Anvil - Hope In Hell

Mehrfach-Wertung der RedaktionANVIL_HIH160px

„Keine Anbiederung an aktuelle Trends", verspricht Steve „Lips" Kudlow im Beiblatt zum aktuellen Album des Dreier-Kanadiers . Was auch immer er damit meint, ist es also kein Piraten-, Pagan- oder sonst was Metal, sondern wie versprochen purer ANVIL-Speed-Metal. So weit, so gut.
Ich kann ja nachvollziehen, dass man da noch ein Riff in der Schublade hat, welches unbedingt noch in einen Song muss, dass man einem neuen Mitglied in der Band (der langjährige Basser Glenn "Five" Gyorffy verließ letztes Jahr die Band, weil er sich wie das fünfte Rad am Wagen vorkam) die Chance geben will, an neuen Songs mitarbeiten zu können, auch wenn sich diese nicht großartig von den vorangehenden Alben unterscheiden.

Na ja, immerhin bekommt man keine böse Überraschung mit ANVIL-Logo drauf serviert. Ich kann auch durchaus nachvollziehen, dass man keine Fans mit einem neuen Stil vergraulen will. Vor allem, wenn die Fanbase ständig am schrumpfen ist. Ich kann aber nicht verstehen, warum man sich nicht als Musiker weiterentwickeln möchte, gerade ein Talent am Schlagzeug wie Robb Reiner! Nebenprojekte der beiden Schulfreunde „Lips" und Robb, sind nicht bekannt. Und so geht man sich seit über dreißig Jahren regelmäßig auf den Sack und aus den Füßen, wenn's mal wieder gekracht hat, um sich dann der Gewohnheit wegen, wie in einer Ehe, wieder zusammenzuraufen.

Ja es ist Freundschaft, wenn man miteinander durch dick und dünn geht. Das alleine schon verdient höchsten Respekt.
ANVIL leben und existieren wegen der Legende, die um die Band gesponnen wird, dümpeln jedoch weiterhin abgeschlagen im Untergrund herum, wohingegen neue Bands mit gleichem Stil auf den zahlreichen Festivals abgefeiert werden. Die Wirkung des Dokumentarfilms „The Story Of Anvil" beginnt zu verpuffen.
Das Album „Hope In Hell" beginnt so wie ich es überhaupt nicht leiden kann: mit dem Titelsong! Mit Speck fängt man Mäuse oder wie? Der Song stampft gemächlich durch die knapp fünf Minuten, und es will nicht so richtig Spannung aufkommen. Ach herrje, denkt man sich dann und befürchtet glatt, es könne so bleiben. Mit dem nächsten Song „Eat Your Words" naht zum Glück die ersehnte Rettung, und man denkt beim Titelsong an ein Versehen. „Eat Your Words" geht gut ab und das Riff bleibt im Ohr hängen. Was dann folgt, ist gelinde gesagt eine Frechheit. „Through With You" ist auffällig stark an „Smoke On The Water" angelehnt. Natürlich sind es nicht genau die Töne des berühmten Riffs, aber die Spielweise ist die gleiche. Vom Hocker reisst mich das jetzt nicht. Ist aber ganz lustig.

Jetzt bin ich überrascht: „Lips" hört sich im Song „The Fight Is Never Won" original nach Dee Snider von TWISTED SISTER an! Es könnte sogar einer der langweiligeren Songs vom Album „You Can't Stop Rock And Roll" sein. Es fällt hier doch stark auf, dass „Lips"' Stimme sehr dunkel und rau geworden ist und etwas monoton wirkt. Ich mache eine Metal-Band fast überwiegend am Sänger fest. Wenn dieser kraftlos oder gekünstelt wirkt, habe ich schon keine Lust mehr weiter zu hören. Die Stimme ist neben dem Drumset das einzige Instrument im Metalbereich, welches nur mit dem Mikrofon abgenommen wird und meistens ohne Effekte auskommt. Es wird deshalb sehr schnell deutlich, in welcher Stimmung der Sänger bei dem Song war. Die Stimme transportiert die Emotion. Deshalb habe ich während der Laufzeit des Albums ständig das Gefühl, es hört sich lustlos oder gezwungen an. „Lips" singt und brüllt ja nicht, und deshalb hört man es umso besser heraus. "Pay The Toll" gefällt mir sehr gut, und es fällt mir das erste Mal auf, dass die Produktion sehr entschlackt und kraftvoll ist. Die eingeschlagene Richtung des hervorragenden Vorgängeralbums „Juggernaut Of Justice" wurde also konsequent weiterverfolgt.
„Flying" ist tatsächlich ein besonderer Titel. Er macht Lust aufs Fliegen, und ich werde diesen für mein Urlaubsvideo benutzen. Ein weiterer Titel, der mich an einen anderen Song erinnert, ist „Bad Ass Rock 'N' Roll", denn das Riff klingt sehr nach „Youth Gone Wild" von SKID ROW; sauber, Herr Kudlow!

Mit einen neuen Album, bei dessen Ankündigung schon gleich erwähnt wird, dass alles beim Alten bleibt und alles so ist, wie die Fans es wollen, kann man meiner Meinung nach in diesen Zeiten nicht wirklich punkten. Wenn man auf die richtigen Leute hört, kann man auch die alten Fans mit neuen Tönen und gleicher Band begeistern, ohne seine Ideale verraten zu müssen. Ich würde der Band empfehlen, sich mal eine Auszeit zu gönnen, um wieder den Spaß an der Sache zu finden. Einfach mal Konzerte besuchen, ohne dort mitzuspielen, einfach so herumalbern, Musik hören, nicht durch verschiedene Länder hetzen so wie bei der letzten 18 Monate dauernden Tour, einfach mal Fan sein. Wir sind Metal-Fans und wir laufen sicher nicht weg! (Andreas)

 

 

Bewertung: 7 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 53:31 min
Label: Steamhammer / SPV
Veröffentlichungstermin: 24.05.2013

Wertung der Redaktion
Pascal Anne Kevin Maik Jochen David Rainer
6 7 7,5 6 6,5 7,5 6,5
Kategorie: CD-Reviews