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badcompany badcompanyAls 1973 die Drogenproblematik von Paul Kosoff immer schlimmer wurde, lösten sich FREE auf. Sänger Paul Rodgers und Drummer Simon Kirke wollten aber nicht untätig herum sitzen und suchten nach Mitstreitern für eine neue Formation. Die fand man im KING CRIMSON-Bassisten Boz Burell und Gitarrist Mick Ralphs von MOTT THE HOOPLE. Schnell hatte man die ersten Songs am Start und ergatterte als erstes fremdes Signing einen Plattenvertrag beim neu gegründeten LED ZEPPELIN-Label Swan Song. Wo diese sich auf allen möglichen Spielwiesen austobten, blieben BAD COMPANY der klassischen Bluesrocklehre treu. 1974 ging der Vierer mit Ronnie Lane´s Mobil Studio zum Landsitz Headly Grange, auf dem seinerzeit GENESIS und das Luftschiff öfter residierten, um sein Debüt einzuspielen. Die simple Effektivität der Truppe sollte schon das schlichte Cover mit dem ikonischen Logokürzel deutlich machen.

Bis heute hat diese Scheibe nichts von ihrer Anziehungskraft verloren, gilt als Klassiker aus einer Zeit, in der Klassiker fast Stangenware waren. Während man sich wegen 35 Minuten für ein AC/DC-Album aufregt, war das damals Standard, "Bad Company" reichte die selbe Zeit für die Ewigkeit. Nicht nur musikalisch war dieses Jahrhundertwerk ein Überflieger, auch in kommerzieller Hinsicht stieß das Quartett in ungeahnte Regionen vor. Alleine in den USA verkauften sie fünf Millionen Einheiten und stehen damit heute unter den vierzig bestverkauften Scheiben der Siebziger.

Dabei war die Erfolgsformel recht einfach, Drumstöcke, einzählen, drei, vier, los geht es mit einem Riff, der einen so unkompliziert anspringt, dass man einfach mit muss. Dazu haute Kirke ein gleichsam treffsicheres Arrangement in die Pauke, die er so kräftig schlug wie seinerzeit nur John Bonham. Daraus entwickelte sich ein lockerer Boogieswing, der den Hörer sofort mitwippen lässt, bevor er den Refrain von "Can´t Get Enough" direkt mitsingen kann. Ein ebenso beschwingtes Solo und die kurze Jam, in der fast jeder Song endet, runden den perfekten Opener ab.
Ähnlich flott ist man später nur noch bei "Movin´On" unterwegs, welches dem Titel gemäß unaufhaltsam nach vorne treibt. Nach dem gelungenen Auftakt kommt ein Schwenk in Richtung Funk, den BAD COMPANY aber so schwermütig zelebrieren, wie zuvor nie gehört. Das tiefe Gitarrenthema von "Rock Steady" wurde in der Folge oft kopiert (man höre "Heartbreak Station" von CINDERELLA) aber nie erreicht. Im Chorus zieht die Dynamik an und gibt der großartigen, sich steigernden Melodie freien Lauf.

Die Stärke der Formation war ihr unglaubliches Feeling, hier fanden sich zur richtigen Zeit die richtigen Musiker zusammen. Bei allen war die ideale Mischung aus Erfahrung und Hunger gegeben, der Wille alle Songs noch größer zu gestalten, und die Fähigkeit ihn auch dorthin zu bringen. Von diesem Feingefühl profitiert auch die Ballade "Ready For Love" mit dem dezent psychedelisch verzerrten Piano. Wie die Herren dann mit nur wenigen weiten, langen Gitarrentönen und dem ganz kurzen Orgelschub den Refrain tragen ist ganz großes Tennis. Die Scheibe ist eine der seltenen Glücksfälle der Rockgeschichte, bei der kein Ton zuviel gespielt wird und wirklich jeder genau dort sitzt wo er hingehört.

Noch mehr Gefühl beweist Rodgers in "The Way I Choose", bei dem er mit Inbrunst so herzergreifend singt, dass sich alle Haare gen Himmel stellen. Ralphs unterlegt diese unglaubliche Stimme mit feinen, britisch zurück haltenden, dafür umso wirkungsvolleren Blueslicks. Es wurden nur wenige Platten aufgenommen, bei denen der Sänger eine noch beeindruckendere Performance hinlegte als auf "Bad Company". Der Schlüssel der Platte ist einfach das unfassbare Zusammenspiel, bei der sich großartige Momente genügend Raum geben. Niemand drängt sich auf, sondern ist nur auf die maximale Wirkung seiner Beiträge bedacht.

Das kommt im Titelstück am besten zum Vorschein, wenn sich das Piano aus psychedelischen Tiefen schält, und zusammen mit den Vocals von Paul Rodgers aufzusteigen. Zwei doppelte Drumschläge, ein gezogener schwerer Ton aus der Sechssaitigen stimmen den Chorus ein, wie es genialer nicht mehr geht. Unter den werden weitere schwerfällige Akkorde gelegt, während es im Solo wieder etwas spaciger zugeht, eine unvergleichliche, meisterhafte Atmosphäre.
Was der gute Paul am Flügel kann, stellt er auch in "Don´t Let Me Down" unter Beweis, das mit dem Flower Power-Refrain und dem Saxophonsolo weitere Klangfarben mit einbringt. Zum Schluss wird die Effektivität der Musik auf die Spitze getrieben, wenn Rodgers sich nur selbst auf der Akustischen begleitet und die Rhythmusgruppe schweigt. Lediglich zwei Akkorde, diese etwas percussiv gespielt, dazu der beschwörende Gesang erzeugen die mystischste Nummer auf dem legendären Debüt.

Auf der zweiten CD der Deluxe Edition wird deutlich, wie die Band damals arbeitete, wie sie ihre Nummern von Take zu Take veränderte, bis sie zu voller Blüte gereift waren. Was hier auf diesem alten englischen Landsitz passierte, war ein Moment, wie es ihn nur selten gab, dass eine Formation ihre Musik einfach aus dem Bauch heraus verbesserte, ohne groß darüber nachzudenken, um am Ende so ein Überwerk zu erschaffen. Wer weiß, ob das Selbe an einem anderen Ort ein paar Monate früher oder später so passiert wäre?
Die Demoversionen und Outtakes zeigen anhand einiger Songs, die mehrmals vertreten sind, wie BAD COMPANY diese instinktiv weiter entwickelten. So war "Can´t Get Enough" ursprünglich etwas rauer und die Phrasierungen beim Gesang nicht ganz so ausgefeilt. Eine "Hammond Version" davon zeigt, dass auch in anderer Richtungen gedacht wurde. Der Titeltrack war zu Beginn von einem Drumbeat dominiert, der allerdings die Atmosphäre zerstörte. Später war dann schon das Piano tonangebend, die großartigen Gitarrenlicks fehlten noch. Und bei The Way I Choose" wurde anfangs auch mit Tasteneinsatz experimentiert.

Zu dem Material gesellen sich noch drei Songs, die es nur auf die B-Seiten geschafft haben, weil der Truppe da der ganz zündende Funke nicht kommen wollte. Schon in diesen Rohversionen sind alle Kompositionen sehr stark, doch die Qualität wurde bis ins Detail ausgereizt. Anhand von Gesprächsfetzen kann man weitere Einblicke in die damalige Arbeitsweise bekommen. Dazu sind die drei Bonustracks, die alle schon auf "The Original Anthology" vertreten waren, alle stark vom Fender Rhodes dominiert, was ihnen ein Stück weit das Alleinstellungsmerkmal nimmt. Am stärksten erweist sich dabei das flüssige "Easy On My Soul", welches Rodgers und Kirke schon mit FREE eingespielt hatten.

Um das stampfende "Little Miss Fortune" und das rockige "Superstar Woman" wären viele andere Bands heute noch froh, weswegen sie diese Ausgabe des Überalbums gekonnt abrunden. Es sind aber vor allem die gezeigten Entwicklungsstadien des Produktionsprozesses und die Liner Notes im Booklet, die diese Neuauflage auch für Fans, welche das Original besitzen interessant machen. Wer aus welchen Gründen auch immer "Bad Company" nicht im Schrank haben sollte, hat hier die Möglichkeit dieses kaum zu entschuldigende Versäumnis nachzuholen. Grundsätzlich bewerte ich keine Re-Issues, doch wer hier eine Note sehen will, es kann nur eine geben. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 8 (CD 1) / 13 (CD 2)
Label: Rhino / Warner
Veröffentlichungstermin: 03.04.2015

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