The Mute Gods - Do Nothing Till You Hear From Me

mutegods donothingtillyouhearfrommeBei der musikalischen Vergangenheit könnte man Nick Beggs weniger in einem ernsthaften Musikmagazin verorten, zu Beginn der Achtziger fand er sich häufig in Teeniegazetten wieder. Als Mitglied von KAJAGOOGOO war er mitverantwortlich für „Too Shy", eines der größten One-Hit-Wonder dieser Dekade. Dabei übersahen viele, wie auch bei LEVEL 42, dass unter dem ganzen weichgespülten Sound interessante Arrangements, Funkeinflüsse und ein starker Bassist zu hören waren. Es war eben die Zeit des New Wave Pop, da gingen auch die progressiven Ansätze von Bands wie IT BITES oder MR. MISTER unter. Während erstere heute mit Neo Progklängen unterwegs sind, ging aus der zweitgenannten mit Drummer Pat Mastelotto ein weiterer heute in der Progszene angesehener Musiker hervor. Beggs arbeitete nach dem schnellen Ende von KAJAGOOGOO mit unzähligen Acts, zuletzt mit STEVE HACKETT auf dessen „Genesis Revisited"-Tour, und als fester Bassist der Soloband von Steven Wilson. Dort lernte er Keyboarder/Multiinstrumentalist Roger King sowie den deutschen Schlagzeuger Marco Minnemann kennen. Da man sich gut verstand, macht man nun als THE MUTE GODS gemeinsame Sache und veröffentlichte gerade mit „Do Nothing Till You Hear From Me" das Debütalbum.

Für ein Projekt von versierten Musikern, die auch mal gerne ihr Können zur Schau stellen, fällt dies recht tiefgründig aus. Lyrisch beschäftigen sich die stummen Götter mit Themen wie Medienmanipulation, Überwachung und ähnlichen gesellschaftskritischen Themen. Damit hegt man also nicht nur instrumental einen gewissen Anspruch, wobei sich hier alle drei Beteiligten die Gitarrenparts teilen, während das ehemalige Teenageridol und der Tastenmann den Gesang übernehmen.

Eine leicht psychedelische Note ist dem Grundtenor der Scheibe nicht abzusprechen, so fängt auch der eröffnende Titelsong mit Blubbersounds an. Diese gehen nahtlos in ein immer aufdringlicheres Riff über, welches die eher im Retro Prog angesiedelte Nummer nach vorne treibt. Vom Gesang her ist man auch deutlich in den Spätsechzigern behaftet, dies gibt den ernsten Themen eine gewisse Leichtigkeit, was auch als Sarkasmus ausgelegt werden kann.
Noch deutlich mehr setzt das folgende „Praying To A Mute God" auf Harmonien, der Song wirkt eingängiger als der Opener, was nicht nur an der kürzeren Lauflänge liegt, Synthiestreicher mischen sich ein. Diese kommen auch beim noch ruhigeren, fast schon süßlichen „Nightschool For Idiots" zum Zuge, welches mit schönen Pianotönen garniert ist. Dies ist so ein Beispiel für den nicht zu überhörenden Zynismus, mit dem das Trio zu Werke geht. In dem Lied machen sich auch New Artrockelemente breit.

Die prägen „Feed The Troll", welches mit seiner düsteren, kargen Atmosphäre zu überzeugen weiß. Piano – und Synthesizertupfer laufen wie Tropfen herunter, während der Gesang gespenstisch zurückhaltend klingt. Darüber darf sich die schwermütige Leadgitarre austoben, was dem Lied einen sehr eigenen Anstrich verleiht. Das tut gut, um den etwaigen Querverweisen zu PORCUPINE TREE aus dem Wege zu gehen, die anderswo durchschimmern. Dies ist vor allem in der sehr getragenen Ballade „Strange Relationships" der Fall, deren perlendes Piano an die ruhigen Momente von Steven Wilson denken lässt. Oder auch in „Swimming Horses", bei welchem der Bass eine tragende Rolle einnimmt.

Ihre instrumentalen Fähigkeiten stellen die Drei eher zurück und rücken so den Song in den Vordergrund. War bei der Konstellation ohne echten Songwriter nicht unbedingt zu erwarten, tut den Songs aber merklich gut. Lediglich bei den zwei Instrumentals „In The Crosshairs" und „Mavro Capelo", lassen sie die hektischen Läufe von der Kette, ohne jedoch völlig die Struktur aus dem Auge zu verlieren. Hier haut mal die Orgel heftig rein, dann prallen Ethno – auf Fusionklänge, was immer Spannung erzeugt. Von ähnlicher Stimmung ist an Liedern mit Vocals lediglich „Last Man On Earth", bei dem sie mit Satzgesängen ebensolche Schlenker vollführen.

Am Ende kommt mit „Father/Daughter" eine weitere Komponente hinzu, und das nicht nur angesichts des weiblichen Gesangs. Jener stammt von Beggs Tochter, die sich hier mit ihrem Vater ein Duett liefert und eher in der elektronischen Musikszene aktiv ist, was man auch deutlich heraus hört. Die schöne, tranceartige Ballade bildet den runden Abschluss eines sehr ordentlichen Debüts. Nur wirkt sie im Gesamtkontext nicht ganz so rund, THE MUTE GODS zocken sich durch fast fünfzig Jahre Proggeschichte und geben sich stilistisch etwas unentschlossen. Doch ich denke, das war auch nicht beabsichtigt, man wollte einfach ohne große Vorgaben interessante und abwechslungsreiche Ideen umsetzen, das Konzept liegt eher im lyrischen Bereich. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 60:18 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 22.01.2016

 

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden