reospeedwagon moondancejamViel zu sagen scheint eine der ganz großen AOR-Bands heute nicht mehr zu haben. Seit dem Ausstieg ihres klassischen Gitarristen Gary Richrath 1988 hat die Truppe nur noch drei Studioalben heraus gebracht, mit "Find Your Own Way Home" kam das letzte vor sechs Jahren. Wie so viele Formationen ihrer Generation existieren REO SPEEDWAGON nur noch als Liveact, der die eigene Vergangenheit feiert. Dies allerdings auch sehr beeindruckend und leider viel zu selten in Europa. Bei einem Festival in Minnesota im März 2012 wurde mit "Live At Moondance Jam" die erste DVD mitgeschnitten, die uns hier in der Audio-Version vorliegt.

Das ist ein wenig schade, da die Band für ihr perfektes Rockentertainment bekannt ist, was nur von der Musik her nicht rüber kommt. Dennoch ist nicht zu überhören, wie sehr die Herren, die seit 25 Jahren in der Formation den Globus betouren, eingespielt sind. Gerade bei den langen Improvisationen am Ende von Stücken wie "Roll With The Changes" oder "Back On The Road Again". spielen sich Dave Amato und Keyboarder Neal Doughty, letztes verbleibendes Gründungsmitglied, ihre Parts genial zu.
Immerhin ist der neue Gitarrist nun schon länger in der Band, als es sein unvergessener Vorgänger war. Die oft minutenlangen instrumentalen Passagen sind beileibe keine egomanischen Zurschaustellungen von technischem Können, sondern mit viel Feeling vorgetragene Variationen des Grundthemas. Hier sitzt jeder Ton, die Fünf wissen, dass sie sich auf den anderen blind verlassen können, hier läuft weiterhin eine gute geölte Rock´n´Roll-Maschine. Auch Kevin Cronin ist gut bei Stimme und selbst in den hohen Lagen noch sehr sicher.

Los geht der Reigen wie gewohnt mit "Don´t Let Him Go", dem Opener von "Hi Infidelity", ihrem Referenzwerk schlechthin. Das Lied hat sich als Eröffnungstitel so sehr bewährt, dass selbst die Best Of aus der "Setlist"-Reihe mit ihm beginnt. Die Scheibe, auf die 1980 inmitten der Hochphase des Melodicrock neben JOURNEYs "Escape", "4" von FOREIGNER und der ebensolchen Nummer von TOTO ein wahrer Platinregen niederging, feierte bei dem Gig ihr dreißigjähriges Jubiläum.
Folgerichtig haute man zu Beginn gleich einmal einen ganzen Reigen davon heraus, ihren größten Hit "Keep On Loving You" als nächstes. Ich glaube das dürfen nur REO SPEEDWAGON, so früh im Set eine Ballade anstimmen, bei ihnen wechseln sich rockige und ruhige Nummern fast immer eins zu eins ab. Bei der Qualität solcher Stücke wie "Can´t Fight This Feeling" ist das aber kein Problem.

Überhaupt stellt sich die Setlist bei dieser Formation nahezu von selbst auf, von den zehn Titeln, die sie 2008 beim Arrow Rock Festival, meinem einzigen Konzert von ihr spielten, sind hier neun dabei. Lediglich "Smilin´ In The End" vom damals neuen Album fehlt, aber dafür müssen die Herren keine Werbung mehr machen. Dafür graben sie tief in den Archiven, neben "In Your Letter" vom angesprochenen Megaseller gibt es noch drei Titel aus der ganz frühen Phase.
Das leicht jazzige "157 Riverside Avenue" mit seinem Scat-Gesang, "Like You Do" vom Debüt und vor allem das epische "Golden Country" sind auf der anderen Seite des großen Teichs weitaus populärer als in unseren Breiten. Der große Erfolg kam für REO SPEEDWAGON ohnehin erst 1977 mit dem Livealbum "You Get What You Play For", in einer Zeit, in der Konzertscheiben noch eine andere Relevanz besaßen. Und in Europa dauerte es noch ein bisschen länger, eben bis ins Jahr 1980.

Und von der seinerzeit zur Schau gestellten Livequalität hat die Truppe noch viel in die heutige Zeit mit herüber gerettet. Vor allem in Sachen Power brennt da immer noch das Feuer, den mitunter lässt es der Fünfer ordentlich krachen. Da kommt ihnen das Klangbild zugute, welches sich am Bühnensound orientiert. Rau, dennoch druckvoll, mit recht präsenten Drums und wohl wenig nachbearbeitet kommt "Live At Moondance Jam" aus den Boxen. Damit hebt man sich deutlich von den voluminösen und polierten Produktionen der Studiowerke ab, was letzten Endes Geschmackssache ist. Nicht unter Geschmackssache einzuordnen ist die Einschätzung, dass es sich hier um das stimmigste Livedokument seit dem 1977er Standardwerk handelt. (Pfälzer)

Bewertung: 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 76:05 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 29.11.2013

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