Bryan Adams - Get Up

bryanadams getupFrühe Teeniejahre, Schülerpartys, erstes verliebt sein, wer erinnert sich nicht daran? Vor allem an den Soundtrack aus jener Zeit, in meinem Fall waren dies vor allem die Hits von BRYAN ADAMS aus dessen "Reckless"-Überalbum. Hier fällt mir auf, dass Melodicrockern bevorzugt mit dem vierten Album der große Schlag gelang, der Kanadier sicherte sich damit den Platz in den Geschichtsbüchern. In der Folgezeit konnte er nur noch 1991 mit "Waking Up The Neighbours" und dem Robin Hood-Soundtrackerfolg an diese Phase anknüpfen. Sein letzter Hit datiert mit "When You´re Gone" aus dem Jahr 1998, seine Alben sind in seiner Heimat und in Europa immer noch hoch in den Charts notiert. Da er immer noch die großen Hallen füllt, muss er sich kaum Gedanken machen und kann sich den unterschiedlichsten Projekten widmen. Nach einem zweiten Akustikalbum gab es im letzten Jahr mit "Tracks Of My Years" eine Coverscheibe mit Songs aus seiner Jugendzeit. Nun ist mit "Get Up" das erste Studioalbum seit sieben Jahren erschienen.

Die Arbeit an der letzten Scheibe scheint auch hier Spuren zu hinterlassen haben, denn so back to the roots klang der Kanadier noch nie. Klar ist das phasenweise poppig, aber vor allem der Opener "You Belong To Me" tut dies in feiner Sixtiesmanier, also der Zeit in der Adams musikalisch sozialisiert wurde. Die halbakustischen Gitarren sind fast clean gepickt, das Grundthema hat einen leichten Rockabilly-Schmiss. Im Refrain tauchen dann wieder ein zwei Akkorde auf, welche die Musik so einfach als von ihrem Urheber stammend verorten. Dieser Groove kann nur von BRYAN ADAMS stammen, man hört ihn seinen Kompositionen stets an, auch wenn die von LOVERBOY, URIAH HEEP oder 38 SPECIAL intoniert werden.

Ähnlich geerdet klingt auch das programmatisch betitelte "That´s Rock´n´Roll", ideales Futter für diejenigen, denen TOM PETTY zu nachdenklich wurde. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr, saß doch dessen alter Spezi Jeff Lynne hinter den Reglern. Ein bisschen Naivität darf schon sein, auch wenn alles schon sehr simpel gestrickt ist und kaum die drei Minuten übersteigt. Doch das war schon immer das Rezept des begnadeten Songwriters, seine Stücke einfach auf das Wesentliche zu reduzieren. Ohne Schnörkel kommt die Scheibe auf den Punkt, jeglicher Ballast, sowohl bei den Kompositionen als bei den Arrangements wurde über Bord geworfen. Hier kommt einfach gute Laune auf und im Auto wünscht man sich den Sommer zurück.

Dazu kommt noch das Plus, dass es auf "Get Up" wieder frischer und lebendiger zugeht, zuletzt schmorte der Mann zu sehr in seinem eigenen Saft. Gerade der Balladenanteil, der Platten wie "Room Service" oder "11" ziemlich dröge machte, wurde zurück geschraubt. Ein paar Schmachtfetzen müssen sein, in denen er seit fast 25 Jahren versucht seinen großen Erfolg zu kopieren. Lediglich "Don´t Even Try" hat diesen Sechzigercharme, welcher auf dem Album vorherrscht.
Der Hauptteil liegt aber bei rockigen Nummern, die wunderbar zwischen klassischem BRYAN ADAMS-Stoff und eben der Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln pendeln. "Go Down Rockin´" schielt mit klimpernden Piano und "UhUh"-Chören in Richtung ROLLING STONES. Dagegen überzeugt "Do What You Gotta Do" mit Gesangsharmonien zwischen den BEATLES und BOSTON, während "Thunderbolt" sogar eine leicht psychedelische Schlagseite hat.

Leider hat jede Medaille ihre Kehrseite, neun neue Tracks nach so langer Zeit sind ein wenig mager. Um die Spielzeit dennoch ein wenig zu füllen, gibt es vier der Tunes als akustische Version hinten drauf. Damit fällt der Mann genau in die Schiene, die ihm in den Neunzigern viel künstlerische Relevanz kostete. Damals war das ziemlich angesagt, doch bei dem Schmuserocker funktionierte das nie. Glücklicherweise scheint er zumindest die Phase hinter sich zu haben, in der er seine bekanntesten Rocksongs live auf der Klampfe darbietet. Somit bleibt ein recht kurzes Vergnügen mit einem Album, dass ich trotz der Kritikpunkte so stark und in der Form nicht erwartet hätte. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 36:08 min
Label: Universal Music
Veröffentlichungstermin: 16.10.2015

Kategorie: CD-Reviews