Drucken

architectsofchaos theleagueofshadowsDas Schicksal meinte es nicht besonders gut mit Paul Di´Anno, dabei sah es zu Beginn seiner Karriere noch gut aus für ihn. Als Mitglied von IRON MAIDEN gelangte er mit deren ersten beiden Alben zu Weltruhm, musste die Band aber verlassen, bevor diese zum ganz großen Schlag ausholte. Auch wenn seine Projekte wie KILLERS oder MURDER ONE nicht schlecht waren, konnte er nie annähernd an seine Frühphase anknüpfen. Zuletzt sah er sich nur noch als Nachlassverwalter von Songs, welche die Eisernen Jungfrauen nicht mehr auf die Bühne bringen. Für dieses Unterfangen hatte er in mehreren Ländern jeweils eine eigene Backingband, um natürlich auch Kosten zu sparen. Sein deutscher Ableger brachte ihn schlussendlich auf die Idee, es nochmal mit neuem Material zu versuchen. So gab es anstatt der angedachten Rockrente einen Neustart, der auch einen neuen Namen brauchte. Unter ARCHITECTS OF CHAOZ sind die Fünf nun unterwegs und haben gerade mit "The League Of Shadows" ihr Debüt veröffentlicht.

Hier kann der gute Paul seine Wurzeln nicht verleugnen, trifft aber auf eher moderner ausgerichtete Mitstreiter, was zu gegenseitigem kreativen Anstacheln führte. Die bisherigen Betätigungsfelder seiner Mitstreiter könnten unterschiedlicher nicht sein,  Andreas Ballnus ist bei den Thrashern PERZONAL WAR aktiv, sein Partner an den sechs Saiten Joey Siedl war früher bei den Alternative-Proggies CHEENO. Gemeinsam haben sie aber auch ein Faible für die NWOBHM und speziell den Zwillingsgitarrensound. Wie auch IRON MAIDEN zelebrieren sie diese doppelten Läufe, welche einst von WISHBONE ASH und THIN LIZZY aus der Taufe gehoben wurden, sehr häufig. Dazu solieren sie sehr gekonnt, gerade Siedl war ja schon bei seinem früheren Brötchengeber immer für seine Soloeskapaden bekannt.

Diese darf er auch direkt zu Beginn zeigen, "Rejected" geht mächtig nach vorne los, die DoubleBass von Dominik Fox rattert, die Gitarren schneiden, bestes Headbangerfutter. Die Nummer kommt erstaunlich frisch daher, so unverkrampft agierte Di´Anno schon lange nicht mehr, was vielleicht daran liegt, dass er sich mit den dezenten modernen Anleihen aus dem Konzept befreit. Die Produktion ist sehr direkt und trocken gehalten, was die Power der Kompositionen gut zur Geltung bringt. Vor allem der Bass von Gonzo ist deutlich heraus gemischt, was man ja auch von Steve Harris her kennt, wenn auch mit einer zeitgemäßeren Note.
Gonzo bringt diese beim folgenden "How Many Times" mit ein, ansonsten ist das Stück ein klassischer Metalstampfer mit toller Hi-Hat-Arbeit. Im Refrain wird das Urgestein von seinen Nebenleuten unterstützt, was ein paar schöne Harmonien hervor bringt. Ebenso traditionell kommt "Horsemen" daher,  das wieder mit Doppelleads einsteigt. Dann dominiert punkiges, räudiges Ungestüm, das Stück treibt unbändig nach vorne und würde als Bonustrack auf einem Re-Release von "Killers" keineswegs auffallen. Seine Vergangenheit zitiert der Sänger nur noch bei "Switched Off (Released)" deutlicher, die düstere Ballade steigert sich in einen von breiten Riffs unterstützten Refrain. Wen höre ich hier "Remember Tomorrow" flüstern? Und sogar beim Bonustrack, einem Cover von "Soldiers Of Fortune" macht er eine gute Figur.

Was noch auffällt, ist dass Di ´Anno hier wirklich singt und nicht nur den Schreihals mimt. So etwas hätten ihm heute die wenigsten zugetraut, aber irgendwie scheinen die Jungs nochmal längst vergessene Talente aus ihm hervor zu kitzeln. Auch bei "Architects Of Chaos" packt er eine klare Gesangsstimme aus und überrascht hier mit starken Anklängen an ALICE IN CHAINS. Nach dem offensichtlichen IRON MAIDEN-Bezug machen sich die moderneren Ansätze breit, was dem Album allerdings nicht schadet, denn die einheitliche Produktion hält die Kompositionen zusammen. Die Snareattacken und die schnellen Läufe sind zwar noch oldschoolig gehalten, doch von der Melodieführung wird geht es schon mehr in die Neuzeit. "Dead Eyes" rockt sehr modern, in der Mitte gibt gar einen Breakdown, zu dem Paule fast schon grunzt. Neben ein paar ruppigeren Nummern wie "Obsidian Black" fällt vor allem noch das thrashige "Apache Falls" auf.

Gelohnt hat sich der Mut zum Neuanfang auf alle Fälle, die Scheibe gehört zum Besten, was der Mann seit seinem Ausstieg bei einer der größten Bands des Planeten, hervor gebracht hat. "The League Of Shadows" sprüht vor Frische, weiß aber auch mit reifer Songanlage zu punkten. Gerade der Übergang von "Apache Falls" zum Pianooutro ist sehr interessant gestaltet. Die Abwechslung nötigt einem zwar den ein oder anderen Hördurchlauf ab, denn nicht alle Lieder zünden auf Anhieb. Doch die ARCHITECTS OF CHAOZ setzen mit ihrer ausgewogenen Mischung aus Tradition und Zeitgeistanspruch ein Ausrufezeichen in der Szene. Man darf gespannt sein, was noch kommt. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 55:07 min
Label: Metalville/Rough Trade
Veröffentlichungstermin: 29.05.2013

Submit to FacebookSubmit to Twitter
heavy heavy   power power  
Anmelden