Dream Theater - A Dramatic Turn Of Events

Mehrfach-Wertung der Redaktiondreamtheater_adramticturnDa ist es nun also, das erste Album nach Mike Portnoy. Nur der Drummer werden diejenigen sagen, die mit DREAM THEATER nicht so vertraut sind, doch Fans wissen um seinen Status innerhalb der Band. Das Gründungsmitglied war so etwas wie der Motor der Truppe, einer der Hauptsongwriter, Texter, Produzent und Sprachrohr in Personalunion. Aufgrund seiner vielen Nebenbeschäftigungen wie AVENGED SEVENFOLD und vor allem TRANSATLANTIC verlangte es ihm nach einer längeren Bandpause. Aufgrund des Erfolges nicht nur des letzten Longplayers "Black Clouds And Silver Linings" empfanden es seine Kollegen als eine derart schlechte Idee, dass sich die Fronten derart verhärteten, dass es zum Split kam.
Nach vielen zuerst geheimen und nach Abschluss online gestellten Auditions, zu der sogar deutsche Musiker eingeladen waren entschied man sich für Mike Mangini, der schon für ANNIHILATOR und STEVE VAI arbeitete. Der neue Mann hat als ehemaliger Schüler und heutiger Lehrer in Berkley einen ähnlich musikwissenschaftlichen Background. Die Live-Feuertaufe gab es hierzulande bei der "Night Of The Prog" auf der Loreley, bei der NECKBREAKER bedauerlicherweise fehlte. Nun steht "A Dramatic Turn Of Events" in den Läden, die Metal - und Proggemeinde  ist gespannt.

Auf den ersten Blick hat sich eigentlich nicht viel verändert, das macht das bereits bekannte „On The Back Of Angels" deutlich. Ruhige Keyboards zu Beginn nehmen langsam an Fahrt auf, die Gitarre gewinnt an Intensität, Synth-Streicher schleichen sich ein bis die Staccatos von John Petrucci los schreddern. In den Strophen begegnet einem ein ähnlich steigernder Aufbau, bevor alles im recht melodiösen Refrain mündet. Selbstverständlich kommen die Solopassagen nicht zu kurz, ein Hauch von „Pull Me Under" weht herein, business as usual also?
Könnte man nun annehmen, doch schon das folgende „Build Me Up, Break Me Down" wartet zu Beginn mit verfremdeten Vocals und modernen Elektronikspielereien auf. Doch genau die bringen den Hörer auf die falsche Fährte, denn gerade der folgende sehr einprägsame Chorus zeigt wohin die Reise wirklich geht. Die weichen fast schon am Melodicrock geschuldeten Melodiebögen sind zurück und finden sich in einer Fülle wieder wie man sie vom legendären „Images And Words" her kennt.

Das waren schon immer die beiden Gegenpole im Kosmos der New Yorker: Auf der einen Seite die dezent moderne Härte von Mike Portnoy, die melodiebetontere, geschliffene Perfektion von John Petrucci auf der anderen. Nun fällt eine der beiden Hauptimpulse weg und gibt für bislang eher im Hintergrund stehende Dinge den Weg frei. Dennoch fehlt etwas im Gesamtbild, auch das wird erst nach mehreren Durchläufen offensichtlich.
Größter Nutznießer dieser Entwicklung ist sicherlich Tastenmann Jordan Ruddess, der sich wieder mehr in Szene setzen kann als nur zur atmosphärischen Untermalung. Gerade seine Beiträge belegen den schon auf dem Vorgänger begonnenen Schwenk zurück zu den früheren Alben. Warme Flächen zieren mehr das Klanggemälde als schwere Synthesizerschwaden, das wird durch die weniger düstere Gangart zusätzlich hervorgehoben.
Am besten offenbaren sich die Veränderungen bei dem schönen an den Neo-Prog angelehnten Solo im Highlight „Breaking All Illusions". Wer mit den Alben seit „Train Of Thought" nicht so klar kam könnte hier wieder fündig werden. Fans denen die frühen Werke mehr zusagten, mich mit inbegriffen kommt das hier vertrauter vor.

Doch bei allem Wohlklang darf nicht übersehen werden, was ich oben bereits andeutete. Es fehlt an den Überraschungsmomenten, den ganz großen Gesten, auf „Black Clouds & Silver Linings" agierte das Traumtheater einfach spannungsgeladener. Drei Balladen wirft „A Dramatic Turn Of Events" ab, doch keine weiß an die Intensität von „Peruvian Skies" oder „Silent Man" heran zu reichen. Das liegt unter anderem daran, dass auch keine Wendungen eingebaut wurden, um die Songs interessanter zu gestalten.
Selbes gilt auch für die Longtracks, die sich alle zwischen acht und zwölf Minuten einpendeln. Mit Ausnahme von „Outcry" laufen alle weitestgehend nach einem Strophe-Bridge-Refrain-Schema mit vielen Soli dazwischen. Zu wenig Motivwechsel oder mal ein ruhiger Zwischenpart, die den Kompositionen gut getan hätten. Schwer zu sagen, ob einem Mike Portnoy da nicht noch der ein oder andere zündende Gedanke gekommen wäre.

Ein eher auf Nummer Sicher gehendes Werk, welches vor allem die alten Anhänger versöhnen dürfte. Schönere Melodien sind nicht unbedingt packender und laufen öfter Gefahr all zu gefällig zu wirken. Den Soloparts kommt das neue Soundgewand hingegen zugute, sie fallen dadurch songdienlicher aus. Wobei alle Kritik ohnehin Jammern auf hohem Niveau ist, denn auch mit ihrem elften Longplayer bleiben DREAM THEATER die unangefochtenen Spitzenreiter des Genres. Und neue Maßstäbe darf auch keiner mehr erwarten, die Truppe hat ihre Nische besetzt. Kein Meisterwerk, aber klar besser als ein paar Scheiben der jüngeren Vergangenheit.(Pfälzer)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 77:02 min
Label: Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 09.09.2011

Wertung der Redaktion
David Anne Simon Maik Mika Kevin Seb
6,5 7 5 9 8,5 7,5 8
Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden