Und will man sich als stilistischer Vorreiter behaupten, so ist man immer auch gezwungen innovativ zu sein. MESUGGAH gelang das bisher immer, auch wenn sich mit der Zeit das Korsett verengt, weil man auch für einen bestimmten Sound steht. Schon der tonnenschwere Opener macht die Veränderungen deutlich, denn hier agieren die Schweden viel organischer, bei weitem nicht mehr mit der unterkühlten Eleganz des Vorläufers. "I Am Colossus" bedient sich auch ein paar Postcore-Einsprengsel, die zäh vor sich hin mahlen, bevor mit dem Lauf im Refrain eine gewisse Auflockerung der gespannten Atmosphäre folgt.
Auch in Sachen Schlagzeugarbeit verwendeten die Fünf einen anderen Ansatz, man versucht nicht mehr mit technischen Abfahrten bis zum Exzess zu glänzen. Und auch Tomas Haake nimmt sich wie in "The Demon´s Name Is Surveillance" bisweilen zurück. Statt seines üblichen Sperrfeuers gibt es in dem Stück zwar eine massive Doublebass-Wand, aber sonst so gut wie keine rhythmische Unterstützung, was sehr gewöhnungsbedürftig wirkt.
Zwar sind die Gitarrenattacken von Fredik Thorendahl und Marten Hagström immer noch gespickt mit vielen Frickeleien, aber auf "Koloss" entdeckt man den Groove für sich. Manches kommt nicht mehr so abgehackt, so phrasiert rüber wie etwa in "Marrow", das von einem Basslauf eingeläutet wird. Erst in der Mitte wechselt man ins wohlbekannte Fach und haut einem die jazzigen Figuren nur so um die Ohren.
Das Gaspedal wird nicht mehr so oft wie in der Vergangenheit durchgedrückt, aber wenn dann wird es hektisch für das ungeübte Gehör. In "The Hurt That Finds You First" fallen die Riffs wie ein Bienenschwarm über einen her. Dazu knallt eine an "St. Anger" erinnernde Snare das Ganze noch mehr nach vorne, wobei noisige Soundscapes die Dynamik immer wieder durchfurchen.
Ruhiger lassen es MESHUGGAH aber auch ab und an angehen, wobei der Begriff ruhig eher im Rahmen des Gegebenen zu sehen ist. "Behind The Sun" ist so ein Track, der mit flächigen Gitarrenmotiven aufwartet und damit auch etwas ins postrockige abdriftet. Die federnden Drumfiguren geben dem Song eine interessante Note, während er gegen Ende mit der gewohnten Vertracktheit wieder anzieht. Das eher schwerfällige "Break Those Bones Whose Sinews Gave It Motion" pendelt zwischen noisigem Fiepen und schwebenden Parts hin und her. Am Ende nehmen die Keyboardschwaden von "Demiurge" den sphärisch schwebenden Ausklang mit "The last Vigil" vorweg.
Ob sich die Jungs mit der neuen Marschroute einen Gefallen getan haben lässt sich nur schwer sagen. Wie eingangs erwähnt dürfen sie nicht still stehen, aber es ist immer schwieriger etwas wirklich Neues zu schaffen. Nur haben beispielsweise FEAR FACTORY mit einem ähnlichen Schwenk auf "Obsolete" die Klasse von "Demanufacture" nicht halten können. Und auch hier finde ich passt die kältere Grundstimmung besser zu den rigiden Attacken der Skandinavier. Natürlich muss man sich bei MESHUGGAH ohnehin darauf einlassen, denn die Zugänglichkeit des Materials kommt bei ihnen nie von alleine. Die Intensität ist noch der beste Weg dorthin, aber die war auf früheren Alben höher. (Pfälzer)
Bewertung: 7 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 54:57 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 23.03.2012