T & N - Slaves To The Empire

tn_slavestotheempireDOKKEN waren eine der talentiertesten Metalbands der Achtziger und die musikalische Speerspitze des Hairmetal. Doch als ihnen 1988 der große Durchbruch winkte, kam es nach dem ersten Live-Album "Beast In The East" zum Split. Der erste Reunionsversuch verlief 1995 auch wegen des Zeitpunkts nicht gerade erfolgreich und "Dysfunctional" blieb ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. Nach dem Grunge-Desaster "Shadow Life" gingen die Vier erneut getrennter Wege, nur noch Sänger Don Dokken und Drummer Mick Brown blieben an Bord. Nachdem man jahrelang den vergangenen Erfolgen und der früheren Qualität nachgejagt ist, stieg Brown kürzlich aus. Nun tat er sich mit seinen alten Mitstreitern Jeff Pilson am Bass und Gitarrist George Lynch zusammen und formierte TOOTH & NAIL. Die mussten aber ihren Namen wegen rechtlicher Streitigkeiten ändern und veröffentlichten mit "Slaves To The Empire" ihr Debüt.

Dabei gibt es nicht nur neue Kompositionen zu hören, sondern auch zeitgemäße Versionen von fünf DOKKEN-Klassikern. Bei den eigenen Stücken sorgen donnernde Drumschläge gleich zu Beginn für erhöhte Aufmerksamkeit, und so rasant geht auch der Titelsong weiter. Da ja der gute Don nicht mehr dabei ist, scheint es, als hätten die Jungs ihr eigenes "Erase The Slate" aufgenommen, denn sie knüpfen genau da an, wo auch ihre Stammformation nach "Shadow Life" weiter gemacht hat. Die Nummer kann zwar nicht so überzeugen wie das Material der Achtziger, aber den letzten Scheiben ihres alten Arbeitgebers durchaus das Wasser reichen.
Doch leider hat man jenes 97er-Album noch nicht ganz vergessen, denn bei "Sweet Unknown" musste ich tatsächlich nachschauen, ob man nicht ein Lied davon überarbeitet hat. Tranige Melodien und allzu zurückhaltende Arrangements bestimmen das Szenario. Dazu wird hier besonders deutlich, dass Basser Jeff Pilson im Melodiebereich seinem ehemaligen Frontmann nicht das Wasser reichen kann. Das lässt auch die Neueinspielungen etwas leiden.

Bei den Songs aus der Feder von T&N weiß der schwere Groover "Rhythm Of The Soul" wieder mehr zu gefallen. Hier zeigt George Lynch vor allem im Solo einmal mehr seine Blues-Einflüsse, die er erst später in seiner Karriere entdeckt zu haben scheint. Könnte auch den Weg auf spätere WHITESNAKE-Dreher finden ebenso wie "Mind Control" oder die Powerballade "When Eagles Die".
Leicht folkige Akustikgitarren zeigen zum Einstieg ein enormes Feeling, bevor die Nummer sich im Refrain steigert. Leider werden hier die Feinheiten vom ziemlich wuchtigen Sound ein wenig vergraben. Das bekommt auch der Rausschmeißer "Access Denied" zu spüren, der eigentlich als Up-Tempo-Banger beginnt, es sich aber mit vielen Soundeffekten verscherzt. Da biegt der "Jesus Train" deutlich cooler um die Ecke, der mit einer Wagenladung VAN HALEN-Affinität durch die Gegend dampft.

Neben den ehemaligen DOKKEN-Recken finden sich auf "Slaves To The Empire" noch zahlreiche Gastmusiker. So werden alle Eigengewächse von Brian Tichy eingetrommelt, der mir allerdings bei FOREIGNER und WHITESNAKE einen besseren Job macht; hier fehlt ein wenig der Druck. Überraschend ist sicherlich der Beitrag von Doug Pinnick (KING´S X), der die Vocals zu "Tooth And Nail" beisteuert, und das sehr passend.
Auch LYNCH MOB-Fronter Robert Mason singt beim nächsten Klassiker "It´s Not Love" Jeff Pilson an die Wand. Als Idealbesetzung erweist sich Sebastian Bach bei "Alone Again", das ihm mit seinen legendären Screams auf den Leib geschneidert scheint. In der Disziplin übt sich Tim "Ripper" Owens glücklicherweise in Zurückhaltung, so dass seine Version von "Kiss Of Death" gelungen ausfällt.

Weniger gelungen empfinde ich bei den alten Titeln, die Licks, die George Lynch einbaut. Es sei jedem vergönnt seine Songs neu zu interpretieren, doch hier passt es einfach nicht, zumal die bluesigen Anleihen wie schon erwähnt in der Produktion untergehen. Gerade bei "Tooth And Nail" wirkt der Cajun-Part nach dem Soli deplatziert, weil er ihm ähnlich wie anderen Stücken den ursprünglichen Drive nimmt.
Überhaupt verzetteln sich T&N öfter einmal im Song, anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sicher bin ich da befangen, weil ich die Sachen auswendig kenne und es so erwarte, aber ich denke auch nicht, dass ich mich anderenfalls damit anfreunden könnte. Die Frage muss ohnehin gestellt werden, ob die Neueinspielungen dem Dreher nicht schaden, denn sie zeigen im direkten Vergleich noch stärker auf, dass die neuen Kompositionen da nicht mithalten können. (Pfälzer)


Bewertung: 6 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 65:44 min
Label: EAR Music
Veröffentlichungstermin: 19.10.2012

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden