Mike Oldfield - The Best Of: 1992 - 2003

mikeoldfield bestof9203Der britische Klangarchitekt war schon immer schwer zu fassen, selbst für seine Fans. In den Siebzigern revolutionierte er als Pionier des Prog und der Avantgarde die Musiklandschaft und die Studiotechnik. Mit Rock-Pop-Singlehits wie "Shadow On The Wall", "To France" und "Moonlight Shadow" avancierte er in den Achtzigern zum weltweit erfolgreichen Staionact. Doch die Reise von MIKE OLDFIELD war lange nicht am Ende, besonders als er sich 1992 von seinem langjährigen Label Virgin trennte und sich Warner Bros. anschloss. Zu der Zeit blühte elektronische Musik auf, was er gut mit seinen Patchworkarrangements verbinden konnte. Auch hier streckte der Künstler seine Fühler in alle Richtungen aus, und experimentierte munter drauf los, was allerdings nicht immer bei seinen Anhängern ankam. Nun lässt die gerade erschienene "The Best Of: 1992 - 2003" jene Zeit auf zwei Scheiben Revue passieren.

Auf der ersten finden sich Songs aus den acht Studioalben, die er für dieses Label veröffentlichte. Diese sind chronologisch angeordnet, so dass der Hörer gut die Entwicklung nachvollziehen kann, egal, wie er dazu steht. Zu Beginn präsentiert Oldfield Tracks aus dem zweiten Teil seines legendären Debüts "Tubular Bells". Seinen ehemaligen Chef Richard Branson wird es sehr geärgert haben, dass er ausgerechnet auf seinem ersten Werk für Warner die von ihm oft verlangte Fortsetzung seines Opus Magnum lieferte. Mit "Sentinel" gibt es ein Wiedersehen mit dem bis heute unvergleichlichen, gespenstischen Intro, welches einem im Laufe dieser Compilation noch öfter begegnet. Auch wenn es immer umarrangiert wurde, so ist es doch irgendwann gut, hier geht man damit einfach inflationär um. Auch die legendäre Aufzählung der Instrumente, hier "The Bell" genannt und von  gesprochen, bildet den anderen Eckpfeiler der Scheibe.
Im Gegensatz zum ersten Teil geht das Ganze stark in die jzu jener Zeit stark angesagte Ambientrichtung. Sicher hat MIKE OLDFIELD dieses Genre mitgeprägt, nun lässt er sich von den eigenen Erben inspirieren. Noch deutlicher fällt dieser Schwenk auf „Songs From Distant Earth" aus, auf dem fast nur noch flächige Sounds vorhanden sind. Dazu kommen viele gregorianisch anmutende Chöre, besonders gelungen auf dem hier vertretenen „Hibernaculum".

Etwas völlig anderes lieferte er zwei Jahre später mit „Voyager" ab, als er plötzlich Folkstücke schrieb oder Traditionals wie „Woman Of Ireland" umarrangierte. Danach kehrte er mit dem dritten Teil seiner Röhrenglocken zu den damals populären Klängen zurück, das Intro heißt hier „Far Above The Clouds" und ist fast komplett elektronisch gehalten. Einzig „Man In The Rain" sticht heraus, welches es glücklicherweise auch auf diese Best Of geschafft hat. Feinster Folkpop im Stile von „Moonlight Shadow" mit einer wunderschönen Stimme, die der bezaubernden Maggie Reilly nahe kommt. Leider geben die Credits im Booklet nicht her, welche Elfe hier singt.

Mit „Guitars" versuchte er wiederum eine Kehrtwende, spielte alles nur mit Gitarren ein, sogar die Drumparts. Wo er aber früher mit hunderten Overdubs überzeugen konnte, klingt er auf den hier vorhandenen Titeln „Cochise" und „Out Of Mind" nur noch steril. Das überbot er bei „Millenium Bell", welches sich an „Songs From Distant Earth" orientiert, nur mit schwächeren Songs und Produktion.
Warum man davon drei Titel auswählte, wissen nur die Macher hinter der Zusammenstellung selbst. Gänzlich auf Computersounds setzte der Meister dann auf „Tr3S Lunas", „Thou Art In Heaven" und „To Be Free" klingen dementsprechend genauso konturlos. Als Abschied von Warner Bros. spielte der Klangtüftler sein Debüt noch einmal neu ein, um die neueste Aufnahmetechnik zu verwenden, womit es ihm dennoch nicht gelingt, an das Original anzuknüpfen.

Die zweite Scheibe fängt, welch Wunder mit einer weiteren Version vom besagten Intro an, und bietet allerhand unveröffentlichte Versionen und Outtakes. Ob man allerdings eine Instrumetalversion von „Stille Nacht" wirklich braucht, sei mal dahin gestellt. Auch eine weitere Version von „The Bell" darf nicht fehlen, die schon ein wenig auf das vorbereitet, was da noch kommen soll. Vorher gibt es einige passable Folkinstrumentals wie „Mike´s Reel" oder „Indian Lake", dann müssen die treuen Fans ganz stark sein.
Am Ende gibt es sechs Remixversionen von Songs aus dieser Ära, teilweise von bekannten Acts wie JAM & SPOON. Von der Herangehensweise dürfte die endlos langen Soundcollagen nach dem Geschmack von MIKE OLDFIELD sein, für denen Hörer ist das schon schwerer Stoff. Die Stücke sind kaum wieder zu erkennen, nur noch Fragmente erinnern an das Original.

Kann man „Sentinel" und „Thou Art In Heaven" noch unter Ibiza Loungesound einordnen, sind Versionen, wie die von „Woman Of Irland" doch mehr als gewöhnungsbedürftig, um das böse T-Wort mal zu umgehen. Das ist ein totaler Absturz in die Neunziger Jahre, wie dunkel jenes Zeitalter war, wird mir jetzt erst wieder bewusst. Besonders ärgerlich ist, dass drei Tracks bereits auf der ersten CD als Remix vorhanden sind, da hätte man wenigstens bei der eigentlichen Compilation die Originale nehmen können.
Schade ist das speziell bei „Let There Be Light", welchem zweimal dieser tollen floydesken Atmosphäre beraubt wurde. Ich weiß nicht, inwieweit MIKE OLDFIELD in die Arbeiten an „The Best Of: 1992-2003" involviert war, den Künstler gibt eigentlich nur der erste Silberling wieder. Jeder, der nicht mit dem Werk dieser Zeit vertraut ist, sollte lieber zu den zeitgleich, auch auf Vinyl, erschienenen Studioalben wie „Songs From Distant Earth" oder „Tubular Bells II" greifen. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 31
Spielzeit: 156:31 min
Label: Warner Music
Veröffentlichungstermin: 15.05.2015

 

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