Pestilence - Obsideo

pestilence obsideoBereits 1986 gründete sich diese Death Metal-Formation in den Niederlanden, und 27 Jahre später ist so ziemlich alles anders. Nur noch wenige Details erinnern an die Frühwerke „Malleus Maleficarum" oder „Consuming Impulse", die damals eine Runde Arschtritt im Death Metal der frühen Neunziger verteilte. Aber 27 Jahre sind auch eine lange Zeit, da passiert viel, und es bleibt eben nun mal nicht alles gleich. Vor allem besetzungsmäßig wurde im Hause PESTILENCE viel umgeschmissen und neu definiert.

Die Herztöne am EKG zu Beginn lassen viel Spielraum zur Interpretation. Was einst so lebendig war, stirbt allmählich, um danach direkt wieder aufzustehen und neue Energie freizusetzen. Musikalisch umgesetzt kann das funktionieren, muss es aber nicht. Nach „Testimony Of The Ancients" ließ mein Interesse für PESTILENCE schlagartig nach, die jazzigen Anflüge und dieses gezwungen Progressive zu Zeiten von DEATH und Konsorten wollten einfach nicht greifen. Aber die Niederländer gaben nicht auf und knüpften nach einer Pause von gerade mal 12 Jahren an ihre vormals erfolgreiche Karriere an. Der Sound des neuen Jahrtausends ist dabei noch nicht klar fest gelegt, es wird experimentiert und komponiert, bis der Vierer 2013 mit neuer Besetzung um den mittlerweile haarlosen Bandkopf Patrick Mameli das neueste Werk „Obsideo" herausbringt.
Auch nach dem mehrfachen Durchlauf kann ich leider nur zugestehen, dass mein Desinteresse nach 1994 berechtigt war und nicht mehr zu widerlegen ist. „Obsideo" ist musikalisch auf jeden Fall eine tolle Platte, aber sie prallt an mir ab wie Blut an der Gummischürze. Die Produktion der Platte ist so knochentrocken und steril, als würde man über einen Hochflorteppich lecken. Es wird geknüppelt und geblastet, um den neuen Schlagzeuger David Haley gebührend vorzustellen, Bassneuzugang Georg Baier ist leider viel zu selten zu hören, um ein Erbe von Tony Choy zu vertreten, und die Gitarren sind so tief gestimmt, dass man an klassischen Death Metal gar nicht mehr denken mag. Nein, es klingt in vielen Passagen sehr nach MESHUGGAH, nach dem neu benannten „Djent Metal", und die ansonsten noch melodiösen und abwechslungsreichen Soli weichen hier oft den effektbehangenen Picking- und Singlenote-Spielereien der Schweden-Vorreiter. Von Death Metal sind hier nur noch einige, wenn auch moderne, Ableger von MORBID ANGEL zu hören, Mamelis Gesang ist mir streckenweise zu übertrieben brutal und gory und kann nun mal nicht an den Meister Martin Van Drunen tippen. Das schnelle Drumming klingt teilweise wie Kartenmischen oder Blättern im Telefonbuch, für mich klar überproduziert und zu klinisch. Dem Album fehlt es irgendwie an Seele, die sonst so eindrucksvoll über die Anfangswerke schwebte. Es scheint so, als wäre der Zug, auf oder vor den sich PESTILENCE stürzen wollen, schon lange abgefahren. „Obsideo" hat nicht viel Spannendes, klingt zu modern und hat wenig Wiedererkennungswert. Durch den hohen musikalischen Anspruch bleibt allerdings eine komplette Flaute aus. (Jochen)


Bewertung: 6 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 35:10 min
Label: Candlelight Records
Veröffentlichungstermin: 11.11.2013

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