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acangry appetiteforerectionEinst zogen die Saarländer aus, um der Rockwelt ihre Geschichten zu erzählen, doch nach zwei durchaus erfolgreichen Alben stellten sie fest, dass der Name TALETELLERS nicht der einprägsamste ist. So erschien ihnen AC ANGRY doch deutlich gefährlicher, denn das haben sich die Vier auf die Fahnen geschrieben, nämlich gefährlichen Rock´n´Roll zu spielen. Mit ihrem Debüt haben sie den „Black Denim“, einen der typischen Insignien des Lifestyles besungen. Seitdem sind drei Jahre und viele Gigs ins Land gegangen, in denen die Truppe bei Steamhammer einen Vertrag unterschrieben hat, einem Label, bei dem schon viele ihrer Vorbilder waren. Mit so viel Rückenwind steigt das Selbstvertrauen, auch wenn man sich aus Zeitgründen von Drummer Sascha Waack verabschieden musste. Da darf man schon mal ein Album vollmundig „Appetite For Erection“ betiteln.

Und mit dem Selbstvertrauen legt der jüngst ausgeschiedene Schlagwerker los, die Salven treiben den schnellen, selbstironischen Opener „I Hate AC Angry“ direkt nach vorne, roh, trocken, direkt in die Fresse. Wenn das nicht gefährlich ist, was denn dann? Feinst Straßenköterattitüde mit explosiven Riffs, bei denen auch die lässigen Chöre im Refrain kaum Tempo rausnehmen, stattdessen wie auch beim folgenden „4TW“ an California Punk denken lassen.
Auffällig ist sofort das deutlich kantigere Soundbild im Vergleich zum voluminösen, aber doch etwas geschliffenen Erstling. Da scheint es fast so, als ob Produzent Phil Hillen da ein wenig auf Nummer sicher ging und die Truppe ein Stück weit an die Kette legte. Nun darf Sänger Alan Costa endlich nach Herzenslust losbellen wie die Hunde auf den Promoshots. Die Art und Weise wie sich die führenden Drums mit den Powerchords in Songs wie „I Wanna Hurt Somebody“ duellieren, erinnert an MOTÖRHEAD Ende der Achtziger.

Als weiterer Querverweise eignen sich da auch THE ALMIGHTY, deren „Soul Destruction“ mit einer ähnlich am Liveklang orientierten Produktion glänzen konnte. Man könnte jetzt auch anmerken, dass beide Frontmänner eine rote Mähne haben, wenn man noch Parallelen sucht. Ebenso wie die Briten gehen AC ANGRY dreckig und gemein zu Werke und lassen so einiges an musikalischen Momenten des Debüts hinter sich. So bleibt das Honky-Tonk-Piano diesmal im Schrank, welches auf „Black Denim“ öfter zum Einsatz kam. Dafür wurden die THIN LIZZY-Harmonien zwischen Costa und Stefan Kuhn ausgebaut, diese tauchen vorrangig in Riffrockern wie „The Balls Are Back In Town“ auf. In gleichem Maße kommen auch die Soli noch wilder und reißerischer rüber.

Durch den trockeneren Sound kommt auch der Bass von Sascha Kirsch sehr gut zur Geltung und darf ab und an Führungsaufgaben übernehmen. Die reduzierten Akustikstücke, die immer wieder die Atmosphäre auflockern werden gleich direkt in die Wüste geschickt. Prima funktioniert das bei „No Way To Go But Down“, dessen Chorus sich mit ebensolchen Riffs richtig breit aufstellt. „Son Of A Motherfucker´s Son“ ist eine herrlich unkommerzielle Ballade, die sich am Lagerfeuer nur für Outlaws nach einem langen Ritt eignet. Ein wenig alternativ angehaucht präsentiert sich „Cry, Idiot Cry“, dessen Lick zu Beginn an den SOUNDGARDEN-Klassiker „Black Hole Sun“ erinnert.

Auch wenn ein Titel wie der Titeltrack nicht sexuell gemeint sein sollen, so sind die dicken Eier mit denen die Songs daher kommen, eindeutig ein Mittelfinger in Richtung als Feminismus getarnter Neopuritanismus. Nicht nur beim ruppigen Rausschmeißer „Testosterone“ fließt selbiges durch die Adern, die Gangshouts werden alle ungemein maskulin rausgehauen. Da läuft man sogar Gefahr, dass „Appetite For Erection“ einem amerikanischen Turmbaumeister, der in letzter Zeit auf weiße Eingangssäulen setzt, gefällt. Vielleicht schielt man ja auch auf dessen Kaufkraft, der ein Album aus der Portokasse zu Platin hieven kann? Das wäre sogar verdient, schließlich geben AC ANGRY dem Rock´n´Roll viel seiner Ursprünglichkeit zurück, was einfach einen Höllenspaß macht. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer8,5 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 38:15 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 25.11.2016

 

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airbournes Avatar
airbourne antwortete auf das Thema: #20034 7 Jahre 4 Monate her
Nachdem AC ANGRY mich bei den beiden Liveauftritten als Opener für AIRBOURNE nicht so richtig vom Hocker reißen konnten, gefällt mir das neue Material um Längen besser.
Wann kann man die Mannen wieder auf der Bühne erwarten?
Gespannt ich bin!