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Crowbar The SerpentOnly LiesEin harter Brocken, der schwer verdaulich ist. Meine Affinität zu CROWBAR brauche ich nicht zu verdeutlichen, aber auch die Bürde wird mir hier zuteil. Die Ankündigung des neuen Albums erfreute mich zum einen, zum anderen stand ich der Ansage skeptisch gegenüber.
Auch wenn ich das letzte Album "Symmetry In Black" bestimmt nicht schlecht abschneiden ließ, so kamen bei mir doch Zweifel auf, ob CROWBAR in ihrer Laufbahn einen Standard von Alben wie "Broken Glass" oder "Sonic Excess In Its Purest Form" wieder hinkriegen, ganz zu schweigen vom übergenialen Zweitwerk.

Die Vorboten ließen ein Old-School-Werk verkünden. Man hätte sich laut Windstein wieder seinen Wurzeln besonnen und diese vermehrt gehört und sich davon inspirieren lassen: MELVINS, BLACK SABBATH, CARNIVORE, TROUBLE. Viele Metal-Parts seien durch Hardcore-Elemente ersetzt worden, das wollte man wieder etwas zurücknehmen. Soloparts gibt es nach wie vor nicht bei den Heavyweights, dafür aber immer mehr zweistimmige Melodien, die zwar sehr schön anzuhören sind, aber nichts wirklich Neues offenbaren. Ein entscheidender Faktor für die Rückbesinnung war sicherlich der Wiedereinstieg von Todd "Sexy T" Strange am Bass, auch wenn zu dem Zeitpunkt das Album schon größtenteils fertig geschrieben war und nur noch befürwortend abgenickt wurde. Die Story zum Rausschmiss von Jeff Golden will ich hier nicht weiter beschreiben, aber Fakt für mich ist, dass CROWBAR da wohl nicht nur bei mir einige Sympathiepunkte verloren haben, Business hin oder her.

Nun wagt man sich wieder auf die Anfangsjahre zurück? Hm, weit gefehlt meiner Meinung nach. Ich sehe das eher als das Weitergehen auf sicherem Boden, indem man eine logische Fortsetzung von "Symmetry In Black" komponiert. Ich höre das Album wieder und wieder, ein durchweg gelungenes Album mit allem, was CROWBAR - in der neueren Zeit - ausmacht. Aber ich vermisse die Gänsehaut, den herausstechenden Song, das durchdringende Riff, das alles Wunderbare dennoch in den Schatten stellt. "The Serpent Only Lies" ist ein durchweg gutes Album, keine Frage, aber mehr auch nicht. Kirk Windstein lässt mit über 50 Jahren auf dem Buckel nochmal gesangstechnisch jeden zurücktreten und zeigt eine fast konkurrenzlose stimmliche Leistung, die den Charakter von CROWBAR neben dem einzigartigen Gitarensound prägt. Der Bass ist ebenso prägnanter geworden, auch wenn dieses Mal Todd, ähnlich wie damals Jeff, kaum Gelegenheit hatte, maßgeblich dazu beizutragen.

Aber woran liegt es, dass "The Serpent Only Lies" so an einem vorbeirauscht? Meiner Meinung nach kann man dieses Phänomen schon seit "Lifesblood For The Downtrodden" beobachten. Hierfür kann man das instabile Lineup und die wackelige Situation der Band noch verantwortlich machen. Die lange Pause bis "Sever The Wicked Hand" war durch die schwierige Zeit auch nicht gerade hilfreich, auch wenn man froh war, ein neues Lebenszeichen von den Sludgekings zu empfangen. Aber "Symmetry In Black" war schon zu glatt gebügelt und auf Nummer Sicher getrimmt. Und dieser Tenor zeichnet sich auch beim elften Album ab.

Ich denke, es liegt an der Überpräsenz der Band. Was sie zuvor durch Mangelerscheinungen ausmachte, kompensiert sie jetzt in Allgegenwärtigkeit. Jedes Jahr auf der ganzen Welt auf Tour, in regelmäßigen Abständen mit relativ festem Line-Up ein neues Album...kaum einen freut es mehr als mich, dass sich diese Band aus dem Louisiana-Sumpf erhoben und jeden Widrigkeiten getrotzt hat um zu überleben. Jeder in der Band hat etwas dazu beigetragen, und gerade Mastermind und Rifflord Windstein hat durch die Konzentration auf seine Band einiges an Boden gut gemacht. Aber scheinbar ist er einfach nicht mehr verzweifelt und deprimiert genug, um eben diese traurig-schönen Songs zu schreiben. Niemand will ihm das Glück mit Robin kaputt machen, aber bis heute vermisse ich das, was CROWBAR in den Neunzigern für mich ausmachte. Mittlerweile kopieren sich die Jungs aus NOLA selbst, das muss man eingestehen, auch wenn man nicht wirklich was ganz Neues von Ihnen erwartet. Niemandem ist hierfür allerdings ein Vorwurf zu machen, so ist der Lauf der Dinge. Vielleicht wird es irgendwann wieder ein überraschendes Album geben, das einen so vom Arsch reißt wie die Evergreens der Band. Vielleicht sind wir aber auch einfach mittlerweile zu verwöhnt. In der Zwischenzeit genießen wir die schönen Töne von "The Serpent Only Lies". (Jochen)

 


Bewertung:

Jochen7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 45:22 min
Label: Steamhammer / SPV
Veröffentlichungstermin: 28.10.2016

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