Mastodon - The Hunter

the-hunter-160Besser spät als nie. Da wär uns doch fast ein potentieller Spitzenkandidat durch die Lappen gegangen, der schon gut einen Monat lang in den CD-Regalen steht.
MASTODON sind aus dem alltäglichen Metal- und Rockgeschehen nicht mehr wegzudenken und expandieren ihre Fanbase scheinbar ins Unendliche. Kein Wunder, denn auf Platte gibt es immer wieder was Neues zu hören, und das mit einer unfassbaren musikalischen Qualität, wobei live ebenso geklotzt statt gekleckert wird. "The Hunter" bietet da keine Ausnahme, und so nimmt man sich gerne die notwendige Zeit, dem neuen Werk des Vierers gespannt zu lauschen.

Einen MASTODON zieht man nicht mal gerade so direkt auf seine Seite, da bedarf es schon ein paar Durchläufen, um die Komplexität und Vielfalt zu verinnerlichen. Selbst von der Band aus sah man schwermütig in die Zukunft, wie man das Meisterwerk "Crack The Skye" noch toppen könnte. Ein fast unmöglich scheinendes Vorhaben, wäre da nicht MASTODON, die einfach den Spieß der Erwartungen umdreht und quasi wieder von vorne beginnt, will heißen, sich in der aussichtslosen Sackgasse einfach umdreht und den umgekehrten Weg wieder einschlägt.
Absolut nicht zu Lasten der Qualität und Genialität, sondern einfach wieder auf die Basis besonnen, von allen Zwängen, Einschränkungen und Schubladisierungen abgeschüttelt geht man den Weg hinfort vom sperrigen Konzeptgedanken und den teils jahrelang gewachsenen Songstrukturen und macht einfach, was einem in den Sinn kommt. Und wer das Schaffen der Herren Hinds-Dailor-Sanders-Kelliher in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass ihn keine Enttäuschung erleben wird.

Eröffnet von der Singleauskopplung "Black Tongue" und gefolgt vom Vorgeschmack "Curl Of The Burl" geht es schon direkt anschließend zu einem ersten Ausreißer, denn "Asteroid" ist recht wüst und verworren, und der kranke Schreigesang von Mastermind Brent Hinds findet in diesem kurzen Smasher wieder mal Verwendung. Aber MASTODON zeichnen sich zunehmends durch fantastische mehrstimmige Gesangszeilen aus, und schon erreicht einen der erste, wenn nicht sogar DER Hit der Scheibe: "Stargasm" ist voll von abgespacten Sounds und sphärischen Melodien, wobei die Vocals so unglaublich harmonisch und auf den Punkt kommen, dass zumindest ein mentaler kosmischer Orgasmus, so wie es im Lied auch thematisch beschrieben wird, nicht ausbleibt.

Weiter geht es mit gewohnt merkwürdigen Songtiteln, jeder dieser Songs hat ein eigenständiges Hitpotential und erzählt eine eigene spannende Geschichte. Der Titeltrack stellt das Zentrum des Albums dar, wobei dessen Namensgebung auf eine von mehreren tragischen Geschichten der Bandmates basiert, nämlich auf den plötzlichen Herztod des Bruders von Brent, der leidenschaftlicher Jäger war und in der Ausübung seines Hobbys ums Leben kam.

Lied Nummer zehn schießt dann den Hirsch ab, als nach einem 50er Jahre Science-Fiction-Intro eine epische Hymne zu Ehren der Kreaturenfans angestimmt wird, gesungen von Drummer Brann Dailor. Einen Track weiter gibt es in "Spectrelight", wenn auch diesmal in kaum wahrnehmbarer Form, erneut einen stimmlichen Beitrag von NEUROSIS-Frontbiest Scott Kelly, der eigentlich schon so gut wie zur Band gehört und mit seiner mächtigen Stimme wie gewohnt einen Trumpf ausspielen kann.

Nach strammen 47 Minuten lässt man wiederum melancholische Töne erklingen in Gedenken einer sehr guten Freundin der Band, die kürzlich den Kampf gegen den Krebs verlor. Aber selbst in "The Sparrow" klingt immer noch Hoffnung an.

Eins fällt direkt auf: MASTODON verzichten hier auf sperrige, schwer verfolgbare Songstrukturen und bevorzugen kurze, knackige Stücke, die in ihrem schönsten Moment auch schon wieder vorbei sind, nichts wird übertrieben oder in die Länge gezogen, und dennoch bleibt jeder Song direkt im Ansatz hängen.

Was soll ich sagen? Ich bin schwer begeistert. Auch wenn ich nie an der fortwährenden Qualität der Band gezweifelt hätte, so haben mich die ersten Auskopplungen zwar positiv, aber lange nicht so euphorisch gestimmt wie das Gesamtwerk, das auch soundmäßig wieder über allem steht. Kaum eine andere Band hat diesen Geniestatus erreicht geschweige denn gehalten. Hier sollte jeder Musikinteressierte mal ein Ohr riskieren, hier gibt es von allem etwas. Was freue ich mich auf die Deutschlandshows im kommenden Februar. (Jochen)


Bewertung: 9,5 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 53:02 min
Label: Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 23.09.2011

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