wishboneash bluehorizonSie waren zwar nie die Erfolgreichsten, gehören aber zu den größten Dauerbrennern im Rockbusiness. Ihre Hochphase liegt bereits vierzig Jahre zurück und nach dem erneuten Auseinanderbrechen des traditionellen Line-Ups zu Beginn der Neunziger sah man WISHBONE ASH schon im Herbst ihrer Karriere. Doch Gitarrist und Sänger Andy Powell, letztes verbleibendes Gründungsmitglied lässt sich nicht unterkriegen und meistert weiterhin jede Krise. Mit einer seit 2005 konstanten Besetzung nimmt er weiterhin regelmäßig neues Material auf. Mittlerweile hat die Truppe bereits 23 Studioalben auf dem Konto, mit dem letzten, „Elegant Stealth" gelang Ende 2011 sogar noch ein tolles Alterswerk. Nun geht es mit „Blue Horizon" auf das Jubiläum zu, kann man da noch einen drauf legen?

Da in diesem Jahr auch das Jubiläum der ersten Konzertscheibe „Live Dates" ansteht, die vor vierzig Jahren erschien, scheint man sich noch stärker auf die Frühphase zu berufen. So klingt schon „Take It Back" derart archetypisch nach WISHBONE ASH, dass man sich in einer Zeitschleife wähnt. Das Hauptthema hätte perfekt auf eines der Werke im klassischen Line-Up gepasst. Da wo die Briten an der Schnittstelle von Blues, Folk und Prog ihren völlig eigenen, unverkennbaren Stil gefunden haben. Ebenso charakteristisch ist die Auflösung des Themas in eine tolle Harmonie.

In die selbe Kerbe schlagen vor allem noch das vielschichtige „American Country" und der sehr folklastige Rausschmeißer „All There Is To Say". Vor allem der erstere Song weiß mit der Hinzunahme weiblicher Vocals und den wechselnden Motiven zu gefallen. Dafür war die Band immer bekannt, dass sie viele kleine verschiedene Variationen einfügt, ohne auch nur im geringsten Gefahr zu laufen die Stücke zu überfrachten.
Hier mal eine kleine Steigerung, da eines ihrer patentierten doppelten Gitarrenleads, immer hält der Song die Spannung, ohne aufdringlich zu wirken. Bestes Beispiel der feine Kontrast zwischen den eruptiven Leads und der sehr weichen, fast zerbrechlichen Melodieführung im Titeltrack. Keiner anderen Band ihrer Zeit gelingt es diese Lässigkeit, dieses britische Understatement in die Kompositionen einfließen zu lassen.

Doch manchmal, etwa bei „Being One" oder dem sehr ruhigen Bluestitel „Tally Ho!" ist es ein wenig zu viel der Relaxtheit. Den Arrangements fehlt ein bisschen der Druck, die Band kommt nicht so direkt und geradlinig auf den Punkt wie beim Vorgänger. „Blue Horizon" lebt vielleicht zu sehr von seiner Atmosphäre, vor allem Drummer Joe Crabtree nimmt sich zu stark zurück. Im Vergleich wirkte „Elegant Stealth" frischer, knackiger und nicht so introvertiert.
Natürlich sind auch diese Songs beseelt mit unglaublich viel Gefühl eingespielt, man merkt, dass man es hier mit einer sehr gut eingespielten Formation zu tun hat. Es wimmelt nur so von kleinen Ideen, traumhaften Melodien und Gesangsarrangements. Die mehrstimmigen Harmonien waren seit jeher ein Markenzeichen von WISHBONE ASH und auf diesem Dreher zeigt man alle Trademarks auf, auch das feine, akzentuierte Gitarrenspiel.

Und ganz muss man nicht auf ein paar forschere Nummern verzichten, „Deep Blues" watet, wie der Titel sagt, tief im Bluesrock, schon immer ein wichtiger Baustein im Soundgefüge von Powell und seinen Mitstreitern. Der swingende Boogie „Mary Jane" erinnert sogar vage an den Klassiker „Jailbait" und „Way Down South" präsentiert sich als schönes Melodic Rockkleinod mit Westcoasttouch.
Die eingangs erwähnte Frage muss ich zwar verneinen, aber eine Enttäuschung sieht doch ganz anders aus. Dazu agieren „The Ash", wie sie von ihren Anhängern genannt werden zu sicher, spielen all ihre Erfahrung aus, zeigen eine reife Songanlage, ohne jedoch zu routiniert zu wirken. Die Truppe ist schon lange bei sich angekommen, trotzdem immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten ihre Kreativität zu entfalten. Nur so kann man immer wieder Musik erschaffen, welche den Hörer berührt, wie es „Blue Horizon" über weite Strecken tut. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 59:24 min
Label: Solid Rockhouse Records/Intergroove
Veröffentlichungstermin: 21.02.2014

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