beardfish 4626comfortzoneEs hat ein wenig länger gedauert, dieses Mal ließen sich die Schweden mehr als zwei Jahre Zeit, um ihr achtes Album einzuspielen. Dafür ließen BEARDFISH ihren Ankündigungen Taten folgen und tourten stattdessen öfter. Im letzten Jahr war man mit den Labelgenossen SPOCK´S BEARD und SOUND OF CONTACT länger in Europa unterwegs. Dazu nahm man im letzten Winter an der "Progressive Nation At The Sea"-Cruise teil. Eine skurillen Titel wie die Vier mit "+4626-Comfortzone" ihrem neuen Output gaben, kann auch nur von dieser Truppe stammen, die ja schon allerhand Verrücktes auf Alben gebannt hat. Was es damit auf sich hat und wie das nun wieder klingt, lest ihr hier.

Der Titel bezieht sich auf das oftmals mutlose und vielfach eingefahrene Verhalten ihrer Mitmenschen. So fehlt vielen Leuten in ihrem kleinen Städtchen Gävle der Glaube an sich selbst, weil sie denken, von ihrer Einöde aus kann man nicht viel bewegen. Ich kann ein Lied davon singen, wie die Bevölkerung auf einem vergessenen Fleckchen Land gerne nach Auswegen, oder eher Ausflüchten sucht.
Aufkommende Strömungen wie Pegida oder die AfD hierzulande bieten viele eine Möglichkeit die eigenen Ängste und Unzulänglichkeiten auf andere zu projizieren. Und ebensolche Organisationen stellen für daher eine Komfortzone da, in der man sich nicht mit anderen Dingen auseinander setzen muss. Davon handelt das Album ebenso wie von Musikern, die keine neuen Schritte wagen und sich stattdessen in Coverbands verdingen.

Dass dies unseren Helden hier nicht passieren kann, dürfte jedem klar sein, der einmal mit der Formation in Kontakt kam, stetige Weiterentwicklung ist das oberste Credo der Jungs. Keine Idee ist zu verrückt, als dass sie es nicht zumindest versuchen, was man ja schon am Albumtitel sieht. Die jüngste Entwicklung der letzten beiden Werke, hinzu härteren Klängen, wird hier nicht fortgesetzt. Lediglich die düstere Stimmung von "The Void" wird beibehalten, was schon das Thema alleine mit sich bringt.

 Ohne sich zurück zu entwickeln haben die Seventies wieder einen stärkeren Eindruck auf dem nunmehr achten Longplayer hinterlassen. Nach einem kurzen Stimmengewirr geht es mitten hinein in das goldene Jahrzehnt des progressiven Rock. Jenes Intro, "Noise In The Background" bildet den Auftakt zur „The One Inside"-Trilogie, welche im Verlauf des gesamten Albums vervollständigt wird. Bei „Hold On" wechseln sich beim Gesang getragene Melodien und affektierte Theatralik ständig ab.
Dazu gesellen immer wieder irrwitzige Klangspielereien, die seit „Destined Solitaire" nicht mehr so prominent waren. Dank der Instrumentalabfahrten gelingt BEARDFISH hier der Brückenschlag zwischen GENESIS und FRANK ZAPPA. Ruhiger lassen es die Vier im Titelsong angehen, wenngleich Rijkard Sjöbolm und der zweite Gitarrist David Zackrinssonauch im gefühlvollen Metier beweisen, dass ihnen einiges einfällt. Dazu weint ein Mellotron leise vor sich hin, jenen Ur-Synthesizer haben die Schweden wieder für sich entdeckt.

Nach den beiden Longtracks versuchen sie sich zuerst mal an für ihre Verhältnisse kurzen Tracks, von denen das schwere „King" und „Daughter/Whore" noch wie Überbleibsel von „The Void" klingen. Letztgenannter Song hätte mit seiner Mixtur aus rockigen Momenten, metallischer Härte und obskuren Riffstrukturen gut auf „Heritage" von OPETH Platz gefunden. Dem stehen ruhigere Nummern gegenüber, von denen vor allem das größtenteils akustische „My Companion Through Life", der zweite Teil von „The One Inside" überzeugen kann.

Einen weiteren Mammutsong wie man ihn mit „Note" auf dem Vorgänger fand, wird dem Hörer auf „+4626-Comfortzone" auch serviert. Sanfte, getragene Passagen wechseln sich in „If We Must Be Apart (A Lovestory Continued)" mit rockigen ab, wobei man feststellen muss, dass die Herren auf dem Album die defensiveren Töne wirklich gut beherrschen. Über allem thront bei dem Titel die Orgel, die alle vorhandenen Stimmungen mitprägt. Dazu hat sie ihre schwebenden Momente, wenn sie die Melodie alleine bestimmt, immer wieder kehrende Motive runden einen wahren Longtrack ab.

BEARDFISH haben über die Jahre ihren völlig eigenen, unverkennbaren Stil entwickelt, den sie aber immer ein wenig verändern, um die Sache interessant zu halten. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Ideenvielfalt sie innerhalb ihrer eigenen Welt aufwarten. Das neue Werk könnte als Bindeglied zwischen „Sleeping In Traffic – Part Two" und „Destined Solitaire" durchgehen mit der songdienlicheren Herangehensweise der letzten Scheiben. Den ganz großen Hit haben sie aber bislang noch nicht aus dem Hut gezaubert, bürgen dafür aber mit durchgehend hoher Qualität. Die werden alle Retro Prog-Freaks zu schätzen wissen, auch wenn wir immer noch auf das Magnum Opus der Band warten. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 65:46 min
Label: Inside Out Music
Veröffentlichungstermin: 09.01.2014

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