Gary Moore - Live At Bush Hall 2007

garymoore livebushhallEs war der Tiefpunkt einer sowieso total verkorksten Superbowlnacht: In der Halbzeit klemmte ich mich hinter das Laptop meines Kumpels und schaute ein paar Forenbeiträge, als mir sehr viele Songs von GARY MOORE in den Spiellisten auftauchten, einige gar mit einem RIP-Anhang versehen. Entsetzt lugte ich hinter den Bildschirm hervor und sah den Rest der Meute entsetzt auf den Fernsehbildschirm starren; die Frage, ob der irische Gitarrist gestorben sei, blieb mir bei der Tagesschaumeldung im Hals stecken. Dabei hatte der Mann gerade wieder seine Lust am Hardrock entdeckt, was sicher sehr interessant geworden wäre. Leider blieb es bei drei Festivalauftritten, die bereits geschriebenen Songs wurden lediglich auf "Live in Montreux 2010" veröffentlicht. Genauso stark fand ich seine Bluesphase, mit "Close As You Get" erschien ein gutes, relativ ruhiges Alterswerk. Auf der dazugehörigen Tour wurde "Live At Bush Hall 2007" mitgeschnitten, welches nun auf den Markt kommt.

Aufgenommen wurde der Gig am 17. Mai 2007 in der Londoner Bush Hall und seinerzeit beim Sender Planet Rock Radio übertragen. Warum dieser erst jetzt auf Tonträger erscheint, weiß ich auch nicht, aber womöglich sind da irgendwelche Vermarktungsrechte dafür maßgeblich, Dinge, mit denen ich mich nicht beschäftigen will. Ich kümmere mich lieber um die Musik und die stammt auf dem Konzertdokument zum großen Teil aus dem damals aktuellen Album. Nicht weniger als sieben Songs fanden den Weg in die Setlist, welche Moore zu Beginn als „Special Set" ankündigt.
Der Rest besteht aus Liedern seiner ersten beiden Blues-Scheiben, wobei er hier auf die unverzichtbaren Klassiker wie „Walking By Myself" zurückgreift. Ergänzt wird das Programm durch „Don´t Believe A Word", welches interessanterweise zuerst als Slow Blues gespielt wird, um dann direkt im Anschluss in die von THIN LIZZY her bekannte Hardrockversion überzugehen. Das stammt zwar aus der Feder seines früheren Kumpels, dem viel zu früh verstorbenen Phil Lynott, doch insgesamt setzt er zumeist auf Eigenkompositionen.

Unterstützt wurde er an dem Abend von John Rees am Bass, Vic Martin am Keyboard und Brian Downey am Schlagzeug. Das ist sicherlich die bemerkenswerteste Personalie, denn die beiden spielten einst bei THIN LIZZY zusammen. Doch zu einhundert Prozent eingegroovt scheint mir die Truppe nicht zu sein, das ein oder andere Arrangement hakelt ein wenig. Die Vier spielen zwar tight, finden nicht immer den Ton, um perfekt mit dem Mitstreiter zu harmonieren. Für sich genommen sind die Herren alles Könner, doch beim Zusammenspiel könnten sie mehr Akzente setzen, wie etwa das Duell des Meisters und Martin Orgel bei „Too Tired".

Auffällig wird das vor allem bei „Don´t Believe A Word", wenn Downey mit seinem typischen Groove glänzen kann, aber ein reiner Bluesdrummer wird er nicht mehr. Darüber hinaus steht GARY MOORE ein wenig zu sehr im Mittelpunkt, seine Gitarre drückt so manche rhythmische Feinheit weg. Gerade in den ruhigen Songs wie „I Had A Dream" ist sein Spiel brillant, doch bei flotteren Sachen wie der CHUCK BERRY-Nummer „Thirty Days" lässt er zu sehr den Rocker raushängen. Das Bluesfeeling schaut nicht in jeder Phase sichtbar heraus, es ist nicht zu überhören, dass er stets in zwei Welten wohnte. Beim Schlussakkord „Sunshine" beweist er sich noch gekonnt an der Akustischen.

Von der Produktion her steuert „Live At Bush Hall 2007" in ähnliche Gewässer, den typische warmen und vollen Klang gibt es hier nicht. Dazu fehlt es an Tiefe, hier müsste der Bass von Rees präsenter sein. Auch die Tasten stehen im Mix zu weit im Hintergrund, sie machen nur bei ihren Spots auf sich aufmerksam, oder wenn das Tempo ein wenig heraus genommen wird. Hörer, die auf einen authentischen und direkten Livesound stehen, kommen bei der rauen und knackigen Ausrichtung voll auf ihre Kosten. Ich bevorzuge ja eher die sanften Nuancen im Blues, bei denen auch das charakteristische Timbre von GARY MOORE zum Tragen kommt. Als Vermächtnis zeugt die Scheibe trotz ein paar Schwächen von der Klasse des Saitenhexers, der zudem ein großartiger Songwriter und Sänger war. Möge er in Frieden ruhen und der nächste Superbowl günstiger enden! (Pfälzer)


Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 73: 56 min
Label: Eagle Rock
Veröffentlichungstermin: 19.09.2014

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden