Mehrfach-Wertung der Redaktionaccept_stalingradIm Lager der Solinger Metalschmiede wird wohl nie Ruhe einkehren, so wollte Frontmann Udo Dirkschneider 2009 nicht erneut an einer Reunion teilnehmen. So waren die verbleibenden Gründungsmitglieder Wolf Hoffmann und Peter Baltes gezwungen sich mit Amerikaner Mark Tornillo einen Ersatz ins Boot zu holen. Was von vielen als Risiko eingeschätzt wurde, der Erfolg gab ihnen aber recht. Das Album „Blood Of The Nations" überzeugt auf der ganzen Linie und stieg bis auf Platz vier der deutschen Charts.

Da wird sich der German Tank sicher ein wenig ärgern nicht dabei gewesen zu sein, zumal er mit seiner Solocombo zum Bedauern der Fans und auch unserer Redaktion immer mehr schwächelt. Seine Gründe dürften aber verständlich gewesen sein, denn seine Angst, dass die kreative Gegenseite das Bandgefüge mit einer abermaligen Anpassung an den Zeitgeist erneut ins Wanken bringt war zu groß. Doch Produzent Andy Sneap stellte als großer ACCEPT-Fan die Bedingung, dass er klassisches Material der Band haben will. Und auch für „Stalingrad" haben Hoffmann und Baltes versprochen den Anhängern das zu liefern worauf sie ein Vierteljahrhundert fast vollständig verzichten mussten.

Und zu Beginn schaut es schon mal gut aus, wie könnte man besser in eine Scheibe des Teutonenmetalflagschiffes einsteigen als mit einer Doublebass-Granate. „Hung, Drawn And Quartered" hat mächtig Dampf in den Kesseln und auch mit Soli wird nicht gegeizt. Sofort ist zu erkennen, dass das Soundgewand noch ein wenig mehr an den typsichen Klang gerückt ist.
Dann rollt der Titelsong mit seiner Riffwalze alles weg was sich ihm in den Weg stellt, so haben ACCEPT zu klingen, die Gitarren sind messerscharf. Und dann der Refrain, simpel, eine Gitarrensalve mit maximalem Effekt, ein Wort, ein Chor, eine Macht, „Stalingrad"! Im zweiminütigen Solo setzt es noch „Metal Heart"-Dramaturgie, statt „Pour Elise" werden dieses mal russische Folklore und deren Nationalhymne eingeflochten. Hammer, der beste Song seit 28 Jahren, seit „Midnight Mover"!
Für jemand bei dem U.D.O. das erste Konzert war, auf dessen erster Silvesterfete besagter „Midnight Mover" bis zum Erbrechen lief und der mit 16 die „Restless And Wild" mit weichen Knie aus dem Plattenladen schleppte eine Offenbarung. Das ich das noch erleben darf, da hat man vor Freude das Wasser in den Augen!

Bei „Flash To Bang Time" überschlägt sich der gute Tornillo vor Energie fast mit der Stimme. Dabei wird er zu Beginn nur von einzelnen Gitarrenanschlägen und dazu genau getimten Drumschlägen flankiert, bevor im Zweiten Teil der Strophe so richtig die Post abgeht. Der Mann ist ein echter Glücksgriff und seine Kollegen machen immer wieder deutlich, dass sie ohne diese Entdeckung die Reunion abgeblasen hätten. Sein Reibeisen ist dem von Dirkschneider sehr ähnlich, ohne das er versucht ihn zu kopieren. ACCEPT brauchen einfach so einen Schreihals, auch wenn das die RCA und diverse Manager vor einem Vierteljahrhundert anders sahen.

Weitaus ruhiger wird es dann anschließend bei „Shadow Soldiers", bei dessen Intro Wolf Hoffmann mit sehr schönen Leadmelodien glänzt. Deren ergreifende Melancholie durchzieht den ganzen Song, eine wunderschöne gefühlvolle Ballade als willkommener Kontrast. Seine Leadmotive nutzt der Gitarrist aber auch bei den harten Nummern und gibt ihnen damit mehr Tiefe. Anscheinend herrscht in der Band ein neues Selbstvertrauen, was sich auch in seinen häufigen Soloeinsätzen niederschlägt. Dabei verliert er sich aber nie in selbstherrliche Zurschaustellung, sondern feuert gerade gegen Ende die Songs noch einmal richtig an. Mit dieser Art sein Spiel einzusetzen erinnert er mich an den deutschen Gitarrengott Michael Schenker.

In der Messerstadt, wo für Qualität gebürgt wird wurde erneut Wort gehalten und die Truppe geht sogar noch ein Stück weiter zu dem ureigenen Stil. Manifestiert wird das in der Mitsinghymne „Against The World". Nachdem man es mit „Blood Of The Nations" allen Kritikern gezeigt hat, schafft man es mit „Stalingrad" sogar noch einen drauf zu setzen. Hier agiert der Fünfer noch einmal knackiger, direkter und mit dem durch den Erfolg gewachsenen Selbstbewusstsein. Warum ich trotz aller Euphorie nicht die Höchstnote zücke? Weil jeder auch ein Stück weit an seiner Vergangenheit gemessen wird und in den Achtzigern haben ACCEPT fünf Überalben in Serie geliefert. An die kommen sie nicht mehr ran, aber sie können sich trösten, die Konkurrenz noch weniger. (Pfälzer)

Bewertung: 9,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 51:13 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 06.04.2012

Wertung der Redaktion
David Bernie Simon Maik Kevin Dirk Coralie
8 8 9,5 8,5 8,5 8,5 8
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