Uriah Heep - Into The Wild

Mehrfach-Wertung der Redaktionuriahheep_intothewildIch weiß gar nicht wie lange es her ist, dass ich mit dieser Truppe in Berührung kam. Kunststück, ist doch deren Klassiker "Lady In Black" eines der bekanntesten Lieder der Rockmusik. Es dürfte so Anfang der Achtziger gewesen sein als ich es zum ersten Mal bei irgendwelchen Jugendfreizeiten abends im Zeltlager mit anderen trällerte, während uns die Betreuer auf der Akustischen begleiteten.
Dennoch sammelte ich zu Beginn der Neunziger schon einige Jahre sehr fleißig Tonträger, bevor ich etwas von URIAH HEEP ins Archiv bekam, normalerweise eine Bildungslücke. Diese wurde dann bis zur Veröffentlichung von "Sonic Origami" geschlossen, denn zu dem Zeitpunkt hatte ich alle ihre bisherigen 20 Studioalben.
Im letzten Jahrzehnt sah es danach aus, dass man die Karriere auf einen Live-Act beschränken würde. Doch mit dem gesundheitsbedingten Ausstieg von Lee Kerslake kam mit Russell Gilbrook frischer Wind in die Band. Vor zweieinhalb Jahren endete eine zehnjährige Durststrecke mit "Wake The Sleeper", ein Jahr später gab es weitere neue Songs auf der Compilation "Celebration". Nun kommt trotz massiver Touraktivitäten mit "Into The Wild" ein weiteres Lebenszeichen dieser Legende auf den Markt.


Der Einstieg in das Werk erfolgt sehr direkt, kraftvolle Trommeln flankieren ein ruppiges Rockriff. „Nail On The Head" tönt zu Beginn ein wenig wie „Words In A Distance" von der letzten Großtat „Sea Of Light". Dieser eher spärlich instrumentierte und dennoch wuchtige Rhythmus stampft forsch voran, bevor der Refrain mit zwei kurzen Drumschlägen hymnisch explodiert.

Ich mag Alben, bei denen schon nach dem ersten Refrain klar wird, dass die hier Beteiligten genau wissen was sie da tun. Alben, bei denen einen die Kreativität nur so anspringt, die so inspiriert klingen, dass man gar nicht daran zweifelt, dass das Niveau im Verlauf sinken könnte. „Into The Wild" gehört zu der Sorte, so vital hätte ich dieses Urgestein nicht mehr erwartet.

Und der Titel ist Programm, denn URIAH HEEP gehen viel selbstbewusster und energischer zu Werke, während sie vor drei Jahren erst einmal aus dem Schlaf geweckt werden mussten. Man traut sich hier einfach mehr und kommt unheimlich lebendig rüber. Das liegt vor allem an dem Sound, der schon nach ein paar Takten begeistert.
Die Produktion lag erneut in den Händen von Mike Paxman, hier braucht sich der Mann nicht hinter dem zuletzt so hoch gelobten Kevin Shirley zu verstecken Und genau wie diese Koryphäe gerne ein Klangbild liefert, das nahe im Livesound ist, so wirkt dieser auch hier sehr organisch und authentisch. Das Schlagzeug klingt endlich mal wie eine richtige Schießbude und aus welchen Tiefen da der Bass hervor gefördert wird ist grandios. Trotz der Direktheit fehlt es aber nie an Durchschlagskraft und dem nötigen Druck.

Das folgende „I Can See You" ist eine für die Formation typische Up-Tempo-Nummer, der in einen flächigen Refrain mündet. Beim Solo gibt Russell Glibrook mit der Double-Bass so richtig Gas, nicht zum letzten Mal auf dem Album. URIAH HEEP aber begehen nicht den leichten Fehler wie auf dem Vorläufer und setzen zu sehr auf ihre Trademarks. Bei „Wake The Sleeper" wurde mir das Duell-Schema aus den verschwurbelten Riffs und Hammond-Schüben etwas überstrapaziert.
Kaum kommen bei „Into The Wild" die ersten Anzeichen dafür, fegt man diese mit „Trail Of Diamonds" einfach weg. Zu Beginn sehr gefühlvoll, mystisch und verhalten geht es plötzlich über ein frickeliges Lick von Mick Box in eine episch anmutende Harmonie. Das Wechselspiel hält die Spannung den ganzen Titel hoch, bevor es „Southern Star" mit seinem schweren prägnanten Gitarrenthema ablöst. Die melodische Strophe dieses Stückes führt zum getragenen Refrain, der von ebenfalls sehr charakteristischen Chören gekontert wird.

Klar hat man auf den letzten Alben ähnliches gehört, aber hier agiert man einfach frischer und spontaner. Es tauchen viele kleine Details auf, die sich aber gut in die Songs einfügen. Da wird zum Ende des Openers mal kurz über ein Grundthema gejammt oder „Money Talk" mit einem Hamond-Outro versehen. Auch vor ansatzweise poppigen Refrains in „T-Bird Angel" und knalligen Arrangements bei „Believe" macht man nicht halt, das Ergebnis gewinnt durch Eingängigkeit.

Es ist schon erstaunlich in welcher Form sich die Herren heute noch präsentieren, aber der neue Mann an den Kesseln setzt Kräfte bei ihnen frei wie seit dem Einstieg von John Lawton 1977 nicht mehr. Nun ist man nach drei Jahren auf Tour zu einer Einheit gewachsen und dieses Selbstverständnis spürt man. Bislang war der Output nach einer längeren Pause besser als der Nachfolger, diesmal verhält es sich umgekehrt.
„Into The Wild" ist ein weiterer Höhepunkt in der daran nicht armen Karriere von URIAH HEEP. Klar bleiben die ersten vier Alben unangetastet, ebenso der starke Doppelschlag mit Lawton. Das waren ganz essenzielle Klassiker, mit allen anderen kann sich die Platte hier jedoch problemlos messen. Noch mehr, von den Erscheinungen seitdem haben lediglich „Abominog" und „Sea Of Light" deren Klasse.(Pfälzer)

Bewertung: 9 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 52:30 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 15.04.2011

Wertung der Redaktion
David Bernie Kevin Maik Brix Jochen Seb
8 9 8,5 9 6 8,5 8
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