Hardline - Human Nature

harline humannatureEr kriegt sie einfach alle, Serafino Perugio, Chef von Frontiers Records kann sich anscheinend wirklich die Bands aussuchen, lediglich in das Raster seines Labels müssen sie passen. Ob Reunions, Projekte oder die großen Namen, im Melodic Rock scheint derzeit alles bei den Italienern zu veröffentlichen. Auch bei der Zweitformation von AXEL RUDI PELL-Frontmann Johnny Gioeli ließ er nicht locker, nachdem diese 2008 ihren Abschied bekannt gab. Mit seinem Haus – und Hofproduzent Alessandro DelVecchio schickte er die mittlerweile internationale Formation 2012 ins Studio, um „Danger Zone“ aufzunehmen. Wäre es nach dem Mann an den Reglern gegangen, der auch die Tasten bedient, stünde der Nachfolger von HARDLINE schon länger in den Läden. Gut Ding will Weile haben, zumal die Protagonisten auch woanders beschäftigt sind. Dazu kam die Rückkehr von Stammgitarrist Josh Ramos, doch nun ist „Human Nature“ eingetütet.

Fast scheint es so, als ob sie die vier Jahre gebraucht haben, um musikalisch zu reifen, denn die neue Scheibe klingt wesentlich erwachsener. Nur dass es sich hier um alte Hasen im Showgeschäft handelt und nicht um eine Nachwuchskapelle. Man könnte die beiden Scheiben unter der Ägide von DelVecchio auch ein Vierteljahrhundert zurück datieren, dann würden sie ziemlich genau dem Zeitgeist des Veröffentlichungsjahres entsprechen. Eine ähnliche Entwicklung haben zuletzt H.E.A.T. zwischen ihren beiden letzten Outputs genommen.

Standen auf „Danger Zone“ eher stampfende Riffs und die passenden atmosphärischen Keyboardflächen darüber im Mittelpunkt, so geht es hier auch abseits der knalligen Arrangements nach vorne. Ich will nicht sagen, dass „Human Nature“ härter ausgefallen ist, gitarrenlastiger auf alle Fälle. Schon im Opener „Where Will You Go From Here“ treiben die Harmonien mehr nach vorne, der Refrain wirkt noch fanfarenhafter.
Bei den Verbindungen von Tasten und sechs Saiten kommt auch ein wenig mehr Orgelsound zum Tragen. So tönen diese im Verbund mit metallischen Riffs wie in „Fighting The Battle“ und "The World Is Falling Down“ eher nach EUROPE zu „Out Of This World“-Zeiten denn nach PRETTY MAIDS. Auf dem Longplayer gingen die schwedischen Achtzigerstars in eine bluesigere Richtung und genau den Einschlag verpassten HARDLINE ihrem neuen Output auch.

Erdiger und dennoch deftig rockend, hier macht sich der Rückkehr von Ramos bemerkbar, ein wenig geht es auch zum eigenen Debüt „Double Eclipse“. In der Zeit gingen auch TOTO in diese Richtung, „Nobody´s Fool“ hätte auch auf „Kingdom Of Desire“ Platz gefunden. Noch bluesiger kommt „Trapping In Muddy Waters“ daher, nicht nur wegen des Titels. Feine Leadfills, viel Dynamik und Tiefe sowie ein kräftiger Schwenk gen Südstaaten überraschen positiv.
Ebenso außergewöhnlich ist der Keyboardeinsatz in „Where The Nordwind Blows“, der ein wenig britische Subtilität versprüht. Nachdem melodramatischen Pianoeinstieg fährt man mit dem melancholischen Chorus eher die MAGNUM/DARE-Schiene. Das Piano dominiert auch bei „Take You Home“, einer der Balladen auf dem Album, daneben ist nur noch Gioelis tolle Stimme in Reinkultur zu hören, wenn diese auch schon kraftvoller geröhrt hat.

Doch keine Angst, auch wenn man ein paar Nuancen gesetzter agiert ist der klassische Melodic Rock immer noch tonangebend. Die Arrangements knallen immer noch rein, man sieht förmlich Francesco Jovino mit seinen Stöcken wirbeln. Dazu lassen die Refrains selbst im ruppigen „Running On Empty“ noch die Faust nach oben und das Gaspedal nach unten schnellen. „In The Dead Of The Night“ bekommt ein wenig wuchtiges Pathos verpasst und „United We Stand“ füllt jedes Stadion.
Obendrauf erinnert auch die druckvolle und dennoch raue Produktion herrlich an so manches Glanzstück aus den ganz frühen Neunzigern. Eine wunderbare Zeitreise, dahin wo der Hard Rock sich auf alte Tugenden besann. Leider hielt dieser Aufschwung nur kurz an, bevor diese Spielart an Relevanz verlor, Werke wie „Human Nature“ zeigen, dass er aber immer noch Klasse besitzt. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 45:17 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 14.10.2016

 

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