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femmeschmidt rawHört man sich „Raw“ unvoreingenommen und ohne jegliche Vorabinformationen an, dann würde man nie im Leben darauf kommen, dass sich hinter dem Pseudonym FEMME SCHMIDT die in Koblenz geborene Elisa Schmidt verbirgt, sondern man würde denken, hier muss es sich um eine amerikanische Künstlerin handeln. FEMME SCHMIDT schwimmt mit ihrem „Pop Noir“ etwas im Fahrwasser vom LANA DEL REY mit, die sich über die Jahre zwar zu einer ernstzunehmenden Künstlerin entwickelt hat, seit dem Megaseller „Born To Die“ (2012) allerdings meiner bescheidenen Meinung nach auch nichts weltbewegendes mehr herausgebracht hat und in ihrem Düsterpop etwas gefangen zu sein scheint.

Diese Gefahr besteht grundsätzlich bei FEMME SCHMIDT auch, denn sämtliche Songs von „Raw“, das sind zwölf Stück zuzüglich zwei Bonustracks, damit erreicht sie ihre Glückszahl 14, verbreiten durchweg eine düstere Atmosphäre, sie gehen aber nicht alle in dieselbe Genre-Richtung, sondern die Musik von FEMME SCHMIDT pendelt ständig und konsequent zwischen Pop, Rock, Elektro, Indie und Jazz.
„Raw“ fällt vor diesem Hintergrund ausgesprochen abwechslungsreich aus und klingt trotzdem fast wie aus einem Guss, wenngleich hier unglaublich viele Personen und Produzenten beteiligt waren, die ich hier nicht alle aufzählen werde. Frau Schmidt nahm ihr Zweitwerk unter anderem in London, Berlin, New York, Kopenhagen und Stockholm auf, also eine Weltenbummlerin wie sie im Buche steht. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum aus 2012 schrieb sie übrigens überwiegend mit dem bekannten britischen Songschreiber Guy Chambers (u.a. ROBBIE WILLIAMS), das muss man als Newcomerin auch erst einmal organisiert bekommen.

Zu kritisieren gibt es an „Raw“ dann auch so gut wie gar nichts, mir persönlich gefällt dieser Stilmischmasch und diese konsequente Düsternis, mit anderen Augen und Ohren kann man natürlich auch sagen, dass bei „Raw“ entweder der rote Faden fehlt oder die Platte eine gewisse Eintönigkeit aufweist. Wenngleich ich die Produktion bereits gelobt habe, ist mir persönlich „Raw“ ein Stück weit zu überproduziert, man arbeitete im Studio zu viel mit Effekten und künstlichen Sounds, anstatt mehr auf Natürlichkeit zu setzen. Also von der Warte aus gesehen nicht ganz so top wie bei ADELE, aber auch nicht ganz so schlimm wie die letzten Songs der auch von mir geschätzten PINK.

Interessanterweise befinden sich die Highlights von „Raw“ in der Mitte des Albums, da hätten wir einmal das fetzige „Kill Me“, bei dem es richtig zur Sache geht, den lässigen Ohrwurm „Million Baby“, die dezent erotischen „Raw“ und „Hurts So Good“, sowie die erste Single „Surround Me With Your Love“, eigentlich nur eine typische Radiopopnummer, aber trotzdem ganz ok.

Wem ich nun „Raw“ empfehlen soll, weiß ich allerdings nicht, denn man benötigt schon ein gewisses offenes Ohr und eine Freiheit von Scheuklappen, um FEMME SCHMIDT gut zu finden. Für den typischen Pop-Hörer dürfte das hier Gebotene zu anspruchsvoll sein, für den Rock-Hörer ist „Raw“ viel zu experimentell und dem Jazz-Hörer wird hier das natürliche Element fehlen. Ich mag sowohl das eine, als auch das andere, vermutlich gefällt mir auch deshalb „Raw“ so gut. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20168,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 53:00 min
Label: Dolce Rita/Warner Music
Veröffentlichungstermin: 04.03.2016

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