airbag_allrightsremovedDa sind sie ja wieder, die musikalischen Schönmaler von AIRBAG. Nach ihrem Debüt "Identity" haben sie länger nichts von sich hören lassen, auch von ihrem Label Karisma Records vernahm ich kaum Neuigkeiten. Umso mehr freute ich mich, als unserer Redaktion ein neues Werk angekündigt wurde, schließlich waren sie für mich eine der positiven Überraschungen 2009. Nachdem der Erstling zumeist eine Aufarbeitung von Demo-Songs war, sind auf "All Rights Removed" neue Kompositionen zu hören. Man darf gespannt sein ob und wie sich die Osloer weiter entwickelt haben und ob sie noch eine Schippe drauf legen konnten.


Auf den ersten Blick hat sich nicht viel geändert, der Titeltrack eröffnet die Scheibe so ruhig wie das Debüt aufgehört hatte. Die flächigen Gitarren erklingen noch halbakustisch aus den Synthesizerschwaden heraus, bevor sie sich dann nach dem Refrain zu Wänden auftürmen. Interessant sind vor allem die vielen kleinen Lead-Fills, die sich immer wieder in den Keyboardflächen auflösen und so viel Atmosphäre aufbauen. Zum Ende hin erheben sich wieder die traumhaften Solopassagen von Björn Riis, die noch ein wenig mehr als auf "Identity" an PINK FLOYD angelehnt sind. Der Einfluss der Großmeister wirkt selbst bis auf das Coverartwork nach. Der Haifisch in einem Smoking, der sich von einer barocken Brücke stürzt weckt sowohl vom skurrilen Motiv als auch vom Zeichenstil Erinnerungen an die Illustrationen von "The Wall".

Erinnerungen anderer Art werden bei den folgenden Songs wach, auch wenn ANATHEMA so weit vom Thema nicht weg sind. "White Walls" und "The Bridge" kommen weitaus fragiler daher, wirken von der Stimmung düsterer. Vor allem im Gesangsbereich ähneln sich Vincent Cavanagh und Asle Torstrup sehr und beide haben die Fähigkeit die Emotionen mit ihrer Stimme zu transportieren. Die erneut vor allem im Rhythmusbereich spartanisch instrumentierten Lieder schweben sanft und ein Stück weit bedrohlicher vor sich hin. Ein unterschwelliger Basslauf oder Gitarreneffekte setzen Tupfer in diese Landschaften und fügen sich dennoch in die fortlaufenden Wogen ein.

In "Never Coming Home" gibt es ein Wiedersehen mit der aus dem Hintergrund agierenden "Brothers In Arms"-Gedächtnisorgel, die sich um ähnlich unprätentiöse, stoische Drums herumwebt. Das ist die große Kunst der Norweger, viele melodieführende Elemente untereinander fein auszubalancieren, ohne dass sich eines aufdrängt. Das ist nur möglich weil sie allen Tönen die Zeit geben sich zu entfalten und nichts überfrachten, obwohl man da auf einem schmalen Grat wandert.
Im instrumentalen "Light ´Em All Up" sprudeln immer wieder einzelne Piano-Töne aus dunklen Soundcollagen heraus. Dazu umgarnt eine molltönende Geige das Szenario. Wie schon angedeutet ist die Wärme des Erstlings ein wenig der Schwermut gewichen. Nicht, dass "All Rights Removed" kühl wäre, man kann sich immer noch wunderbar darin treiben lassen. Es umgarnt den Hörer nur nicht mehr völlig wie noch der Vorgänger. Dazu sind auch die Songs länger geworden, was zusätzlich ein bisschen mehr Zeit erfordert.

Am Ende gibt es nämlich mit  "Homesick I-III" einen richtigen Longtrack mit fast 20 Minuten, der alles beinhaltet, was diese Musik so großartig macht. Sich in aller Gemächlichkeit steigernde Synthesizer-Flächen, die so eine ungeheure Spannung aufbauen, immer fesseln und gerade dadurch wirken weil nie ein wirklicher Höhepunkt heraus bricht. Brillant wird das im unendlichen Solopart exerziert, wo ein Basslauf immer mehr an Dynamik gewinnt und sich das Schlagzeug mit feinen Breaks auch mal stärker meldet. Darauf baut Jörgen Hagen minutenlang Synth-Solos auf, deren Motive dann von Riis´ Sechssaitiger übernommen werden die dann in Wah-Wah-Sounds münden.
Nachdem die Dynamik wieder zusammen gebrochen ist und sich die Gitarre in den Keyboards verliert kommt noch ein weiterer Schwenk in die Historie von PINK FLOYD mit auflösenden Fills und dem guten alten Moog. So nahe war nur selten eine Band an deren Magie dran, eventuell noch PORCUPINE TREE auf "The Sky Moves Sideways". Nur sind AIRBAG dann doch ein wenig zu sehr an Werken wie "Wish You Were Here" und "Momentary Lapse Of Reason", was eine höhere Bewertung verhindert. Traumhaft schön ist das dennoch und wer über den Makel hinweg sehen kann, der darf sich auf eine wunderbare Reise in den Klangkosmos dieser Formation freuen. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 50:03 min
Label: Karisma Records
Veröffentlichungstermin: 17.10.2011

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