut geworden ist.

Ich hoffe die Band bekommt nun endlich den Zuspruch, den sie verdient hat. Hier sind sehr talentierte Musiker am Werk, die eine sehr abwechslungsreiche und mächtige Platte in der Hinterhand haben. Ein erstes Highlight des noch jungen Jahres, hoffentlich kommen ELECTRIC GUITARS mit D.A.D. zusammen auf Tour, das Paket wäre ein Traum für jeden Rock-Fan. (Pascal)


Bewertung:

Pascal9,0 9 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 47:03 min
Label: Target (Mighty Music)
Veröffentlichungstermin: 10.02.2017

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